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Die Orgel in St. Peter und Paul Wusterhausen / Dosse

Allgemein
Disposition
Zustandsbericht von 1958
Chronik


Die Geschichte der Stadtkirche

Allgemein

In der St.-Peter-und-Paul-Kirche der Stadt Wusterhausen an der Dosse erklang die Orgel nach unseren Erkenntnissen 1575 das erste Mal. Das ursprüngliche Instrument besaß zwei Manuale (Oberwerk und Rückpositiv) und kein eigenständiges Pedalwerk. Fast anderthalb Jahrhunderte später, wie die Inschrift auf der Innenseite der Pedalwindlade bezeugt, "Anno 1713 hat David Baumann studiosus artium liberalium (das heißt, Student der freien Künste) dieses Pedal neu angebaut, und die Blasbalgen neu gemacht, Rückpositiv gereinigt und gestimmt. Gott behüt für Feuersnot!" Über Baumanns Pedalwerk wissen wir soviel, dass es neun Register (vier Labiale und nicht weniger als fünf Zungen) hatte. Diese außergewöhnliche Konstruktion fand 1742 Joachim Wagner (1690-1749), der beste Orgelbauer der Zeit in der Gegend, vor. Er behielt die Windladen von Baumann (im Pedal stehen uns auch heute noch neun Register zur Verfügung), das Rückpositiv hob er in das neu angefertigte, wunderschöne Orgelgehäuse ein, und die (teils aus dem Jahre 1575 stammenden, teils von ihm selber neu gegossenen) Pfeifen verteilte er nach einer neuen Konzeption auf zwei Manuale.

Die Restaurierung dieses außerordentlichen und im dreifachen Sinne des Wortes historischen Instrumentes erfolgte in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts, und zwar auf die Anregung und unter der fachkundigen Leitung von Hans-Joachim Schuke (1908-1979). Seine regelmäßige Betreuung fällt auch seitdem der Firma Schuke aus Potsdam zu.

Text: Dr. Dezsö Karasszon / Übersetzung: Hajna Gárdonyi

Disposition
linke Seite des Spieltisches:

Pedal Hauptwerk Oberwerk
1 Posaune 16' 8 Principal 8'

14 Principal 4'

2 Trompet 8' 9 Quintadena 8' 15 Rohrflöte 4'
3 Octav 4' 10 Octav 4' 16 Octav 2'
4 Clairon 4' 11 Octav 2' 17 Quinta 1 1/2'
5 Mixtur 4 fach 12 Cimbel 3 fach 18 Vox humana 8'
6 Schwebung OW 13 Trompet 8' 19 Manualkoppel
7 Tremulant HW
rechte Seite des Spieltisches:

Oberwerk Hauptwerk Pedal
20 Cimbelsterne. 26 Rohrflöte 8'

32 Subbaß 16'

21 Gedackt 8' 27 Bordun 16' 33 Octavbaß 8'
22 Nassat 3' 28 Cornett 3 fach 34 Quinta 6'
23 Tertie 1 3/5' 29 Quinta 3' 35 Baßflöte 4'
24 Mixtur 4 fach 30 Scharff 5 fach
25 Calcant 31 Fagott 16'

Sperrventil OW; perrventil HW; Sperrventil Pedal
Manualumfang: C D Dis E bis c'''
Pedalumfang: C D Dis E bis cis'
Stimmung: Silbermann II
Stimmtonhöhe: 451 Hz bei 15°C

Aus einem Zustandsbericht über die Wagner-Orgel von der Orgelbaufirma Alexander Schuke 1958:

