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Die Orgel der Stiftskirche St. Bonifatius Warendorf-Freckenhorst

Die Entstehungsgeschichte der neuen Orgel
Die neue Orgel
Disposition

Kontakt

Die Entstehung der neuen Orgel

Orgel-Neubauten in der Stiftskirche Freckenhorst lassen sich für das Jahr 1661 (Henrich Reinking aus Bielefeld) und 1711 (Henrich Mencke aus Beckum) belegen. Der von der Orgelbaufirma Breil ausgeführte und 1964 eingeweihte Orgelneubau im nördlichen Kreuzarm der Kirche zeigte nach Revisionen und Umbauten in den Jahren 1992, 1995 und 2001 einige Jahre später zunehmende Verschleißerscheinungen, v.a. durch Feuchtigkeitseinwirkungen mit Schimmelbildung und Staub, und war nach einem Riss im Windbalg zuletzt kaum noch spielbar. So entstanden im Kirchenvorstand bald Überlegungen zur Verbesserung der Situation. In das Renovierungsprojekt, dessen Finanzierungsaufwand auf 400.000 Euro begrenzt wurde, sollten möglichst viele Bürger und Vereine eingebunden werden. Hierfür bot sich eine Vereinsgründung an.

Der am 09.12.2014 gegründete Orgelbauverein wurde zum Motor der Orgel-Renovierung. Die Ziele des Vereins werden in § 2 der Satzung beschrieben: Der Satzungszweck „wird verwirklicht insbesondere durch die Sammlung von Finanzmitteln zur Restaurierung der Breil-Orgel der Pfarrkirche St. Bonifatius Freckenhorst, sowie die finanzielle und ideelle Förderung der Kirchenmusik in derselben Kirche“. Im Januar 2015 erfolgte die Eintragung in das Vereinsregister.

Im Frühjahr 2016 wurden von der Kirchengemeinde als Auftraggeber unter Beteiligung des Orgelbauvereins und des Orgelsachverständigen im Bistum Münster, Ulrich Grimpe, die Angebote verschiedener Orgelbaufirmen gesichtet und bewertet. Den Zuschlag erhielt die Orgelbaufirma Romanus Seifert & Sohn aus Kevelaer mit einem interessanten und überzeugenden Gestaltungs-Konzept, bei dem die in den Planungen angesetzten finanziellen Grenzen eingehalten wurden. Dabei sollten wiederverwendbare Teile der alten Orgel genutzt werden. Letztlich konnte etwas über die Hälfte der Pfeifen aus der alten Orgel in das neue Instrument eingearbeitet werden. Als Standort der Orgel kam nach den Vorgaben des Bistums und der Denkmalschützer nur – wie beim Vorgänger-Instrument – das Nord-Querschiff unserer Kirche in Betracht. Allerdings sollten bei der technischen Realisation alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine erneute Schimmelbildung zu verhindern. Dazu gehören die Vorbereitung des Untergrunds und der vergrößerte Abstand von der nördlichen Wand. Die Bauplanung für die Boden- und Wandarbeiten lag in den Händen des Ingenieurbüros Eggersmann aus Warendorf, das in enger Absprache mit dem Kirchenvorstand und den Denkmalbehörden in Warendorf und Münster auch weitere bautechnische Maßnahmen in der Kirche zur Verbesserung der klimatischen Raumverhältnisse betreute.

Im Herbst 2016 wurde die alte Orgel in mehreren Schritten abgebaut. Zunächst wurden von den Mitarbeitern der Firma Seifert diejenigen Pfeifen ausgebaut, die in der neuen Orgel wiederverwendet werden sollten. Über eine Vermittlung der Firma Ladach, einen Fachhändler für gebrauchte Pfeifenorgeln in Wuppertal, wurden dann durch polnische Orgelbauer die restlichen Pfeifen ausgebaut und anschließend kostenfrei das Gehäuse abgebaut.

Im September 2017 begann der Aufbau der neuen Orgel mit ihren 2178 Pfeifen in der Stiftskirche. Im Hinblick auf die Schimmel-Prophylaxe wurden Vorbereitungen für eine gute Luft-Zirkulation im Inneren des Orgelgehäuses getroffen. Bei der farblichen Gestaltung nimmt die helle Außenfarbe des Gehäuses dem großen Instrument die Schwere. Durch das Vorziehen des Gehäuses im Kirchenraum wurde auch eine deutlich bessere Klangabstrahlung erreicht. Die Realisierung einer elektrischen Registrierung und Traktur ermöglicht eine flexible Aufstellung des Spieltisches, was bei Konzerten und bei der Begleitung des Kirchenchores genutzt werden kann.
Die elektrotechnischen Arbeiten wurden von der ortsansässigen Firma Rose durchgeführt.

