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Die Silbermannorgel der George-Bähr-Kirche zu Forchheim/Erzgebirge

Die Orgel
Disposition
Umbauten und heutige Orgel

Rückblick und Geschichte
Ausstattung der Kirche
Neubau der Kirche
Renovierung
Ansprechpartner
Die Orgel

Der Neubau der Forchheimer Kirche von 1719-1726 durch den Dresdner Ratszimmermeister George-Bähr und zugleich der Orgelbau von Gottfried Silbermann, ist für sächsische Dorfkirchen ein einmaliger Vorgang und wiederholte sich nur im Bau der Dresdner Frauenkirche.

Ermöglicht wurden diese gewaltigen Anschaffungen nicht zuletzt durch ein Legat des Leipziger Kaufmanns Gotthard Schubardt von 1500 Talern. Davon entfielen auf die Orgel etwa 800 Taler (Vergleich mit anderen Orgeln Silbermanns dieser Größe), und was kaum bekannt und in Silbermanns Schaffen wohl einmalig sein dürfte, er baute in Forchheim für die neue Kirche mit der Orgel gleichzeitig auch Altar, Kanzel und Taufe.
Zur Erinnerung an die großzügige Spende finden sich in der Bekrönung der Orgel Wappen und Monogramm von Gotthard Schubarth, die ihm zu Ehren angebracht wurden.
Die Disposition der Orgel:

Hauptwerk C,D-C3 Oberwerk C,D-C3 Pedal C,D-cl
Prinzipal 8' Gedackt 8' Prinzipalbaß 16'
Octava 4' Rohrflöte 4' Oktavenbaß 8'
Quintadena 8' Nassat 3' Posaunenbaß 16'
Rohrflöte 8' Octava 2'
Cornett 3f ab c' Tertia 1 3/5'
Spitzflöte 4' Quinta 1 1/2'
Quinta 3' Sifflet l'
Octava 2' Cimbeln 2f.
Mixtur 4f 1 1/3'

Tremulant, Kalkantenklingel, Manualschiebekoppel, Pedalkoppel

Umbauten und heutige Orgel

In ihrer heutigen Beschaffenheit nimmt die Forchheimer Silbermannorgel einen vorderen Platz aller noch erhaltenen Instrumente ein. Die Mängel, die dieses Instrument hatte und weswegen eine Restaurierung erforderlich wurde, sind weniger auf Verschleiß einiger Teile, kaum auf Materialermüdung bzw. -verbrauch und gar nicht auf Konstruktionsmängel oder gar klangliches Versagen zurückzuführen, sondern auf willkürliche Eingriffe späterer Generationen.

Eine Auflistung der wichtigsten Reparaturen und Veränderungen ist in diesem Zusammenhang sehr aufschlußreich und interessant:

1784 erste Reparatur nach 58 Jahren. Mitteilung der Superintendentur Freiberg am 13.11.1784: Das Oberkonsistorium Dresden genehmigt eine Reparatur und die Entnahme von 100 Talern aus dem "KirchenAerario", die Ausführung vielleicht durch A.G. Oehme.'

1843 Reinigung. Stimmung, Ausbesserung durch Christian Friedrich Göthel, Borstendorf

1869 Vermutlich Reinigung und Stimmung durch Guido Hermann Schäf

1883 Kleinere Reparaturen, Balgreparatur durch Carl Eduard Schubert'

1910 erster schwerwiegender Eingriff. E. Lohse baut ein neues Register Aeoline 8' ein; die Orgel soll klanglich erweitert werden.

1917 Abgabe der stummen Pfeifen des Prospektes

1934 Wiedereinbau der stummen Pfeifen des Prospektes

1936 zweiter schwerer Eingriff. Umstimmung der Orgel um einen Halbton nach unten: alle Tasten wurden einem anderen Ventil zugeordnet, die technische Anlage (Traktur) verfälscht. Die Pedalklaviatur konnte nicht übernommen werden und ist seitdem verschollen. Alle originalen Pfeifen des Tones c3 müssen einer neuen pneumatischen Anlage weichen und werden vernichtet. Die innere Architektur wird verändert. Umbau der Balganlage, Anschluß eines elektrischen Winderzeugers; es ist nur noch ein Balg angeschlossen; die Windversorgung ist nicht befriedigend.

nach 1974 Nochmaliger Umbau der Windanlage; Einbau eines zusätzlichen Ausgleichsbalges; die Windversorgung bleibt unvollkommen. Einbau einer schaltbaren Pedalkoppel; teilweise Umbau des Regierwerkes für einen zusätzlichen Registerzug. Wann und warum die elfenbeinernen Zierknöpfchen der Registerzüge entfernt wurden, ist unklar. Durchtrennen und verkürzen der originalen Pedalabstrakten zu den Hauptwerksladen. Die aus Rundeisen angefertigten Wellen für die Pedalkoppel verändern die innere Architektur erheblich.

