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Die Orgel der Schlosskirche Weilburg

Die Geschichte der Orgel
Disposition

Die Kirche

Die Geschichte der Orgel

Wahrscheinlich erklang bereits zum Pfingstfest 1712 die erste Orgel in der Schlosskirche. Sie war von der Werkstatt des katholischen Orgelbauers Johann Jakob Dahm aus Mainz gebaut worden. Der prachtvolle Orgelprospekt, der sich aus dem Hauptwerk, dem Brustwerk und zwei harfenförmigen Pedalfeldern zusammensetzt, ist kunstvoll in den Bogen des Deckengewölbes eingepasst. Das barocke Instrument verfügte über 23 Register, die auf Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal verteilt waren.

1902/03 ersetzte Wilhelm Sauer aus Frankfurt/ Oder die erste Orgel durch ein neues spätromantisches Werk. Lediglich der Orgelprospekt der Dahm-Orgel mit seinen Pfeifen blieb als Raumschmuck erhalten. Die zweite Orgel umfasste 28 Register. Sie erhielt ein Schwellwerk, die Traktur wurde auf pneumatische Kegelladen umgestellt. Der neue freistehende Spieltisch fand seinen Aufstellungsort auf der Empore unterhalb der Orgel. Spieltechnisch ist dies der ungünstigste Ort in der gesamten Kirche.

1955 wurde ein Pedalregister verändert, 1972 wurde die Orgel durch die Firma G.F.Steinmeyer aus Oettingen umgebaut. Das Instrument erhielt eine elektropneumatische Traktur. Ein neuer Spieltisch, mit 3. Manual für eine geplante Erweiterung der Klangfarben, wurde zunächst in der Fürstenloge, dann hinter den Magistratsbänken aufgestellt. Klanglich wurde die Orgel einem neobarocken Ideal angeglichen. Einige Register wurden ersetzt. Die Orgelpfeifen der ausgebauten Sauer-Register wurden im Dachgeschoss der Schlosskirche eingelagert.


Seit 2015 gibt es Planungen für eine erneute Sanierung mit dem Ziel, das historische Instrument so zuzurüsten, dass es den liturgischen und künstlerischen Anforderungen von Gegenwart und Zukunft entspricht.
Durch eine behutsame Erweiterung um 10 Register soll historisch an die verloren gegangene barocke Dahm-Orgel erinnert werden. Zugleich soll die Schlosskirche mit diesem Umbau ein Instrument erhalten, das der denkmalpflegerischen und kulturellen Bedeutung der Schlosskirche Rechnung trägt.

Die Schlosskirche ist nicht nur in Hessen die herausragende lutherische Predigtkirche aus dem Barock. Zur lutherischen Tradition gehört die Pflege der Kirchenmusik, gerade an der Orgel gespielt. Ein Kirchenraum wie die Schlosskirche muss diese Geschichte nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar machen können. Dem dient die geplante Erweiterung der Disposition im dritten, bereits geplanten Manual.

Zugleich soll der wertvolle Bestand der vorhandenen Sauer-Orgel gesichert und erhalten werden. Die 1972 ausgebauten Register sollen wieder hinzugefügt werden. Auch der vorhandene pneumatische Spieltisch soll restauriert werden, um die Spiel- und Registriermöglichkeiten der Pneumatik authentisch unterrichten zu können. Notwendig für die Sicherung des denkmalgeschützten Instrumentes ist neben einer Grundreinigung zudem eine Erneuerung der Elektrik, die heutigen Bestimmungen nicht mehr entspricht. Diese Maßnahme zieht eine Erneuerung des eigentlichen Spieltisches nach sich.

Mit diesem Bündel an Maßnahmen wird die historisch bedeutsame Sauer-Orgel so gesichert und erhalten, dass sie den konzertanten und liturgischen Anforderungen an das Orgelspiel in Gegenwart und Zukunft entspricht. Mit dieser Orgelmaßnahme erhält die denkmalpflegerisch und kulturell herausragende Weilburger Schlosskirche ein Instrument, das der Größe und Bedeutung dieser Leuchtturmkirche entspricht.