Den Mitgliedern des Orgelbauvereins wurde das Instrument während der Aufbauphase von Mitarbeitern der Firma Seifert ausführlich vorgestellt. Die gründliche Intonation der neuen Orgel erfolgte im Spätherbst 2017 und dauerte 10 Wochen.
Die neue Orgel

Nach Sichtung mehrerer Angebote wurde im Mai 2016 die Orgelbaufirma Seifert aus Kevelaer vom Kirchenvorstand der Pfarrgemeinde St. Bonifatius Freckenhorst mit dem Orgelneubau für die Stiftskirche beauftragt. Dabei sollten noch nutzbare Pfeifen der alten Orgel wiederverwendet werden. Im Sommer 2016 wurden zusammen mit Vertretern der Orgelbaufirma und des Architekturbüros Eggersmann weitere Vorbereitungen für den Orgel-Neubau getroffen und ein Konzept für das neue Instrument abgestimmt.

Die alte Breil-Orgel, die zuletzt gar nicht mehr gespielt werden konnte, weil auch noch der Blasebalg eingerissen war, wurde in mehreren Schritten abgebaut: Ende September 2016 erfolgte durch Mitarbeiter der Firma Seifert der Ausbau derjenigen Pfeifen, die in der neuen Orgel wieder verwendet werden sollten, Mitte Oktober dann der Abbau der restlichen Orgel durch von der Firma Ladach (Wuppertal) vermittelte polnische Orgelbauer.

Für das neue Instrument wurde ein Orgelklang angestrebt, der zwischen spätem Barock und früher Romantik steht, also barocke Frische und romantischen Schmelz in sich vereint. Die bewährten und klangschönen Charakterstimmen aus der alten Orgel wurden aufwendig restauriert und eingebettet in die neuen Register der Grundstimmen, den Principalchor, der das klangliche Rückgrat der Orgel bildet. Dazu gehört u.a. auch die 8-Fuß-Traversflöte (Flute traversiere), die aus dem Vorgänger-Instrument der Breil-Orgel stammt und 2001 in das Haupt-Manual dieser Orgel eingefügt worden war. Ergänzt wird diese Grundstimmenpalette durch ein neues Gamben-Register, das durch sein markantes Obertonspektrum besonders gut hörbar ist. Klanglich treten im Hauptwerk auch die neuen Zungenstimmen hervor – Trompete und Clarine, wobei letztere horizontal im Prospekt (Schauseite der Orgel) sichtbar ist. Als besonders farbige Solostimme tritt außerdem noch eine Clarinette hinzu.
Auch durch einen neuen, höheren Winddruck wird allen Stimmen zu mehr Brillanz verholfen. Letztlich ist ein wandlungsfähiges, „universelles“ Instrument für Liturgie und Konzert entstanden, das ein breites Spektrum der Orgelliteratur spielbar macht.

Die Orgel mit ihren 2178 Pfeifen verfügt über 38 Register auf 2 Manualen (Hauptwerk und Schwellwerk) und Pedal. Die Spiel- und Registertraktur ist elektrisch angelegt. Die elektronische Setzeranlage (Fa. Otto Heuss) ermöglicht das Abspeichern von vielfältigen Registerkombinationen. Durch ein integriertes Midi-System ist dem Organisten die Möglichkeit gegeben, sein Spiel aufzuzeichnen und wieder abzuspielen. Da für den Spieltisch mehrere Anschlussstellen im Boden eingerichtet sind, kann er für besondere Anlässe – z. B. bei Konzerten – im Kirchenraum verschoben werden.

Das Orgelgehäuse wurde aus Eichenholz gefertigt, das klassisch in Rahmen- und Füllungsbauweise verarbeitet ist. Die Gehäuseoberfläche wurde mit einem strapazierfähigen Naturharzöl mit weißer Tönung behandelt. Auch die Schimmelpilzprophylaxe wurde beim Gehäusebau berücksichtigt. Es sind ausreichend Öffnungen im Gehäuse vorgesehen, um eine gute Luftzirkulation zu ermöglichen. Ein Luftentfeuchter im Gehäuse-Inneren sorgt für ein ausgeglichenes Klima, das auch kontinuierlich mit Datenloggern kontrolliert wird.

