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Orgel und Klima - eine Handreichung
Autor: Ingo Hoesch (November 2021)

Das Instrument Orgel gibt seit über eintausend Jahren. Von der Wasserorgel der Griechen bis hin zur heutigen, liturgisch genutzten Orgel im Kirchenraum bzw. den symphonischen Instrumenten in den Konzertsälen der Welt.
Orgeln haben in der Vergangenheit meistens in Räumen gestanden, die nicht beheizt wurden (Kirchen), bzw. in Konzertsälen mit Heizungen, und aufgrund der Anzahl der möglichen in ihm verweilenden Personen, mit schwierigen Mikroklimata (Luftfeuchtigkeit, Aerosole).

Schauen wir uns das etwas konkreter an:
Eine Orgel besteht aus Holz (Korpus, Tasten, Abstrakten, bestimmte Pfeifen) und Metall (Abstrakten in moderneren Orgeln, Pfeifen).
Beide Materialien sind Werkstoffe, die in einem bestimmten Rahmen auf klimatische Veränderungen reagieren – Holz reagiert vor allem auf Luftfeuchtigkeit, die mit der Temperatur in einem Raum korreliert. Ist die Raumtemperatur hoch, sinkt die Luftfeuchtigkeit, ist sie niedrig, steigt die Luftfeuchtigkeit. Die Reaktion des Materials Holz ist ein „Dehnen“ bei hoher Luftfeuchtigkeit bzw. ein „zusammenziehen“ bei geringer Luftfeuchtigkeit.
Orgelbauerseitig wird als „ideale“ Luftfeuchtigkeit für eine Orgel die Spanne von ca. 45% bis ca. 65% in einem Raum angegeben.
Bei geringeren Werten besteht die Gefahr, dass das Holz austrocknet und sich Risse bilden, sog. „Heuler“ auftreten, weil die Abstrakten unter Spannung stehen und somit das Ventil zur Pfeife dauerhaft öffnen. Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit kann in Bezug auf die Abstrakten, genau das Gegenteil passieren, nämlich dass sich das Ventil durch Tastendruck nicht mehr öffnen lässt, weil die Abstrakten zu viel Spiel haben.
Auch die Pfeifen aus Holz reagieren auf die Schwankung der Luftfeuchtigkeit. Gerade sog. „Gedackte“ verstimmen besonders schnell bei zu geringer Luftfeuchtigkeit. Dadurch, dass sich das Holz in der Masse verringert, sitzen die Stimmdeckel deutlich lockerer, so dass die Deckel verrutschen können und der Ton verstimmt ist.

Ein weiteres Problem in Bezug auf Klima ist bei Orgeln das Phänomen „Schimmel“ in der Orgel. Dieses Problem kombiniert sich vor allem aus zwei Faktoren – Luftfeuchtigkeit und Belüftung der Orgel bzw. des Raumes, in dem die Orgel steht. In Bezug auf diese Problematik gibt es momentan in Bayern verschiedene Projekte zur Erforschung. Zu diesen Bezugsgrößen – Luftfeuchtigkeit und Belüftung des Raumes – kommt in den Niederlanden und Norddeutschland (West,- Ost,- & Nordfriesland) das Problem des Salzeintrages durch die Luft, der nicht nur den Mauergewerken der Kirchen zusetzt, sondern auch den Orgeln, dazu. In wie weit hier Forschungsarbeit betrieben wird, um diesen Faktor, in der, auch durch historisch bedeutende Instrumente (u. a. Arp Schnitger), geprägten Orgellandschaft, zu bewerten, ist dem Autor dieser Schrift zur Zeit nicht bekannt.

Wir sehen also, dass Orgeln auf klimatische Veränderungen reagieren.

Die klimatischen Verhältnisse in einem Raum (Kirche, Konzertsaal, Wohnung (Üb-Pfeiffenorgeln), Hochschule (Überaum)) korrelieren aber unabdingbar mit den klimatischen Verhältnissen außerhalb des Raumes.
Das Faktum „Klimaveränderung/Klimawandel“ soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden – vor allem nicht die Frage, ob es einen „Klimawandel“, evtl. sogar einen „Menschen beeinflussten Klimawandel“ gibt. Fakt ist, dass sich im Weltklima etwas verändert. Dies zeitigen viele verschiedene Faktoren, die zum Teil miteinander korrelieren bzw. sich beeinflussen. Dadurch, dass die Auswirkungen dieser miteinander korrelierenden Faktoren sich gegenseitig verstärken, verändert sich auch der Einfluss auf den Wandel des Weltklimas und dessen zeitliche Dimension.
Fakt ist aber auch, dass es auf der „Erde“, so wie wir sie kennen und es uns die Klimageschichte lehrt, immer einen Wechsel von Warmzeiten und Eiszeiten gab, ob durch extraterrestrische Ereignisse (Einschlag Meteoriten) oder terrestrische (Vulkanausbruch) Ereignisse verursacht.
Dass die Überbevölkerung und deren bio-energetischen Folgen Einfluss haben auf den sog. „Klimawandel“ ist unwidersprochen und unstrittig.

