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Die Orgel der Stadtkirche St. Reinoldi in Dortmund

Geschichte der Orgeln
Disposition der Walcker-Orgel
Die Mühleisen-Hauptorgel
Die Mühleisen-Chororgel
Kontakt/Ansprechpartner

Die Geschichte der Orgeln

Bereits 1522 wird von zwei Orgeln unbekannter Herkunft in der Kirche berichtet. Die kleinere Orgel befand sich im Hochchor, die größere im Turm. 1805 wird auf einer bereits 1788 errichteten Orgelempore eine neue große Orgel von Johann Gottlieb Trampely aus Sachsen erbaut. Sie hat 43 Register (Klangfarben) verteilt auf drei Manuale und Pedal

1909 wurde die Orgelempore erheblich vergrößert und in das Prospektgehäuse der alten Orgel ein neues, monumentales Werk mit 107 Registern verteilt auf fünf Manuale und Pedal - inklusive eines aus dem Hochchor erklingenden Fernwerks - der Orgelbaufirma Walcker & Cie aus Ludwigsburg eingebaut. Diese, deutschlandweit hoch gerühmte, Orgel wurde von Albert Schweitzer sehr geschätzt. Ganz im Sinne der sog. Elsässischen Orgelreform verband die große Walcker-Orgel die Klangwelt der deutschen Spätromantik mit den sinfonischen Klängen der französischen Orgeln des 19. Jahrhunderts von Aristide Cavaillé-Coll aus Paris.

Unter Gerard Bunk (Kantor an St. Reinoldi von 1925-1958) wurde die Orgel 1939 noch um ein barockes Rückpositiv mit 6 Registern erweitert – die Orgelbewegung mit ihrer Rückbesinnung auf die alten Meister und die barocken Tonsprache zeigte Wirkung. Diesem phantastischen Instrument sollte keine lange Lebensdauer beschieden sein.
Am 24. März 1944 hielten Kirche und Orgel den Bombenangriffen auf Dortmund nicht mehr stand.

Nach dem Wiederaufbau der Kirche 1956 wurde in den Jahren 1957 und 1958 von der Orgelbaufirma Walcker aus Ludwigsburg die heutige Orgel erbaut und am 18. Mai 1958 durch Gerard Bunk eingeweiht. Als eine der lange Zeit größten Orgeln Westfalens besitzt sie 72 Register, verteilt auf die fünf Teilwerke Rückpositiv, Schwellwerk, Hauptwerk, Kronwerk und das Pedal.

Im Prospekt - dem Gesicht der Orgel - sind die großen bis zu 16 Fuß langen Pfeifen der Prinzipale des Hauptwerks und des Pedals sowie die kleinen bis zu 4 Fuß langen Pfeifen der Prinzipale des Rückpositivs und des Kronwerks zu sehen. An der unterschiedlichen Politur der großen und kleinen Pfeifen sieht man deutlich, dass die großen Pfeifen neueren Datums sind. Aufgrund von Materialermüdung wurden sie bei der Überholung des Instrumentes 1996 zusammen mit der gesamten Elektrik der Orgel ausgetauscht. Getragen wird das Instrument von einer kleinen, umbauten und daher nicht sichtbaren Betonschale, die auf zwei Betonstützpfeilern lagert.

Die elektrisch gesteuerte neue Spielanlage von 1996 ist fahrbar und steht - mangels Empore - unten im Kirchenschiff. Die Verbindung von der Taste im Spieltisch zu den Pfeifen in der Orgel geschieht auf rein elektrischem Wege. Seit 1996 besitzt die Orgel auch eine moderne Setzeranlage, die es erlaubt, verschiedene Registrierungen vorab zu speichern.