Disposition

I Hauptwerk C-f3 II Schwellwerk C-f3 Pedal C-f1
Bordun 16' Gedeckt 16' Prinzipalbass 16'
Prinzipal 8' Geigenprinzipal 8' Violon 16'
Gedeckt 8' Flöte 8' Subbass 16'
Gemshorn 8' Gedeckt 8'
Oktave 8'
Oktave 4' Gamba 8' Gedeckt 8'
Rohrflöte 4' Fugara 4' Flöte 4'
Quinte 1 2/3' Fernflöte 4' Posaune 16'
Oktave 2' Piccolo 2'  
Cornett III-IV 4' Sesquialter 2 2/3'  
Mixtur IV-V 1 1/2' Flageolett 1' + 1/2'  
Trompete 8' Tremulant  

Koppeln: II/I; I/P; II/P; Super I
Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, feste Kombination, Tutti, Jalousieschweller mit 2 Stufen, Walze
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Vielen Dank.
Die Kirche

Mit dem Abriss baufälliger Kirchen begannen 1707 die Arbeiten an der barocken Weilburger Schlosskirche. Lediglich ein Teil des mittelalterlichen Kirchenturms blieb erhalten. Bereits 1708 konnten das Kirchenschiff aufgemauert und der Dachstuhl aufgeschlagen werden. Die oberen Turmgeschosse einschließlich der Haube und des Glockenstuhles wurden 1709 fertiggestellt. Ab 1711 begann der Innenausbau.
Nach nur knapp fünfjähriger Bauzeit feierte die Evangelische Kirchengemeinde Weilburg in der neuen Schlosskirche am 12. Januar 1712 den ersten Taufgottesdienst. Die Innengestaltung wurde 1713 abgeschlossen.

Die Errichtung der Weilburger Schlosskirche unter der Leitung von Julius Ludwig Rothweil war Teil eines umfangreichen Bauprojektes. Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg gestaltete die mittelalterlich geprägte Kleinstadt zu seiner Residenzstadt um. Er sorgte für eine Wasserleitung in die Stadt, erweiterte das Schloss erheblich und gestaltete einen Schlosspark. Mit dem Marktplatz und seinen anliegenden Gebäuden schuf er ein Zentrum in der Mitte der Stadt. Als Residenzkirche verbindet die Weilburger Schlosskirche das Palastareal und die Bürgerstadt. Angegliedert an das Kirchengebäude ist das Alte Rathaus als Sitz des damaligen Magistrats. Kirche und Verwaltungssitz bilden als „Mehrzweckgebäude“ eine harmonische Einheit.

Da Weilburg weitgehend von Kriegsschäden verschont blieb, ist das Bauprogramm des absolutistisch regierenden Herrschers bis heute im Gebäudebestand sichtbar – zudem in einem sehr guten Erhaltungszustand. Dem Ensemble von Schloss, Schlossgarten, Schlosskirche und Marktplatz verdankt Weilburg seinen Namen als „Perle an der Lahn“.

Residenzkirche mit lutherischer Prägung

Der absolutistisch regierende Graf war nicht nur weltlicher Herrscher. Er war zugleich auch Oberhaupt der Evangelischen Kirche in seinem Territorium. Die Schlosskirche zu Weilburg hatte die Aufgabe, diese beiderseitige Aufgabe des Herrschers zu repräsentieren. Diesem Anspruch trägt die Ausgestaltung des Innenraumes in besonderer Weise Rechnung. Da die Weilburger Schlosskirche in ihrer Gestaltung seit der Erbauung vor 300 Jahren nur geringe Veränderungen erfahren hat, ist sie als Kulturdenkmal eine herausragende Zeugin der Geschichte des 18. Jahrhunderts.

Zunächst einmal fällt die Schlosskirche durch ihre schiere Größe auf. Der querrechteckige Kirchenraum weist eine Grundfläche von 475 qm auf. An ihn schließen sich in der Hauptachse halbrunde, durch Arkaden abgetrennte Konchen an. Sie nehmen im Süden den Kanzelaltar und im Norden die Grafenloge auf. In die Ecken sich weitere Logen in drei übereinanderliegenden Geschossen übereinander eingepasst. Zwei sich durchkreuzende Muldengewölbe, die am Balkenwerk des Dachstuhls hängen, überspannen den stützenfreien Kirchenraum in einer lichten Höhe von 18 m im Gewölbescheitel. Damit ist die Weilburger Schlosskirche nach der St. Michaeliskirche in Hamburg sowie der Frauenkirche in Dresden eine der größten lutherischen Predigtkirchen aus der Barockzeit in Deutschland. Während die Beispiele aus Hamburg und Dresden das aufstrebende Bürgertum repräsentieren, realisiert die Weilburger Schlosskirche den Idealtyp einer lutherischen Residenzkirche im Barock.

