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Die Orgeln in der Gedächtniskirche der Protestation zu Speyer

Die Hauptorgel
Neubau der Chororgel
(Kurzinformation 26.02.2021)
Die Hauptorgel

Die von der Stuttgarter Orgelbaufirma C. F. Weigle im Jahr 1900 begonnene und von der Öttinger Firma Steinmeyer im Jahr 1902 vollendete Orgel mit 65 klingenden Registern, verteilt auf vier Manuale und ein Pedal, wurde dem Orgelumbau von 1938/39 geopfert. Die heutige Orgel der Orgelbauwerkstatt Detlef Kleuker in Bielefeld ist mit 95 Registern die größte Orgel in Südwestdeutschland. Der auf Dekorationen und Rahmungen gänzlich verzichtende Prospekt stammt noch aus dem Jahr 1939 und wurde entworfen von dem Münchner Bildhauer Hans Miller.

I Hauptwerk C–c4 II Unterwerk C–c4 III Schwellwerk C–c4 IV Kronwerk C–c4 Pedal C–g1
1. Praestant 16′ 19. Prinzipal 8′ 35. Bourdon 16′ 56. Grobgedackt 8′ 74. Prinzipal 32′
2. Hohlpfeife 16′ 20. Copula 8′ 36. Prinzipal 8′ 57. Quintade 8′ 75. Prinzipal 16′
3. Prinzipal 8′ 21. Oktave 4′ 37. Flûte harmonique 8′ 58. Prinzipal 4′ 76. Subbass 16′
4. Oktave 8′ 22. Rohrflöte 4′ 38. Holzgedackt 8′ 59. Koppelflöte 4′ 77. Gedackt 16′
5. Holzflöte 8′ 23. Quintade 4′ 39. Salicional 8′ 60. Flachflöte 2′ 78. Violon 16′
6. Viola da Gamba 8′ 24. Oktave 2′ 40. Geigenschwebung 8′ 61. Scharf V 1′ 79. Quinte 10 2⁄3′
7. Quinte 5 1⁄3′ 25. Waldflöte 2′ 41. Oktave 4′ 62. Terzian II 80. Oktavebass 8′
8. Oktave 4′ 26. Larigot 1 1⁄3′ 42. Flûte traversière 4′ 63. Holzdulcian 16′ 81. Bassflöte 8′
9. Weitprinzipal 4′ 27. Nachthorn 1′ 43. Spitzgambe 4′ 64. Vox humana 8′ 82. Gambe 8′
10. Blockflöte 4′ 28. Mixtur IV 1 1⁄3′ 44. Nazard 2 2⁄3′ 65. Schalmei 4′ 83. Choralbass 4′
11. Quinte 2 2⁄3′ 29. Zimbel III 1⁄2′ 45. Doublette 2′   84. Quintadena 4′
12. Superoktave 2′ 30. Sesquialter II 2 2⁄3′ 46. Gemshorn 2′ V Bombardenwerk C–c4 85. Blockflöte 2′
13. Mixtur IV 2′ 31. Carillon III 47. Tierce 1 3⁄5′ 66. Bourdon 8′ 86. Rohrpfeife 1′
14. Scharf V 2⁄3′ 32. Rankett 16′ 48. Septième 1 1⁄7′ 67. Flûte 4′ 87. Mixtur 1 IV 4′
15. Zimbel III 1⁄4′ 33. Krummhorn 8′ 49. Fourniture III 2 2⁄3′ 68. Cornet V 8′ 88. Mixtur 2 IV 2′
16. Trompete 16′ 34. Harfenregal 8′ 50. Mixtur V 1 1⁄3′ 69. Plein Jeu VIII 2′ 89. Basszink IV 5 1⁄3′
17. Trompete 8′ Tremulant 51. Glockenzimbel III 1⁄3′ 70. Bombarde en chamade 16′ 90. Bombarde 32′
18. Clairon 4′ Celesta 52. Basson 16′ 71. Trompette en chamade 8′ 91. Posaune 16′
    53. Trompette harm. 8′ 72. Trompette 8′ 92. Fagott 16′
    54. Hautbois 8′ 73. Clairon 4′ 93. Trompete 8′
    55. Clairon 4′   94. Lure 4′
    Tremulant   95. Singend Regal 2′