Trotz der beachtlichen Größe orientiert sich die Walcker-Orgel von 1958 im Klang wieder an der Orgel der Barockzeit. Jeglicher Bezug zum romantischen Vorgängerinstrument wurde - dem neuen, sachlichen Zeitgeschmack der Nachkriegszeit entsprechend - bewusst vermieden. Die für die romantische Orgelmusik nötigen grundtönigen und streichenden Register kommen in diesem Instrument gar nicht vor, so dass sich die Orgelmusik des 19. Jahrhunderts nur sehr unzureichend darstellen lässt. Kantor Gerard Bunk war zwar froh, schon 1958 wieder eine große Orgel in St. Reinoldi spielen zu können. Seine eigenen, großen romantischen Orgelwerke konnte er aber auf diesem Instrument nicht mehr adäquat aufführen. Der neuen Orgel gelang es aus diesem Grunde auch nicht an die große Tradition der alten Orgel von 1909 anzuknüpfen. Eine bezaubernde Klangwelt war für immer verloren.

Aufgrund der minderwertigen Materialien der Nachkriegszeit und diverser technischer Fehlkonstruktionen und Mängel befindet sich die Orgel heute – auch nach der technischen Instandsetzung von 1996 - in einem höchst unbefriedigenden Zustand. Die Windversorgung und die elektrische Anlage verursachen immer wieder große Probleme, die teilweise sogar zum Totalausfall führen. Eine weitere Renovierung des klanglich unzureichenden Instruments käme in vielen Positionen einem Neubau gleich und ist allein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr zu vertreten.

Im Sommer 2005 begann ein großes Projekt, das knapp 17 Jahre später - im Jahre 2022 - mit der Fertigstellung der Hauptorgel seinen Abschluss gefunden hat. Am 20. März 2022 war die neue große Hauptorgel in St. Reinoldi zum ersten Mal zu hören.  Die zweiteilige Orgelanlage - erbaut von Orgelbau Mühleisen - in Dortmunds zentraler Kirche ist somit fertiggestellt.

Disposition der Walcker-Orgel
Walcker 1958/1996, IV/72

I. Rückpositiv II. Hauptwerk III. Schwellwerk IV. Kronwerk Pedal
Holzgedackt 8' Prinzipal 16' Gedacktpommer 16' Holzflöte 8' Untersatz 32'
Quintadena 8' Quintadena 16' Holzprinzipal 8' Praestant 4' Prinzipal 16'
Prinzipal 4' Prinzipal 8' Bleigedackt 8' Rohrpommer 4' Subbass 16'
Nachthorn 4' Rohrflöte 8' Harfpfeife 8 (schweb.)' Oktave 2' Oktavbass 8'
Oktave 2' Spitzgambe 8' Oktave 4' Oktävlein 1' Gemshorn 8'
Blockflöte 2' Quinte 5 1/3' Kleingedackt 4' Terzian 2f Oktave 4'
Sifflöte 1 1/3' Oktave 4' Oktave 2' Zimbel 3f. Quintadena 4'
Sesquialtera 2f. Spillflöte 4' Schweizerpfeife 2' Dulzian 16' Nachthorn 2'
Scharff 5f. Oktave 2' Nasat 2 2/3' Krummhorn 8' Gemsflöte 1'
Rankett 16' Quinte 2 2/3' Piccoloflöte 1' Tremulant Hintersatz 4f.
Trichterregal 8' Kornett 4f. ab c Terzflöte 1 3/5' Zimbelstern Zimbel 4f.
Rohrschalmey 4' Zimbel 5f. Superquinte 1 1/3' Kontraposaune 32'
Tremulant Mixtur 5f. Septime 4/7 1 1/7' Posaune 16'
Fagott 16' Scharfzimbel 3f. Dulzian 16'
Trompete 8' Mixtur 5f. Trompete 8'
Feldtrompete 8' (horiz.) Trompete 16' Clarine 4'
Oboe 8' Singend Kornett 2'
Helltrompete 4'
Tremulant

Koppeln: III/I; IV/I; I/II; III/II; IV/II; IV/III; I/P; II/P; III/PM; IV/P
Die Mühleisen-Hauptorgel

