zum Thema B E E T H O V E N
im aktuellen Jubiläumsjahr 1770-2020
und zum 1. Geburtstag der Winterhalter-Orgel in der Ev. Christuskirche Bonn (Bad Godesberg)
mit Torsten Laux (Erläuterungen & Orgel)
Aufnahmen, Ton- und Bildbearbeitung:
Max Ehlers, Martin Bremm
Johann Sebastian Bach
(1685-1750):
Praeludium und Fuge
Es-Dur
BWV 552
aus: ‚Dritter Theil der Clavier-Uebung‘für Orgel
Johann Sebastian Bach
(1685-1750):
Praeludium und Fuge
c-moll
BWV 847
aus: ‚Wohltemperiertes Klavier‘ Teil I auf der Orgel gespielt
Ludwig van Beethoven
(1770-1827):
1. Satz Allegro con brio
aus:
5. Symphonie („Schicksalssymphonie“)
c-moll
Opus 67
Bearbeitung für Orgel:
Andreas Petersen
Wolfgang Amadeus Mozart
(1756-1791):
Adagio, Allegro und Adagio
f-moll/F-Dur
KV 594 (1790)
‚Ein Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr‘ (‚Machine Composition‘)
Bearbeitung für Orgel:
Torsten Laux
Ludwig van Beethoven
(1770-1827):
1. Satz: Allegro
aus:
1. Klaviersonate
f-moll
Opus 2 Nr. 1
Bearbeitung für Orgel:
Torsten Laux
Ludwig van Beethoven
(1770-1827):
Adagio
F-Dur
WoO. 33, 3
aus:
Suite
für ein Orgelwerk in einer Uhr
WoO. 33
Bearbeitung für Orgel:
Ludwig Altman
Johann Sebastian Bach
(1685-1750):
‚Epidemische’ Toccata
d-moll (dorisch)
BWV 565, 1
für Orgel
Torsten Laux
(1965-):
Andante und Allegro
d-moll/D-Dur
{im Stil BEETHOVENs, wenn er doch in Bonn geblieben wäre, und wenn er für die Kirchenorgel komponiert hätte}
mit dem Thema „Freude, schöner Götterfunken“
[aus:
Ludwig van Beethoven
(1770-1827):
Schlusschor der
9. Sinfonie (1824)
d-moll/D-Dur
Opus 125] für Orgel
* * * * *
Praeludium und Fuge Es-Dur
von Johann Sebastian Bach (1685-1750) zu Beginn des Programms hat Albert Schweitzer sicher völlig zurecht trinitarisch (das heißt: symbolisch für die Dreieinigkeit Gottes) gedeutet, die jeweils drei Themen in Praeludium und Tripel-Fuge also als Ausdruck von:
1. Gott Vater
2. Gott Sohn
3. Gott Heiliger Geist.
Dazu passt die besondere Stellung von Praeludium und Fuge in der ‚heiligen’ ‚trinitarischen’ Tonart Es-Dur in Bachs III. Theil der Clavier Uebung (vom Komponisten und seinen Söhnen mit eigener Hand in Kupfer gestochen und als musikalisches Vermächtnis an die Nachwelt auf eigene Kosten gedruckt) als Rahmen (Anfang und Ende, Alpha und Omega!) für die Choräle zu Luthers Kleinem Katechismus (darin enthalten die Haupstücke des Gottesdienstes, daher auch der Name ‚Orgelmesse‘) und die 4 Duette (zu den 4 ‚Elementen‘).
Und daher passt dieses Programm nicht nur gut zu Pfingsten als traditionellem Ausgangspunkt der folgenden Sonntage, sondern besonders auch zum darauffolgenden Dreifaltigkeits-Sonntag oder Sonntag Trinitatis, nach dem in den Evangelischen Kirchen alle Sonntage bis zum Ende des Kirchenjahres benannt werden.