Die ansonsten typischen offenen Emporen sind in der Weilburger Schlosskirche durch geschlossene Logenfronten ersetzt. Durch die fehlende horizontale Gliederung wirkt der Kirchenraum größer als er ohnehin schon ist. Der Kirchenraum umspannt die beiden Pole von göttlicher und weltlicher Herrschaft. Kanzelaltar und Fürstenloge werden über das Gewölbe miteinander verbunden. Über beiden schwebt eine sonnen-umkränzte Taube als Symbol für Gottes Gegenwart im Heiligen Geist. Martin Luthers Zwei-Reiche-Lehre findet in der Weilburger Schlosskirche eine meisterhafte Umsetzung in der Sprache von Architektur und Kunst. Mit der betont lutherischen Innenausstattung legte der Graf ein unmissverständliches Zeichen für seine Konfession ab, womit er sich von reformierten Nachbarländern abgrenzte.

Mit allen Mitteln, die den bildenden Künsten zur Verfügung standen, wurde der Kirchenraum prachtvoll ausgestattet. Beispielhaft seien die Darstellungen der Evangelisten in den Ecken des Deckengewölbes genannt, die auf die Bibel als Grundlage christlichen Glaubens verweisen.
Darstellungen von Taufe und Abendmahl als den beiden Sakramenten der evangelischen Kirche greifen ebenfalls zentrale Aussagen Martin Luthers auf. Auf dem Kanzeldeckel sind Mose und Johannes der Täufer dargestellt, um deutlich zu machen: Grundlage der Predigt sind die Schriften des Alten wie des Neuen Testaments.

Mit den Familienwappen von Graf Johann Ernst und seiner Frau Polyxenia wird die Fürstenloge als Herrschaftsort sichtbar gemacht. Die Loge ist höher als die Kanzel – ein subtiles Zeichen für die Herrschaftsordnung im Zeitalter des Absolutismus. Die Sitzordnung der damaligen Zeit spiegelte die Hierarchien in der Residenzstadt wieder. Die Anordnung der Bänke erfolgte so, dass niemand in dem für den Fürsten sichtbaren Bereich dem Herrscher den Rücken zukehren konnte.
Einige Bänke wurden in der Neuzeit entfernt, so dass in der Mitte des Kirchenraumes ein freier Platz entstanden ist, der für Gottesdienste und Konzerte oder Kulturveranstaltungen vielfältig genutzt werden kann. Die Bänke stehen so beinahe in Kreisform – ein gelungenes Symbol für die Gleichwertigkeit aller Menschen vor Gott.

Bedeutung der Schlosskirche in der Gegenwart

So spiegelt die Kirche in ihrer Innenraumgestaltung auch die Veränderung einer vom Fürsten regierten Landeskirche hin zu einer protestantischen Kirche, die sich als Gemeinschaft Gleichberechtigter versteht. In den 1960er Jahren wurde die Weilburger Schlosskirche aus dem staatlichen Patronat in kirchliches Eigentum überführt, als zentrale Gottesdienststätte der Evangelischen Kirchengemeinde Weilburg.

Auf Grund ihrer kulturellen Bedeutung und Geschichte ist die Schlosskirche zugleich eine Leuchtturm-Kirche in der Region. Im neuen Evangelischen Dekanat, das sich 2022 konstituiert, soll die Weilburger Schlosskirche nicht nur Gemeindekirche, sondern geistliches Zentrum des neuen Dekanats sein. Seit 40 Jahren finden in der Schlosskirche Veranstaltungen der Weilburger Schlosskonzerte statt. Auch die Angebote der Alten Musik und weiterer Träger lassen die überregionale Bedeutung der Schlosskirche als kulturelles Zentrum erkennen. Orgelkonzerte, Ausstellungen und Lesungen sind weitere Formate, die der Schlosskirche als Kulturkirche Bedeutung verleihen.

Ein Besuch in der Schlosskirche ist ein Höhepunkt aller Stadtführungen in Weilburg. Zahlreiche Individualreisende besuchen die Schlosskirche – und lernen hier ein Kulturdenkmal kennen, in dem ihnen zentrale Botschaften des christlichen Glaubens in evangelisch-lutherischer Prägung begegnen. Mit Recht ist die Weilburger Schlosskirche in ihrer Gesamtheit und auch mit ihrer besonderen Ausstattung als lutherische Predigtkirche aus dem Barock ein herausragendes Kulturdenkmal nicht nur in Hessen, sondern bundesweit.




mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde
Quellen: Informationen Geschichte Orgel+Kirche: Antrag Dnkmalschutz-Sonderprogramm / Disposition: Wikipedia
Fotos: Guido Hepke
OI-W-84
weiterführende Links:

Webseite Evangelisch in Weilburg