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Tod im Fernwerk

Autor: Johannes Matthias Michel
Verlag: Strube

Krimis sind in, vor allem Heimatkrimis, Organisten kommt der Tod noch näher im Orgelkrimi Michels: zwei Tote sind die schlussendliche Bilanz. Ein hervorragender Organist wird noch vor Beginn von Michels Buch in der Orgel, dem „Mannheimer Wunderwerk“ (so titelte einst Karg-Elert), in der Steinmeyer-Orgel (1911, III/92) der Christuskirche in Mannheim hingerichtet. Detektiv spielt ein geborener Assistent, ein Organist, der auf seiner halben Stelle alle genannte Literatur – auch vergriffene aus dem Notenschrank der Orgelempore - genial (vom Blatt) spielen kann, sie wird denn auch für Laien seziert beschrieben. Genialerweise findet er eine kongeniale Detektivin, kommt die Liebesgeschichte zu einem Happy End? Die Frage lässt Michel etwas offen, gegönnt sei es den zwei Literaturgeschöpfen jedenfalls. Nach einigen Verwirrungen erledigt zu guter Letzt ein früheres Opfer der Zeitgeschichte (Drittes Reich) den ebenfalls genialen Mörder, wieder ein Genie weniger, schade drum!

Michel schreibt natürlich mit viel Insiderwissen, was für Nichtorganisten ganz sicherlich Wissenswertes bringt. Weitschweifig wird es nie, auch wenn retardierende Momente wie ein bleistiftkauender Kripobeamte das Detektivspiel zu behindern scheint. Manches wüsste man gerne auch noch genauer, z.B. wäre ein Foto des Inneren des Fernwerks Phantasie-treibend. Am Ende ist man froh, dass dieses wieder reibungslos funktioniert, der Assistent vermutlich glücklich ist mit der Endlösung der Mordfälle und ruhig weiter arbeiten darf. Hat er wohl eine Belohnung, oder eine Zulage bekommen? Die Chef-Stelle an der Christuskirche ist jedenfalls wieder besetzt, heute mit Johannes Matthias Michel. Gar nicht schlecht.


Rainer Goede
Juli / Dezember 2022

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Die Bente-Orgel im Kloster Walkenried

Interpret: Matthias Neumann
Label: Rondeau

Der Untertitel „Orgelwerke im Spiegel des klösterlichen Lebens“ erklärt die Folge von Werken, die Matthias Neumann, Professor für Orgel an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth, an der Bente-Orgel (2017, II/25) spielt. Er gibt damit samt romantischem Vor- (Mendelssohn, Allegro d-Moll, 1844) und Nachspiel (Schumann, Fuge über B-A-C-H, op. 60,6, 1845) Bestandteile aus den Ordnungen der Stundengebete wider. So vertreten Anthoni van Noordts Verse zu Psalm 24 (1659) den Psalmengesang, Bachs Magnificat-Fuge BWV 733 das Canticum der Vesper und Buxtehudes Lamentatio „Mit Fried und Freud ich fahr dahin„ BuxWV 76 (1674) das Canticum der Komplet, dem Böhms Coloratus-Bearbeitung von „Vater unser im Himmelreich“ folgt.

Kloster Walkenried (Landkreis Göttingen), gelegen am Südrand des Harzes nahe dem Dreiländereck Niedersachsen – Sachsen-Anhalt – Thüringen, war einst das bedeutendste Kloster der Gegend im 12. bis ins 14. Jahrhundert hinein. Erhalten geblieben sind die gotischen Klausurgebäude, während die Kirche, eine der größten Kirchen Norddeutschlands (90 Meter lang, 1290 geweiht) nach 1668 größtenteils abgetragen wurde. Der Kapitelsaal dient heute der ev. Gemeinde als Kirche und als Konzertsaal. Die Bente-Orgel überzeugt mit ihren klar zeichnenden und charakteristischen Stimmen sowohl bei den barocken wie bei den romantischen Kompositionen. Neumann setzt sie abwechslungsreich und einfühlsam ein und kommt so zu sehr überzeugenden Klängen. Ab und zu neigt er zu überzogenen Tempi (Bach, Var. VI der Partaita „Sei gegrüßet, Jesu gütig“ BWV 768, Böhm Choral „Vater unser“), ohne das sein Spiel unklar würde. Nur vermisst man denn doch, z.B. bei Mendelssohn, ein wenig agogische Interpretation und klare Phrasierung.

Im Booklet schreibt Neumann zu seiner Programmauswahl, dagegen wird eine Beschreibung der Orgel durch seinen Erbauer (es ist sein bisher größtes Werk) vermisst. Bei der Disposition fehlen die Angaben zu Winddruck und Stimmung, die Angaben zu den Registrierungen tragen andere Nummern als im Programm angegeben, was das Zusammenlesen unnötig erschwert. Die Buchstabengröße ist leider so klein, dass ältere Augen zu einem Hilfsmittel greifen müssen. Doch beeinträchtigt das alles nicht die Beurteilung der Qualität von Orgel und Organist, die hier eine glückliche Symbiose eingehen.


Rainer Goede
Juli / Dezember 2022

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un italiano a zwettl

Interpret: Marco Paolacci
Instrument: Egedacher-Orgel
Label: Ambiente

Mit sprühenden Funken zaubert Zwettls Stiftskapellmeister Marco Paolacci aus der berühmten Egedacher-Orgel (1731, III/31, zuletzt 2013 überholt von Kuhn) Toccaten und Capricci von Frescobaldi, Kerll, Froberger und Georg Muffat. Was bei diesen Barockmeistern abgeklärt auf der höchsten Stufe der Kunst daherkommt, kontrapunktieren Gottlieb Muffats Ciacona in h und Wagenseils Divertimento in F auf leichtfüßige Rokokomanier, schlicht wie höchst ausgekünstelt wie unterhaltend. Schließlich wirken Pachelbels Choralvariationen über „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ und Steigleders Schlusstoccata aus den „Vater unser“-Variationen wie eine gelehrte protestantische Unterrichtsstunde.

Eine Lehrstunde hätte man auch dem Booklet gegönnt, mager ist der Text zur Orgel, die Registrierungen fehlen, was das besondere an den eingespielten Werken ist, wird nicht benannt, immerhin werden die Komponisten knapp benannt, aber ohne ihre Vitae. Ein schönes lebendig gespieltes Portrait steht hier einem mangelhaften Booklet gegenüber, gut für Touristen, die nicht weiter informiert werden sollen (oder manchmal auch wollen).


Rainer Goede
Juli / Dezember 2022

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Bach Transcriptions

Interpret: Stefano Molardi
Instrument: Holzhey-Orgel Neresheim
Label: Brilliant

Von Transkriptionen hat die Musik immer schon gelebt, Abschreiben wofür auch immer gehört zum Handwerk. Manchmal wurde die Musik dabei besser (nutzbar), manchmal schlechter als bloßer Stellvertreter, gar als Klavierauszug. Immer aber ist es ein künstlerischer Akt gewesen. Stefano Molardi - er unterrichtet Orgel, Cembalo und Kammermusik an der Universität Lugano, bekannt durch seine Einspielungen der Werke Bachs und Kuhnaus - hat auf zwei CDs diverse Früchte dieser Praxis von Werken Bachs zusammengestellt. Einige eigene Transkriptionen, je eine von Guilmant und Robert Schaab, hauptsächlich aber etliche von Bach selbst füllen diese Doppel-CD. Das Programm als solches hat keinen programmatischen roten Faden, das bunte Sammelsurium bringt so Sätze aus Kantaten, so auch durch Bach selbst geadelte Übertragungen, z.B. der Schübler-Choräle und Sätze aus Triosonaten etc.

Stefano Molardi verfügt über eine geschwinde Spieltechnik (stand die Aufnahme unter Zeitdruck?), leider wenig artikuliert, schwer erträglich sein undifferenziertes Pedalgestampfe. Zudem nehmen seine Registrierungen keinerlei Rücksicht auf die ursprünglichen Besetzungen, so dass aus kammermusikalischen Besetzungen z.T. große Orgelsymphonik wird. Vokalstimmen werden durchaus auch mit Zungen wiedergegeben, wozu auch die Kuhn –Rekonstruktion der „Douce Clarinet“ von 1979 gehört, ein Klang, der zu Bachs Zeiten einfach unerhört war. Schade, dass die wertvolle Holzhey-Orgel (1797, III/48) ein so wenig treffendes Portrait erfahren musste.


Rainer Goede
Juli / Dezember 2022

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Compenius-Orgel Rinteln

Interpret: Matthias Neumann
Label: Rondeau

Werke von Barock bis zur Romantik

Werke von Georg Muffat (Toccata septima), Sweelinck (Unter der Linden groene), Bach (große e-Moll u.a.), Buxtehude (Nun freut euch), Bruhns (große e-Moll) und Schumann (Kanons op. 56,2 und 4) versammelt Neumann auf dieser CD. Highlight dieser CD sind aber nicht diese wohl bekannten Kompositionen, sondern ist die Orgel (III/39), die Rudolf Janke in seltener Klangschönheit 1995 erbaute. Das Werk geht aller Wahrscheinlichkeit nach zurück auf ein Werk, das von Adolph Compenius (um 1588 – 1650, Sohn von Esaias Compenius d. Ä.) stammte, der damals in Rinteln arbeitete. Fünf Register und der Prospekt von 1621 sind erhalten geblieben. Manches hat Janke aus den Orgeln von Hammer 1969 und Hillebrand 1981, die in diesem Gehäuse standen, übernommen, vieles ergänzt zu einem Werk, das sich hören lässt! Das bekannteste Werk von Adolph Compenius stand in Bückeburg (1617, III/33), dessen Gehäuse 1962 vernichtet wurde, Rudolf Janke hat diese Orgel 1997 wiedererstehen lassen können.

Wenig verständlich, dass im Booklet kaum Beschreibungen der Orgelbaugeschichte Rintelns zu finden sind, auch in der Disposition fehlen die Angaben des Winddrucks und der Stimmtonhöhe. Eine kurze Beschreibung der Werke und die Registrierangaben ergänzen das Heft. Wertvoll ist die CD wegen der wunderschönen Klänge dieser Orgel, sie weisen den hohen Standard des restaurativen Orgelbauerhandwerks am Ende des 20. Jahrhunderts in glücklicher Weise nach. Neumann führt sie in kompetenter Form vor.


Rainer Goede
Juli / Dezember 2022

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Lieblingsstücke - Osteel und Uttum

Interpreten: Agnes Luchterhand / Thiemo Janssen
Label: Nomine

In Osteel (1619 Edo Evers, II+P/13, restauriert von Jürgen Ahrend 1995) spielt Agnes Luchterhandt Werke von Dieterich Buxtehude, William Byrd, Joh. Michael Bach, Joh. Seb. Bach (Sarabande con Partite C-Dur, BWV 990, daraus 6 Variationen) und Michael Schütz (The Beginning), in Uttum (c 1660, I/9, zuletzt 2021 instandgesetzt von Hendrik Ahrend) spielt Thiemo Janssen Werke von Sweelinck, Scheidt, Scheidemann und Verschiedenes aus dem Clavierbuch der Susanne von Soldt.

Dieses bunte Kaleidoskop von seltenen Kleinodien findet unter dem Titel „Lieblingsstücke“ zu einem ungeahnten Ganzen zusammen, das man sofort noch einmal hören möchte. So gelungen der spielerische Zugriff des Nordener Ehepaares ist, so direkt die Orgeln aufgenommen (Toms Spogis) sind, so hört man die Freude, Lust und Liebe heraus, die die beiden Interpreten ihren „Lieblingsstücken“ auf ihren Orgeln, in der Werkstatt der Familie Ahrend mit großer Sorgfalt restaurierte Spitzeninstrumente, widmen.

Das Booklet bereitet mit seinen Aufsätzen zu den Instrumenten und Programmen, Dispositionen und Registrierangaben sowie hervorragendem Druckbild und vielseitiger Bebilderung ebenso ein optimales Vergnügen! Höchst empfehlenswert!


Rainer Goede
Juli / Dezember 2022

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Froberger - Complete Music for Harpsichord & Organ

Interpret: Simone Stella
Label: Brilliant

Die Fleißaufgabe, die der italienische Organist Simone Stella, Titular-Organist an Santissima Annunziata in Florenze erfüllte, liegt zwar bereits etwas zurück, soll aber hier noch gebührend gewürdigt werden. Die Gesamtausgabe der Tastenwerke Johann Jacob Frobergers (1616 – 1667) hatte Siegbert Rampe kurz zuvor abgeschlossen. Seiner Gliederung des umfangreichen Oeuvres folgt Stella im Groben und Ganzen, zunächst das Libro Secondo von 1649, dann das Libro Quarto von 1656 und das Libro Capricci e Ricercate von c 1658, schließlich die ungezählten Partiten, Toccaten, bzw. Fugen und Capricci anderer Herkunft.

Zur Wertung von Frobergers Schaffen muss nichts mehr gesagt werden, es ist grundlegend für jede Tastenmusik nach ihm, sei es in Nord-, Mittel- oder Süddeutschland, Frankreich, Österreich oder Italien. Kein Tastenspieler darf an seiner Phantastik vorübergehen. Wobei die letztgenannten Toccaten, Fugen und Capriccii ähnlich den großen norddeutschen Praeludien reizvolle dichtgefügte Abschnitte bringen, die auf großen norddeutschen Orgeln ganz heimisch wirken.

Zur Verfügung standen Stella 3 einmanualige Instrumente aus dem 16. und 17. Jahrhundert sowie die neue Pinchi-Orgel in der Basilika San Giorgio außerhalb der Mauern in Ferrara (2013, III/35), dazu eine Ruckers-Kopie von William Horn. Seine Einspielung hat Simone Stella mit einer gründlichen Einführung zu Frobergers Vita und seinem Werk im Booklet ergänzt, das auch die nötigen Angaben zu den verwendeten Orgeln enthält.

Stellas Spiel ist virtuos, doch deckt die (Un-)Menge an Musik eine individuelle Interpretation zu. Stella neigt zu einem Staccatospiel, setzt oft den Schlussaccord so weit ab, dass er kaum mehr als solcher verortet werden kann. Die Capriccii werden als Crescendostücke registriert, oftmals spielt er nur auf einem 4‘ oder gar 2‘, was wenig verständlich wirkt, die genutzten Orgeln auch nicht nahelegen. Was alles nicht hindert, das große Werk der Gesamteinspielung der Tastenwerke Frobergers sehr hoch zu schätzen!



Rainer Goede
Mai / November 2022

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Arno Kochmann - Orgelwerke

Verlag: Musik-Edition Europaton, Peter Schaeffers, Stade

  1. Frauenkirchen Suite
  2. Der Mond ist aufgegangen
  3. 10 Miniaturen
Neben bereits bekannten Organisten mit dem doch eher seltenen Vornamen Arno (konkrete Beispiele dafür sind: Arno Schönstedt, Arno Landmann) darf man getrost und gerne auf Arno Kochmann, Jahrgang 1951, hinweisen. Stilistisch geprägt ist er durch KMD Albert Behrends. Orgelkompositionen von Arno Kochmann wurden mehrfach aufgeführt und es gibt Kostproben auf YouTube. Insgesamt drei Notenausgaben liegen dem Rezensenten vor.

Beginnen möchte ich mit dem umfangreichsten Werk. Es ist ein fünfteiliger, bereits 2001/2002 entstandener Zyklus aus: I. Overture (Maestoso), II. Te Deum brève (Andante contemplative), III. Marche Terrible (Tempo di marcia), IV. Marche Funèbre (Largo), und V. La Renaissance (Allegro – Adagio moderato). Der engagierte und agile Komponist hat dieses umfangreiche Werk mit fast 15 Minuten Spielzeit öfters selbst interpretiert und damit Spenden eingeworben. Er selbst bemerkt lapidar dazu: dem Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche gewidmet. Die Geschichte der Frauenkirche in Noten.In Tonart F-Dur beginnt dieser ganzheitliche Zyklus und endet ebenfalls in dieser Tonart. Zwischensätze sind in der parallelen Tonart d-Moll.
In „Marche Terrible“ kommen Bilder von marschierenden Soldaten vor Augen. Dramaturgisch gestaltet fallen dabei insbesondere intensiv wirkende Unisono- Passagen und Ostinato-Motive auf, die sich weiters durch punktierte Fassungen bzw. durch Triolen steigern. Bedrohlich wird es in „Adagio infernale“, wohl eine Reminiszens an die damaligen zerstörerischen Fliegerangriffe. Nach einem klangstarken dynamischen Höhepunkt (Seite 8) mit verlöschendem Klang (Spielvorschrift: Gebläse ausschalten!)  kommt als Nr. IV Marche Funèbre zunächst eher dezent im pianissimo daher. Dabei kommt es durch virtuose Spielfiguren in „La Renaissance“ (interpretiert hier mit Wiederaufbau statt Wiedergeburt) mit fanfarenartigen Motiven zu weiteren Höhepunkten. Ab Seite 12 beginnt ein 8-taktiges Motiv im ¾ Takt, das sich allmählich aber stets grandioser Passacaglia-Verarbeitung zu einem unisono-Schluss entwickelt. Fazit: eine spannende Komposition, für das genügend Dimensionen (Schwellwerk und Zungenreichtum) vorhanden sein sollten. Molto bene!

Dieser Eindruck bestätigt sich auch in der Choralphantasie zu „The Moon has risen“ / „Der Mond ist aufgegangen“. Ideal for communal occasions, so kann man in Kommentaren zu dieser populären Melodie lesen. Arno Kochmann hat dazu konsequent alle sieben Verse ausgelotet und sogar mit detaillierten Registerangaben bezeichnet. Diese Registrierungshinweise (8´bis 1´) beziehen sich allerdings auf ein (neo)barockes, obertonreiches Instrument. Es ist sicher legitim, bei orchestralen Instrumenten mit Grundstimmenfundus weitere (und damit andere!) gültige Lösungsoptionen zu erproben. Kombinationen mehrerer Choralmelodien sind immer originell und auf Max Reger braucht hier sicher nicht eigens hingewiesen zu werden.
In Vers 4 ist bewusst das B-A-C-H Motiv (Symbol der Vollkommenheit) gewählt, das mit der Aussage „Wir stolzen Menschenkinder“ in Kontrast steht, denn unser Erkennen ist nur Stückwerk.
 In Vers 5 wählt auch Arno Kochmann einen romantischen Dialog von „Gott, lass dein Heil und schauen“ mit der barocken Liedmelodie „Wohl denen, die da wandeln“ von Heinrich Schütz, eine gelungene Konstellation und Option! In Vers 6 ist die Melodie augmentiert dem Bass anvertraut, eine gute Wahl. Vers 7 klingt im piano aus. Diese Choralphantasie ist somit als ideal prädestiniert für Orgelserenaden, Orgelmusiken in Abendandachten und „Nocturno“-Konzerten. (Stichwort: Orgelnacht!)

In seinen 10 Miniaturen zitiert Arno Kochmann das Vorwort des Orgelbüchleins von J.S. Bach durch die Wortwahl „für den anfahenden Organisten“. Gleich viermal ist dabei die Tonart g-Moll vertreten, und bereits an solchen Titeln wie Hymnus, Trauerhymne, Bittpsalm, Friedenspräludium kann man unschwer erkennen, dass diese Musik ideal für gottesdienstliche Einsätze ist. Das chromatische Präludium in C-Dur (samt Fuga) ist wunderbar inspiriert von fallenden Basslinien. Zudem werden diese Stücke auch ihre eigene Berechtigung im Orgelunterricht haben. Präludium C-Dur (im italienischen Stil) findet sich ebenfalls in YouTube Aufnahme (Treffer: Orgel Andacht Quasimodogeniti vom 19.04.2020). Bleibt nachzutragen, dass alle Notensätze (mit eigenem System für obligates Pedal) sehr augenfreundlich und damit hochwillkommen sind, was sicher auch dazu beitragen wird, dass man immer wieder gerne auf solche Ausgaben zurückgreift. Alle Titelseiten zeigen einheitlich  opulente, nämlich IV–manualige Orgeltastaturen. Für die Aufführungen reichen natürlich auch kleinere, weniger disponierte Instrumente.