Der 2001 abgeschlossenen Restaurierung der Orgel durch die Werkstatt für Orgelbau Wieland Rühle, Moritzburg, lag eine gründliche und genaue Restaurierungskonzeption zugrunde, die von den beiden Orgelsachverständigen, Herrn Hodick und Herrn Zimmermann, bestätigt wurde. Diese Konzeption nahm in allen Einzelheiten bezug auf die Orgel, die Gottfried Silbermann am 23. April 1726 "in Beyseyn sämtlicher Hoch-Adelicher Herren Collaturen, und bey Versammlung eines ungemein vielen Volckes, so aus der Nähe und von ferne zusammen kommen war unter vielem Frohlocken und tausend Freuden-Thränen` übergeben hat.

Einzige Ausnahme ist die Übernahme der Pedalkoppel, die technisch sicher funktioniert und klanglich sinnvoll ist.

Alle Nachschaffungen, z.B. die 22 neuen Pfeifen des Tones c3 in den Manualen erfolgten in Materialbeschaffenheit, Abmessungen, Formen und handwerklicher Ausarbeitung nach Vorbildern aus dieser Orgel.

Die Stimmtonhöhe beträgt a'=464,8 Hz (Chortonstimmung). Mit der Temperatur nach Silbermann-Sorge verfügt sie wieder über 8 besonders rein klingende Tonarten. Der Winddruck beträgt 80mm WS.

Wie bei den Silbermann-Orgeln in Großmehlen (1718), Helbigsdorf (1728), Glauchau (1729), Reinhardtsgrimma (1731), Zöblitz (1742), Nassau (1748) und Frankenstein (1752) hat auch hier Herr Hubert Hofer aus Bonn einen Großteil der Kosten getragen. Dafür sei ihm besonders gedankt.

Rückblick und Geschichte der Gemeinde

Im Jahr 2000 feierte Forchheim sein 750 jähriges Ortsjubiläum.

Mindestens so lange schreiben wir auch eine Forchheimer Kirchengeschichte. Geschichte ist nicht nur etwas Vergangenes, sondern sie ist auch das Fundament der Gegenwart und wir gehen oft in ihren Fußstapfen.

So lässt sich die Kirchgemeinde Forchheim mit ihren Kirchdörfern Haselbach, Görsdorf und Wernsdorf, mit ihrer wertvollen Kirche und Orgel und mit all ihren Aktivitäten nicht aus der Geschichte herauslösen.

Dies soll der Anlass sein, für Besucher und Gäste, aber auch für interessierte Gemeindeglieder einen kurzen Rückblick über die Geschichte unserer Kirche zu geben.

Ausstattung der Kirche

Wenn wir uns an die Anfänge der Ortsgründung begeben, so finden wir auch schon sehr früh eine Kirche. Sie stand an der selben Stelle wie die heutige, nämlich am südlichen Ende des Dorfes. Nur selten findet man Kirchen, die nicht in der Ortsmitte stehen. Sie war zugleich eine Wehranlage zur böhmischen Grenze hin, die damals unmittelbar dahinter verlief. Sie hatte einen Wehrgang und einen Turm, der laut alter Kirchrechnungen mehrmals repariert wurde. Schon 1609 kann in ihr eine Orgel nachgewiesen werden.

Aus dieser alten Kirche gibt es heute noch Zeugnisse:
Es ist unsere große und mittlere Glocke, von denen eine aus der Freiberger Donathikirche stammt. Unsere Glocken tragen die Jahreszahlen 1490 und 1491. Sie konnten die Kriegswirren überstehen. Nur die kleine Glocke ging im 2. Weltkrieg verloren und wurde dank einer Spende einer Forchheimer Familie bereits 1949 durch eine neue Glocke ersetzt.

Auch der lebensgroße Christuskorpus mit der echten Rosshaarperücke hing schon in der alten Kirche.

Ebenso schmückt seit Jahrhunderten das "Bornkinnl" von Heilig Abend bis Epiphanias den Altar. Das "Bornkinnl" (=das neugeborene Kind) geht auf eine alte erzgebirgische Tradition zurück und erinnert uns an die Geburt Jesu, als den Herrn der Welt, zu Weihnachten.

