Der Bau der Orgel (Autor: Thomas Wolf - Vogländischer Orgelbau)
Alles begann für uns mit zwei Besichtigungen des Instruments im Jahr 2010 und
2012. Die Vorarbeiten und erste Überlegungen endeten mit der Abgabe des
Kostenangebotes am 18.09.2012.
Mit Beauftragung im zeitigen Frühjahr 2013 wurde für mich ein kleiner Traum war,
da ich seit langem nach so einem Projekt für unsere Werkstatt suchte.
Infolge der Restaurierung des Kirchenraumes wurde im Mai 2013 das Instrument
ausgebaut und in unserer Werkstatt eingelagert. Dies war gleichzeitig der
Baubeginn für die aufwendigen Restaurierungs- und Erweiterungsarbeiten.
Die Orgel soll ja mit ihrem Klang dem Lobe Gottes und der Erbauung der Gemeinde dienen. Dieser
höchste Zweck steht außer Frage, stellt gleichermaßen eine Herausforderung an uns Orgelbauer
und die Organisten dar. Er bildet den Kern der Motivation, des Ringens um das richtige bzw. ein
besonderes Orgelinstrument. Insbesondere sind neben musikalischen Erwägungen, die Spezifik
der regionalen Orgellandschaft, der Bausituation oder gar historische Bezüge im Gesamtkonzept
zu bedenken!
Obwohl wir ein solides Konzept vorgelegt hatten, was die vorgenannten Dinge beinhaltete, folgten
bis März 2014 eine Menge Überlegungen, Diskussionen und immer wieder neue
Kostenaufstellungen, um die Position des Instruments auf der Orgelempore und daraus folgend,
die technische Verwirklichung des Projektes festzulegen. Dies gipfelte darin, dass unser
ursprüngliches technisches Konzept so nicht zu Ausführung kam. Auflagen des Amtes für
Denkmalpflege (betreffend die Sichtachse des Orgelgehäuses) und Wünsche der Kirchgemeinde
(nach ausreichend Platz auf der Empore für die Chorsänger) ergaben, dass das Orgelgehäuse heute
etwa an der gleichen Stelle wie vor dem Abbau steht und aufgrund der verwirklichten Disposition
wieder zwei seitliche, nun noch größer dimensionierte, Anbauten erhielt. Unser Konzept sah einen
seitlichen Anbau nur auf der linken Gehäuseseite vor und ein, um etwa einen halben Meter,
tieferes Hauptgehäuse.
Kurz zur Situation des Instruments vor dem Abbau: Die Orgel war durch Umbau und Erweiterung
durch Fa. Schuster 1937 so vollgestopft mit Registern, dass die Durchführbarkeit der Wartungs- und
Erhaltungsarbeiten praktisch unmöglich waren.
Deshalb war das Ziel aller Überlegungen ein gut begehbares Instrument zu kreieren, um in Zukunft
die Wartungsarbeiten optimal durchführen zu können, was wiederum der Langlebigkeit der
großen Investition der Gemeinde zugutekommt. Natürlich war das Kreutzbachsche Instrument im
Laufe der Jahrzehnte und mangels Unzugänglichkeit auch technisch sehr störanfällig geworden,
so dass hier auf Grund des 1937 verwirklichten elektropneumatischen Konzepts nur ein
technischer Neubau Abhilfe und Verbesserung schaffen konnte.
Durch die Änderungen unseres Konzeptes im Laufe des Jahres 2013 und im beginnenden Jahre
2014 blieb die ungehinderte Begehbarkeit, trotz aller Bemühungen in der Neukonstruktion des
Instruments, nun leider etwas auf der Strecke, da der technische Aufbau der Orgel deutlich
komplizierter und aufwendiger wurde. Man bedenke, dass die vier noch erhaltenen historischen
Windladen von Kreutzbach mit in das neue Instrument integriert werden mussten und die
maßlichen Gegebenheiten dieser Teile nicht geändert werden konnten.