Lassen wir den Komponisten selbst mit eigenen Worten schließen: „Musik ist eigentlich ein Wunder! Maßgeschneidert für uns Menschen, denn sie benötigt immerhin die Luft als Überträger und ist daher von Gott aus dazu bestimmt, alle Lebewesen und vor allem uns Menschen zu erreichen.Ja, Musik bewegt mich ganz besonders! Sie löst Emotionen bei mir aus, kann mich motivieren, aber auch beruhigen; je nachdem, WELCHE Art von Musikstücken ich höre. Oft komponiere ich auch meine eigene Musik, in welcher ich meine Empfindungen kompensiere und mir von der Seele schreibe. Musik ist ein Teil meines Lebens.
Soweit das Zitat. Besser kann ich das nicht formulieren.


Christoph Brückner
Mai 2022 / November 2022

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Rheinberger - Chamber Music with Organ

Interpret: Manuel Tomadin
Instrument: Orgel von Georg Friedrich Steinmeyer (op. 128, 1874, II/17) der Ev.-Luth. Kirche in Triest (I)
Label: Brilliant

Hier passt alles, die wunderschöne Musik des Erzromantikers Joseph Rheinberger, die erzromantische Orgel von Georg Friedrich Steinmeyer (op. 128, 1874, II/17) der Ev.-Luth. Kirche in Triest (I), die virtuose Handhabung der Instrumente durch Manuel Tomadin, Organist in Triest, Michaela Bergamasco, Violine, Christina Monticoli, Oboe, und Marco Dalsass, Violoncello, die makellose Aufnahmetechnik und vor allem das seltene Repertoire, das hier eingespielt wurde. Der berühmte Münchener Orgel- und Kompositionsprofessor Joseph Gabriel Rheinberger (1839 – 1901) hat nicht nur 20 Orgelsonaten, die Weihnachtskantate Der Stern von Bethlehem, op. 164, zwei Konzerte für Orgel und Orchester und das Abendlied, op.69,3 , geschrieben, die heute zum ständigen Repertoire gehören, sondern daneben rechte Kleinodien, zu denen die hier eingespielte Suite c-Moll, op. 149, für Violine, Violoncello und Orgel, die Suite c-Moll, op. 166, für Violine und Orgel und die Sechs (Charakter-)Stücke, op. 150 (1887), für die gleiche Besetzung zählen.

Typisch für Rheinberger ist die Synthese von Barockformen mit der Melodienseligkeit der Romantik, wie es der Titel „Suite“ und die Überschriften der Stücke Opus 150 schon verraten. Dass er auch ganz anders kann, zeigt der letzte Satz der Suite op. 166, höchst virtuos spielt die Violine 200 Takte ohne Unterbrechung Sechzehntel- Triolen, von ruhigen Akkorden der Orgel gestützt. Die Pastorale in G-Dur mit der ostinaten Bassfigur der Orgel und der volksliedgeprägten Melodik der Violine ist eine von der Natur inspirierte Meditation. Neben zwei Bearbeitungen aus Orgelsonaten für Oboe und Orgel ist die mit rund 40 Minuten ausgreifende Suite op. 149 das Hauptwerk der Einspielung. Geprägt von Themen mit unverkennbarem Profil, gekonnten Dialogen der beiden Streicher, ideenreichen Orgelfigurationen und lyrischen Ideen besitzt die Musik großen Schwung und Elan.

Mit hörbarem Engagement widmen sich die Ausführenden der wunderschönen Musik, die dem Hörer eine Zeit vollkommener Unbeschwertheit schenkt. Tomadin schwelgt förmlich in den Steinmeyer-Klängen, für das Booklet (nur eng) schrieb er eine sehr treffende Einführung. Wenn auch nach zwei Stunden Rheinberger-Sound richtiges Schwarzbrot wieder gut tut, so ist die CD doch eine wahre Ohrenfreude!


Rainer Goede
April / November 2022

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Orgelmusik zu Ostern und zur Trinität

Interpret: Michael Vetter
Instrumente: Dom St. Petri Bautzen, Eule- und Kohl-Orgel und Rohlf-Truhenorgel Label: audiolis

Die beiden CDs bestechen durch ihre Programmgestaltung. Der aus der Osternacht stammende Eingangsruf „Lumen Christi – Deo gratias“ ist das Thema von Langlais‘ „Incantation pour un jour saint“ (1949), dem Bachs Orgelbüchlein-Choral „Christ ist erstanden“ folgt. Weiter geht es in der Liturgie der Osternacht mit Lemmens‘ „Fanfare“ und Praeambulum und Fuge zu „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘“ aus der Clavier-Übung Teil 1 von Johann Ludwig Krebs. Anstelle einer Predigt erklingt der a-Moll-Choral von Cesar Franck, sub communione sind die Osterchoräle aus Bachs Orgelbüchlein und Regers Ostern, op. 145,5 zu hören, als Schlusscommunio das Adagio und als Nachspiel das Finale aus Widors 2. Sinfonie. Einen Ausblick auf das Pfingstfest stellt dann noch der Orgelbüchlein-Choral „Komm Gott, Schöpfer, Heiliger Geist“ dar. Eine solche Programmgestaltung verdient höchstes Lob, musikalisch eine Osternacht so nachzuvollziehen, wirkt wie ein Gottesdienst selbst.

Ähnlich geht es zu bei der Trinitäts-CD: zu Beginn Bachs Praeludium und (Tripel-) Fuge Es-Dur, dann die kleinen Kyrie-Bearbeitungen aus der Orgelmesse Bachs, vor der predigt Böhms Variationen „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“, dann das Credo in Form von der Choralphantasie von Michael Praetorius „Wir glauben all“ und schließlich Sätze zu „Der du bist drei in Einigkeit/O Lux beata trinitas“ von Praetorius und Sweelinck. Den Beschluss bieten die „Trois Méditations sur la Sainte Trinité“, op. 129 (1962) wieder von Langlais.

Dass Michael Vetter sein Handwerk nicht nur liturgisch versteht, ist beim Abhören der CDs schnell bestätigt. Und es ist zu bestaunen, wie er es vermag, die beiden vorzüglich gepflegten romantischen Instrumente klanglich auf die barocken Werke auszurichten. Natürlich klingen weder die Kohl-Orgel (1866, II/31) noch die Eule-Orgel (1910, III/62) des Bautzener Doms so richtig nach französischer Romantik oder deutschem Barock, aber das ist auch nicht das Ziel dieser Einspielungen. Auch die Texte der Booklets bestätigen dies in ihrer Betonung des theologischen Inhalts der eingespielten Werke. Höchst empfehlenswert!


Rainer Goede
März / November 2022

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14 Choralfugen
Zwei Choralvariationen über Komm, Heiliger Geist und Nun freut euch liebe Christen gmein


Komponist: Hieronymus Florentinus Quehl
Herausgeber: Raimund Schächer Verlag: Cornetto

Hieronymus Florentinus Quehl (1694- 1739), Schüler von Kapellmeister Christian Friedrich Witt in Gotha, war seit 1714 Organist an der Hauptkirche St. Marien in Suhl. 1730 wechselte er nach Marktbreit und 1735 als „Capelldirektor“ nach Fürth, St. Michael. So unbekannt er heute ist, so muss er doch damals einige Reputation gehabt haben, Bach war Pate seines dritten Sohnes und von 1732 bis 1733 war Quehl Lehrer des Organisten und Komponisten Johann Peter Kellner.

Von Quehls sicherlich großem kompositorischen Werk ist außer den beiden vorliegenden Editionen nichts überliefert.1734 erschien „Der zur Beförderung Göttlicher Ehre und Aufmunterung des Geistlichen Zions abzielende Erstere Musicalische Versuch. Bestehent in Zweyen Chorälen. Mit unterschiedenen, theils Fugierten, teils auf zwey Clavieren und obligatem Pedal, auf drey Linien eingerichteten Variationen“, der die beiden Variationswerke enthält. Außerdem sind handschriftlich die „42 Fugen und Choräle“ (ebenfalls 1734) überliefert, von denen Schächer nun die 14 zur Weihnachtszeit edierte. Den Kompositionen merkt man ihre thüringische Herkunft an, die Fugen sind spielfreudige Manualiterstückchen, die Choräle haben Zeilenzwischenspiele, wie es zu der Zeit dort üblich war (vergl. Kauffmann und auch Bach). Sie sind in der Originaltonart wiedergegeben, zu denen man sich auch noch die Chortonhöhe denken darf, in heutigen Gesangbuchtonhöhen wirken sie also entsprechend matter. Die Variationswerke sind dagegen breit angelegte Kompositionen mit verzierten Chorälen und mit 2, bzw. 5 einfallsreichen Variationen, bei denen mehrere Manuale und auch Pedal verlangt wird.

Im Vorwort gibt Schächer auch den notwendigen Gebrauch der Verzierungen an, wobei das Zeichen tr nicht erläutert wird. Der Zeit entsprechend wird man den Triller von oben beginnen. Ob Quehl die anderen Zeichen // (mit oberer Nebenbote) und x (mit unterer Nebennote) in der Tradition Reinckens und Kuhnaus verwendet hat, ist nicht sicher, musikalisch ist häufig die umgekehrte Ausführung sinnvoller. Einige offenkundige Setzfehler blieben leider stehen, die aber schnell korrigiert werden können: „Nun freut euch“, Var 2, T 19,3: Bass E Fs E; „Der Tag, der ist so freudenreich“, T 2,3: Sopran Verzierung eine Achtel zu früh; „Helft mir Gotts Güte preisen“, T 18,4: Bass c0, nicht g0, was schon in der Quelle (s. IMSLP) falsch ist. Wer sich in die Musik des Thüringer Waldes einarbeiten möchte, der findet in diesen beiden Editionen sehr gefällige motivierende Kompositionen.


Rainer Goede
März / November 2022

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Ottavio Bariolla - Ricercate

Interpretin: Silva Manfrè
Instrument: Antegnati Orgel Mantua Label: Brilliant

Viel ist nicht bekannt über Ottavio Bariolla, der zwischen 1573 und 1619 verschiedentlich nachweisbar ist. Er war von 1570 bis 1576 Organist am Mailänder Dom und 1588 an der Kirche der Madonna di San Celso ebenfalls in Mailand. Bekannt sind von ihm nur die hier eingespielten 12 Ricercate per suonari l’organo (Mailand 1585), die Capricci overo Canzoni à quattro-- libro terzo (Mailand, 1594) und 20 Canzoni à 4.

Zu Lebzeiten genoss Bariolla großen Ruhm, wie es 1619 Paolo Morigi in „La Nobiltà di Milano“ beschreibt. Costanzo Antegnati, Sohn des berühmten Graziadio Antegnati, der die Orgel für die Kirche Santa Barbara in Mantua baute, die auch hier zu hören ist, nennt Bariolla 1608 in seiner „Arte Organica“ (Brescia, 1608) einen „illustren und ausgezeichneten Komponisten“. Die Ricercati sind in einer deutschen Orgeltabulatur überliefert in der Biblioteca Nazionale di Torino. Bariolla schrieb mehrthematische Kompositionen, deren Themen er auch gleichzeitig verarbeitete, womit er Vorbild für die folgende Generation (z.B. Trabaci) wurde.



Die italienische Organistin Silva Manfrè, Organistin an der Piaristenkirche in Wien, spielt auf der Orgel der Palatina-Basilika von Santa Barbara von Graziadio Antegnati (1565), die hier schon verschiedentlich beschrieben wurde. Ihr klares Spiel mit sehr sparsamen Verzierungen bringt die Ricercati, so beliebt und bewundert sie im 16./17. Jahrhundert gewesen sein mögen, etwas distanziert herüber, was einem analytischem Hören aber sehr entgegen kommt. Im Booklet (nur engl.) fasst Silva Manfrè das vorhandene Wissen zu Bariolla zusammen, auch die Orgel wird genau beschrieben.


Rainer Goede
März / November 2022

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Marcel Dupré - Organ Music Vol. 1

Interpret: Alessandro Perin
Instrument: Orgel im Dom S. Lorenzo, Abano Terme in Padua (I)
Label: Brilliant

Wo schon die Römer in den heißen Bädern badeten, steht seit dem 10. Jahrhundert eine Kirche, der heutige Campanile datiert von 1314, der weite hallige Kirchenraum von 1780. Die Tamburini-Orgel (1967, III/48, elektrische Traktur, mit Transmissionen und Auszügen 69 Züge) im Chorraum wurde 1999 von Diego Bonato aus Castel d'Azzano bei Verona überholt und mit allen elektronischen heutigen Möglichkeiten modernisiert. Alessandro Perin, Titularorganist der Kathedrale von Padua und Professor für literarische, lateinische und griechische Fächer am Liceo Classico „Tito Livio“ in Padua, hat in einer ersten Folge Werke von Marcel Dupré eingespielt.

Dupré (1886 – 1971), wohl der letzte große Romantiker auf Frankreichs Orgeln , der vor allem ungewöhnliche Register-Kombinationen bevorzugte, legendärer virtuoser Improvisator an St. Sulpice von 1934 bis zu seinem Tod, schrieb eine modernistische Harmonik a la Faure, war inspiriert von der Gregorianik und kontrapunktischen Künsten und hatte eine Vorliebe für Toccaten. Die CD bringt 4 Verses on "Ave Maris Stella", op. 18 (1919), die bekannten Variations sur un vieux Noël, op. 20 (1922), Carillon aus op. 27 (1931), die Évocation, Poeme symphonique, op. 37 (1941), und die Suite in F minor, op. 39 (1944). Die Stücke, immer wieder auch kanonisch geschrieben, stellen hohe Anforderungen an den Spieler, die Alessandro Perin mühelos erfüllt. Mit technischer Perfektion spielt er die Partituren Duprés, denen musikalisch nichts hinzuzufügen ist. Bewundernswert bleibt vor allem die Variationskunst und die Toccaten-Leidenschaft des großen Parisers. Vincent Crosnier schrieb einen instruktiven Text für das Booklet (nur engl.), auch die nötigsten Angaben zu dem Super-Instrument in Abano Terme sind abgedruckt. Gerne empfiehlt der Rezensent diese Einspielung!


Rainer Goede
April / November 2022

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Pachelbel - Complete Organ Music

Interpret: Simone Stella
Instrument: Pinchi-´Skrabl-Orgel Basilica San Giorgio fuori le mura, Ferrara (I)
Label: Brilliant

Einer Fleißaufgabe sondergleichen hat sich da der italienische Organist Simone Stella, Titular-Organist an Santissima Annunziata in Florenze, unterzogen. Ist es schon eine große Dispositions-Aufgabe, Pachelbels riesiges Tastenwerk CD-gerecht aufzugliedern auf 4 CDs, gespielt auf einem Cembalo nach Joannes Ruckkers (Antwerpen 1638) von William Horn, und 9 CDs, gespielt auf der Pinchi-´Skrabl-Orgel (2013, III/30) der Basilica San Giorgio in Ferrara, so ist es eine noch größere Aufgabe, ermüdungsfrei alle Pachelbelstücke innerhalb von drei (mehrtätigen) Sitzungen 2016 und 2017 einzuspielen. Komplettiert hat Simone Stella diese Einspielung mit einer gründlichen Einführung zu Pachelbels Vita und seinem Werk im Booklet, das auch die nötigen Angaben zu der verwendeten Orgel enthält.

Stella bringt auf den Cembalo-CDs das Hexacordum Apollinis, die drei- bis sechssätzigen Suiten im Wechsel mit den Arias mit drei bis neun Variationen, dazu 5 einzeln stehende Fantasias. Der 2004 im Scarecrow Press (Verlag) erschienene Thematic Catalogue of the Musical Works of Johann Pachelbel von Jean M. Perreault (Autor) und Donna K. Fitch (Herausgeber) schenkte Stella die notwendigen Informationen, das Orgelwerk abwechslungsreich, was die freien Stücke angeht, und oft auch kirchenjahreszeitlich gegliedert, was die Choralbearbeitungen angeht, zu sortieren und anzuordnen. So weit, so gut!

Nun ist aber die gewählte Orgel nicht unbedingt ein Abbild der Orgeln Pachelbels in Erfurt und Nürnberg, dazu fehlen vor allem die Farben der barocken Streicher, der Gemshörner und der Flaut dolce. Auch ist Stellas Spiel zwar flink, aber mit wenig individueller Gestaltungskraft. Auch seine Registrierkunst, über die sich ja immer trefflich streiten lässt, gibt doch Anlass zu Anmerkungen, etwa, wenn im berühmten c-Moll-Ricercare im dritten Teil bei der Kombination der beiden zuvor durchgeführten Themen nur ein 4‘-Register erklingt, das doch das Gewicht der Komposition an dieser Stelle nicht wiedergeben kann. Auch ist fraglich, ob die Orgelpunkte der Toccaten immer im Plenum erklingen müssen, Pachelbels Orgeln hatten schließlich doch Pedalkoppeln. Und so weiter, was aber nicht hindert, das große Werk der Gesamteinspielung der Tastenwerke Pachelbels als solches gebührend zu würdigen! Das hat bisher noch niemand gewagt und wird so schnell bestimmt auch niemand anderer wieder wagen. Insofern bleibt die Einspielung sehr bewundernswert!


Rainer Goede
April / November 2022

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Johann Speth - Ars magna consoni et dissoni

Interpretin: Chiara Minali / Letizia Butterin
Instrument: Orgel in Santa Maria Assunta, Cavalese (TN)
Label: Brilliant

Johann Speth (1664 – 1721), ausgebildet in der Musik- und Sängerknaben-Schule des Prämonstratenser-Klosters in Speinshart, hatte sich im September 1692 mit einer Sammlung von 10 Toccaten, 8 Magnificat-Zyklen und drei Variationsreihen um das Amt des Domorganisten in Augsburg beworben. Diese Sammlung Ars magna consoni et dissoni…. Das ist: Organisch-Instrumentalischer Kunst-, Zier- und Lust-Garten… außerlesene Toccaten, oder Musicalische Blumen-Felder…, 8 Magnificat, samt denen darzu gehörigen Praeambulis, Versen, Clausulen…, unterschiedliche Arien wurde in Augsburg 1693 gedruckt. Es ist das einzige überlieferte Werk von Speth, der von 1692 bis 1719 als dortiger Domorganist nachweisbar ist.

In acht der zehn Toccaten ist der Mittelsatz als Fuge gesetzt, wobei die musikalischen Figuren von der Toccata in die Fuge über bzw. von der Fuge in einen toccatenhaften Schluss-Satz überleiten. Einige Adagio-Abschnitte geben Gelegenheit zum Gebrauch der Voce umana. Speths Magnificat-Bearbeitungen weisen auf die Modulatio organica (1686) von Johann Caspar Kerll hin, sind aber von einfacherer Machart. Für seine Arien mit Variationen, eher für Cembalo oder Clavichord gedacht, stand Girolamo Frescobaldi Pate.

Die italienische Organistin und Cembalisten Chiara Minali hat sich dieses nicht sehr bedeutenden Werkes angenommen und sie auf der 2011 von Carlo Dell’Orto und Massimo Lanzini aus Dormelletto (No) Italy – das Booklet verschweigt diese Orgelbauer - rekonstruierten Orgel (1732, II/21) von Joseph Balthasar Humpel aus Meran (1701 – 1738) in der Pfarrkirche Santa Maria Assunta in Cavalese/Trentino eingespielt. Die Sopranistin Letizia Butterin ergänzt dabei die vokaliter-Verse der Magnificat-Zyklen. Minali verfasste auch den kurzen, kaum ergiebigen Einführungstext im Booklet.

Zum Spiel von Minali ist einiges anzumerken: zunächst das immer sehr zurückhaltende Tempo, das nur in den Magnificat-Versen etwas von dem Impetus der Sängerin aufnimmt, eine nicht sehr inspirierte Artikulation, einige Textversehen, vor allem stört das bloße Aushalten der Eingangsakkorde, denen sicherlich eine improvisatorische Gestaltung gebührt hätte. Schließlich ist unerfindlich, warum Letizia Butterin hier mit sich alleine anstatt einer Schola singen muss. Sollte es wirklich Stundengebete besetzt nur mit einer Organistin und einer Nonne gegeben haben? Auf Grund der meist zu langsamen Tempi ergibt sich das Bild gepflegter Langeweile. Schade, die CD gibt so heftigen Anreiz zu einer neuen Einspielung!


Rainer Goede
April / November 2022

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Die Buchholz-Orgel der Nikolaikirche Stralsund
Interpret: Matthias Pech
Label: Querstand

Warum eigentlich immer nur Reger, Liszt, Wagner & Co.? Und es ist noch gar nicht so lange her, dass in der lange Zeit verpönten romantischen Orgelepoche nur wenige Komponisten zählten. Doch –Gott sei Dank- wurde allmählich die Liste der Namen immer länger – auch ermöglicht durch Notenfunde in Bibliotheken und im Internet.