Die Orgel wurde 1742 von dem berühmten Berliner Orgelbauer Joachim Wagner (1690-1749) erbaut und gehört zu den noch erhaltenen Wagner-Orgeln, die in ihrem Pfeifenbestand in den vergangenen Jahrhunderten die wenigsten Veränderungen erfahren haben. Sie besitzt 30 klingende Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal mit Schleifladen und mechanischer Traktur. Auch das sehr schöne barocke Orgelgehäuse mit reichem Schnitzwerk ist noch im Original erhalten. Über dem Spielschrank steht in der gesamten Breite des Gehäuses das Hauptwerk mit dem Principal 8 C, D - c''' im Prospekt. Über den drei Mittelfeldern des Hauptwerks ist das Oberwerk, mit Principal 4 C, D -f'' im Prospekt aufgestellt. Links und rechts des eigentlichen Orgelgehäuses steht das Pedal (nach C- und Cis-Seite) hinter einem besonderen Schnitzwerk, das von dem der Hauptorgel stilistisch stark abweicht, feingliedriger und anders geartet ist. In der rechten Pedalwindlade (Cis-Seite) befindet sich folgende handschriftliche Inschrift:

"Anno 1713 hat David Baumann Studiosus artium Liberatium dieses Pedal neu angebaut und die Blasebalgen neugemacht und .....(nicht leserlich).....Rückpositiv gereinigt und gestimmt.
Gott behüt für Feuers-Noth!"

Hieraus geht hervor, dass die von David Baumann aus Friesack gebauten Pedalwindladen und wahrscheinlich auch das davor stehende Schnitzwerk mit dem darauf befindlichen Putten aus der älteren Orgel stammen, die auch ein Rückpositiv besessen haben muss. In der Brüstung der Orgelempore kann man auch heute noch die Stelle sehen, an der das Rückpositiv gesessen hat. Der Tastenumfang der beiden Manuale ist, wie bei Wagner üblich, C, D-c''', der des Pedals jedoch C, D-cis' = 25 Töne. Das Pedalklavier reicht aber bis d', wobei die Taste d' stumm ist. Die Pedalwindladen enthalten original 25 Ventile. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass 1713 bei David Baumann der Pedalumfang C, D, E, F, Fis-d' = 25 Töne (also ohne Cis und ohne Dis) war. Wagner hat dann bei seinem Orgelneubau um 1742 die Baumannschen Pedalwindladen übernommen, sie mir neuem Pfeifenwerk besetzt und durch Umhängen der Mechanik den Pedaltastenumfang C, D, Dis, E, F-cis' hergestellt. er hat dadurch also unter Fortlassung des d' das Dis gewonnen, was dem Zeitgeist um 1740 entsprach. So kommt hier eine musikgeschichtlich interessante Entwicklung zutage.

Wagner hat bei dem Neubau seiner Orgel verschieden Register aus der früheren Orgel übernommen, die auch heute noch erhalten sind. Außerdem hat er anscheinend einige Register aus dem sehr bleihaltigen Material früherer Pfeifen angefertigt.

Leider hat die Disposition auch der Wusterhausener Orgel im letzten Jahrhundert einige Veränderungen erfahren. Die Prospektpfeifen, die im 1. Weltkrieg herausgenommen waren, wurden zum großen Teil aus Zink in nicht originaler Mensur ersetzt und passen nicht zum Wagnerischen Orgelklang. Im Hauptwerk wurde das Wagnersche Fagott 16' durch ein Krummhorn 8' ausgetauscht. Die Trompete 8' fehlt ganz. Im Oberwerk hat der Orgelbauer Lütkemüller eine Fugara 4' anstelle der ursprünglichen Terz 1 3/5' und eine Dolce 8' anstelle der früheren Vox humana 8' und im Pedal anstelle des Subbass 16' ein Violon 16' eingebaut. Die Oktave 8' im Pedal - früher wahrscheinlich aus Zinn - wurde von Lütkemüller in Holz neugefertigt. Ferner fehlen jetzt Clairon 4' im Pedal ganz und gar und bei der Trompete 8' im Pedal die Schallbecher.

Chronik

Diese Veränderungen wurden während der Restaurierungsphase rückgängig gemacht.

1575: Orgelneubau in Wusterhausen
1713: Reparatur und Umbau durch David Baumann
1742: Joachim Wagner Orgelbau unter Verwendung alter Teile
1972: Restaurierung der Orgel durch den VEB Potsdamer Schuke-Orgelbau
1978: Abschluss der Arbeiten / regelmäßige Wartungsarbeiten

Die Geschichte der Stadtkirche

Schon von weitem sichtbar überragt die evangelische Stadtkirche St. Peter und Paul die Häuser der Stadt. Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts als spätromanische Basilika errichtet, wurde sie später gotisch erweitert. Die Altarweihe fand am 29. Juni 1479 statt. 1541 wurde in Wusterhausen die Reformation eingeführt.