Orgelbau Mühleisen, 2022

Auf den Bau der Chororgel im Jahr 2020 folgt 2022 die Hauptorgel und komplettiert damit die neue Orgelanlage der Dortmunder Reinoldikirche.
Nach intensiven Abwägungen wurde von der Auftraggeberseite beschlossen, die Walcker-Orgel von 1958 aufzugeben und eine technische, musikalische und auch räumliche Neukonzeption anzustreben. Dazu wurde 2014 ein Ideenwettbewerb mit drei Orgelbauwerkstätten durchgeführt, woraufhin der Beitrag von Orgelbau Mühleisen den Zuschlag erhielt. Auf diesem Weg begleitete die Orgelbaufirma Prof. Bernhard Hirche aus Hamburg mit seinen Vorschlägen zur Neugestaltung der Orgelsituation und seinen Prospektentwürfen für Haupt- und Chororgel. In der Orgelkommission wirken Kantor Christian Drengk (ab 2018), sein Vorgänger an St. Reinoldi Klaus Elder Müller (bis 2018), Kreiskantor Wolfgang Meier-Barth, OSV Hans-Christian Tacke und Ansgar Wallenhorst mit.

Die neue Hauptorgel verfügt über vier Manuale, von denen drei mechanische Trakturen aufweisen. Darüber gibt es in Schwellwerk, Solo und Pedal diverse mit Einzeltonventilen ausgestattete Reihen, was die Verwendungsmöglichkeiten dieser Register bemerkenswert erhöht.
Die Disposition entstand in Zusammenarbeit der Orgelbauwerkstätte mit der Orgelkommission von St. Reinoldi und zählt 54 Register; hinzu kommen 17 Extensionen und 5 Transmissionen. Gut 30 Register (eta 50% der Pfeifen der neuen Orgel sind aus der Bunk-Orgel von 1958 entnommen) der Vorgängerorgel werden, meist in der Mensur erweitert (d.h. gerückt), in den Klangbestand integriert und sorgfältig neu intoniert. Anregungen gab unter anderem auch die Disposition der legendären, 1944 vernichteten Walckerorgel von 1909 mit 107 Registern auf fünf Manualen.

Im Kirchenraum wurde bereits im Zuge der Installation der Chororgel ein mobiler viermanualiger Spieltisch platziert, von dem aus beide Orgeln von verschiedenen Positionen aus spielbar sind.

I Hauptwerk C-c4 II Positiv (schwellbar) C-c4 III Schwellwerk C-c4 IV Solo C-c4 Pedal C-g1
Principal 16' Quintathön 16' Bourdon 16' Konzertflöte 8' Untersatz 32'
Principal 8' Principal 8' Contraviola 16' Klarinette 5 8' Principalbass 16'
Flûte harmonique 8' Portunalflöte 8' Geigenprincipal 8' Chamade 16' Subbass 1 16'
Rohrflöte 8' Bourdon 8' Liebl. Gedeckt 1 8' Chamade 1 8' Stillgedeckt 2 16'
Gamba 8' Spitzgamba 8' Viola 1 8' Chamade 1 4' Salicetbass 2 16'
Octave 4' Quintade 8' Aeoline 8' Großquinte 5 1/3' Quintbass 10 2/3'
Waldflöte 4' Octave 4' Voix céleste 8' Quinte 1 2 2/3' Octavbass 1 8'
Quinte 2 2/3' Flöte 4' Geigenpraestant 4' Quinte 1 1 1/3' Bassflöte 1 8'
Superoctave 2' Blockflöte 2' Flûte octaviante 4' Großterz 6 2/5' Stillgedeckt 2 8'
Mixtur major 4-f. 2' Sesquialter II 2 2/3' Violine 1 4' Terz 1 3 1/5' Violbass 2 8'
Mixtur minor 3-f. 1' Larigot 4 1 1/3' Octavin 2' Terz 1 1 3/5' Octave 1 4'
Cornett 5-f. (g°) 8' Mixtur 4-f. 1 1/3' Oktävlein 1' Großseptime 4 4/7' Nachthorn 2'
Trompete 16' Trompete 8' Progressio 4-f. 2 2/3' Septime 1 2 2/7' Mixtur 4-fach 2 2/3'
Trompete 8' Vox humana 8' Basson 16' Septime 1 1 1/7' Kontrabombarde 32'
  Tremulant Trompette harmonique 8' Carillon 3 Posaune 1 16'
    Hautbois 8'   Fagott 2 16'
    Tremulant   Trompete 8'
        Clairon 1 4'