So entstand die Programmidee dieser CD aufgrund interessanter Archivfunde. So stehen immerhin fünf der sieben vertretenen Komponisten im direkten Zusammenhang mit der Stralsunder Orgelwelt des 19. Jahrhunderts: August Wilhelm Bach, Robert Dornheckter, Friedrich Wilhelm Franke, Rudolf Looks und Georg Riemenschneider. Als gültiges  Referenzinstrument dient die Orgel in St. Nikolai, erbaut von Carl August Buchholz 1838 bis 1841. Immerhin: Im Pedal gibt es dreimal 32´-Lage: Untersatz, Violon, Contra Posaune. Komplette Disposition und weitere Details: siehe Booklet.

Ihre Restaurierung und Rekonstruktion durch die Orgelbaufirmen Wegscheider und Klais in den Jahren 2003 bis 2006 wurde ermöglicht nach der Original erhaltenen großen „Schwester“ – der Orgel in der Schwarzen Kirche zu Kronstadt (Siebenbürgen), die Buchholz 1839 vollendete. Heute zeigt die „kleinere Stralsunder Schwester“ immer noch ein schlüssiges Klangbild der deutschen Frühromantik: Mit klar zeichnenden Prinzipalen, einem Reichtum an farbigen Zungenstimmen und silbrigen Mixturen  weist sie gleichzeitig mit charakteristischen zarten Flöten- und Streicherklängen sowie einer sanften Grundtönigkeit weit in die Romantik und ist eine der größten und bedeutendsten deutschen Orgeln aus der Zeit zwischen 1800 und 1850. Den klingenden Beweis dafür liefert der seit 2003 an diesem Instrument tätige KMD Matthias Pech, Jahrgang 1964, mit der vorliegenden CD.

Interessant ist dabei die mehrfache Interpretation des heute nicht mehr geläufigen Chorals „Die Tugend wird durchs Kreuz geübet“ in Version F. W. Franke gegenüber R. Looks. Auch der „Trauermarsch“ und weitere Werke von Robert Dornheckter (1839-1890) können es mühelos mit Werken von R. Wagners aufnehmen. Ebenfalls kühne Akkordverbindungen und gewagte Passagen weisen auch Werke von Georg Riemenschneider (1848-1913) auf. So nannte er seine Kompositionen nicht von ungefähr „Stimmungsbilder“.

Fazit: Ein seltener Idealfall ist hier erreicht: Diese CD dokumentiert überzeugend und präsentiert wirkungsvoll „Rarissima“ der norddeutschen Orgelromantik an der Buchholz-Orgel von 1841 in der Nikolaikirche Stralsund, wobei mehrere der hier vertretenen Komponisten noch selbst als Organisten wirkten. Eine CD mit besonderen Alleinstellungsmerkmalen.

Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Januar 2022 / November 2022

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Krebs - Complete Organ Music

Interpret: Manuel Tomadin
Label: Brilliant

Für seine Krebs-Einspielung nutzte Manuel Tomadin, Organist in Triest, die Schnitger-Orgel in Nordbroek (1696, II/24), die Silbermann-Orgel in St. Petri/Freiberg (1735, II/32), die Freytag-Orgel in Zuidbroek (1795, II/29) und die Pradella-Orgel der Santuario del Divin Prigioniero in Valle di Colorina, Sondrio/I (2007, I/11).

Tomadin hat es verstanden, die umfassende Fleißaufgabe großenteils auch zu einem Genuss werden zu lassen, die letzte Sahne allerdings konnte es nicht werden. Das liegt z.T. an den Kompositionen, die mit Überlängen zu wenig thematische Arbeit verknüpfen (z.B. Praeludium und Fuge f-Moll KrWV 407 (über 16‘) und Praeludium und Fuge d-Moll KrWV 405 (26‘, mit virtuosen Pedalsoli), z.T. an Tomadins manchmal zu kurzer Staccato-Artikulation, z.T. an den Instrumenten, die Krebs nicht so entsprechen wie es die distinguierten Trost-Instrumente und ihresgleichen tun. Da dominieren die Zungen in Freiberg auf vorlaute Art, bietet das kleine italienische Instrument in Valle di Colorina nicht die labiale Vielfalt und Köstlichkeiten, ist die klare norddeutsche Art doch etwas anderes als die thüringische Verliebtheit in grundtönige Mischungen.

Das alles aber lassen die wunderschönen Trios und vor allem die Choralbearbeitungen von Johann Ludwig Krebs (1713 – 1780, Organist in Zwickau, Zeitz und Altenburg) schnell vergessen, hier bemerkt man die originäre Erfindungskraft des langjährigen Altenburger Schlossorganisten, die ihn zu einem der wichtigsten Komponisten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gemacht haben. Dass es ab und zu epigonenhaft wirkt und auch ist, ändert nichts daran, dass es wunderschöne und gut gemachte Musik ist. Felix Friedrich, unermüdlicher Altenburger Motor einer Krebs-Renaissance, hat den Grundstein gelegt zu einer Wiederbelebung, die mit Tomadins Einspielung nun ein schönes Resultat erfahren hat. Warum Tomadin die Nummern des KrWV nicht verwendet, macht die Programme leider etwas undurchsichtig. Zudem ist die Bezeichnung „Complete Music“ auch nicht ganz zutreffend. Möge die Einspielung Anreiz genug sein, Krebs wieder öfter zu spielen und zu hören!


Rainer Goede
März / November 2022

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Orgelspiel von Anfang an - Band 2
Autor: Carsten Klomp
Verlag: Butz

32 € sind zunächst ein stolzer Preis. Aber die Anschaffung ist es wert, denn schon allein die qualitätvollen Fotos sind eine echte Augenweide. Carsten Klomp, Jahrgang 1965, setzt sein bewährtes ganzheitliches Konzept vom ersten Band hier fort. Alle Unterrichtseinheiten sind nach praktischen und theoretischen Inhalten aufgeteilt. Zusätzlich bringt Band 2 sämtliche Kompositionen eingespielt, die über den jeweiligen QR-Code direkt angehört werden können. Sehr anschaulich sind Fotos und Grafiken im Fach Orgelkunde, oft mit gewaltigen Prisen an Humor kombiniert (…vom Beckenrand springen verboten! Der Schwimmerbalg). Auch Modi (Kirchentonarten) und deren Intervallstruktur werden vorgestellt. Selbst vor weiteren schwierigen Begriffen wie „Tritonus“ braucht man/frau keine Berührungsängste haben, denn alles wird anschaulich erklärt. Besonders für Fans süffiger Septim(en)akkorde eignen sich „Sacro Blues“ und „Toffies Groove“ . Und immer bieten Improvisationsanregungen willkommene Abwechslungen.

Fazit: Aufgrund unterschiedlicher Kenntnisse, Naturelle und Erwartungen wird es sicher „die“ optimale Orgelschule niemals geben können. Aber genau deswegen ist das individuelle Konzept von Carsten Klomp sehr ansprechend, wobei pianistische Vorkenntnisse niemals hinderlich sind.
Und so sind Bearbeitungen eher spezifischer Klaviermusik (Häßler, Gurlitt, Türk, Diabelli, Bartok, Czerny, Burgmüller) wunderbar orgel“gerecht“ angepasst und modifiziert. Allerdings ohne Lehrer/in geht es doch nicht ganz. Somit fördern Primo (Schüler/in) und Secondo (Lehrer/in) – Konstellationen das gegenseitige Zusammenspiel.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Januar 2022 / November 2022

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Johann Sebastian Bach - Acht kleine Präludien und Fugen
bearbeitet für Orgel manualiter

Bearbeiter: Tobias Zuleger
Verlag: Butz

Blenden wir einfach mal Spekulationen und Vermutungen um den Echtheitsgrad oder um Nachschöpfungen aus. Denn: Sie gelten immer noch als quasi einführendes pädagogisches „Sprungbrett“ als Vorreiter späterer ausgereifter Präludien und Fugen von J. S. Bach: Eben die sogenannten „acht kleinen“,  die beliebte und somit immer wieder gerne gespielte Literaturstücke für Gottesdienst(e) und Orgelpräsentationen waren und sind. Der Vorteil dieser Ausgabe: Die Faktur sämtlicher Werke ermöglicht es, diese rein manualiter spielen zu können. Durch die vorliegenden Bearbeitungen können also diese klangschönen Stücke bei vielen  Gelegenheiten z. B. auf Klein(st) Orgeln, ebenfalls auf Cembalo oder Klavier erklingen. Im Vergleich zur Straube-Ausgabe von 1934 gibt es allerdings lediglich bei Präludium und Fuge in G die (einzigste!) Tempobezeichnung „Grave“. Sinngemäß wäre allerdings vor Takt 6 „Allegro“ zu ergänzen. Eine gute Option des Herausgebers Tobias Zulegers war es, Pedal-Soli durch Verdopplung/en  (Oktavierung/en) zu intensivieren. Übrigens spricht in Kenntnis des „Originals“ für Pianisten/Pianistinnen absolut nichts dagegen, die gravitätische Pedalwirkung der Orgel auf dem Klavier durch weitere Bass-Ver-dopplungen zu „erhöhen“. Hier darf man/frau getrost über den Orgelumfang in die Tiefe hinausgehen,  denn ein Klavier hat eben mehr (88!) Tasten und ja, auch diese Zielgruppe war ja eigens erwähnt.

Fazit: Diese Ausgabe könnte - trotz der historischen Distanz - Alt und Jung, Organisten und Pianisten auch heute noch und wieder erfreuen und begeistern, vorausgesetzt, es handelt sich nicht um Puristen.Und (vermutlich wiederhole ich mich mit diesem Zitat von Gustav Mahler): Das Beste in der Musik steht NICHT in den Noten.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Januar 2022 / November 2022

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Liszt - Complete Organ Music

Interpret: Adriano Falcioni
Instrument: Tamburini-Corna-Orgel Kathedrale San Lorenzo, Perugia
Label: Brilliant

Die Orgel der Kathedrale in Perugia (IV/87) wurde von den Brüdern Tamburini 1967 erbaut und von Pietro Corna aus Bergamo 2015 überholt, vergrößert (u.a. mit Hochdruck-Chamaden) und mit elektronischen Setzern ausgestattet. Sie steht mit zwei Freipfeifenprospekten verteilt im Chor (Hauptwerk und Pedal) und Querschiff (Teil-Hauptwerk, Positiv, Schwellwerk und Solo). Da wird natürlich kein Register und keine Klangfarbe für die Einspielung der Kompositionen von Franz Liszt (1911 – 1886) vermisst. Falcioni hat sie alle im Mai und Dezember 2019 eingespielt. Die erste CD bringt die Spitzenwerke Ad nos, ad salutarem undam „für Orgel oder Pedalflügel componiert und Herrn General-Musikdirektor Meyerbeer in ehrfurchtsvoller Verehrung gewidmet von Franz Liszt“ (1850), Präludium und Fuge über das Thema B-A-C-H in der Fassung von 1872 und Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen… (1863). Die folgenden drei CDs beschäftigen sich mit Werken des anderen Liszt, dem es ein Herzensanliegen war, für liturgische oder weltliche Anlässe Stücke mit viel Weihrauch, aber zumeist wenig Substanz zu schreiben. Die letzte CD bringt noch einige Transkriptionen von Otto Nicolai, Bach, Chopin, Lassus und Verdi. Hits zu seiner Zeit und manchmal bis in unsere Tage sind dabei Mozarts Ave verum corpus und Wagners Pilgerchor aus dem Tannhäuser, gut geschrieben bedienen sie allerdings auch unreflektierte Gefühligkeiten fernab musikalischer Qualitätsteste.

Der „ganze“ Liszt ist natürlich eine euphemistische lexika-audio Großtat. Um Liszt und seinen Klanggestalter Falcioni aber recht zu würdigen, ist es vorzuziehen, nur die erste CD mit der „Propheten-Fuge“, der Fantasie und Fuge über den Choral der Wiedertäufer aus Giacomo Meyerbeers Oper "Le Prophète" zu hören, sonst wird ab der zweiten CD Liszt zum großen Langweiler. So beschäftigt sich Stefano Ragni in seinem Bookletartikel auch fast ausschließlich mit dieser Komposition. Das Booklet bringt zudem die Disposition der Super-Orgel, allerdings mit einer falschen Angabe des Baujahrs.


Rainer Goede
Februar / November 2022

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Scottish Rhapsody

Komponist: Hans Uwe Hielscher
Verlag: Butz

Man fragt sich, warum dieser exzellente Band nicht schon viel früher erschien. Auch mit diesem Zyklus wird der auf allen Kontinenten geschätzte Organist und Komponist Hans Uwe Hielscher garantiert wieder wahre konzertante Triumphe feiern können.

Das liegt u.a. an vielen international bekannten, zum Mitsingen einladenden schottischen Songs (Scotland the Brave/Annie Laurie/The Flowers of Edinburgh/Loch Lomond/Auld Lang Syne/The Hundred Pipers), die nicht nur in der klassischen Musik, sondern ebenfalls auch in Fußballstadien Einzug gefunden haben. Versicherung: Jeder, der 14 Minuten Zeit investiert und 14 € aufwendet (ja! Die Zahl 14 taucht hier wirklich doppelt auf!), ist somit bestens bedient. Denn die elegante und effektvolle Art und Weise, wie der Komponist die Themen verarbeitet, die Motive geschickt moduliert und maßgeschneidert auf die Orgel überträgt, ist einfach zauberhaft und toll. Übrigens mein Favorit aus der „Scottisch Rhapsody“ ist: „The Hundred Pipers“ im schwungvollen und mitreißenden 6/8 Takt (Allegro Vivace!) in freudiger Tonart G-Dur.

Fazit: Das mittelschwer zu spielende Werk eignet sich als Höhepunkt für Konzerte mit origineller, das Publikum erfreuender Orgelmusik! Und noch ein kleines Wortspiel: Wie wäre es mit: Hielscher trifft Händel? Somit ein höchstwillkommenes Orgelfeuerwerk (sagt man im Duell oder im Duett?) der ganz besonderen Art. Bitte mehr von diesem Kaliber! Grandioso!


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Januar 2022 / November 2022

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Johann Kaspar Kerll - Complete Harpsichord and Organ Music

Interpret: Matteo Messori
Label: Brilliant

Johann Caspar Kerll (1627 - 1693), Sohn des Adorfer Orgelbauers und Organisten Caspar Kerll, lernte u.a. bei Giacomo Carissimi und vielleicht auch bei Johann Jakob Froberger in Rom. Von 1656 bis 1674 war er Leiter der Hofkapelle und des Opernhauses am Salvatorplatz in München, danach Lehrer für Tasteninstrumente und Hof- wie Domorganist in Wien. 1683 oder 1684 kehrte er nach München zurück. Kerll schrieb etwa 15 Messen, einige Opern und eine Sammlung Motetten: „Delectus sacrarum cantionum“ (Nürnberg 1669). Seine Kompositionen für Tasteninstrumente umfassen 8 Toccaten, 6 Canzonen, 4 Suiten, das Capriccio sopra il Cucu (mehrere Fassungen), eine Battaglia, Ciaccona, Passacaglia und das Ricercata aus Kirchers Musurgia universalis (Rom 1650). Im Druck erschien noch die Versettensammlung Modulatio organica super Magnificat octo tonis ecclesiasticis respondes (München 1686). Mit Alessandro Poglietti war er eng befreundet, ein nachweislicher Schüler war Franz Xaver Murschhauser.

Matteo Messori, Professor in Genua und Bergamo, hat sich bisher vor allem als Bach-Interpret hervorgetan. Nun also die Einspielung aller Clavierwerke Kerlls auf zwei italienischen und einem französischen Cembalo sowie der Egedacher-Orgel in Vornbach am Inn, wobei der Altus Lukasz Dulewicz bei den Magnificat-Zyklen die Vokalverse übernahm.

So verdienstvoll eine Einspielung von allen Werken Kerlls an sich ist, diese Aufnahme leidet unter mehreren Problemen: Die Aufnahmen in Vornbach sind übersteuert. Bei den Magnificat-Zyklen wäre ein Männerchor angebracht gewesen, nicht ein solistischer Altus. Messori spielt zwar virtuos, seine Ritardandi schießen aber oftmals übers Ziel hinaus, weiten sich zu Trillerroulladen samt folgendem viel zu langen Schlussakkord aus. Seine Triller bringen völlig ahistorisch den Nachschlag erst nach einem Stillstand und in einem retardierten Tempo. Messoris Programm beginnt mit Kerlls Toccaten in der Reihenfolge ihrer Nummerierung, die ersten drei Toccaten sind aber die schwächsten Kompositionen Kerlls, bestehen nur aus Trillern und Läufen, wenn es hoch kommt in Sexten. Da wäre eine andere Reihenfolge animierender. Die Toccata 4 Chromatica con durezze e ligature hätte auf der Egedacher-Orgel eine viel größere Wirkung getan. Der steyrische Hirt, die Variazioni Schmidt und eine Canzona in C sind nicht eingespielt.

Wenn auch der Booklettext von Messori gründlich und ausführlich geraten ist, so hinterlässt seine Einspielung doch einige Fragezeichen, letztendlich nerven auch seine falschen Trillernachschläge nachhaltig.


Rainer Goede
Februar / November 2022

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Kaleidoskop – Neue Orgelpräludien und Begleitsätze zu ausgewählten Kirchenliedern
Heft 1: Advent

Herausgeber: Gunter Kennel
Verlag: ortus organum

Mit dieser Ausgabe von Vospielen und Begleitsätzen wird eine Reihe weiterer Veröffentlichungen der Evangelischen Kirche Berlin – Brandenburg – schlesische Oberlausitz (EKBO) eingeleitet, die neue Kompositionen und Bearbeitungen zu bekannten Liedern für den gottesdienstlichen Gebrauch präsentiert. Die Choräle sind dem Stammteil des Evangelischen Gesangbuchs (EG) und dem in der EKBO eingeführten Liederheft Singt Jubilate (SJ) entnommen. Zum ökumenischen Einsatz sind auch die Nummern des Gotteslobs (GL) notiert. Der Schwierigkeitsgrad der Stücke erscheint mir manchmal doch etwas (zu) einfachgehalten. Traut man Organisten/innen im Nebenamt nicht mehr zu? So sind zwar zu jedem Lied zwei Vorspiele und zwei bis vier Begleitsätze in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden abgedruckt. Zudem ist berücksichtigt, dass mindestens ein Vorspiel und ein Satz auch auf einmanualigen Instrumenten darstellbar sind. Die ausgewählten Kompositionen, die sich am am jeweiligen Lied-Charakter orientieren, sind auch ausdrücklich für die Unterrichtspraxis von Kirchenmusikern/innen in den Fächern Gemeindebegleitung und Improvisation bestimmt. Neben innovativen Werken des Herausgebern Gunter Kennel sind weitere Beiträge von Markus Epp, Manuel Gera, Helmut Hoeft, Maximilian Schnaus und Jörg Walter vertreten.

Fazit: es handelt sich um nett gemachte, aber auch ausbaufähige Stücke. Darunter sind auch einige mit einem gewissen flair von „understatement“.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Januar 2022 / November 2022

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Weckmann - Complete Organ Music

Interpret: Matteo Venturini
Instrument: Dell’Orto & Lanzini-Orgel Chiesa della Madonna di Fatima in Pinerolo (I)
Label: Brilliant

Einspielungen der Orgelwerke von Matthias Weckmann (1616 – 1674) liegen in etlichen Exemplaren vor, darunter die Maßstäbe setzende von Wolfgang Zerer an der Schnitger-Orgel in Hamburg St. Jacobi von 1999. Matteo Venturini setzt dagegen auf eine Stilkopie von Dell’Orto & Lanzini (2011, III/34), ein handwerklich und klanglich gut gemachtes Instrument mit charakteristischen Farben, für Weckmann fehlt leider das so bedeutende Register Cornet im Pedal. Dass es dennoch nicht sehr norddeutsch barocken klingt, ist kein Fehler.
Weniger glücklich ist die interpretatorische Leistung von Venturini, der mit den breiten Anfangsakkorden mancher Stücke nichts anzufangen weiß, so manches Mal endlos lange Schlussakkorde liefert und die Feinheiten norddeutscher Registrierungspraxis (für Weckmann auch in den Quellen überliefert) nicht so recht umsetzt. Z.B. lässt er sich Höhepunkte dieser Registrierungspraxis entgehen, wenn er im letzten sechsstimmigen Vers von Es ist das Heil uns kommen her und im fünfstimmigen Primus versus von O Lux beata trinitas (beide im vollen Werk, Cantus firmus in der Oberstimme des zweistimmigen Pedals) den Cantus firmus nicht durch Verdoppelung im Manual hervorhebt. Die große Choralphantasie von Vers 6 von Es ist das Heil uns kommen her ließe große Klangänderungen von Verszeile zu Verszeile erwarten. Die mehrmalige Verwendung der Sesquialtera in der großen und kleinen Oktave ist klanglich fragwürdig, eine Zungenstimme wäre dort besser angebracht. Meist nimmt Venturini zurückhaltende Tempi, unterlässt naheliegende Verzierungen und spielt ein zum Staccato neigendes Non legato.
Das Booklet (nur engl.) bringt eine Einführung von Francesco Tasini, leider mit mehreren falschen Jahreszahlen und verschweigt die Registrierungen. So ist der Rezensent eher unglücklich bei diesen CDs, auch wenn es wohl tut, immer wieder einmal Weckmann, vielleicht den Hamburger Spitzenorganisten, zu hören.