Natürlich stellen sich aufgrund dieser Situation div. Fragen:

Für Regionen an der Nord-/Ostsee (andere Regionen lässt der Autor bewusst außer acht) stellt sich z. B. besonders die Frage nach dem Umgang mit dem langsam, aber stetig steigen Meeresspiegel und dem Schutz der – langfristig – dadurch bedrohten Landstriche mit Ihren Kirchen, und den darin befindlichen Orgeln.
Allerdings ist hier aus der Geschichte zu sehen, dass schon immer Land an das Meer verloren wurde, und damit auch Kirchen mit ihren Instrumenten (große „Mansdränken“ im 14. und 17. Jahrhundert an der Nordseeküste) verloren gingen. Damals haben die Menschen dann – verkürzt geschildert - neu eingedeicht und neue Kirchen mit neuen Orgeln (oder Orgeln aus anderen Kirchen) gebaut.
Dass dafür aber nicht immer dramatische Ereignisse, wie z. B. eine verheerende Sturmflut nötig sind, kann man am Beispiel der Gemeinde Cappel bei Cuxhaven sehen. Dort zerstöre ein Feuer, verursacht durch eine nicht geleerte Feuerkiepe (damalige Heizung des Organisten) die neugebaute Orgel. Der Neubau einer Orgel kam aus finanziellen Gründen für die Gemeinde nicht infrage – so wurde die „überflüssige“ und eingelagerte „Arp Schnitger Orgel aus der Kirche St. Johannis, Hamburg) von der Gemeinde Cappel gekauft und in der renovierten Kirche aufgebaut (so passiert im 18. Jahrhundert).

Aber es stellen sich auch div. Fragen, die nicht, wie obige, auf eine Region begrenzt sind:

  • Wie kann eine Kirchengemeinde Ihre Orgel vor Einflüssen durch Extremwettersituationen (Hitzeperioden/Extremregenereignisse/schwere Stürme etc.) in der Zukunft schützen? Gibt es im Bereich der Kirchengemeinden, die Möglichkeit nachhaltiger / klimaneutraler zu arbeiten? Wie können Mitarbeiter der Gemeinden (Küster, Kirchenmusiker etc.) (Hauptamtliche/Nebenamtlicher/Festangestellte bzw. Honorarkräfte) nachhaltig arbeiten?

  • Wie wirkt sich der Klimawandel möglicherweise auf den Orgelbau in der Zukunft aus?
    Gemeint sind hier besonders Folgen, die durch den Klimawandel herbeigeführt werden, wie: Materialverfügbarkeit und Materialqualität (z. B.: Holz (Qualität, Verfügbarkeit, Transport/Lieferengpässe, Kostensteigerung etc.)

  • Nachhaltigkeit: Gibt es Überlegung zur Gestaltung des Orgelbaus in Richtung „Nachhaltigkeit“ (Forschung nach neuen, nachhaltig produzierbare Materialien, Möglichkeiten von Receycling im Orgelbau etc.) um möglichen Folgen und Schwierigkeiten, aufgrund des Klimawandels, zu begegnen?

Der Fragenkatalog könnte sicher noch deutlich länger sein, aber die Beschränkung ist bewusst gewählt, da dieses Thema deutlich zu umfassend ist, um es ohne enge Grenzen zu behandeln.

Für die Beantwortung dieser Fragen hat der Autor eine sehr viele Orgelbauer, Institutionen etc. angeschrieben. Leider stehen bis zur Verfassung dieses Schriftstücks keine verwertbaren Rückmeldungen seitens der Angeschriebenen zur Verfügung.
Aus diesem Grund gibt der Autor an dieser Stelle gerne Freiraum zur sachlich-konstruktiven Diskussion. Im Falle von verwertbaren Antworten der Angeschriebenen wird diese Schrift ergänzt und erweitert und diese Antworten eingearbeitet und zur Diskussion gestellt.

Veröffentlicht wird diese Schrift von Daniel Kunert, Musik-Medienhaus, Celle. Diskussionsbeiträge an den Herausgeber. Beiträge werden an den Verfasser zur Bearbeitung des Textes weitergeleitet.


Autor: Ingo Hoesch
Illustration: Sabine Kunert
weiterführende Links:

interaktiver Vortrag "Klimawandel - Küste - Kultur" von Konrad Küster
https://uni-freiburg.cloud.panopto.eu/Panopto/Pages/Viewer.aspx?id=98abe485-c397-4526-acec-ad5a01164a1c