Als weitere Herausforderung galt es in der technischen Konstruktion den Wunsch der Gemeinde
- das Instrument auch klanglich zu erweitern - umzusetzen, da das II. Manualwerk von Richard
Kreutzbach 1889 als untergeordnetes Nebenwerk konzipiert und mit Flöten- und
Streicherstimmen besetzt war. Durch die zusätzlichen 6 Register, auf der eigens dafür neu
angefertigten Schleifwindlade, wird dieses Werk nun nahezu ebenbürtig. Die Darstellung
romantischer Orgelmusik wird durch die Erweiterung nun deutlich bereichert, insbesondere durch
die Zungenregister Oboe 8´ und Krummhorn 8´. In der ersten Konzeption und in der Vorgabe durch die Ausschreibungsunterlagen sollte ein
Instrument mit mechanischer Tontraktur entstehen. Als Registertraktur kam entweder eine
elektrische Steuerung oder wie bisher die pneumatische Betätigung der Registerschleifen in Frage.
Das 2014 beschlossene Konzept sah die Lage der Windladen für das II. Manual auf Grund der
geringeren Orgeltiefe in zwei Höhenebenen vor. Dadurch ergaben sich wiederum unlösbare
Probleme bei der Umsetzung einer reinen mechanischen Tontraktur. Überlegungen wurden
angestrengt, wie die Traktur zu den Windladen geführt wird. Wir entschlossen uns für beide
Manualwerke neue, in etwas erweiterter Klaviaturteilung, mechanische Spielwindladen
anzufertigen und in unmittelbarer Nähe zu den Windladen zu platzieren. Da die Windlade des
ersten Manuals durch Kreutzbach schon im Windkasten liegende Bälgchen für den Ventilaufzug
hatte, wurden die historische Windlade im zweiten Manual dahingehend umgebaut und die neue
Windlade gleich so konzipiert. So bleibt die Verbindung von den Tasten zu den Spielwindladen und
den Pedalladen rein mechanisch, wie schon von Anfang an geplant und völlig neu umgesetzt. Von
den Spielwindladen geht es auf einer kurzen Pneumatikstrecke bis unter die Manualwindladen.
Dort gibt ein Relais den pneumatischen Impuls an die innenliegenden Bälgchen weiter, die dann
per Abstrom bei Betätigung in sich zusammenfallen und das entsprechende Tonventil aufziehen.
Beim Loslassen der Taste füllt sich das Bälgchen mit Wind und bleibt druckneutral im Windkasten
stehen bis zur nächsten Betätigung. Das Tonventil schließt mittels Federkraft durch die eingebaute
Schenkelfeder. Solch ein System gibt es meines Wissens für eine mechanische Schleiflade noch
nicht und so stellt die Umsetzung für dieses Instrument ein echtes Novum dar.
In der Registertraktur wurden die erhaltenen pneumatischen Schleifenzugapparate von 1889
zugunsten platzsparender elektrischer Registermagnete verworfen. Dies ermöglicht den Einbau
einer elektronischen Setzeranlage mit 4000 Kombinationsmöglichkeiten, USB Schnittstelle und
einer Crescendowalze. Dadurch erhält die Orgel eine weitere Bereicherung in der Ausschöpfung
der klanglichen Möglichkeiten, insbesondere für vielfältige und schnelle Registerwechsel.
Der Spieltisch, als die Steuerzentrale für das neue Instrument, wurde komplett neu konstruiert
und mit drei Manualen versehen. Das zusätzliche Manual ist ein Koppelmanual und ermöglicht
weitere klangliche Möglichkeiten umzusetzen.
Die Windanlage der Orgel besteht heute aus drei Bälgen. Das große, neu aufgebaute
Doppelfaltenmagazin wird von einem neuen Gebläse mit 21 m³/min gespeist. Von dort verteilen
Kanäle aus Vollholz den Wind zum Pedalwerk und druckreduzierenden Bälgen, welche den
Manualwerken vorgeschaltet sind.
Die Stellagen und Laufgänge im Gehäuse wurden ebenfalls allesamt neu angelegt, hergestellt und
eingebaut.
Das neue Gehäuse um die seitlich stehenden Pedalladen wurde den historischen Teilen
nachempfunden und aus massiver Spessarteiche gefertigt. Die Oberfläche wurde durch Beizen
den historischen Teilen angeglichen und mit Schellack beschichtet. Lamellentüren im oberen
Bereich begünstigen die bestmögliche Klangabstrahlung der Pedalregister.
Mit Fertigstellung der Orgel verfügt das Instrument nun über 29 klingende Register.
|