Rainer Goede
Februar / Oktober 2022

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Sechs Pastoral-Präludien für Orgel

Komponist: Pitsch, Karl Franz
Verlag: Butz

Auch wenn Robert Führer Prager Domorganist war, existieren dennoch von dieser schillernden Persönlichkeit Werke wie: Der Landorganist bzw. Cypressenlaub. Pitsch wird 1840 Nachfolger von Führer in der Funktion als Direktor der Prager Orgelschule. Ob die VI Pastoral-Praeludien von Pitsch  unter dem Einfluss der 24 Pastoral-Praeludien von Führer  entstanden sind?  Jedenfalls ist auch die Führer-Ausgabe ebenfalls im Verlag Dr. Butz erschienen, so dass hier sicher Vergleiche lohnend und spannend sind.

Aber zurück zu Pitsch. Der Herausgeber Friedrich Hägele entschied sich in der Neuausgabe (leider!) für Pedalstimme im eigenen zusätzlichen Notensystem, was gegenüber der Originalausgabe von 1835 irritierend wirkt. Inhalt: Wer Melodien in eingängiger Dreiklangsmotivik (Heiligste Nacht) und Terzenseligkeit (Kommet, ihr Hirten) mag, der ist hier bestens bedient. Durch ebensolche markanten Liedmotive, wie sie sich auch u. a. in Resonet in laudibus oder bei In dulci jubilo finden, sowie besonders im Pastoral-Praeludium Vivace, lassen sich reizvolle Passagen erzielen. Und wem diese Stücke für liturgische Einsätze (Kommunion, Abendmahl) zu lange erscheinen, der suche nach legitimen sinnvollen Kürzungsmöglichkeiten. Es gibt solche zuhauf! Im Umkehrschluss besteht natürlich auch die Möglichkeit der Erweiterung, durch Rücksprünge und Wiederholungselemente, ideal um improvisatorische Ideen zu akzentuieren.
Etwas aus dem gewohnten Rahmen fällt Pastoral Praeludium VI, beginnend mit E-Dur mit prägnantem, charmantem Wechsel in die Tonart C-Dur, und dann doch wieder in der Eingangstonart E-Dur zu schliessen.



Fazit: Freilich ohne das Niveau von Mendelssohn, Rinck (siehe Maestoso Pastoral Praeludium III in punktierter Gestaltung mit Fugato-Technik) erreichen zu können, ist das Notenheft eine ideale Fundgrube für stimmige und harmonische Musik. Sehr angenehme Ausgabe.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Oktober 2022

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Frescobaldi - Complete unpublished Works for Organ

Interpret: Roberto Loreggian
Label: Brilliant

Nicht genug würdigen kann man die immense Fleißarbeit von Roberto Loreggian, Dozent am Konservatorium „C. Pollini“ in Padua, nach seiner Einspielung aller gedruckten Werke Frescobaldis nun auch alle unveröffentlichten Clavierwerke auf 6 (!) CDs hier vorzulegen.

Girolamo Frescobaldi (1583-1643), geboren in Ferrara, war Organist an den Höfen in Mantua und Florenz, dann in Rom für die Familie Barberini von Papst Urban VIII. und am Petersdom. Nach Claudio Merulos Toccaten, Canzonen und Ricercari wurde seine Musik stilbildend in ganz Europa. Neben seinen gedruckten Sammlungen mit ihren dezidierten Spielanweisungen stellen sich die hier eingespielten Toccaten, Canzonen, Correnten, Sonaten und Ricercari als weitere einsame Höhepunkte des affektbetonten Frühbarocks heraus. Herausgeber der Sammlung von Stücken aus Archiven in München, Ravenna, Turin, Rom, Bologna, New York, Genf, Brindisi und Paris waren Etienne Darbellay und Constanze Frei (Mailand 2018). Nicht nur alternative oder frühe Versionen veröffentlichter Werke finden sich hier, sondern auch nie gehörte faszinierende Schätze wie z.B. die Toccata F 14.26, die Toccata per l’Organo col contrabasso overo Pedale F 15.11 oder die Elevatione del medesimo. Frescobaldi rät in seinen Spielanweisungen den Interpreten, mit spontaner Freiheit zu spielen, das macht sowieso jede Frescobaldi-Einspielung zu einer persönlichen Interpretation. Hier musiziert Loreggian exemplarisch lustvoll wie gediegen.

Die CDs 1 und 4 wurden auf einer etwas obertonscharf geratenen Orgel von Francesco Zanin aus Codroipo (1998), die für die Chiesa di S.Caterina in Treviso gebaut wurde, aufgenommen (Ripieno von 7 Stimmen ab 16‘,Voce umana, vier Flauten (in VIII, XII, XV und XXII) sowie Cornamuse, Uccelliera und Tamburo, Tastenumfang C (kurze Oktave) bis a4 mit doppelten Semitonien es/dis und as/gis, Pedalumfang: C – b0, Stimmtonhöhe a2 = 440 Hz bei 18 °C, Winddruck 45mm), was auch das Spiel in 16‘-Lage erlaubt. Die Klosterkirche mit klarer Akustik, bedeutsam durch ihre erhaltenen Fresken, wurde im Anfang des 15. Jh. fertiggestellt, dann als Militärlager genutzt und schließlich zu Beginn des 21. Jahrhunderts als Museum hergerichtet. Die CDs 3 und 6 sind auf der Orgel der Schlosskirche der Gonzagas, der Basilica palatina di Santa Barbara in Mantua eingespielt, die Graziado Antegnati 1565 unter Cavazzonis Regie mit einem Ripieno von 9 Stimmen ab 16‘, einer Fiffaro und zwei Flauten (in VIII und XIX) bei einem Tastenumfang von C (kurze Oktave) bis f3 mit 7 doppelten Semitonien es/dis und as/gis (Pedalumfang: C – a0, Stimmtonhöhe a2 = 462 Hz) errichtet hatte. 312 von 665 Pfeifen waren von diesem Werk noch erhalten, als sich Giorgio Carli aus Pescantina (Verona) 1995 an die Restaurierung machte, die bis 2006 dauerte. Auch diese Orgel erlaubt das Spiel in 16‘-Lage. Die CDs 2 und 5 erklingen auf einem „Gravicembalo“ (zwei 8‘ und ein 4‘ mit teilweisem Kontrabassumfang) von Luigi Patella (2005), einer Kopie nach Giovanni Battista Giusti (ca. 1624 - ca. 1693). Im Booklet benennt Loreggio die Registrieranweisungen von Diruta (allegro e soave mit 4‘, 2‘, 1‘), Antegnati (Canzoni mit Ottava und Flauto 4‘) und Colombi (8‘ und die zwei höchsten Ripieno-Stimmen), außerdem das tiefoktavierte Spiel „suonare alla bassa“, wovon Loreggian immer wieder einmal Gebrauch macht und die Piecen einmal anders und sehr angenehm dem Hörer nahebringt.

Das Booklet bringt einen instruktiven Artikel Loreggians zur Musik, leider kaum etwas zu den Orgeln, weshalb hier die wichtigsten Daten aufgeführt sind. Es ist nicht nur die schiere Menge, die bei dieser CD-Edition beeindruckt, sondern ebenso die Sorgfalt Loreggians, sein Ideenreichtum beim freien Spiel der Toccaten und seine Präzision, eingefangen von einer makellosen Tontechnik. Eine CD-Edition, die man nur bewundern kann.


Rainer Goede
Januar / Oktober 2022

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Manualiter-Album

Komponist: Kleesattel, Lambert
Verlag: Butz

Wer auf Suche nach neuen, niveau- und klangvollen kürzeren Orgelstücken für den gottesdienstlichen Einsatz ist, der fährt mit dieser Ausgabe gut. Zu unterschiedlichsten Anlässen gibt es ausgefeilte Pretiosen, die von Communio, Fanfare, Elegie, Meditation, Melancholie bis hin zur schmissigen Marschform reichen. Auch wendetechnisch ist nichts zu beanstanden. Und für Jazzfreunde gibt es noch eine zusätzliche Besonderheit: Study in Seven (Homage to Dave Brubeck) mit entsprechendem typischem groove, bitte NON Legato, aber im angemessen Tempo giusto. Spätestens hier kommt mitreissende, ansteckende Spielfreude auf. Und übrigens sind gut dosierte Pedaleinsätze dabei niemals hinderlich und auch keinesfalls verboten!
Quasi Manualiter mit Pedalkenntnissen ad libitum nach Fähigkeit und Vermögen.
Fazit: Eine wunderbare Repertoirebereicherung der besonderen Art.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Oktober 2022

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Claudio Merulo: Il Primo Libro de ricercari da cantare a quattro voci (Venedig 1574)

Interpret: Francesco Tasini
Label: Brilliant

Claudio Merulo (1533 - 1604) war 1556 Organist in Brescia, schon 1557 wurde er zweiter Organist am Markusdom in Venedig unter den Kapellmeistern Adrian Willaert (bis 1562), Cipriano de Rore (1563/64) und Gioseffo Zarlino (1565–1590) und 1566 dann erster Organist, Andrea Gabrieli folgte ihm als zweiter Organist. 1584 wechselte er an den Hof der Farnese in Parma. 1587 übernahm er auch die Stelle des Domorganisten, 1591 auch noch die an der Basilika Santa Maria della Steccata in Parma, wo eine Orgel von Benedetto Antegnati (1573) stand. Sein Grab findet sich in der Kathedrale von Parma neben dem von Cipriano de Rore. Im Konservatorium zu Parma steht eine kleine Orgel mit 4 Registern, die z.T. von Merulo selber konstruiert worden sein soll.

Merulo schrieb viele Vokalwerke, vor allem Madrigale, Motetten und Messen. Seine Clavierwerke (Il primo libro de madrigali a cinque voci (Venedig 1566), Il primo libro de madrigali a quattro voci (1579), Il primo libro de madrigali a tre voci (1580), Il secondo libro de madrigali a cinque voci (1604), Ricercari da cantare a quattro voci libro secondo (1607) und Ricercari da cantare a quattro voci libro terzo (1608), dazu Intavolierungen von Ricercari, einer Messe, von Canzonen und Toccaten) haben als die ersten großen rein instrumental gedachten Kompositionen die Geschichte der Tastenmusik nachhaltig geprägt. Sie waren die Vorbilder der Toccaten von Frescobaldi und somit des Stylus Phantasticus. In Neuauflagen sind sie leider immer noch nicht vollständig greifbar. Francesco Tasini hat nun das instrumental sowie vokal aufzuführende Il Primo Libro de Ricercari da cantare a quattro voci (1574), dem noch das Libro II (1607, posthum) und Libro III (1608, posthum) folgten, aus der Tabulatur übertragen und eingespielt. Dazu nutzte er das Instrument in der Basilica palatina di Santa Barbara in Mantua, das Graziadio Antegnati 1565 unter Cavazzonis Regie mit einem Ripieno von 9 Stimmen (ab 16‘), einer Fiffaro und zwei Flauten (in VIII und XIX) bei einem Tastenumfang von C (kurze Oktave) bis f‘‘‘ mit doppelten Semitonien es/dis und as/gis (Pedalumfang: C – a0) errichtet hatte. 312 von 665 Pfeifen waren von diesem Werk noch erhalten, als sich Giorgio Carli aus Pescantina (Verona) 1995 an die Restaurierung machte, die bis 2006 dauerte. Aber erst seit 2015 nach der Wiedereinweihung der ganzen Kirche ist die Orgel wieder nutzbar.

Tasinis Transcription ist nicht hoch genug einzuschätzen: Merulos 20 Ricercari sind von großer Ebenmäßigkeit der Themen-Erfindung gekennzeichnet, seine Diminutionen, von Tasini in aller Ruhe ausgespielt, sind ausgewählt vokal und geben den mit 7 bis 18 Minuten auch sehr langen manchmal mehrteiligen Kompositionen einen besonderen Charme. Tasini spielt zumeist auf 16‘-Basis und reduziert die reichen Klangmöglichkeiten der Orgel oft auf Oktav- oder gar Einzelregistrierungen, die im Booklet vermerkt sind, zum Wohle einer klaren Durchhörbarkeit. Wunderschön dabei vor allem der Principal und die Flauto in Ottava, die das Ihre zur Verzauberung des Hörers dazutun. Das Booklet bringt eine gründliche Einführung (nur engl.) von Tasini, der mit dieser CD eine überlegte wie überlegene Meisterleistung erbracht hat.


Rainer Goede
Januar / Oktober 2022

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Impressionen über 12 Klassik-Hits von Bach bis Elgar op. 120

Komponistin: Margaretha Christina De Jong
Verlag: Butz

Wahrlich nett formuliert: Impressionen über 12 Klassik-Hits. Jedoch stilistisch bewegen sich diese Transkriptionen eher im traditionellen neoromantischen Fahrwasser. Dabei halten sich die meisten Kompositionen an die korrespondierenden Originaltonarten. Hierbei ist Mozarts „Ave Verum“ mit 64 Takten das umfangreichste Stück. Auch der Rezensent hat sich mehrfach mit Möglichkeiten von nachschöpfenden revivals, um das böse Wort Stilkopie(n) zu vermeiden, entschieden. Zu „Air“ von JSB geht meine Wahl deutlich eher zur kontrastreichen Richtung „A Whiter Shade of Pale“ . Aber das ist hier eher nur private Meinung und Vorliebe. Total hilfreich sind die zahlreiche Hinweise zu Tempo und Dynamik. Sehr originell finde ich bei Träumerei von R. Schumann die bewusste und mutige Taktwahl ¾ statt Original 4/4. Weitere reizvolle Impressionen finden sich bei „Largo“ (A. Dvorak) und in der „Ode an die Freude“ (L. v. Beethoven) in moderatem Jazz-Feeling.

Fazit: Durch diesen Notenband erhält man dankbare und willkommene Zugabestücke. Sehr angenehm. 


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Oktober 2022

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Fünf Fantasien für Orgel

Komponist: Lothar Graap
Verlag: Dohr

Sehr übersichtlich, überschaubar, einfach und trotzdem mit dem gewissen Etwas sind die Fünf Orgelfantasien. Wendetechnisch ideal, die Pedalstimme mit eigenem zusätzlichen System wäre sicher (weil kostenreduzierend!) vermeidbar gewesen, denn die Pedaleinsätze, obwohl markant, sind doch sehr singulär, um nicht zu sagen marginal rudimentär.
Trotzdem kann ein zusätzlicher Reiz in solchen Stücken liegen, zumal diese sich ideal für Instrumente mit mitteltöniger Stimmung eignen. Bei der Publikation überwiegen die Kreuz # Tonarten, aufsteigend von C-Dur kommt Graap über, D, F, G bis hin zum strahlend leuchtenden A-Dur. Über Vierstimmigkeit gehen die Sätze nicht hinaus, somit ideales Repertoire für Orgeleinsteiger (mit wenig Pedaltechniken) bis hin zu den nebenamtlichen Zielgruppen. Aufgrund der Kürze der Stücke sind diese sicher primär aus liturgischen Erfordernissen entstanden. Somit handelt es sich um Musik mit hohem Gebrauchswert, um keinesfalls den negativen Begriff Gebrauchsmusik zu tangieren, der schlimmstenfalls zur Konsum- und Verbrauchsmusik degenerieren könnte.
Fazit: Musik, die aus ihrer elementaren Urwüchsigkeit besonders für gottesdienstliche Einsätze prädestiniert ist.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Oktober 2022

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Bach - Neumeister-Choräle und frühe Toccaten

Interpret: Jörg Halubek
Instrumente: Flentrop-Orgel in St. Katharinen Hamburg
Label: Edel

Das stolze Instrument in St. Katharinen in Hamburg hat eine ebenso bedeutende Geschichte, dankbar ist nicht nur die Orgelwelt, dass dieses besondere Dokument deutscher Geschichte 2013 wiedererstehen durfte. Zu Jörg Halubeks Orgelreise zu Bach-Orgeln gehört dieses Instrument natürlich ganz selbstverständlich dazu. Eingespielt sind die Hälfte der Neumeister-Choräle und einige frühe freie Werke: die C-Dur-Toccata BWV 564, die Fuge BWV 955a, Praeludium und Fuge BWV 549 in d-Moll, D-Dur-Toccata BWV 912a und Praeludium und Fuge C-Dur BWV 531 (Feuerwehr). Für die Auswahl der „Clavier“-Toccata BWV 912a kann man nur dankbar sein, kann sie doch hier mit Pedal viel eindrucksvoller brillieren als auf dem Cembalo, während die Fuge BWV 955a, vorgetragen mit einer zurückhaltenden Registrierung sich eher wundert über ihre ungewohnte Klangänderung.

Klug sortiert Halubek die Choräle in Sinngruppen wie Catechismus- oder Sterbelieder. Interessant ist, wie diese Kleinodien aus der Bachschen Werkstatt an der großen Orgel aufblühen zu bemerkenswerten Choralbearbeitungen in prägnanten Klangfarben. Nur selten aber geht Halubek auf die Möglichkeit ein, sie von Verszeile zu Verszeile in anderen Registrierungen zu spielen wie kleine Choralphantasien. Halubeks Zugriff ist wie bei den vorhergehenden CDs aus Waltershausen, Ansbach und Lüneburg/Altenbruch überlegen und überlegt normal, Ausreißer bezüglich Tempi oder Artikulation, worunter so viele Aufnahmen heute leiden, erlaubt er sich kaum. Was bei den Trost- und Wiegleb-Orgeln gegeben ist, nämlich das Häufeln von Aequalregistern und Koppeln nutzt er auch bei dem Katharinen-Instrument. Ob er damit allerdings auf dem richtigen Weg ist, ist zumindest zu diskutieren. In Norddeutschland liebt man gerne einen kühlen Klaren. Bach wird beide Traditionen gekannt und divers praktiziert haben.

Keine Hilfe beim Hören sind die Registrierangaben im Booklet, Kraut und Rüben waren Bach zwar bekannt, hier aber sind sie nicht am Platz. Eine gute Einführung in das Programm schrieb Anselm Härtinger. Der Bebilderung wäre eine Konzentration auf den Komponisten und sein Werk oder die Orgel eher dienlich gewesen als Landschaftsbilder, hier Strandbilder mit Interpret. Solche Imagepflege ist zwar in, aber doch nur in-haltslose gewollte Mode. Macht nichts, die CD ist eine hervorragende Bach-Einspielung auf einer hervorragenden Orgel durch einen hervorragenden Interpreten!


Rainer Goede
Januar / Oktober 2022

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Girolamo Cavazzoni - Complete Organ Music

Interpret: Federico Del Sardo, Nova Schola Gregoriana, Alberto Turco
Instrument: Orgel von Graziadio Integnati (1565) in der Palatine Basilica S. Barbara, Mantua
Label: Brilliant

Girolamo Cavazzoni (* um 1520 in Urbino; † nach 1577), Sohn des Komponisten Marco Antonio Cavazzoni, war Organist am Hof der Herzöge Gonzaga in Mantua. Das überlieferte Werk von Cavazzoni umfasst in zwei Büchern von 1543 und vor 1549 Recercari, Canzonen, Hymnen, vier Magnificats und drei Orgelmessen, sie gehören zu den ganz frühen Zeugnissen italienischer Orgelmusik. Noch gab es keine seconda prattica, ideenreich und vielgestaltig bewegt sich Cavazzoni hier im Reich der überkommenen franko-flämischen Polyphonie. Seine Hofkapelle war Herzog Guglielmo Gonzaga, der sich als Vorkämpfer einer Gegenreformation verstand und eine eigene Mess-Liturgie feierte, viel wert. So ließ er unter Cavazzonis Regie schon 1565 eine Orgel vom hoch gerühmten Graziadio Antegnati, der bereits in dritter Generation der Familie Orgelbauer war, einbauen mit einem Ripieno von 9 Stimmen (ab 16‘), einer Fiffaro und zwei Flauten (in VIII und XIX) bei einem Tastenumfang von C (kurze Oktave) bis f‘‘‘ mit doppelten Semitonien es/dis und as/gis (Pedalumfang: C – a0). 312 von 665 Pfeifen waren von diesem Werk noch erhalten, als sich Giorgio Carli aus Pescantina (Verona) 1995 an die Restaurierung machte, die bis 2006 dauerte. Aber erst seit 2015 nach der Wiedereinweihung der ganzen Kirche ist die Orgel wieder nutzbar.