54 Register, IV Manuale

1 Extension
2 Transmission
3 vorbereitet
4 Vorabzug
5 mit Windschweller; steht im Positiv-Schweller

mechanische Spieltrakturen, elektrische Registratur,
Zweitspieltisch fahrbar mit SPS-Anlage der Fa. Sinua

Koppel Pos/HW umschaltbar mechanisch oder elektrisch, alle anderen Koppeln elektrisch:
Pos/P, HW/P, SW/P, SO/P, SW/HW, SW/Pos, SO/HW, SO/Pos, SO/SW, Pos16', Pos4', SW16', SW 4', Pos/HW16', SW/HW16', SW/Pos16', Pos/HW 4’, SW/HW 4’

Einige Reihen stehen auf Einzeltonladen und sind daher frei zuordbar: z.B. Bourdon- und Violareihe im SW, alle Solo-Register.
Die drei Aliquotreihen des Solo sind im Schwellwerk untergebracht.

Die Mühleisen-Chororgel

Orgelbau Mühleisen, 2020

Als erster Bauabschnitt der neukonzipierten Orgelanlage von St. Reinoldi wurde 2020 die Chororgel erstellt. Mit ihrem von Prof. Bernhard Hirche aus Hamburg entworfenen Prospekt präsentiert sie sich als flaches Volumen über dem südlichen Seiteneingang. Sie verfügt über einen Bestand von elf Pfeifenreihen, die mit Ausnahme des komplett im Prospekt stehenden Violon 16' in einem Schwellkasten untergebracht und durch Einzeltonsteuerungen maximal vielseitig einsetzbar sind.

Manual I C-c4 Manual II C-c4 Pedal C-g1
Bourdon 3 16' Hohlflöte 5 8' Violon 1 16'
Praestant 2 8' Fernflöte 6 8' Bourdon 3 16'
Gedeckt 3 8' Violine 4 8' Octavbass 2 8'
Octave 2 4' Schwebung 7 8' Gedecktbass 3 8'
Gedecktflöte 3 4' Flöte 5 4' Cello 4 8'
Superoctave 9 2' Gambetta 4 4' Choralbass 2 4'
Mixtur 4-f. 8/9 2' Quinte 8 2 2/3' Pedalmixtur 4-f. 8/9
Fagott 11 16' Flautino 5 2' Fagott 11 16'
Horn 11 8' Terz 10 1 3/5' Horn 11 8'
  Horn 11 8' Clarine 11 4'

Die Ziffern hinter den Registernamen bezeichnen die Zugehörigkeit zu den vorhandenen elf Pfeifenreihen.

Koppeln: I/II, I/P, II/P, II 16', II 4'
Tremulant auf das ganze Werk wirkend

Kontakt/Ansprechpartner

Ev. Stadtkirche St. Reinoldi
Ostenhellweg 2
44135 Dortmund

Telefon: 0231/8823013
Mail: post(at)sanktreinoldi.de


Mit freundlicher Genehmigung der Organisatoren des Orgelfestival Ruhr (Marcus Strümpe) und der Kirchengemeinde (Christian Drengk)
Informationen zu den Mühleisen-Orgeln: mit freundlicher Genehmigung von Orgelbau Mühleisen
Fotos Mühleisen-Orgeln: Jan Heinze / Karl-Martin Haap

OI-D-16
weiterführende Links:

Webseite St. Reinoldi Dortmund
Die neue Orgel in St. Reinoldi
Youtube-Kanal der Ev. Stadtkirche St. Reinoldi Dortmund
Webseite Orgelbau Mühleisen