Wenn Albert Schweitzer in neuerer Zeit wegen dieser Deutung der jeweils drei Themen als Trinitas Gottes wegen der unterstellten Beeinflussung dieser Sichtweise durch Wagners Musikdrama in der späteren Romantik kritisiert wurde, so ist das Gegenteil der Fall: Richard Wagners Leitmotivik ist vermittelt durch Beethovens Motivarbeit von Bachs musikalischer Rhetorik, also der begrifflichen Deutung von Motiven, abgeleitet.
Siehe dazu (und besonders auch zur Tonartencharakteristik und daraus folgenden Dramaturgie des Programms) die ausführlichen Erläuterungen in meinem Vortrag zum Sommersemester anno coronae 2020.
Das Praeludium Es-Dur BWV 552 von Bach ‚pro Organo Pleno‘ ist im medialen Orgelkonzert an der Winterhalter-Orgel aus folgenden Gründen genau so (beginnend mit der Soloflöte 8‘ im Hauptwerk) registriert:
1. allzuoft habe ich es schon im Mixturplenum ‚durchgejagt‘ vorgefunden, ich wollte dagegen einige unerwartete Feinheiten des Stückes entdecken
2. das Mixturplenum benötigt einen großen nachhalligen Kirchenraum zur klanglichen Entfaltung, auch im Konzertsaal wirkt es meist nicht überzeugend, umso weniger zuhause im Wohnzimmer über möglicherweise auch noch zu kleine Lautsprecher
3. Johann Sebastian Bach hat in der Regel seine Praeludien, Fantasien, Toccaten und Fugen „Organo Pleno“ überschrieben und meinte damit möglicherweise nur im Ausnahmefall ein heute dafür gewöhnlich gewähltes norddeutsch-barockes Mixturplenum! Zuerst bedeutet ‚Organo Pleno‘: für eine große Orgel mit vielen Registern, mehreren Manualen und eigenem Pedalwerk. Nach dem I. und II. Teil der ‚Clavier-Uebung’, die offensichtlich für das Cembalo bestimmt waren, und nach den ebenfalls für das Cembalo bestimmten 4 Duetten im III. Teil der ‚Clavier-Uebung’, hat er meiner Meinung nach vor allem in diesem Sinne „pro Organo Pleno“ über Praeludium (zu Beginn) und Fuge (am Ende des III. Teils der ‚Clavier-Uebung’) geschrieben. Ob es dann im thüringischen Tutti aller Register der spätbarocken Johann Sebastian Bach naheliegenden Trost-Orgel, im norddeutschen oder Silbermanns Mixturplenum, in einem Vorplenum mit Prinzipalchor 8’, 4’, 2 2/3’, 2’, in einem Vorplenum auf Basis einer Trompete, in einem Zungenplenum, möglicherweise angelehnt an das altfranzösische oder elsässische Grand Jeu, oder vielleicht sogar wie von mir hier versuchsweise angeboten im Wechsel verschiedener Einzelregister ausgeführt wird, könnte dabei offen geblieben sein.
4. Ich habe mich zu Beginn des medialen Orgelkonzerts zum 1. Geburtstag der Winterhalter-Orgel in der Ev. Christuskirche Bonn Bad Godesberg für die Soloflöte 8’ im Hauptwerk entschieden, weil es das schönste Register und die größte Stärke dieser unvergleichlichen wunderbaren Orgel ist.
5. Bachs Praeludium C-Dur (9/8-Takt, BWV 547) spiele ich am liebsten mit Trompete 8‘ und den Prinzipalen 4‘ und 2‘ im Hauptwerk, und das gleiche zuzüglich der Posaune 16‘ im Pedal. Dies wäre für einige extrovertierte, fröhliche, fanfarenartige Praeludien von Johann Sebastian Bach wie auch das Praeludium Es-Dur eine mögliche Option, passt allerdings wegen der norddeutschen Prägung dieser Registrierung so nicht zur Winterhalter-Orgel, ich verwende jedoch eine an diese Orgel angepasste ‚orchestrale‘ Deutung dieser Registrierung aus dramaturgischen Gründen am Ende der direkt nachfolgenden Fuge Es-Dur. |