Nachdem bereits 2016 die Mailänder Professorin Ivana Valotti eine Gesamteinspielung von Cavazzonis Werken an dieser Orgel vorlegte, hat nun Federico Del Sardo, Professor am Cecilien-Konservatorium in Rom, diese hier noch einmal eingespielt. Unterstützt wird er dabei von der Nova Schola Gregoriana unter dem Gregorianik-Spezialisten Alberto Turco, die leider zum Detonieren neigt. Del Sardo spielt die Werke in einem meist raschen Tempo, bringt häufig Verzierungen ein, die aber sehr maschinell wirken, bei jedem Tempo gleich schnell sind, auch immer wieder auf Noten, wo sie eher deplatziert wirken. Die vorletzten Noten verzögert er abrupt, die Registrierungen, die leider nicht angegeben sind, bewegen sich zumeist im Aequalbereich, selten im Oktavbereich. Genauso, nur anders als bei Valottis Einspielung wirkt das Alternieren zwischen Vokal- und Orgelversen nicht organisch, sondern nur additiv. Es scheint auch in Italien ein weiter Weg zu sein, bis Organisten vokaliter spielen und Chöre instrumental denken können.


Rainer Goede
Januar / Oktober 2022

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Bach - Orgelbüchlein und Choralpartiten

Interpret: Jörg Halubek
Instrumente: Niehoff-Dropa-Beckerath-Orgel Lüneburg St. Johannis / Klapmeyer-Orgel Altenbruch
Label: Edel

Eine weitere Folge seiner Reise zu zehn Bach-affinen Orgeln führte den Stuttgarter Orgelprofessor Jörg Halubek nach Aufnahmen in Waltershausen und Ansbach nun nach Lüneburg und Altenbruch. In Lüneburg ist es die geschichtsträchtige Orgel der Johanniskirche, an der Bachs Lehrmeister Böhm womöglich den jungen Bach einstmals unterrichtete. Mit den 45 (unter Auslassung der Variante BWV 634) Chorälen des Orgelbüchleins BWV 599 - 644, zusammengetragen zwischen 1708 und 1717, gelingt ihm ein vielseitiges Portrait der Beckerath-Rückführung (1953/1976), wahrscheinlich ist es die letzte Aufnahme dieser höchst bedeutenden Neobarock-Arbeit, bevor die Orgel in den Stand von 1715 (nicht 1708, wie Halubek schreibt) zrückversetzt wird. Halubek spielt gediegen, nobel, anders kann man seinen präzisen und typisierenden Zugriff nicht nennen, ohne in irgendwelche Klangräusche und abartige Tempi, wie sie heute manchmal zu beklagen sind, abzugleiten, auch wenn er ab und zu an die Grenzen von Tempo und Artikulation geht. Wo er die Choräle mit zusätzlichen Verzierungen versieht, geschieht das schulmäßig und geschmackvoll. Die Registrierungen bewegen sich zumeist ebenso im normativen Bereich, manchmal allerdings sind auch überraschende Farben und Lückenregistrierungen zu hören. Häufig allerdings greift er zu Koppeln, was sich zwar gut begründen lässt, aber bei einer so reich bestückten und vor allem werkbetonten Orgel nicht naheliegt. Die Registrierangaben aber scheinen vielfach mit virtueller Jonglage eine entstellende Mutation erfahren zu haben, da empfiehlt sich doch sehr, eine Korrektur ins Internet zu stellen.

Der Klapmeyer-Orgel in Altenbruch gehören die vier frühen Choralpartiten BWV 766, 767, 768 und 770, die in der familiären Akustik der Kirche im warmen vollen Klang der Orgel einen besonderen Charme entfalten. Auch sie sind hier normativ dargestellt, von großem Reiz die Forte-Piano-Concerti sowie die Echopartien mit geschlossenem Brustwerk. Zur Klapmeyer-Orgel erschien auch eine instruktive Orgelführung im Internet, schade, dass die Bildführung meist unscharf und uninspiriert ist.

Das gut bebilderte Booklet bringt einen inspirierten Einführungstext von Markus Zepf, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Archiv Leipzig. Entgangen ist ihm nur, dass die Orgel der Lambertikirche in Lüneburg zur Zeit Bachs nicht mehr dem Zustand, wie ihn Praetorius 1619 schilderte (Neubau durch Christian Bockelmann (1610, III/60), größte Orgel in Deutschland vor der Beck-Orgel in Gröningen), entsprach, sondern 1665 von Stellwagens Schwiegersohn Michael Berigel auf 40 Stimmen reduziert worden war. Ihr Organist war von 1698 bis 1728 Johann Georg Flor.

Fernab jeder billigen Hascherei nach Aufsehen,  setzt Halubeks Bach-Gesamteinspielung Maßstäbe..


Rainer Goede
Januar / Oktober 2022

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Johann Sebastian Bach - Drei Kantatensätze

Herausgeber: Otto Depenheuer
Verlag: Dohr

Die Notenausgabe zeugt vom damaligen tiefen Respekt und Engagement Guilmants, Bach für seine Zeit zu erschließen. Erschienen sind diese Werke 1892 und 1897. Es handelt sich um Sinfonia D-Dur (aus BWV 29), Sonatina Es-Dur (aus BWV 106), und Sinfonia d-Moll (aus BWV 35).  Der Herausgeber Depenheuer hält sich an die Orginalausgaben, eine gute Wahl, denn bei Guilmant gibt es nichts zu verbessern. Die Übertragungen sind in sich schlüssig und stimmig, fordern aber ein hohes spielerisches Niveau. Sinfonia „Wir danken dir, Gott“ verlangt Presto und permanente Geläufigkeit in der R.H. Ebenfalls Presto ist in Sinfonia „Geist und Seele sind verwirret“ angesagt. Dagegen wirkt die Sonatina „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ mit Molto Adagio wirklich kontemplativ, wie es später von Mendelssohn oder Rheinberger in Formen von idyllischen Cantilenen ähnlich wieder erreicht wurde.

Fazit: Musik für Konzerte, insbesondere für Orgeleinweihungen und festliche Jubiläumsaktionen, um die jeweiligen Instrumente dann von ihrer besten Seite präsentieren zu können.

Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Oktober 2022

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Verschiedene Titel für Orgel solo

Komponistin: Ann-Helena Schlüter
Verlag: Laurentius

Die vielseitige Würzburger Pianistin und Organistin Ann-Helena Schlüter hat mehrere Kompositionen veröffentlicht, deren Notenbild überrascht und verwundert. Im Gespräch mit dem Rezensenten erklärte sie Hintergründiges: so findet sie über ihren Farbsinn und Malvorstellungen zu Improvisationen, die anschließend aufgezeichnet werden. Spezielle Farbmischungen und ineinander übergehende Farben verhindern dabei scharfe Konturen z.B. rhythmischer Art. Formgerippe gar sucht man deswegen vergebens in ihren Noten.
Spielanweisungen wie Paralysiert, glitzernd, orakelhaft wie in Apocalyptica Covid-19 vermitteln dazu Vorstellungen, die dem Interpreten Wege öffnen sollen, die Musik nachzuvollziehen. Erst vor diesem Hintergrund ist das Lesen des Notentextes möglich. Dieser gibt in seiner Taktlosigkeit nur ungefähre Hinweise auf Rhythmik, Pausen, Artikulationen, Tempi, Tempobezüge und wahrscheinlich auch auf die notierten Tonhöhen. Die bewegen sich oft auch einmal weit außerhalb des Liniensystems und der Klaviaturen und sind deshalb schwer zu lesen und umzusetzen. Genauer zu nehmen sind aber die Hinweise auf dynamische Vorgaben, Klangvorstellungen und Werkverteilung, so weit möglich. So muss der Interpret hier in erheblichem Maße nachschöpferisch tätig werden, wenn er dem Notentext (frei) nachkommen will.

So entstanden Stücke wie der virtuose Pandemic Dance mit Zuspielband ad lib., der mit diffusen Klängen emotionale Eindrücke und Stimmungen unter Corona-Nachrichten nachzeichnet. Stille stand, Agonie, ein ruhiges mit Wehmütig im Untertitel bezeichnetes Stück malt mit weit verteilten Melodiefetzen und bewegten Klängen im Pedal ein introvertiertes Stimmungsbild. Tempelruf I versammelt die drei monotheistischen Glaubensrichtungen mit einer freien Muezzin-Imitation im Pedal unter wechselnden Klangflächen, kontrastierend dazu der Tempelruf II, der Furcht mit wilden Figuren oszillierend nahekommen will.

Die agile Komponistin, die ihr feminines Wesen betont, arbeitet mit ihrem Wissen und Schaffen in der Nähe der Esoterik, sucht mit ihren Kompositionen intro- wie extrovertierte Situationen in einen klanglichen Griff zu bekommen. Ihr reicher kompositorischer Output schenkt der zeitgenössischen Literatur eine neue, individuell geprägte Seite.


Rainer Goede
Januar / August 2022

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Veggio - Rodio - Bertoldo

Interpret: Luca Scandali
Label: Brilliant

Nicht so bekannt wie ihre Zeitgenossen Girolamo Cavazzoni, Claudio Merulo und Andrea Gabrieli, aber von gleicher Qualität sind die drei hier in Erstaufnahmen (bis auf Bertoldo) vorgestellten italienischen Komponisten des 16. Jahrhunderts.

Claudio Maria Veggio (* 1510 – nach 1543) lebte in Piacenza, zwei Bücher von Madrigalen (1540 und 1544 in Venedig für vier bzw. acht Stimmen) sind erhalten geblieben. Seine Klavierkompositionen umfassen 8 Ricercari mit kontrapunktischen und stark verzierten Passagen sowie 9 Intavolierungen. Eine davon („La fugitiva“) und 6 der ehrwürdigen Ricercari sind hier eingespielt.

Rocco Rodio (* ca. 1535 in Bari; † 1607) kam aus der neapolitanischen Schule. Von seinem Schaffen zeugen u.a. die Drucke des Missarum decem liber primus (Messen für 4–6 Stimmen, Rom, 1562) und Il secondo libro di madrigali (Madrigale für 4 Stimmen, Venedig, 1587). Sein Libro primo di ricercate (1575) ist die früheste erhaltene Partitur für Tasteninstrumente. Es enthält fünf Ricercare und vier Fantasien, die alle hier eingespielt sind. Die Cantus firmi der Fantasien hat der Posaunist Mauro Morini übernommen, was den CDs eine schöne klangliche Bereicherung beschert.

Sperindio Bertoldo (*um 1530, †15. Aug. 1570 in Padua) wurde 1552 Organist am Dom zu Padua. Von ihm sind u.a. erhalten das Il primo libro di madrigali für 5–7 Stimmen (Venedig 1561), Douziesme livre de chansons nouvellement (Padua 1561), das Il secondo libro di madrigli für 5–7 Stimmen, Venedig 1562), Canzoni francese (Venedig 1591) und Toccate, ricercari et canzoni francese (Venedig 1591). Aus den letzten beiden Editionen hat Scandali 10 Stücke ausgewählt.

Die Orgel für diese Aufnahme steht in der Basilika S. Petronio in Bologna. Erbaut wurde sie 1475 von Lorenzo da Prato als 24‘-Instrument mit 11 Registern mit einem Winddruck von nur 47 mm WS. Die Stimmtonhöhe ist a1 466 Hz, die Temperatur mitteltönig. Die prächtige 1982 von Tamburini (Cremona) restaurierte Orgel ist das optimale Instrument für dieses Programm früher Ricercari etc., Scandali in aller Ruhe und Überlegenheit der optimale Interpret.


Rainer Goede
Januar / August 2022

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Zachow - Complete Organ Music

Interpret: Simone Stella
Instrument: Pinchi-Orgel Op. 444 in San Giorgio Riette (I)
Label: Brilliant

Friedrich Wilhelm Zachow (1663 – 1712), Zeitgenosse von u.a. Kuhnau, Böhm und Bruhns, der Lehrer von u.a. Georg Friedrich Händel, Gottfried Kirchhoff, Johann Gotthilf Krieger und Johann Gotthilf Ziegler, stammte aus einer Stadtpfeiferfamilie. Der Hochbegabte wurde bereits mit nur 20 Jahren 1684 zum Organisten und Musikdirektor an der Marktkirche Unser Lieben Frauen in Halle gewählt. So gut es das Leben mit ihm meinte, die Nachwelt verfügt nurmehr über Rudimente seines kompositorisches Schaffen, so sind von mehr als 100 nachgewiesenen Kantaten nur 34 erhalten. Ähnlich wie bei Kuhnau zeigen die Kantaten die Entwicklung vom gegliederten Solokonzert auf Bibelworte mit oder ohne angefügten Choral zur Kombination Concerto (Bibelprosa)-Aria (freies strophisches Gedicht) bis hin zur vielsätzigen Kantate mit Eingangs- und Schlußchören, Da-capo-Arien, Recitativen und Chorälen im Erdmann Neumeister-Stil auf. Klangpracht, Dramatik und bildhafte Textausdeutung weisen die hochbarocke Stilistik nach. Ebenso rudimentär ist Zachows Musik für Tasteninstrumente erhalten, das sind nur einige kurze Präludien und Fugen, aus denen die Toccata und Fuge C-Dur und die Fantasia D-Dur herausragen. Von den 51 überkommenen Choralbearbeitungen sind die 12 Variationen über „Jesu, meine Freude“ einigermaßen populär geblieben. Nur selten verlangen Zachows Werke bei einem Bass-Cantus firmus oder einem Trio das Pedal. Mit knapp 49 Jahren erlag Zachow 1712 einem Schlaganfall.

Wohl zum ersten Mal hat nun der italienische Organist Simone Stella, Titular-Organist an Santissima Annunziata in Florenze, eine Gesamteinspielung vorgelegt. Sein Instrument ist nach norddeutschem Vorbild gebaut, Stimmtonhöhe a 465 Hz, Winddruck 70 mm Ws mit einer ungleichen Temperatur. Gebaut hat es die Orgelbauwerkstatt Pinchi aus Trevi 2012 mit 20 Registern und 5 Transmissionen auf Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal, dazu Vogelgesang und Zimbelstern. Ein wenig streng klingt die Orgel bei aller Finesse der Intonation.
Stellas Spiel ist zwar flink, aber mit wenig individueller Gestaltungskraft. Verzierungen erklingen oft als Cluster, was vor allem in langsamen Sätzen einfach schade ist, und stehen nicht immer an sinnvollen Stellen. Verszeilen von Chorälen werden oft nicht als solche wahrgenommen, was einem katholischen Italiener wohl auch nicht in die Wiege gelegt wurde. Und zudem erklingen die Choralbearbeitungen in alphabetischer Reihenfolge, was jedenfalls weniger sinnvoll ist als z.B. nach Kirchenjahr und liturgischen oder formalen Gesichtspunkten geordnet. So ist das klangliche Erlebnis enttäuschend, da auch die Registrierungen häufig dem Satzstil nicht angepasst sind. Schade, die CDs sind eine Einladung an andere Organisten, Zachow doch einmal kompetenter darzustellen.


Rainer Goede
Januar / August 2022

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Ouvertüre zu Corolian op. 62

Komponist: Beethoven, Ludwig van
Herausgeber: Depenheuer, Otto
Verlag: Dohr


Corolian? Grobian? Bereits im August 2018, so laut Vorwort, erfolgte das von Otto Depenheuer veröffentliche Arrangement zu Beethovens Ouvertüre Corolian op. 62 in Tonart c-Moll. Das Drama, verfasst durch den Schriftsteller Heinrich Joseph von Collin (1771-1811) endet mit Selbstmord des Titelhelden. Es handelt sich um Musik mit großen Gefühlswallungen, in der sich Momente von großer Dramatik, ja Unruhe, bis hin zu verhauchenden Friedensstiftungen abwechseln. Das Stück endet übrigens gar nicht akkordisch, sondern lediglich unisono in ppp quasi morendo, verhauchend, ersterbend, obwohl wir ja im Stärkegrad ff waren. Aufgrund vieler orchestraler Nuancen schwebt mir ein mindestens zweimanualiges Instrument, mit reich besetztem Schwellwerk vor. Allegro con brio, das Stück bringt es von der Länge auf über acht Minuten. Virtuose Passagen, Tremoloeffekte, viele Vorzeichen fordern eine/n versierte/n Interpreten/in.

Fazit: Aufgrund der wenigen existierenden Orgelwerke von Beethoven handelt es sich um eine willkommene Repertoireerweiterung mit ausgesprochenem Konzertflair.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / August 2022

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Fischer & Kerll

Interpreten: Rui Fernando Soares
Instrument: Schnitger-Orgel Moreira da Maia
Label: Brilliant

Eine von zwei nach Portugal gelieferte Schnitger-Orgel ist hier zu hören, 1701 wurde sie in der Klosterkirche Moreira da Maia aufgestellt – und dann vergessen bis 1986. Georg Jann hat sie 2001 restauriert. Sie hat folgende zwischen portugiesischer und deutscher Tradition anzusiedelnde Disposition (Im Booklet nicht wiedergegeben): Hinterwerk: Gedackt 8‘, Blockflöte 4‘, Quinte 3‘, Octave 2‘, Quinte 1 1/3‘, Octave 1‘, Sesquialtera 3f, Mixtur 4f, Dulcian 16‘, Trompete 8‘. Vorderwerk: Principal 4‘ (2001), Holzflöte 8‘. Schiebekoppel, Winddruck 55,5 mm WS (!), Stimmtonhöhe a1 442 Hz (!), Temperatur: Schlick/Vogel.

Rui Fernando Soares, Organist der der Clerigos Kirche in Porto, hat Werke von Fischer und Kerll eingespielt. Das sind sicherlich Werke, die man auf dieser Orgel spielen kann, doch dürften sie nie zuvor darauf erklungen sein. Dabei gibt es in Portugal im 18. Jahrhundert eine reiche Szene von Kompositionen für einmanualige Orgeln ohne Pedal, was die Schnitger-Orgel so auch anbietet. Später wurde sie auf diesen Gebrauch hin ja auch umgebaut, ehe sie Jann mit einer vorderspieligen Anlage wieder rekonstruierte. Auch spielt Soares bewundernswert schnell, zu schnell, nicht passend zu der Literatur, die in Böhmen und Wien beheimatet und primär für Cembalo gedacht war.

Dennoch klingt die Orgel super, fast wie eine portugiesische, bedingt vor allem durch den näselnden Trompetenklang, nur Zungen und Krücken mussten 2001 erneuert werden. Aber der Musik kann man nicht zuhören, leider ist nur Klingelei zu hören. Sicherlich wäre es der CD-Firma möglich, auch musikalisch gute Orgel-Portraits herzustellen.


Rainer Goede für www.orgel-information.de
Januar 2022 / Juni 2022

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The Monteverdi Organ

Interpreten: Krijn Koetsveld / Ensemble Le Nuove Musiche
Label: Brilliant

Claudio Monteverdi (1567-1643) hat zweimal (in der Partitur des Orfeo und in einem Brief von 1611) seinen Wunsch nach einer Organo di Legno „mit einem delikaten und lieblichen Klang“ zur Begleitung seiner Musik geäußert. Der niederländische Dirigent und Organist Krijn Koetsveld hat nun nach seiner sensationellen Einspielung der 8 Madrigalbücher von Monteverdi mit seinem Ensemble Le Nuove Musiche auf 12 CDs bei Brilliant die Stichting Nationaal Muziekinstrumenten Fonds NL (NMF) in Amsterdam veranlasst, eine solche Orgel zur Begleitung alter italienischer Musik in kammermusikalischer Besetzung anstelle der ahistorischen Truheninstrumente bauen zu lassen. Den Auftrag erhielten Henk und Niels Klop aus Garderen/NL, die auf sehr viel Erfahrung im Bau von Holzpfeifen zurückgreifen können. Pieter van Dijk wirkte als engagierter Berater und zog als Vorbild der Orgel in der Silbernen Kapelle in Innsbruck heran. Die Orgel wurde nach 1½ Jahren Bauzeit im Januar 2020 in der Kirche St.-Franciscus Xaverius in Amersfoort in Gebrauch genommen.