Koppeln: II/I, III/I, IV/I, V/I, III/II, IV/II, V/II, V/IV, I/P, II/P, III/P, IV/P, V/P
Spielhilfen: Feste Kombinationen (Tutti, Walze/Walze ab, Absteller für 16′/32′-Zungen: general und einzeln), 16fache Setzeranlage
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Neubau der Chororgel
Kurzinformation (26.02.21)

Die erste Orgel der 1904 eingeweihte Gedächtniskirche der Protestation zu Speyer wurde bereits 1902 fertig gestellt und auf der rückwärtigen Empore der Kirche aufgestellt. 1939 wurden angestrebte Verbesserung der Orgelsituation umgesetzt. Das Konzept schloss auch eine Chororgel ein, die die Beschallung des liturgischen Zentrums von Altar und Kanzelbereich optimieren sollte. Dazu sollten zwei Teilwerke links und rechts auf den Emporen über den Sakristeien installiert werden. Diese Planungen wurden jedoch nicht realisiert.

Nachdem die ärgsten Auswirkungen der Kriegs- und Nachkriegszeit vom einsetzenden Wirtschaftswunder gelindert waren, wurde 1956 ein zeitbedingt äußerst bescheiden dimensioniertes Orgelwerk mit 13 Registern durch die Firma Oberlinger/Windesheim hinter dem Altarretabel installiert. Der Spieltisch wurde in deutlicher Entfernung hinter der Kanzel positioniert und elektrisch mit dem Orgelwerk verbunden. Die Qualität der verwendeten Materialien und die Verarbeitung waren bauzeittypisch. Der 1978/79 erfolgte Einbau einer Kirchenheizung mit Warmluft-Ausblasöffnungen im Orgelbereich verstärkte die Defizite des eher behelfsmäßigen Instruments und beschleunigte den Ablauf seiner Lebensdauer.

Seit ca. 1990 wurden Vorschläge zur Erneuerung des Werks diskutiert. Eine Verbesserung des unter dem Diktat von Sparmaßnahmen erbauten Oberlinger-Instruments wurde wegen seiner allenfalls durchschnittlichen Qualität, klanglicher Mängel und Einseitigkeit verworfen. Eine Erneuerung der Orgel war unumgänglich, um die umfangreichen Anforderungen befriedigend erfüllen zu können. Diese reichen von der Begleitung kleinerer Gottesdiensten im Altarbereich über die Möglichkeit des Erarbeitens weiter Teile des Orgelrepertoires in der Ausbildung des Orgelnachwuchses bis hin zur Begleitaufgaben im gesamten musikalischen Spektrum von Gottesdienst und Konzert – angefangen beim Blockflöte spielenden Kindergartenkind bis zur substanziellen und raumgreifenden Beeinflussung des Klangs bei groß besetzten Sinfonie- und Oratorienkonzerten.

In einem honorierten Wettbewerb wurden zunächst vier renommierte Orgelbaubetriebe um Angebote gebeten. Die sehr unterschiedlichen aber durchweg attraktiven Offerten sahen eine Aufstellung des Werkes an unterschiedlichen Positionen im Bereich des Chorraums der Kirche vor. Wegen des empfindlich beschränkten Raumangebots und der nur indirekt möglichen Klangabstrahlung wurde der bisherige Standort hinter dem Altarretabel nicht favorisiert. Dem standen die besondere Verletzlichkeit des original erhaltenen Raumkonzepts ebenso entgegen wie die mangelnde Tragfähigkeit des Fußbodens. Dessen Ertüchtigung wäre wegen der 1978/79 eingebrachte Fußbodenheizung nur mit extrem hohem Aufwand realisierbar gewesen. Die technisch mögliche Variante, die Orgel im Dachstuhl zu verankern, wurde ebenfalls verworfen.