Die Sanierung des Bodenbereichs wurde Anfang  2017 durchgeführt. Anlieferung und technische Montage der neuen Orgel erfolgten im Herbst 2017, danach die Intonation. Bei einer Intonation muss jede einzelne Pfeife gestimmt und nach Klangfarbe und -stärke dem Raum angepasst werden. Dies wird im allgemeinen von zwei Personen durchgeführt – einer spielt nacheinander die verschiedenen Töne, der andere justiert die Orgelpfeifen so lange nach, bis der Ton stimmt. Inzwischen kann der Intonateur die einzelnen Pfeifen auch mit einer Smartphone-App anspielen, während er im Inneren des Gehäuses arbeitet. Bei der neuen Orgel in Freckenhorst waren die Experten 10 Wochen mit der Intonation beschäftigt. Die Abnahme der Orgel erfolgte am 19.12.2017, am 1. Advent 2017 wurde die neue Orgel festlich eingeweiht.

Eine vertraglich vereinbarte Nachintonation erfolgte von 01.10. – 02.10.2018 (dabei auch Austausch der alten Subbaß-Pfeifen C-E, die nicht mehr richtig ansprachen, und Nachintonation und Stimmung aller Pedalpfeifen) und vom 08.10. – 10.10.2018 (Nachtonation v.a. der Pfeifen im Schwellwerk). Vom 05.08. – 08.08.2019 wurden im Rahmen einer Hauptstimmung i.w. die  Principal-Register des Hauptwerks nachintoniert. Bei diesen Maßnahmen erfolgte auch eine Umstellung der Stimmtemperatur der Orgel von „Neidhardt 1724 – Dorf“ auf „Seifert I“. Insgesamt klingt die Orgel seitdem etwas weicher.

Tonhöhe:  440 Hz bei 18 Gr. C.
Winddrücke: Hauptwerk: 72 mmWS, Schwellwerk: 80 mmWS, Pedal: 90 mmWS

Disposition

I Hauptwerk C-g3 II Schwellwerk C-g3 Pedal C-f1
1. Bordun 16' 15. Diapason 8' 29. Principalbass 16'
2. Principal 8' 16. Salicional 8' 30. Subbass 16'
3. Viola da Gamba 8' 17. Vox coelestis 8' 31. Quintbass 10 2/3'
4. Spitzflöte 8' 18. Gedackt 8' 32. Octavbass 8'
5. Traversflöte 8' 19. Principal 4' 33. Gedacktbass 8'
6. Octave 4' 20. Flauto traverso 4' 34. Choralbass 4'
7. Rohrflöte 4' 21. Nasard 2 2/3' 35. Posaune 16'
8. Quinte 2 2/3' 22. Piccolo 2' 36. Trompete 8' TM 12
9. Octave 2' 23. Terz 1 3/5' 37. Clarine 4' TM 13
10. Mixtur IV-V 1 1/3' 24. Mixtur IV 2' 38. Clairon 4' TM 14
11. Cornettino III 2 2/3' 25. Larigot 1 1/3'  
12. Trompette 8' 26. Horn 16'  
13. Clarinette 8' 27. Trompete 8'  
14. Clairon 4' 28. Oboe 8'  
  Tremulant  

Koppeln:
II/I; Sub II/I; Super II/I
Sub II, Super II
I/P; II/P; Super II/P
Kontakt

Kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius und Lambertus
Stiftshof 2
48231 Warendorf


Orgelbauverein St. Bonifatius Freckenhorst e.V.
Stiftshof 2
48231 Warendorf OT Freckenhorst

E-Mail: kontakt(at)orgelbauverein-freckenhorst.de


mit freundlicher Genehmigung des Orgelbauvereins Freckenhorst
Quelle der Daten: https://orgelbauverein-freckenhorst.de
Fotos Orgel: © Orgelbauverein Freckenhorst
Foto Schloss/Kirche: Dietmar Rabich ------Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / „Warendorf, Freckenhorst, Schloss und St.-Bonifatius-Kirche -- 2014 -- 8638 -- Ausschnitt“ / CC BY-SA 4.0

OI-W-96

weiterführende Links:

Webseite Orgelbauverein Freckenhorst
Webseite der Kirchengemeinde