Das Booklet gibt kurz Auskunft über Idee und Entwicklung des Instrumentes, schweigt sich aber aus über die bauliche Gestaltung. Hier die nötigen Angaben: offene (bis auf die Bassoktave) Pfeifen aus Zypressenholz engerer Mensur (stimmbar mit Schiebern), Principale 8‘, Ottava 4‘, Decimaquinta 2‘, Flauto in ottava 4‘ (weite offene Flöte), Fiffaro 8‘ im Diskant, optional: Flauto 2 2/3‘ und Ripieno 1 1/3‘ + 1‘. Tastenumfang: C-d3, CDE-c3 (bei zwei auswechselbaren Klaviaturen), die Traktur verwendet Metallwellen. Stimmtonhöhe 415 Hz, 440 Hz, 465 Hz, Temperatur ¼ Ton mitteltönig, Winddruck 48 mm (mit zwei handbedienten Bälgen oder einem Motor). Das Gehäuse wurde von Michele Barchi in Italien nach venezianischen Vorbildern aus dem 17. Jahrhundert dekoriert.

Mit seinem Ensemble Le Nuove Musiche hat Krijn Koetsveld sieben Vokalkonzerte aus Monteverdis Sammlung Selva morale e spirituale (1641) eingespielt, bei denen sich die Begleitqualitäten des Instrumentes erweisen, in der Tat mit einem angenehm fülligen wie weichem Klang, echt delikat. Die Orgelstimme wird komplettiert zu einer Continuogruppe mit einer Theorbe sowie Gambe und Violone. Zwei Violinen geben dem fünfstimmigen Vokalsatz einen besonderen Esprit. Vor jedem der Selva-Stücke spielt Krijn Koetsveld Toccaten, ein Capriccio und Canzonen des frühen 17. Jahrhunderts von Froberger, Merula und Frescobaldi, von ihm auch das Recercar con obligo di cantare la quinta parte senza toccarla aus den Fiori musicali (1635). Bis auf den nicht genügenden Booklettext ist die CD eine Darstellung eines neuen Instrumentes auf ganz hohem Niveau, wobei die „Monteverdi-Orgel“ den Charme hat, eine Praxis des 17. Jahrhunderts neu zu beleben.


Rainer Goede für www.orgel-information.de
Januar 2022 / Juni 2022

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Anthoni van Noordt - Complete Organ Music

Interpret: Manuel Tomadin
Instrument: Stellwagen-Orgel Jakobikirche Lübeck
Label: Brilliant

Dies ist nach Odile Bailleux (Stil, 1978) sowie Peter Ouwerkerk und Cees van der Poel (Naxos, 1999) erst die dritte Einspielung des Tabulatuur-Boecks van Psalmen en Fantasyen (Amsterdam 1659) von Anthoni van Noordt (* um 1619; † März 1675), des Organisten der Nieuwe-Zijdskapel (1638 – 1664) und der Nieuwe Kerk (1664 – 1673). Das Tabulaturbuch umfasst zehn mehrversige Psalmen und sechs Fantasien im lebendig gebliebenen wie weiter gewachsenen Stil Sweelincks. Welche Tasten mit der rechten, bzw. der linken Hand oder dem Pedal gegriffen werden sollen, ist darin klar gekennzeichnet. Der Zeitgenosse von Tunder, Froberger und Weckmann – war van Noordt ein Schüler Scheidemanns? - hat bei aller Polyphonie eine flächigere Harmonik gewonnen und stellt auch weiter gehende Ansprüche an das Pedalspiel.

Manuel Tomadin, Organist in Triest, hat sich die bekannte Stellwagen-Orgel in St. Jakobi Lübeck (1637, III/23) für diese Einspielung ausgesucht, sicherlich eine treffende Wahl. Hillebrand hat sie 1978 mit einem zusätzlichen Pedalwerk von 9 Stimmen versehen, bis dahin waren lediglich ein Subbass sowie die Spillpfeife und die Trompete des Hauptwerks auf dem mit einer starren Koppel versehenen Pedal spielbar – was die Ähnlichkeit mit den niederländischen Instrumenten des 17. Jahrhunderts belegt und an die Praxis erinnert, wonach ein Cantus firmus im Tenor oder im Bass zusätzlich im Pedal mit der Trompete registriert werden kann.

Wo van Noordt über Sweelincks Praxis hinausgeht wie in den terzenseligen Trios (z.B. Ps 119, Vers 3 a 3, mit dem ausdrücklichen Hinweis Pedaliter) und den zahlreichen vierstimmigen Sätzen mit z.T. colorierten Solo-Cantus firmus im Diskant ist also die Möglichkeit gegeben, den Bass mit dem Subbass aufzuregistrieren, was Tomadin denn auch zumeist nutzt. Dabei greift er zu Stimmen aus dem Hillebrand-Pedal, was nicht sehr originär klingt. Dass van Noordt noch stark in der Tradition steht, den Bass nur auf dem gekoppelten Pedal zu spielen, beweist z.B. Ps 116, Vers 5, Takt 19, denn da entstehen bei Subbass-Gebrauch durch Stimmenüberschneidung Quart-Sext-Akkorde.

Überhaupt ist Tomadin der Versuchung erlegen, ungewohnte Registrierungen, teils auch unzeitgemäße Lückenregistrierungen, zu ziehen (auch das zusätzliche Pedal legt das ja nahe). Das überrascht und erfreut manchmal klanglich, gelingt aber nicht immer und holt eher den Klangeindruck einer späteren Epoche herbei. Die zwei-, bzw. dreiteiligen Manualiter-Fantasien sind eher fein ziselierte Cembalomusik, massivere Registrierungen mit Principalen oder gar der BW-Cimbel wirken da eher gesucht und aufgesetzt. Dass auch Scheidts Spielanweisung von 1624, den Alt-Cantus firmus im Pedal mit der Trompete 4‘ zu spielen, nicht die allererste Lösung sein muss, ist bei Ps 116, Vers 1, zu hören. Statt einer möglichen Krummhorn-Consort-Registrierung erklingt der Cantus im Tenor auf der Pedal-Trompete, prompt sieht Tomadin sich gezwungen, die Colorierung dieser Stimme in Takt 15 wegzulassen. Oder ist das nur eine der kleinen Ungenauigkeiten, die zu hören sind? Dass zudem einzelne Pfeifen der Orgel sich nicht einbinden wollen in den Gesamtklang, hätte ein Orgelbauer vor der Aufnahme sicherlich korrigieren können und sollen.

Im Booklet (nur engl.) gibt Tomadin eine gute Einführung in die Geschichte um van Noordt. Da der Genfer Psalter in seiner niederländischen Übersetzung nur in den Kirchen der Niederlande bekannt ist, wäre es hilfreich gewesen, wenn die Melodien mit den Texten der ersten Strophen abgedruckt worden wären. Auch dem Booklet fehlte angesichts einiger kleiner Fehler die letzte korrigierende Hand. Insgesamt ist allerdings das Verdienst, das Tabulaturbuch van Noordts endlich wieder einmal eingespielt zu haben, höher zu bewerten als alle hier vorgebrachte Kritik. Möge diese Einspielung dazu anreizen, das Tabulaturbuch wieder öfter auf das Notenpult zu stellen!


Rainer Goede für www.orgel-information.de
Januar 2022 / August 2022

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Camille Saint-Saens - Orgelwerke

Interpret: Michele Savino
Instrument: Welte-Orgel Emmendingen / Forster und Andrews-Orgel Forchheim/Kaiserstuhl
Label: Brilliant

Wer kennt sie nicht, die bis heute nachhaltigen Erfolge des Pariser Organisten und Komponisten Camille Saint-Saëns (1835 - 1921), seine Symphonie Nr. 3 c-Moll (Orgelsinfonie, op. 78, 1886), seine Oper Samson und Delia (1892) und seine „große zoologische Fantasie“ Karneval der Tiere (1886). In seinem umfangreichen kompositorischen Werk nehmen die Orgelkompositionen nur einen Randplatz ein, doch auch hier glänzt Saint-Saëns mit wunderschönen melodischen Einfällen, die ihn von seinen Lehrern Alexander- Pierre Boëly (1785–1858), dem Organisten an der Kirche Saint-Germaine-l’Auxerrois, und von François Benoist (1794–1878), Leiter der Orgelklasse am Pariser Conservatoire, unterscheiden. Saint-Saëns erlangte in den Jahren 1857 bis 1877, in denen er an der Madeleine tätig war, durch seine Improvisationen auf der Cavaille-Coll-Orgel große Berühmtheit. Aus seinen Orgelsolowerken ragen die Fantasie Es-Dur (1857), Praeludium und Fuge Es-Dur op. 99,3 (1894) und der letzte Satz aus seinen Improvisations op. 150 (1917) heraus. Vornehmlich ruhig meditativ sind seine sonstigen Kompositionen gehalten, seine hohe Gestaltungskraft hat sich eher in den zahlreichen Klavier- und Kammermusikwerken, seiner Geistlichen Musik und den sinfonischen Werken offenbart.

Den bereits mehrfach erschienenen Gesamteinspielungen seiner Orgelwerke fügte nun Michele Savino, Kantor und Organist der Kirchengemeinde Nördlicher Kaiserstuhl, seine Version der Werke Saint-Saëns hinzu. Zwei interessante Instrumente seiner Kaiserstühler Umgebung standen ihm hierfür zur Verfügung, die Welte-Orgel (1939, III/47) und die aus Schottland importierte Forster und Andrews-Orgel (1891, II/19) in Forchheim/Kaiserstuhl. Ob die Instrumente einen Vergleich mit Saint-Saëns Cavaille Coll-Orgel der Madeleine standhalten, muss nicht diskutiert werden, als Alternative einer kleineren Akustik bieten sie jedenfalls die Möglichkeit genauer Interpretation. Wäre da nicht die Tontechnik, die ab dem ersten Zartbasston nur noch verzerrte Töne hören lässt. Warum wird so etwas veröffentlicht? Dreimal schade, denn die Instrumente sind sehr interessant, der Komponist ist geschichtlich von großer Bedeutung und der Organist will in seiner interpretatorischen Kunst genossen werden. Eine korrigierte Version sei Brilliant empfohlen.


Rainer Goede für www.orgel-information.de
Januar 2022 / August 2022

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Gdansk Organ Landscape Vol. 1

Interpret: Andzej Mikolaj
Aufnahmeort: Franciscan Holy Trinity Church, Danzig
Label: MDG

Seit 1419 lebten Franziskaner in Danzig, 1431 begannen sie ihren Chor (Länge 30 m, Breite 11,60 m, Höhe. 23 m) und 1480 das Langhaus (Länge 51 m, Breite 29 m, Höhe 23 m) zu bauen, 1514 war die Kirche fertig. 1555 verließ der letzte Franziskaner das Kloster, dessen Gebäude nun als renommiertes Akademisches Gymnasium dienten. Im 17. Jahrhundert erlebte Danzig eine Blütezeit, war mit ca. 77.000 Einwohnern eine der größten und reichsten Städte Europas. Die Religionsfreiheit in Danzig führte dazu, dass hier Menschen aus fast allen europäischen Nationen lebten und arbeiteten.

Merten Friese – von ihm ist auch der Prospekt, der seit 1979 in der Marienkirche steht, erhalten - erbaute auf dem Lettner zwischen Chor und Langhaus (Lektionar) von 1616 bis1618 eine Orgel (III/37) im bekannten friesischen manieristischen Stil. Tobias Lehmann († 1707) vergrößerte 1704 den Manualumfang auf CDE-c3 und ergänzte ein großes Pedalwerk an der Stirnwand des rechten Seitenschiffes (CD-d1). 1757 arbeitete Andreas Hildebrandts Nachfolger Rudolph Dalitz (1721 – 1804) – er stellte 1793 die Orgel der Klosterkirche Oliva (III/81) fertig - an der Orgel und erweiterte sie auf III/41. Dieses Werk überstand die Umnutzung der Kirche als Krankenhaus und Bekleidungsmagazin in der Franzosenzeit und wurde schließlich 1914 ersetzt, das Gehäuse 1943 evakuiert. 1945 kehrten die Franziskaner nach Danzig in ihre alte Kirche zurück. Die Klostergebäude beherbergen weiterhin das Nationalmuseum. Seit 2013 wurde die Kirche und ihre Ausstattung renoviert, 2008 bis 2018 wurden das historische Gehäuse und das auf den Stand von 1757 rekonstruierte Orgelwerk (III/45) durch Kristian Wegscheider zusammen mit dem Orgelbauer Szymon Januszkiewic wieder aufgebaut.

Der verantwortlich Sachverständige und Spezialist für Danziger und polnische Barockmusik Andrzej Mikolaj Szadejko hat nun eine erste CD dort eingespielt mit Werken aus der Danziger Tabulatur, Sweelinck (Poolsche Dans) und Frescobaldi. Froberger, Kerll und Muffat vertreten den Zustand der Merten Friese-Orgel, Buxtehude (Magnificat primi toni, BuxWV 203), Bach (Praeludium und Fuge a-Moll, BWV 561!) und eine auf Bach rekurrierende Passcaglia Szadejkos den Zustand der Tobias Lehmann-Orgel. Der Klang der „Wie ein Phönix aus der Asche“ (so der Untertitel dieser Einspielung) wiedererstandenen Orgel ist beeindruckend barock, mit herrlichen Labialen und Zungenstimmen und einem ansprechenden Plenum. Szadejko spielt mit gekonntem Zugriff, manchmal mit etwas sehr raschen Tempi, wogegen die zu langsamen Tempi der Schola, Ltg. Adam Diesner, bei Buxtehudes Magnificat stehen.

Die hervorragende Aufnahmetechnik durch MDGs Tonmeister Friedrich Wilhelm Rödding macht zusammen mit Wegscheiders handwerklichem Können und Szadejkos wegweisenden Untersuchungen sowie seiner überragenden Spieltechnik diese Aufnahme zu einer Ausnahme-CD!


Rainer Goede für www.orgel-information.de
Januar 2022 / August 2022

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Weihnachten. Christmas

Komponist: Nietzsche, Friedrich
Herausgeber: Otto Depenheuer
Verlag: Dohr


Weihnachten: der große Schöpfergott wird ganz klein und kommt als hilfloses Kind alle Jahre wieder in unsere Niederungen und Wirrungen. Was verbinden wir mit Weihnachten?  Party? Idylle? Engführung im Sinne von romantischem Rückzug und Einsamkeit? Nach Nietzsches eigenen Worten erscheint mir hier ein Zitat dazu aufschluss- und hilfreich:
Die größten Ereignisse, das sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.

Vier Sätze aus dem Entwurf eines Weihnachtsoratoriums sind hier veröffentlicht.
Im wiegenden f-Moll beginnt die Einleitung, etwas in der Stimmung von Hindernissen und Widerwärtigkeiten. Ich fühle mich an „Maria durch ein Dornwald ging“ erinnert. Das Adagio-Interludium könnte man als eine Art Verfremdung über „Zu Bethlehem geboren“ sehen. Ges-Dur, 5 Mal b ist dabei nicht jedermanns Sache. Da bringt „Hirtenchor“ willkommene Entspannung durch die Tonart F-Dur. Der IV. Satz ist in A-Dur und lautet „Monodie à deux (Lob der Barmherzigkeit).

Es lohnt sich, zu diesem Jugendwerk Nietzsches auch seine biografischen Risse zu betrachten. So schlug dessen frühere Leidenschaft zu Richard Wagner später in totale Ablehnung und rigorose Gegnerschaft um.

Fazit: Trotzdem bleiben es Miniaturen eines kompositorisch talentierten Jugendlichen, die einen Nietzsche zeigt, der zu diesem Zeitpunkt noch ganz „bei sich“ ist, um nur wenig später als „Verzweifelter“ zu einem der größten und radikalsten Philosophen zu werden, den die Welt je gesehen hat.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / August 2022

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Prelude - Prière - Final - Drei Sätze aus dem Weihnachtsoratorium op. 12

Komponist: Camille Saint-Saens
Herausgeber: Otto Depenheuer
Verlag: Dohr


Schade, dass es nicht eine komplette Ausgabe davon gibt, denn ich persönlich vermisse „Benedictus qui venit“ u.a.
Immerhin gibt es somit ein „Stück“werk aus Nr. 1, 7, 10. Hierzu stehen die Namen: Prelude (1): Arr. Otto Depenheuer, (7) Prière („Tecum Principium“) Arr. Joseph Permann (10) Final („Tollite Hostias“) Arr. Eugenè Gigout.

Das Weihnachtsoratorium entstand Ende der 1850er-Jahre, wurde aber erst am 15.12.1869 in der Kirche St. Madeleine Paris uraufgeführt. Noch 1869 erschien das Werk von Camille Saint-Saens als Opus 12 bei Durand (Paris) im Druck. Nicht alles davon  ist einfach auf die Orgel übertragbar. Die Effekte der Harfe in (7) klingen sicher auch auf dem Flügel interessant. (Eventuell besser).  Für den Final-Satz (10) ist eine opulente grund- und zungenstimmenreiche Orgel ein Muss.

Fazit: atmosphärische Musik für Weihnachtsstimmung pur in Gottesdiensten und Konzerten.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / August 2022

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Improvisationen über das Gedicht "Musik"

Komponist: Johann Gottfried Töpfer
Herausgeber: Otto Depenheuer
Verlag: Dohr


J. G. Töpfer (1791-1870) war Orgelbautheoretiker, OSV, Organist, Lehrer und Komponist. 1830 wurde er Organist der Stadtkirche St. Peter und Paul zu Weimar, eine Stelle, die er trotz Unzufriedenheit bis zu seinem Tode bekleidete. Töpfer genoss hohes Ansehen als Virtuose und OSV. Er hinterließ mehr als 400 Kompositionen, das meiste davon für die Orgel. Während seine Veröffentlichungen zum Orgelbau noch heute von Bedeutung sind, sind seine Kompositionen weitgehend vergessen.  Deswegen bietet diese Ausgabe eine willkommene Gelegenheit, sich wieder mit diesem Komponisten zu befassen.

Das Thema (Andante) komponierte I. K. H. Maria Powlowna, Großherzogin von Sachsen-Weimar. Dieses erklingt zunächst in Tonart Es-Dur „dolce“ und steigert sich dann virtuos bis zum „ff“. Über die Entstehungsgeschichte informiert sehr ausführlich das Vorwort (bereits August 2012 Bonn). Fazit: Musik, aus Ihrer Epoche heraus, die es wert ist, wieder gespielt zu werden.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / August 2022

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Triptychon

Interpretin: Iveta Apkalna
Instrument: Klais-/Schuke-Orgel der Konzertkirche Neubrandenburg
Label: BC


Die Orgel der 1945 zerstörten und bis 2001 als Konzertsaal wieder aufgebauten Stadtkirche St. Marien wurde von Günther Weber (Weber Maschinenbau GmbH) gestiftet. Die Orgel (IV/70) wurde zum 70. Geburtstag des Unternehmers 2017 fertiggestellt und von der Residenzorganistin Iveta Apkalna eingeweiht. Unter Mitwirkung des Architekten Pekka Salminen entstand der Prospekt, deren Pfeifen ein W nachstellten. Darüber befinden sich Edelstahlröhren, eine Reminiszenz an die Maschinenbautätigkeit des Stifters, der 2 Millionen € zur Verfügung stellte. Den Bühnenspieltisch stiftete der Freundeskreis Neubrandenburger Philharmonie/Marienkirche e. V..
Haupt- und Schwellwerk werden mechanisch angesteuert, alle anderen Laden elektrisch, was den Bau von Pfeifenreihen erlaubt, aus denen verschiedene Register ausgezogen werden können, das erklärt die hohe Registerzahl. Eine Bauzeichnung liegt dem Booklet bei, bei dem aber das Positivwerk nicht eingezeichnet ist. Natürlich ist die neueste digitale Ausstattung verbaut. Bis die Setzeranlage mit 100.000 Kombinationen vollständig ausgenutzt sein wird, wird dieses Jahrhundert wohl wieder zu Ende sein – wenn die Elektronik nicht zuvor ausgewechselt werden muss.