Nachdem der Wettbewerb um zwei weitere Anbieter erweitert worden war mit der Vorgabe, den bisherigen Standort beizubehalten, wurde der Auftrag schließlich an die traditionsreiche und weltweit im Spitzensegment agierende Firma Klais/Bonn, erteilt. Das neue Instrument erhält auf zwei Manualen und Pedal 25 Register mit etwas mehr als 1.500 Pfeifen. 5 Register werden ganz oder teilweise durch Doppelnutzung von Pfeifen des I. Manuals und Pedals gewonnen.

Die Disposition:

I. Manual C-c4 II. Manual C-c4 Pedal C-g1
Lieblich Gedackt 16‘ Concertflöte 8‘ Untersatz 32‘ (akustische Kombination)
Principal 8‘ Aeoline 8‘ Majorbass 16‘
Bordunalflöte 8‘ Vox coelestis ab G 8‘ Subbass 16‘ (Transmission aus I)
Dulciana 8‘ Fugara 4‘ Flûte 8‘ (Verlängerung)
Octave 4‘ Traversflöte 4‘ Gedecktbass 8‘ (Transm. und Verl. aus I)
Flauto amabile 4‘ Flautino 2‘ Octavbass 4‘
Rauschpfeife IV 2‘ Cornettino III 2 2/3‘ Posaune 16‘
Trompete 8‘ Horn 8‘ Basstrompete 8‘ (Verlängerung)
  Oboe 8‘  

Die größten, bis zu 5 Meter langen Basspfeifen sind direkt an der Stirnwand der Kirche platziert. Der Rest des Werks ist von einem Gehäuse aus massivem Eichenholz umschlossen, das sich dem Umriss des Altarretabels anschmiegt und so aus dem Kirchenschiff unsichtbar bleibt. Die an der Rückseite und auf dem Dach des Gehäuses angebrachten Schwellöffnungen können beim Spielen mit zwei Tritten reguliert werden. So wird eine stufenlose Beeinflussung der Klanglenkung und der Lautstärke der Orgel ermöglicht. Erste Klangeindrücke zeigen auf beglückende Weise, dass Konstruktion und Intonation der Orgel die akustischen Nachteile des Aufstellungsortes in höchstem Maß kompensieren können.

Um ein hochsensibles Spiel zu ermöglichen ist die Spieltraktur in den Manualen mechanisch angelegt. Die Spielimpulse der Pedalklaviatur werden elektrisch übertragen. Dies ermöglicht eine Mehrfachnutzung von Pfeifen aus dem ersten Manual und die oktav-versetzte Nutzung von Registern des Pedals. Damit wird trotz des begrenzten Raumes eine differenzierte und gut zeichnende Führung der Klänge in der wichtigen Bassregion ermöglicht. Die auf der linken Seite direkt an die Orgel angebaute Spielanlage ermöglicht einen guten Kontakt der spielenden Personen mit Liturg*innen und eventuell zu begleitenden Musiker*innen im Altarbereich. Bei großen Besetzungen kann auch ein audiovisuelles Übertragungssystem genutzt werden.

Die Kosten knapp unter 550.000 Euro werden hälftig vom Bauverein der Gedächtniskirche und der Evangelischen Kirche der Pfalz als Eigentümerin der Kirche getragen. Die Einweihung der neuen Orgel ist für Pfingstmontag, 24.05. vorgesehen: 10 Uhr Festgottesdienst, 18 Uhr Festkonzert.


Autor: Jochen Steuerwald

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Informationen Hauptorgel: Quelle: Wikipedia
Foto Hauptorgel: © Roman Eisele / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0
Informationen Chororgel: mit freundlicher Genehmigung des Kantorat Speyer (Robert Sattelberger)
OI-S-109
weiterführende Links:

Webseite der Kirchengemeinde