Die alte Kanzel mit den Reliefs der 4 Apostel und Jesus, dem Erlöser in der Mitte, hat nach mehreren Behelfsunterkünften ihren Platz in der Kirche in Ursprung (b. Stollberg) gefunden. Die Ursprunger Kirche war 1974 abgebrannt und in der neuerbauten Kirche verrichtet unsere alte Kanzel weiterhin ihren Dienst.

Mit der alten Kirche verbindet uns auch der spätgotische Schnitzaltar aus einer Freiberger Werkstatt.

Die Figuren dieses Altares erzählen uns einiges über seine Herkunft, geben uns aber auch große Rätsel auf.

Da sehen wir oben links die heilige Margarethe, die auf einem Löwen steht. Sie wurde im Mittelalter verehrt als die Helferin für Frauen in Geburtsnöten. Neben ihr steht die Barbara mit dem Turm in der Hand. Die Sage erzählt von ihr, daß sie um ihres Glaubens willen in einen Turm gesperrt wurde und darin umkam. Ihr Turm entspricht aber genau den Beschreibungen des Freiberger Stadttores nach BrandErbisdorf.

Unten links erkennen wir den Petrus mit dem Schlüssel in der Hand. Rechts daneben sehen wir den Jakobus mit Stock und Wanderkleidung. Er war der Heilige der Gastfreundschaft und der Gastwirte.

Den Mittelpunkt bildet die Maria mit dem Kind. Das war für diese Zeit nicht ungewöhnlich. Aber links von ihr erkennen wir einen barfüßigen, bartlosen Mann in dessen Hand eigentlich ein Kelch gehört. Dann ist es Johannes, von dem die Sage erzählt, dass er den Giftbecher als Christ trinken musste, aber daran nicht gestorben ist. Bei der Restaurierung des Altares 1880 hat man ihm fälschlicherweise ein Schwert in die Hand gegeben. Der Johannes im Mittelschrein läßt darauf schließen, daß die alte Forchheimer Kirche dem Johannes geweiht war.

Rechts neben Maria finden wir, erkenntlich an den roten Fingerknöcheln, den Märthyrerbischof Donathus. Die Personen unseres Altares zeigen die Kirchen in Freiberg. Die Maria in der Mitte gibt uns den Hinweis auf den Dom. Er war eine Untereinrichtung des Meißner Domes, die Johannes und Donathus als Patron hatten. Die ursprüngliche Verbindung zu Meißen erklärt auch den Bischof Urban mit der Weintraube in der Hand auf dem rechten Altarflügel links unten (der Schutzheilige der Weinbauern), obwohl wir uns hier im rauhen Gebirge befinden.

Neben einem weiteren Papst und dem heiligen Franziskus auf dem rechten Altarflügel ist noch eine Person unten rechts interessant, weil sie ein Kirchenmodell in der Hand hält. Es könnte die alte Forchheimer Kirche sein, denn alte Maßangaben stimmen proportional überein.

Forchheim hatte durch den Rittergutsbesitzer von Berbisdorf enge Verbindung zu Freiberg und auch zum sächs. Hof. Es ist anzunehmen, daß diese Verbindung den Weg des Altares von Freiberg nach Forchheim ebnete. Der Flügelaltar ist heute in einem Kirchgemeinderaum zu sehen.

Neubau der Kirche

Die Verbindung der Familie Berbisdorf zum sächs. Hof war auch für den Kirchenneubau entscheidend.

Nachdem die Kirche 1702 schon so baufällig war, dass man ihren Abriss beschloss (dies zeugt wohl auch von einem beträchtlichen Alter), kam es erst 1719 zum Neubau des Gotteshauses. Es ist wohl dem Einfluß der Rittergutsfamilie zu danken, dass der Sächs. Ratszimmermeister und Erbauer der Dresdener Frauenkirche, George Bähr in unser kleines Dorf kam.

Den Beweis dafür haben wir erst 1974 auf einem zusammengefalteten Zettel im Gebälk gefunden. Auf ihm war zu lesen: "Anno 1722 haben wir diesen Dorm (Turm) verfertiget: der Zimmermeister ist gewesen: George Bähr, des ehrenfesten Rats Baumeister in Dresden, der Meiermeister Johann Gottfried Fehre, auch des edlen Rats Meiermeistern in Dresden, der Zimmerpolier Georg Greisig, gebürtig von Lockwitz (Dresden) und ist die dritte Kirche auf diese Art (nämlich dieser Rundbau). Bin Gott sei Dank gelücklich gewäsen und also vier Kirchen aufgebauet. Zwei gar Neue, da keine vorher gewäsen ist. Die erste in Loschwitz (Dresden-Loschwitz), dann in Schmiedeberg, eine in der niederen Lausitz, nicht weit von Guben. Nun, der liebe Gott behüte dieses Gotteshaus und sein heiliges Wort bis an das Ende der Welt. Solches wünsche ich, George Greisig, Zimmerpolier von Lockwitz. Anno 1722 den 19. September. "

Erst seit kurzer Zeit weiß man, dass in Beitsch bei Guben (heute polnisch Biecz) fast die selbe Kirche wie in Forchheim steht, deren Silbermannorgel allerdings seit dem 2. Weltkrieg verschollen ist.