Die technisches Ausstattung ist natürlich nur die Voraussetzung für das Wichtigste eines Instrumentes, für seinen Klang, den Apkalna mit einem potenzierten Triptychon vorführt (jeweils 3 Werke pro Komponist pro CD), ein überzeugendes Programmkonzept mit Werken des führenden lettischen Komponisten Peteris Vasks (*1946). Hymnus (Hymne an den Frühling), Balta sinava (Weiße Landschaft) und Musica seria (ein Portrait der baltischen Revolution 1989/90) verströmen baltische Gefühligkeiten, wie sie prägnanter nicht sein könnten. Vor allem Balta sinava (1980) hat damals diesen Stil mitgeprägt, den dann Arvo Pärt im Westen so populär machte. Bedrängend dann Musica seria, phantastisch, wie der Komponist die Situation damals in Töne zu fassen verstand. Weniger fassbar bleibt Hymnus (1919), den man deswegen öfter höre sollte.

Am wenigsten kann die Orgel bei Bachs Werken überzeugen (C-Dur-Toccata, d.Moll-Triosonate und Schübler-Choräle). Das Pedal-Plenum besitzt keine überzeugende Barock-Mixtur, die Pedalstimme in der Triosonate ist schlichtweg zu füllig und obertonarm. Die Grundregister sind zu dominierend, der Werkcharakter nicht ausgeprägt. So eine symphonische Orgel strebt eben nicht nach barocker klarer Zeichnung, welchen Eindruck Apkalna durch meist flächige Artikulation anstelle kontrastierender Klangrede noch steigert.

Ganz in ihrem Element sind aber Orgel und Interpretin bei den Werken von Franz Liszt (B-A-C-H, Nun danket alle Gott, Ad nos ad salutarem undam), denen die vielfältigen starken Grundstimmen richtig gut tun. Vor lauter Begeisterung geht Apkalna auch manchmal an die Grenzen der Schnelligkeit, was die Orgel aber durchaus mitmacht, zumal die Akustik nur einen begrenzten Nachhall liefert. Die Orgel bringt dabei alle dynamischen Stufen bis hin zu einem Pianissimo, das fasziniert. Ein Lob gebührt auch der Tontechnik, die ein absolut klares Klangbild liefert. Diese CD hört man deshalb ebenfalls gerne zweimal – oder noch öfter.

Das Booklet bringt Texte von Clemens Matuschek, Apkalna und den OBM Martin Schwarz und Phlipp Klais sowie die Disposition samt den 12 Koppeln. Die fünfteilige Hülle ist allerdings mehr als unpraktisch, wenn man das auf der letzten Seite eingeklebte Booklet lesen will, auf der vierten Seite außen wäre es maximal besser aufgehoben gewesen. Sicherlich ist die CD ein gelungenes Portrait der neuen Neubrandenburger Orgel, die viele klangliche Farben überzeugend bietet, die Bebilderung kennt nur ein Motiv, mehrere wären mehr gewesen.


Rainer Goede für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / August 2022

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Wendelin Knauschner - Orgelwerke

Herausgeber: Andreas Willscher / Walter F. Zielke
Verlag: Albis Music


Wer spätromantische deutsche Orgelmusik nur auf Reger dezimiert, der irrt. So richtet sich diese Ausgabe auf die Region Böhmen und Mähren, wobei der Prager-Orgelschule eine besondere Funktion zufällt. Das auführliche Vorwort informiert hier über weitere interessante Querverbindungen.
Wendelin Knauschner wurde im Jahre 1917 als Chordirektor nach Marienbad berufen, wo er hauptsächlich auf dem Gebiete der Kirchenmusik wirkte. Von großem historischen Wert ist die Dispositon der Müller-Orgel in der kath. Kirche Mariä-Himmelfahrt Marienbad. Der Erbauer Christof (auch: Christoph) Müller (1846-1924) erlangte in Marienbad (Marianské Lásne) Bedeutung mit seiner größten Orgel (1909/III/42), die ihn jedoch wirtschaftlich ruinierte. Jedes der drei Manuale basiert auf einem 16´, das Pedal ist durch Untersatz 32´ für Tiefenwirkung akzentuiert. Die Zungenstimmen sind, verteilt auf die einzelnen Werke, Trompete 8´, Clarinette 8´, Hoboe 8´, Posaune 16´. Oktavkoppeln und Register-Crescendo gehören zum röhrenpneumatischen System dazu. Hervorragend hierzu sind ergänzend die Detailfotos des Orgelprospektes (im „neobyzantischer Historismus-Style“) und des freistehenden Orgelspieltisches. Die Orgel ist im Originalzustand erhalten und beeindruckt, trotz des äußerst schlechten Gesamtzustandes, mit ihrer klanglichen Bandbreite in der großartigen Akustik des Oktogonbaues.

Kommen wir zu den einzelnen Werken. Die dreisätzige Fantasie-Sonate hält sich mit Liedzitaten (Vom Himmel hoch, Quem pastores laudavere) an die Weihnachtszeit. Jeder Interpret sollte auf Überraschungs-Modulationen stets gewappnet sein, wobei ein dichter Satz zusätzlich bewältigt werden muss. Neben dem Eingangssatz Allegro maestoso wird in Folge II (Wir beten an!) die Tonart As-Dur angesteuert, um im III. Satz in einer Fuge zu enden. Diese beginnt zunächts in f-Moll um dann doch mit dem Choralmotiv „Herr Gott, dich loben alle wir“ im Pleno gesteigert zu endigen. Hierzu gibt es zwei Schlussfassungen: Version 1 mit knappen 4 Takten und die erweiterte Version 2 mit 9 Takten.
Zu Präludium & Fuge über B-A-C-H sei das Vorwort zitiert: Es ist kein effekt-hascherisches Virtuosenstück, sondern eine verinnerlichte Lento-Introduktion für die folgende filigrane Fuge. Wer meinte, nach Fugen von Schumann, Liszt, Reger und Karg-Elert über das B-A-C-H Thema alle Variationen zu kennen, wird in der meisterlichen Fuge eines Besseren belehrt – beste Hochromantik auf dem Wege zum Impressionismus. Soweit die Ausführungen.
Zum „Gebet“ (Graduale) für Posaune Solo mit Orgelbegleitung findet sich ein Stimmeneinleger für Posaune und Horn in F. Dieses ausdrucksstarke Stück ist Musikdirektor Hugo Steidl gewidmet.

Fazit: Auch neben den bereits bekannten Orgeltitanen und Übergrößen wie Reger + Co. lässt sich noch erstaunliches Repertoire finden. Diese Notenpublikationen ist der beste Beweis dafür. Großer Dank an die beiden Herausgeber gleichermaßen.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
November 2021 / Juli 2022

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Quatre pièces d´entrée pour orgue ou harmonium

Komponist: Julien Perigord (1891-1914)
Verlag: Albis Music


Cavaillé-Coll Orgeln gibt´s doch eigentlich fast nur in Frankreich? Mitnichten! Und so denke ich gerne an das Benefiz-Konzert mit dem Titel „Rendezvous Francais“ am 23.06.2019 in St. Bernhard Mainz-Bretzenheim zurück. Die Disposition samt spannender Historie findet sich hier: https://de.wikipedia.org/wiki/St._Bernhard_(Mainz).

Eine weitere Cavaille-Coll-Orgel, die ich in meinen jugendlichen Jahren spielen durfte, steht in Eglise Ste. Eugenie in Biarritz. Leider sind diese beiden Instrumente die Ausnahme für mich geblieben. Sicher haben damals fehlende Französisch-Kenntnisse weitere solcher Orgelentdeckungen nicht unbedingt erleichtert.

Umso mehr freut mich diese Notenausgabe. Und wie könnte es anders sein: im Vorwort wird auf ein weiteres Cavaillé-Coll-Instrument hingewiesen. Es befindet sich im barocken Prospekt der Vorgängerorgel (Lefebvre 1738 aus Rouen) in der Abteikirche St-Étienne de Caen. Kein Geringerer als Alexander Guilmant (1837-1911) spielte in Anwesenheit des Erbauers Cavaillé-Coll am 3. März 1885 das Einweihungskonzert.
Caen wurde im Zweiten Weltkrieg zwar schwer beschädigt, wie ein Wunder wurde jedoch die Abtei St. Étienne gerettet. Unsere Zeitreise geht von da aus noch etwas zurück und so lassen wir das Vorwort auf uns wirken: In Gedenkten an die unzähligen Musiker, die sehr jung ihr Leben im 1. Weltkrieg hergeben mussten, entstanden diese vier Orgelstücke im französisch-spätromantischen Stil. Hierbei ist Julien Perigord (1891-1914) ein Pseudonym („nom de plume“) für den Herausgeber Walter F. Zielke.  

Zielke liefert in Personalunion als Herausgeber und Komponist zugleich vier spannende Titel in einer mustergültigen Ausgabe. Und einfach so vom Blatt spielen ist nicht. Dazu sind viel zu viele Nuancen in Dynamik und Registrierung sorgsam zu testen und auszuloten. Taktwechsel und Modulationen wollen auch gut vorbereitet und spannungsreich interpretiert werden. Zudem sollte die Linke Hand grifftechnisch Duodezimen-Intervalle (beim Manualiter-Spiel, bzw. Vortrag auf dem Harmonium) meistern können. Ein 16´ im Manual ist ein Muss. Der Zungenreichtum von französisch-sinfonischen Instrumenten im Stile eines Cavaillé-Coll und eines Charles Mutin u.a.ist auch hier mit Registervorschriften konkretisiert und somit finden sich spezifische Angaben wie: Hautbois, Clairon, Bombarde. Für dynamische Übergänge kann ein Schweller ebenfalls niemals schaden. Aufgrund der süffigen und satten Charakteristik der Stücke ist vom Vortrag auf neobarocken Instrumenten somit völlig abzuraten. Schrille Mixturen wären hier nämlich Gift für das Ohr. Vielleicht darf man den Vergleich bemühen, es würde in etwa „wie Chopin auf dem Cembalo“ klingen. Bei nicht vorhandenem 16´ im Manual probiere man gerne ersatzweise (soweit natürlich vorhanden!) die Wirkung von Sub-Koppeln.

Fazit: Mit diesem Notenheft ist weiteres Repertoire mit gottesdienstbezogenen Titeln verfügbar. Dadurch wird es nicht nur für frankophile Liebhaber/innen zu einem höchstwillkommenen praxistauglichen „Vademecum“ in der Stilistik von Guilmant, Dubois, Vierne u.a. Sphärische und emotionsgeladene Passagen machen diese Notenausgabe zu einem idealen Partner in Gottesdiensten und Konzerten.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
November 2021 / Juni 2022

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Orgelbauer früher
in der Krummhörn und anderswo

Autorin: Karin Bockelmann
Verlag: Buchwerkstatt Hage


Ach, wie schön wäre es, wenn man in der Zeit zurückreisen und der ein oder anderen Persönlichkeit über die Schulter schauen könnte. Zum Beispiel Arp Schnitger. Oder dem Orgelbauer Johann Friedrich Constabel. Was könnte man alles erfahren, lernen und letztendlich verstehen. Wie reiste man vor Hunderten von Jahren? Mit welchem Werkzeug arbeiteten die Orgelbauer früher? Welche politischen Schwierigkeiten taten sich zur damaligen Zeit auf?
Ach, wie schön wäre es, wenn man in der Zeit zurückreisen könnte.

Das dachte sich wohl auch die orgelbegeisterte Karin Bockelmann, die jahrelang in Ostfriesland den Krummhörner Orgelfrühling unterstützte, mit Orgelbauern engen Kontakt hatte und ihnen bei der Arbeit zuschauen konnte. Und so setzte sie sich hin und schrieb ein Buch, das wohl die vergangene Orgelwelt auf eine einzigartige Weise verdeutlicht.

In fiktiven Briefen erfährt der Leser von dem Schaffen und Wirken der Orgelbauer im 17. Jahrhundert, ihren Sorgen, Nöten und Freuden. Details zu verschiedenen Orgeln Ostfrieslands und Beiträge von Jürgen Ahrend und Hartmut Schaudinn ergänzen das Buch, welches wohl jedem Orgelfreund ein vergnüglicher Leseschmaus sein wird.

An einigen Stellen war das Lektorat des Verlages nicht ganz aufmerksam. Aber das stört den Gesamteindruck nur geringfügig. Die Schrift ist sehr augenfreundlich, der Einband stabil und die Bilder runden das Druckbild an mancher Stelle positiv ab.

Wer sich für die Orgelwelt Ostfrieslands oder das Leben und Arbeiten in vergangenen Jahrhunderten interessiert, wird an diesem Buch viel Freude haben.


Daniel Kunert www.orgel-information.de
Juni 2022

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From Jewish Life

Herausgeber: Bella Kalinowska, Semjon Kalinowsky
Verlag: Bärenreiter


Bearbeitungen für Viola (Violoncello) und Orgel

Die jüdische liturgische Musik in Europa erlebte gegen Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts ihre erste Blütezeit. Es ist klangvolle Musik der Spät(est)Romantik mit einer faszinierenden Vielfalt, in der Geistliches und Weltliches, Religion und Alltagsleben des jüdischen Volkes miteinander verschmelzen. Immer geht es um wenig bekannte, trotzdem aber um wertvolle Literatur für Gottesdienst, Andacht, Konzert, die auch gut von Laienmusikern zu bewältigen ist. Ein sehr dankbarer Zyklus ist hier besonders „Sechs israelische Melodien“ von Joachim Stutschewsky: 1. Legende 2. Regentropfen 3. Du, die Erde 4. Orientalische Melodie 5. Gebet 6. Lied eines Wanderes.
Besonders kennzeichnend sind die dabei überwiegend getragenen Tempi wie z.B.: Molto Tranquillo, Largo, Lent, Adagio, Adagio molto.

Im Vorwort kommt ein Könner und Kenner zum Zuge: Dr. Achim Seip. Auf den lesenswerten Artikel „Die Orgel in der Synagoge – ein vergessenes Kapitel in der Musikgeschichte“ (orgel international 1999/1) sei deshalb hier unbedingt hingewiesen.

Das aus der Ukraine stammende und seit 1991 erfolgreich in Europa und Israel konzertierende Künstlerehepaar Bella Kalinowska und Semjon Kalinowsky (Internettreffer: Duo Kalinowsky, Lübeck) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Musik von zu Unrecht der Vergessenheit anheimgefallenen Komponisten neu zu beleben. Durch die Bearbeitung der Werke für Viola (Violoncello) und Orgel und durch diese Veröffentlichung wird das Repertoire um wertvolle Musik erweitert.

Prädikat: Sehr empfehlenswert!


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Juni 2022

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Zieh alle Register

Autorin/Herausgeberin: Ulrike Theresia Wegele
Verlag: Doblinger

Ulrike Theresia Wegele hat mit Ihrer Orgelschule „mit Hand und Fuß“ in drei Bänden und drei Spielbüchern mit Noten zum Üben und Weiterentwickeln ein insgesamt sechsbändiges Konvolut vorgelegt (das dritte Spielbuch soll laut Doblinger 2022 erscheinen).

Hier geht es um das Spielbuch II – „Zieh alle Register“, leichte bis mittelschwere Stücke für Orgel solo und Orgel-Kammermusik. Der Band umfasst 119 Seiten.

Das zweite Spielbuch der Orgelschule trägt den Titel „Zieh alle Register“ – allerdings gibt es sehr wenige Stücke, in denen dieser Titel wirklich umzusetzen ist. Der Band umfasst ein Sammelsurium von 51 Stücken die eher leicht auszuführen sind. Von diesen 51 Stücken sind fünf kammermusikalisch auszuführen (Bach (2) / Händel (2) / Rheinberger (1)), ein Werk ist für Orgel vierhändig und drei für Pedal solo. Für die „kammermusikalisch“ zu musizierenden Stücke liegen Einzelstimmen bei. Von den restlichen Stücken sind die meisten pedaliter, einige rein manualiter auszuführen. Dabei sind in diesem Band etwas weniger als ein drittel der abgedruckten Kompositionen von Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts – einige Werke, nach Aussage der Autorin, extra für diese Schule komponiert. Wegele selber steuert ein Pedal-Solo-Stück bei. Im Vorwort, dass die Autorin selbst geschrieben hat, weist Sie darauf hin, dass die meisten Stücke nach Abschluss des Band zwei ausführbar sind, einige auch schon während der Arbeit mit dem Band. Die Stücke wären dann sowohl für die Darbietung im Gottesdienst als auch im Konzert geeignet. Für „geübte“ Organisten wäre dieses Spielbuch eine Sammlung von Stücken, die ohne Vorbereitungszeit zur Verfügung wären. Das mag zwar bei den manualiter oder bekannten, barocken, romantischen Stücken der Fall sein, aber bei den meisten zeitgenössischen Stücken wird diese Aussage in dieser Form doch in Frage gestellt.

Ob sich die Stücke für Konzerte eignen – für ein Vorspiel der Schüler, die mit dieser Schule das Orgelspiel erlernen (Kinder / Jugendliche / Erwachsene) trifft das sicherlich zu - aber ob ein „geübter“ Organist Werke aus diesem Spielband im Konzert darbietet, wird ebenso in Frage gestellt.

Ein System (Steigerung der Schwierigkeit etc.) ist in der Sammlung nicht wirklich nachvollziehbar. Insofern erschließt sich die Auswahl der Stücke nicht direkt – auch der Sinn der kammermusikalisch zu musizierenden Stücke (Bach: Wachet auf, Bereite Dich, Zion; Händel / Rheinberger) in dieser Schule kann hinterfragt werden, denn nicht jede Orgelschülerin/jeder Orgelschüler hat die Möglichkeit (privat/ Gemeinde) die Möglichkeit mit anderen Musikern zu musizieren, bzw. traut sich das zu. Die drei Pedal-Solo-Stücke sind technisch nicht einfach – es fehlt aber eine Hinführung (technisch) zu diesen Stücken, da die pedaliter auszuführenden Stücke eher sehr einfach gehalten sind und weit entfernt von den Ansprüchen der Pedal-Solo-Stücken. Ob sich allerdings diese aufgeworfenen Punkte aus den Bänden der Schule erklären, kann hier nicht nachgeforscht werden, da die entsprechenden Bände nicht vorliegen.

Bedauerlich in dem Spielband ist, dass bei den mehrseitigen Stücken nicht auf Blätterstellen geachtet wurde – so müssen die meisten der Stücke zurechtkopiert werden, oder es muss jemand dabei sein, der blättert – hier hätte man in einer Orgelschule etwas sensibler mit dieser Herausforderung umgehen können. Das Druckbild und die Lesbarkeit des Notentextes ist gut. Anweisungen (Registrierungen etc.) sind, genauso wie das Vorwort in Deutsch, Französisch und Englisch abgedruckt. Beim Vorwort hätte der Verlag gut daran getan, nicht für jede Übersetzung eine eigene Seite nehmen – bei geschickter Handhabung, hätte man alle drei Vorwort-Fassungen auf eine Seite bzw. eine Vorder/Rückseite stellen können und dem dann direkt die kurze, ebenfalls dreisprachig vorhandene Vita anhängen können.

Fazit: Der Spielband „Zieh alle Register“ mag in Verbindung mit dem zweiten Band der Orgelschule Sinn machen und eine gute, hilfreiche Ergänzung für den angehenden Organisten sein, für den geübten Organisten allerdings ist er kein Sammelband, der von Interesse ist, auch wenn er zu neunzig Prozent ohne üben darzustellen ist. Ob die Stücke für den geübten Organisten für die Gestaltung eines Konzertes (oder Füllen eines Konzertprogramms) interessant sind, wird hinterfragt.

Aus diesem Grund gibt es für diesen Band keine wirkliche Kaufempfehlung – es sei denn in Verbindung mit der Orgelschule. Allerdings gibt es auf dem Markt sehr viele Orgelschulen, so dass jeder Lehrer oder jeder angehende Schüler für sich herausfinden muss, ob gerade diese Orgelschule die richtige für ihn ist.

Ingo Hoesch für www.orgel-information.de
November 2021 / Juni 2022

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Berlin!

Interpret: Andreas Sieling
Instrument: Sauer-Orgel Berliner Dom
Label: MDG

Wie turbulent und rasant entwickelte sich Berlin um 1870 vom kleinen Provinznest zur Weltmetropole. Analog ging es mit Kunst und Kultur steil bergauf, und auf einem solchen Zenit im Industriezeitalter konnte Wilhelm Sauer sein gewaltiges opus maximum errichten, das am 27.Februar 1905 zeitgleich gemeinsam mit dem Berliner Dom geweiht wurde. Domorganist Andreas Sieling hat aus dieser überaus bewegten Epoche exklusive Berliner Orgelmusik zusammengetragen, darunter befinden sich sogar einige Erstaufnahmen. Zudem gibt es eine eher unkonventionelle Zugabe, die allerdings berlinerischer nicht sein könnte.