Aus der Zeit um 1474 stammt das Chorgestühl mit farbigen Reliefschnitzereien an den Wangen sowie ein Triumphkreuz und eine Johannesfigur. Die Marienkapelle wurde um 1500 an der Südseite der Kirche errichtet und war ursprünglich zur Kirche hin offen. Da sich der 1712 aus Sandstein erbaute Taufstein in ihr befand, nannte man sie auch Taufkapelle. Im Zuge umfangreicher Restaurierungsarbeiten in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der Taufstein in das Kirchenschiff umgesetzt und die Marienkapelle zur Winterkirche umgestaltet.
Die Renaissancekanzel aus dem Jahre 1610 ist ein Werk des Bildschnitzers Jürgen Fischer und des Malers Moritz Meves. Die Figuren stellen die zwölf Apostel sowie weitere Verkündiger des Wortes Gottes dar. Gekrönt wird die Kanzel von Figuren, die Berufe und Tugenden symbolisieren, sowie einem Pelikan. Die Nordempore enthält 21 Gemälde, die um 1600 in der Werkstatt des bekannten niederländischen Malers und Kupferstechers Hendrik Goltzius entstanden und den Leidensweg Christi zeigen. Das Kastengestühl aus dem 17. Jahrhundert dient noch immer als Sitzgelegenheit für die Gemeinde.

An der Brüstung der Orgelempore befinden sich Wappen der Stadt Wusterhausen und der Grafen von Ruppin. Die Orgel selbst ist ein Meisterwerk des Berliner Orgelbaumeisters Joachim Wagner, der sie 1742 schuf. Das barocke Instrument besteht aus Haupt-, Ober- und Pedalwerk mit insgesamt 30 Registern und zwei Cimbelsternen. Nach umfassenden Restaurierungsarbeiten ist die Orgel seit 1978 wieder zu bewundern.

Ebenfalls barock ist der Altar, 1769 von General von Meinicke gestiftet. Sein Mittelpunkt ist ein Gemälde aus der Werkstatt des Berliner Malers Bernhard Rode, das die Erscheinung des auferstandenen Christus vor dem ungläubigen Thomas zeigt.

Am Äußeren der Kirche fällt der niedrige Turm mit dem schlichten Pyramidendach auf. Der alte Turm brannte 1764 infolge Blitzschlags ab. Dabei wurde durch die herunterfallenden Glocken das Gewölbe der Turmhalle zerstört, das erst 1993/94 wiederhergestellt werden konnte. Auf den Stumpf des Turms wurde ein Notdach gesetzt, bei dem es bis heute geblieben ist. St. Peter und Paul zu Wusterhausen ist Wahrzeichen und geistlich-kultureller Mittelpunkt der Stadt, die seit 1233 das Stadtrecht besitzt. Trotz vieler Stadtbrände hat das Gotteshaus überlebt und kündet vom Leistungswillen, aber auch von der Frömmigkeit der Menschen, die es errichteten und bis heute mit Leben erfüllen. Mit seiner Größe ist es auch ein Symbol dafür, daß Gott nicht zu übersehen ist.

Die drei Glocken aus dem Jahre 1765 im Turm künden davon, daß sich hier auch heute noch Gemeinde versammelt. Die Gemeinde besteht derzeit (2003) aus 1.189 Gemeindegliedern. Bei 2.936 Einwohnern sind das 40,5%. Das ist zwar nicht mehr - wie früher - die Mehrheit, aber dennoch eine nicht zu übersehende Minderheit. Wenn auch längst nicht alle Gemeindeglieder regelmäßig ins Gotteshaus gehen, so ist es trotzdem ihre Kirche.

Natürlich zeigen wir interessierten Touristen gern unsere Kirche. Falls wir Ihr Interesse geweckt haben sollten: Setzen Sie sich einfach mit uns in Verbindung.


Mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde
OI-W-7
weiterführende Links:

Webseite Kirche Wusterhausen