Kurze Geschichte des Instruments
Auf der Ostempore der Kirche befindet sich die große Schwarzorgel. Erbaut wurde sie im Jahr 1928 von der Überlinger Firma Friedrich Wilhelm Schwarz als Opus 224. Es ist das größte je gebaute Werk dieser Firma. Die Einweihung fand unter Mitwirkung des bekannten Organisten Prof. Ernst Kaller statt, welcher im Einweihungskonzert neben Orgelstücken von Max Reger auch Werke von Johann Sebastian Bach und Pachelbel spielte.
Viele Details deuten darauf hin, dass die Orgel bis auf das Gehäuse komplett von der in aller Welt bekannten Orgelbaufirma E.F.Walcker & Cie aus Ludwigsburg gebaut und von Schwarz in Bühl nur aufgestellt wurde. Die Traktur der stehenden Taschenladen ist vollpneumatisch. Äußerlich macht die Orgel einen sehr schlichten Eindruck. Der Turmbogen dahinter ist jedoch voll mit Technik und Pfeifen. Bemerkenswert sind weiterhin die sich hier schon zeigenden Ansätze der Orgelbewegung, was z.B. aus den Registern Rankett 16‘ oder Sing. Cornet 2’ hervorgeht. Deutlich ist aber auch noch der Einfluss der Spätromantik feststellbar. Register wie die labiale Aeoline 16’ , die schwebende 2fache Aeolsharfe 2’ oder die Orchesteroboe 8’ sind europaweite Raritäten. Grundiert wird der Klang durch ein mächtiges Pedalwerk, welches sogar eine fundamentale 32‘ Tuba mit Holzbechern aufweist. Der Spieltisch ist dem ursprünglichen Spieltisch der Domorgel in St. Blasien (Schwarz 1912) sowie vielen Spieltischen der Firmen Walcker sehr ähnlich. Das Instrument ist sei der Erbauung nie verändert worden. Vom originalen Ventus Gebläse bis hin zu jeder einzelnen Pfeife ist alles im Originalzustand erhalten geblieben. Das Besondere an diesem einst 40 000 RM teuren Instrument ist, dass es in einer wirtschaftlich extrem schwierigen Zeit alleine von den Spenden von 88 Bühler Bürgern, bzw. Familien finanziert wurde. Die Kirchengemeinde bezahlte keine einzige Reichsmark. Die enormen Kosten waren erst im Jahr 1938 abgezahlt. Die Namen aller Spender liegen dem Verein vor. Viele der Nachfahren leben noch in Bühl und sind sich der Taten ihrer Vorfahren bewußt.
Es handelt sich hier um die größte noch vollständig erhaltene vollpneumatische Orgel in Baden-Württemberg, welche zur Erbauungszeit die größte Orgel des Erzbistums Freiburg war.
Inzwischen gibt es Bemühungen, das Instrument wieder herzustellen. Einzelne Reparaturen sind bereits erfolgt, eine gänzliche Restaurierung steht jedoch noch aus. Aber die ersten Klang-Eindrücke nach den vorläufigen Reparaturen sind sehr vielversprechend und lassen darauf hoffen, dass viele Orgelfreunde die Restaurierung unterstützen. |
Disposition
Die bis heute unveränderte Disposition von 1928 lautet:
1.Manual
Hauptwerk C-a3 |
2.Manual
Schwellwerk C-a4 |
3.Manual
Schwellwerk C-a4 |
Pedalwerk
C-f1 |
Principal 16' |
Quintatön 16' |
Bourdon 16' |
Principalbass 16' |
Principal 8' |
Aeoline 16' (labial) |
Hornprincipal 8' |
Kontrabass 16' |
Flüt - harmonic 8' (sic!) |
Flötenprincipal 8' |
Quintatön 8' |
Subbass 16' |
Bourdon 8' |
Nachthorn 8' |
Traversflöte 8' |
Salicetbass 16' |
Viola di Gamba 8' |
Violine 8' |
Gedeckt-Silbermann 8' |
Zartbass 16' Tr. aus III |
Gemshorn 8' |
Salicional 8' |
Echogamba 8' |
Aeolsbass 16' Tr. aus II |
Dolce 8' |
Unda Maris 8' |
Aeoline 8' |
Quintbass 10 2/3' |
Oktave 4' |
Geigenprincipal 4' |
Vox célestis 8' |
Oktavbass 8' |
Rohrflöte 4' |
Flauto dolce 4' |
Prestant 4' |
Cellobass 8' |
Quinte 2 2/3' |
Quinte 2 2/3' |
Nachthorn 4' |
Gedecktbass 8' Tr. aus III |
Superoktave 2' |
Waldflöte 2' |
Quinte 2 2/3' |
Choralbass 4' |
Cornett 3-5f 2 2/3' |
Aeolsharfe 2fach 2' (Schwebung) |
Bachflöte 2' |
Tuba 32' |
Mixtur 4f 2 2/3' |
Progessiv-Harmonica 3-4f 2 2/3' |
Terz 1 3/5' |
Posaune 16' |
Cymbel 3f 1' |
Orchesteroboe 8' |
Septime 1 1/7' |
Basstrompete 8' |
Trompete 8' |
Clarinette 8' |
Sifflöte 1' |
Clarine 4' |
Clairon 4' |
Glockenspiel c-a3 |
Mixtur 4f 2' |
Singend Cornett 2' |
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Rankette 16' |
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Solotrompete 8' |
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Zinke 4' |
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Koppeln: |
Koppeln: |
Koppeln: |
Koppeln: |
I super
II/I
II super/I
II sub/I
III/I
III super/I
III sub/I
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II super
II sub
III/II
III super/II
III sub/II
Tremulant
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Sub III
Super III
Tremulant
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I/P
II/P
III/P
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Einführungstritte für Zungen, Labiale, Kopplungen.
Einstallbare automatische Pedalumschaltung für II und für III
Fest Kombinationen: P - MF - F - FF- Tutti (ohne Super I)
16' + 32' ab, zwei freie Kombinationen |
Die Rieger Chororgel
Im Zuge der „Barockisierungswelle“ der 1960ger Jahre erschien einigen Verantwortlichen in der Pfarrei die Schwarzorgel nicht mehr ganz zeitgemäß obwohl sie noch störungsfrei ihren Dienst erfüllte. So wurde 1976 von der Firma Rieger Orgelbau, Schwarzach als zeittypischer „Ersatz“ für die Schwarzorgel eine neue, recht aggressiv „neobarock“ klingende Chororgel mit 47 Registern erbaut. Die klanglich erschütternde Krönung dieses Intruments stellt neben einer Fülle sehr präsenter Mixturen eine unüberseh- und hörbare kupferne Spanische Trompete 8' über dem Brustpositiv dar.
Josef von Glatter-Götz, der damalige Chef der Fa. Rieger, bestand jedoch darauf, dass die Schwarzorgel nicht abgerissen werden durfte. Seiner Meinung nach könnten vielleicht spätere Generationen daran Interesse finden.
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