Am Sonntag Jubilate 1719 wurde also der letzte Gottesdienst in der alten Kirche gefeiert und bereits am Montag nach Pfingsten legte man an der selben Stelle den Grundstein für die neue Kirche.

Die große Hungersnot in den Jahren 1719 und 1720 verzögerten den Bau beträchtlich und brachten die Gemeinde in große finanzielle Schwierigkeiten, so dass die Einweihung des neuen Gotteshauses erst am 3. Osterfeiertag (23. April) 1726 möglich war. Auch dann versammelte sich die Gemeinde unter dem sichtbaren Dachgerüst, ehe die Kirche 2 Jahre später die schlichte Holzdecke erhielt.

In der größten finanziellen Not beim Bau der Kirche half der in Haselbach gebürtige Leipziger Kaufmann Gotthard Schubarth. Er spendete für die Ausgestaltung der Altarfront und für die Silbermannorgel 1.500 Taler. Deshalb erkennen wir auch sein Monogramm, das "G S" und sein Wappentier, den Storch ganz oben am Orgelgehäuse, rechts und links des Kanzeldeckels und am Taufstein. Die gesamte Altarfront stammt aus der Werkstatt von Gottfried Silbermann und dem Hof- und Jagdmaler Johann Butzäus aus Dresden verdanken wir die schöne Ausmalung der Kirche, der uns dies mittels einer Inschrift hinter dem Altar und am Orgelgehäuse hinterlassen hat.

Gotthard Schubarth starb am 16. Dezember 1725. Seine Frau, Maria Elisabetha, gab noch einmal Geld für die Altargeräte und auch für die Taufsteinbekleidung. Davon zeugt die Inschrift auf dem Altarkreuz und die Gravur am Taufstein.

1886 bekam die Kirche ihr Schieferdach und die Turmhaube ihre Kupfereindeckung. Auch innen wurde die Kirche nach dem damaligen Zeitgeschmack erneuert. Das Ergebnis ist im Bild festgehalten.

Renovierung

Eine umfassende Restaurierung erlebte unser Gotteshaus von 1964 an. Man fand die alte Bemalung gut erhalten vor und gestaltete die Kirche nach dem ursprünglichen Vorbild um. Auch die Wappen der Rittergutsfamilie von Berbisdorf sind seit dem wieder an den beiden Logen sichtbar.

Erst 1976, zum 250 jähr. Jubiläum war die Innenrestaurierung abgeschlossen. 1987 konnte mit der Erneuerung der Turmhaube begonnen werden. Die gesamte Außenerneuerung fand 1993 ihren Abschluß.

Die aufsteigende Feuchtigkeit in den Emporensäulen wurde im Jahr 2001 grundhaft behoben und damit das Gotteshaus vor größeren Schäden bewahrt.

Die Kirche mit ihrem sonntäglichen Gottesdienst ist, trotz der territorialen Größe der Gemeinde bis heute Mittelpunkt des Gemeindelebens. Hier versammeln sich jung und alt und gestalten die Gottesdienste aus. Vom Gottesdienst her erfahren wir auch immer wieder Trost und Zuspruch und die Kraft und den Segen für unseren Alltag.

Ansprechpartner
Kirchgemeinde Forchheim
Ev.-Luth. Pfarramt Forchheim
George-Bähr-Straße 107
D 09509 Pockau OT Forchheim

Telefon: 03 73 67 /95 77
Fax: 03 73 67/8 43 91
E-Mail: kg.forchheim@evlks.de


Verfasser: Wieland Rühle, Orgelbaumeister, Moritzburg
Fotos und Texte mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde und der Gottfried-Silbermann-Gesellschaft e.V.
OI-F-5

Quellen Orgel:
1 Dähnert: "Historische Orgeln in Sachsen"
2 Müller: Gottfried Silbermann - Persönlichkeit und Werk" Fotos: Wieland Rühle, Orgelbaumeister, Moritzburg

Quellen Gemeinde: Angaben von Dr. Clans Petzoldt
Fotos: Privat
Verfasser: Uta Arnold
weiterführende Links:

Webseite Kirchengemeinde Forchheim
Webseite Gottfried-Silbermann-Gesellschaft e.V.