Als Erneuerer der Orgelmusik darf hier Felix Mendelssohn keinesfalls fehlen. Somit bilden die Drei Präludien und Fugen op. 37 des Ur-Berliners als älteste Beispiele auf dieser liebevoll produzierten SuperAudioCD markante Höhepunkte. Orgelunterricht erhielt Mendelssohn beim Marienorganisten August Wilhelm Bach, der wie kein anderer die Berliner Kirchenmusik jahrzehntelang prägte. Auch Otto Dienel lernte bei ihm und trat die Nachfolge seines Lehrers in der Marienkirche an. Für seine populären Orgelvorträge zur Mittagszeit kombinierte er elegant klassische Formen bekannter Choralbearbeitungen mit neuartigen Klängen.
Franz Wagner, August Haupt und Philipp Rüfer dürften selbst Insidern heute kaum mehr bekannt sein, obwohl alle drei zu Lebzeiten sehr erfolgreich waren. Haupts Konzertfuge in C-Dur, hier erstmals eingespielt, kursierte in Schülerkreisen als Abschrift unter der Hand, bis der ehemalige Schüler Clarence Eddy  in den USA eine Edition besorgte. Rüfer war als Lehrer für Klavier und Komposition sehr gefragt; Karl Straube, Heinrich Reimann und Albert Becker gehörten zu seinen Schülern.

Das Referenzinstrument: Andreas Sieling kann an „seiner“ Sauer Orgel aus dem Vollen schöpfen: 113 Register auf 4 Manualen und Pedal ermöglichen ein reichhaltiges Farbenspektrum sondergleichen. Die originelle Disposition findet sich im Booklet auf Seite 26 bis 27. Darunter unter Nr. 66 Glockenspiel, Nr.  84 Principal 32´, Nr. 85 Untersatz 32´.  Nr. 104 Contraposaune 32´. Nein eine Pedalmixtur sucht man vergebens. Wozu auch? Dafür finden sich: Nr. 100 Terz 3 1/5´, Nr. 102 Septime 2 2/7´.
Die sensibel justierte röhrenpneumatische Traktur erlaubt virtuoses Spiel selbst bei vollgriffigen Akkorden. Dabei bringt der süffig, samtig-volle Klang des meisterhaften Instruments jeweils die Qualität der Kompositionen besonders gut zur Geltung – am besten natürlich in echten drei Dimensionen der 2+2+2-Wiedergabe. Wuchtige Klangflächen mit niemals penetranten Höhen oder Schärfen. Pures Hörvergnügen vom ersten bis zum letzten Ton.

Ja und dann ist da noch die originelle und schmissige Zugabe (Bonustrack). Paul Lincke lässt hier grüßen. Näheres zum Interpreten, der seit 2005 Berliner Domorganist ist, findet sich unter: www.organist.de

Fazit: eine tolle CD, die man sich gerne wiederholt gönnt.


Christoph Brückner für www.orgel-information.de
November 2021 / Juni 2022

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Orgelpunkt

Interpret: Eckhard Manz
Instrument: Rieger-Orgel St. Martin Kassel
Label: MDG

Mit einem Programm rund um das Pfingstfest stellt Hausorganist Eckhard Manz seine Rieger-Orgeln vor: Hauptorgel (2017, IV/77) und Experimentalorgel (2021, II/8). Dass in St. Martin Kassel eine besondere Orgel Aufmerksamkeit erregen soll, ist geschichtlich bedingt. Die technischen Voraussetzungen für besondere Orgelmusik sind: 

  • Das Schwellwerk II ist in 24 Töne pro Oktave geteilt, vier Register in diesem Manual sind vierteltönig ausgebaut.
  • Die Orgel verfügt über Zusatzregister: Tremulanten, Stahlklänge, Glocken und Windharfe
  • Die Hauptorgel verfügt über vier schwellbare Werke: Positiv, Schwellwerk I, Schwellwerk II und Kleinpedal
  • Die Hauptorgel verfügt über 9 unabhängig voneinander zu steuernde Windsysteme: Hauptwerk, Positiv, Schwellwerk I, Schwellwerk II, Pedal, gesamte Hauptorgel, dazu gesamtes Modul, 1. Manual und 2. Manual im Modul unabhängig voneinander.
  • Der Winddruck in jedem Werk ist frei bestimmbar zwischen 0 – 150 mm WS
  • Die Traktur des Schwellwerks I ist frei einstellbar zwischen Normal- und Drehventil
  • Einbau von Drehventilen auch in der Experimentalorgel, sie erlauben ein druckpunktloses Spiel und ermöglichen eine stufenlos lineare Windmengensteuerung zu jeder Pfeife

Mit Bachs Pfingstchorälen aus den Leipziger Chorälen (1847) rahmt Manz sein Programm, dessen Schwerpunkt die Pfingstmesse von Messiaen (1951) bildet. Die Kompositionen alter Meister stammen von Böhm, Hieronymus Praetorius, Grigny und Cabezon und erscheinen als retardierende Momente, bis es zur Premiere der Arbeiten von Caspar Johannes Walter, Gitbi Kwon, Anna Sowa, Mauricio Silva Orendain und Samuel Cook für die Experimentalorgel geht. Otmar Büsings Fantasie „Der Wind nur drüber wehet“ (2020) war schon auf Bachs Fantasia BWV 651 gefolgt.

Genießt man bei Bachs Fantasia vor allem die herrliche Bassstimme, so gelingt Manz mit Messiaens Pfingstmesse eine beeindruckende Leistung. Für den Hörer wäre es gut, er könnte sich Messiaens erklärende Texte zur Pfingstmesse, zu umfangreich für das Booklet, zuvor durchlesen, sie sind im Internet problemlos zu bekommen. Messiaens Pfingstmesse ist trotz seiner fünfteiligen Anlage ein geschlossenes Werk, die ungeheure Kraft dieser Jahrhundert-Komposition teilt sich dem Hörer sofort mit. Nur die Akustik der Kasseler Bischofskirche ist einfach zu trocken und diesseitig. Die Raffinessen der neuen Orgeltechnik kann Manz bei den Werken der fünf Basler Tonsetzer auskosten. Nun sind wechselnde Windmengen seit Ligetis Volumina (1962) nichts Neues mehr, nur waren sie damals noch nicht so detailliert steuerbar. Auch ein herkömmlich virtuoses Spiel ist nicht möglich, wenn bereits die Steuerung einer Taste alle Aufmerksamkeit kostet. So schreiben die fünf also wechselnd wabernde Klangflächen, die allerdings interessant klingen. Es wird noch lange dauern, bis sich die Hörer daran gewöhnt haben, die Unterschiede von solchen Klangflächen herauszuhören und ihren langsamen Wechsel zu goutieren.

Rainer Goede für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Juni 2022

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Andreas Willscher
Tierkompositionen und Hommage an Beethoven


Interpret: Jürgen Rieger
Instrument: Orgel der Stadtkirche Dillenburg
Label: Querstand

Der Hamburger Organist Andreas Willscher ist auch ein fleißiger Komponist, Unterhaltendes wie manchmal auch Nachdenkliches hat seine Feder verlassen. Jürgen Rieger, seit 1998 als freischaffender Künstler tätig, spielt an der Orgel der ev. Stadtkirche Dillenburg (Oberlinger 1990 / Förster & Nicolaus 2016, III/44) vier Zyklen seiner Tierminiaturen (Aquarium 2008, Insektarium 2005, Vogelarium 2011, Terrarium 2015) sowie „My Beethoven – Rag für Orgel“, Stücklein, die durchaus spielerisches Können verlangen. Die Mini-Piécen lassen meist schnell auf die im Titel genannten Tierlein rückschließen, so eignen sie sich sehr für Orgelkonzerte für Kinder. Aber nicht alles ist so ganz einfach, z.B. „Der Adler in der Apokalypse“, wo Willscher eine wirklich ernst zu nehmende kleine Toccata gelingt. Sinn, bzw. Unsinn des abschließenden Beethoven-Rags in diesem Programm bleibt dem Hörer vorenthalten.

Warum Jürgen Rieger die Oberlinger/Förster-Orgel in Dillenburg für diese Einspielung aussuchte, eröffnet sich dem Hörer nicht. Die Raumakustik ist sehr trocken, im Plenum sind Verstimmungen zu hören, der Orgelbauer kämpft mit Software-Problemen. Immerhin sind ganz charakteristische Farben zu hören, die Rieger treffend managt. Die Texte des Booklets sind sehr um Erklärungen des Programms bemüht, am besten, man nimmt es schmunzelnd nicht ernst.

Rainer Goede für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Juni 2022

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Die Ahrend-Orgel der Dreieinigkeitskirche Regensburg

Interpret: Roman Emilius
Label: Spektral

Die Ahrend-Orgel (III/48) fußt auf dem erhaltenen Orgelprospekt der Franz Jakob Späth-Orgel von 1758 (II/26), der samt seinen Prospektpfeifen eine Richtung des Neubaus vorgab. Zudem war gewünscht, für im Hochbarock in Mittel- und Norddeutschland entstandene Kompositionen (z.B. von Bach) ein adäquates Instrument zu gewinnen, was bisher in Regensburg nicht zu hören war. (Auf dem Cover schwebt Bachs Antlitz über dem Späth-Prospekt). So finden sich in der Disposition die Register der Späth-Orgel wieder, dazu Zungenstimmen, die diese gar nicht hatte, sowie ein drittes Werk. Für die Zungenstimmen und die Disposition des dritten (Schwell-)Werkes stand die Wiegleb-Orgel (1739) in Ansbach deutlich Pate. Dazu kamen ein groß ausgebautes Pedal (samt 32‘-Posaune), zwei Tremulanten, zwei Zimbelsterne und ein Carillon. Nur die Stimmtonhöhe von 440 Hz (im Booklet nicht angegeben, ebenso wenig wie der Winddruck von 82 mm WS und die Temperatur: wohltemperiert nach Bellingwolde, modifiziert) entspricht wohl nicht dem Gebrauch einer Barockorgel.

Roman Emilius spielt Werke  von Froberger (Hexachord-Fantasie, FbWV 201), Carl Philipp Emanuel Bach (Aus der Tiefe, BWV Anh. 745), Vater Bach (d-Moll-Toccata, BWV 565, und Passacaglia, BWV 582), Mozart (Bearbeitungen aus der Zauberflöte) und Messiaen (Chants d’oiseaux aus dem Livre d’orgue 1951). Mit seiner zuverlässigen, höchst kontrollierten Spieltechnik führt Emilius die schönen Farben der neuen Orgel in vielen treffenden Schattierungen vor, sei es bei Messiaens Vogelimitationen oder bei der in Lisztscher Tradition vielfältig aufregistrierten Passacaglia. Frobergers Fantasia dient der Vorführung der Principalstimmen, CPE Bachs streichergesättigte Choralbearbeitung (Choral und cantus-firmus-coloratus) ist mitteldeutscher Tradition geschuldet, die Mozart-Bearbeitungen in vielfältigen 8‘-Farben erhellt eine Briefstelle Mozarts, in der dieser von seinem Vorzug der Späthschen Klaviere berichtet. Mit Messiaens Livre d’orgue greift Emilius auf ein radikal revolutionäres Werk des 20. Jahrhunderts zurück, was korrespondiert mit den radikal hohen Ansprüchen an die Handwerkskunst heutiger Orgelbauer.

Dass Hendrik Ahrend diese Linie kompromisslos verfolgt, zeichnet ihn aus, höchste Ansprüche sind für ihn ein unbedingtes Muss. Dass das ein ungemein fester Boden ist für eine ausgezeichnete CD, versteht sich von selbst. Für Roman Emilius ist die Orgel ein Super-Geschenk, für das er sich mit klarster Artikulation und schlackenlos gespielter Musik bedankt. So ist die CD höchste Freude für den Orgelbauer, für den Organisten und hier erst recht für den Hörer!

Rainer Goede für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Juni 2022

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Happy Beginning

Komponist: Eckhart Böhm
Verlag: Strube

Musik für Orgel - Einfachste kleine Orgelstücke für Anfangsunterricht und Selbststudium

Nein, nicht Happy Birthday, sondern Happy Beginning heisst diese Ausgabe. Eckhart Böhm, Organist an der Stadtkirche in Böblingen, hat dazu diese Klein(st)Stücke zusammengestellt. Mit Ausnahme von Akkordbildungen (Der König erscheint, Intrade) und wenigen Terzbeimischungen (Wie ein Vogel) sind alle Stücke konsequent DREIstimmig  für Rechte Hand, Linke Hand, Pedal konzipiert. Gut gelungen ist dabei die Einbeziehungen von Volkliedern (Hänschen klein) - warum gab es bitte nicht mehr davon? Neben häufigen Wechselbässen (Grundton – Quinte – Grundton) und einige Paukeneffekten gibt es etwa in der Art von Pachelbels Kanon ein eingängiges Bass-Ostinato-Motiv in „Ein Tag beginnt“. Mit 40 Takten ist das umfangreichste Stücke „Menuett“ erreicht. Ansonsten gibt es auch Kleinstmodelle, die sich mit lediglich sechs Takten begnügen.

Auch Stimmenkreuzungen sollen wohl absolut autonomes selbstständiges Spiel betonen. Für einen Einstieg halte ich solche Überlagerungen als zu kompliziert. Meiner Meinung nach lernt man viel  durch generelles Auswendigspielen und Transponieren in andere Tonarten. Leider fehlen somit sämtliche Tonarten, die über -1- # und -1- b hinausgehen. Das ist etwas schade. Mein Bedauern. Mein Ansatz wäre ein anderer. Methode: ein bekanntes Liedmotiv (man nehme evt. „Frere Jacques“ ) auch in schwierigeren Tonarten, Melodie in die R.H. Pedal mit Wechselbässen Grundton – Quinte). Der L. H. dürfte man Sext-Intervalle zutrauen. Vielleicht wäre hier der autodidaktische Selbststudieneffekt (Learnig by Doing nach der Trainingsmethode Versuch-Irrtum-Korrektur) noch ergiebiger. Notationstechnisch inkorrekt sind die Notenwerte (Auftakt/Schlusstakt) bei „Ach bleib mit deiner Gnade“. Ansonsten bleibt für mich nur die Feststellung: die Wege zum Ziel sind unterschiedlich. Doch jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Solche Schritte können mit „Happy Beginning“ sicher unterstützend erreicht werden.

Christoph Brückner für www.orgel-information.de
Dezember 2021 / Juni 2022

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Concert Piece for Organ and Orchestra op. 181

Komponist: Stanford, Charles Villiers
Verlag: Butz

Mit der Verlagsnummer BU 2900 gibt der Butz-Verlag Bonn ein Werk des irischen Komponisten Charles Villiers Stanford heraus. Es handelt sich dabei um das „Concert-Piece for organ and orchestra op 181. Auch wenn dieses Werk schon 1990 beim Label Chandos mit Gillian Weir als Organistin eingespielt wurde, gab es bis jetzt keine gedruckte Ausgabe dieses Werkes. In sofern ist diese Ausgabe eine Erstausgabe dieses Werkes. Die Partitur kostet 34,-€.

Charles V. Stanford (1852-1924) wurde in Dublin geboren, sein Vater war Sänger, seine Mutter Pianistin, so war es nicht verwunderlich, dass Charles früh musikalisch gefördert wurde und bald bei dem Organisten der beiden anglikanischen Kathedralen Robert Prescott Stewart. Studien am Queens College, Cambridge, in Leipzig und Berlin folgten, bis er  1883 ans Royal College (London) als Dozent für Komposition und ab 1887  als Musikprofessor in Cambridge arbeitete.
Sein umfangreiches kompositorisches Schaffen weist u.a. auch mehrere Orgelsonaten auf, neben div. Klavierkonzerten, Violinkonzerten und Konzerten für Blasinstrumente und Orchester ist sein „Concert-Piece“ für Orgel sein einziges Werk für Orgel und Orchester (ohne Holzbläser). Einen Anlass für die Komposition ist nicht überliefert – so scheint dieser Solitär aus dem Jahre 1921 - eher ein Zufallsprodukt gewesen zu sein. Dieses Werk wurde weder zu Lebzeiten des Komponisten verlegt (obwohl Stanford es div. Verlagen angeboten hatte) noch aufgeführt. Für den Butz-Verlag hat nun Julia Ronge aus Köln diese Ausgabe vorbereitet und herausgegeben.

Das Konzertstück ist ohne Holzbläser, dafür aber mit vier Hörnern, zwei Trompeten und drei Posaunen, Pauke und Streichern besetzt. Die Partitur ist 86 Seiten lang. Das Stück steht in d-moll und ist dreiteilig – und folgt dem üblichen Schema: schnell – langsam – schnell.
Die Ausgabe weist Taktzahlen und Buchstaben zur Gliederung auf, verzichtet im Orgelpart aber fast komplett auf Registrierangaben und Angaben zur Manualverteilung. Nur im langsamen Teil gibt es sehr sparsame Anweisung. Das Verzichten auf Registrierangaben und Manualverteilungsangaben ist ein absolut positiver Aspekt dieser Ausgabe, so wird dem Interpreten viel Raum gelassen, die dynamischen Abstufungen und die Verteilung des Notentextes auf die vorhandenen Manuale (mindestens zwei) selbst zu erarbeiten und ganz nach seinem persönlichen Verständnis dieser Musik zu gestalten.
Der Notentext ist sehr übersichtlich und kontrastreich gedruckt, so dass der Organist auch aus der Partitur spielen könnte (und damit auch als Dirigent fungieren). Die Blätterstellen für den Organisten in der Partitur sind meistens so eingerichtet, dass der Organist genug Zeit zum Blättern hat, an einigen Stellen, ist dies aber nicht zufriedenstellend geglückt. Der Orgelpart des Konzertstückes ist nicht besonders schwer – aber unterschätzen sollte man die Figuration und Harmonik nicht. 

Mit der Herausgabe dieses Werkes ist ein in Vergessenheit geratenes Stück Konzertliteratur für Orgel geborgen worden. Das an sich ist eine löbliche und gute Sache. Nun wäre es dem Werk zu wünschen, dass seine Adaption in Konzerten und CD-Veröffentlichungen deutlich mehr wird – und dass vielleicht nicht erst zum hundertsten Todesjahr (2024) von Stanford.

Ingo Hoesch für www.orgel-information.de
November 2021 / April 2022

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Best loved Melodies IV

Herausgeber: Tambling, Christopher
Verlag: Butz

Mit dem vierten Band der Reihe „Best loves Melodies“ legt der Butz Verlag (Verlagsnummer 2956) nun den vierten Band dieser Reihe vor – wiederum als Manualiter-Ausgabe und als Pedaliter-Ausgabe. Letztere kostet 14€.

Das Cover der Ausgabe ist farbig mit einem schönen sommerlichen Bild (zwei Gräser/Blumen pflückende Frauen) von L. F. Kowalski geschmückt – und dieses gelassene, sommerliche Atmosphäre schlägt einem ebenso entgegen, wenn man das Inhaltsverzeichnis des Bandes liest: Vivaldi (Frühling, Vier Jahreszeiten); Schumann (Träumerei), Smetana (Moldau); Händel (Hornpipe), Gershwin (Themen aus „Rhapsody in blue“) sowie Mendelssohn (Hochzeitsmarsch) u. a.

Im Vorwort schreibt Edward Tambling, der diese von seinem Vater Christopher Tambling ins Leben gerufene, und durch eigene Bearbeitungen geprägte Ausgaben, nun fortführt, dass es ihm eine große Freude ist, das begonnene Werk seines Vaters fortzuführen und hofft, dass auch der vierte Band ebenso gut aufgenommen wird, wie die vorherigen Bände.
Die Auswahl der Stücke scheint jedenfalls darauf angelegt – es sind alles Werke (auch das „Pie Jesu“ von Faure, das „Alleluja“ aus Mozarts „Exsultate jubilate“ und Händels „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ (Messias)) – die liturgisch zu vielen Anlässen genutzt werden können, ob als Meditation, Begleitung der Abendmahlsfeier, als fröhlicher Ein,- oder Auszug, als Begleitung einer Trauerfeier. Das Repertoire ist weit gestreut und kann ebenfalls gut in Konzertprogrammen zu Gehör gebracht werden – ob im Programm oder aber als Zugabe. Natürlich gibt es auch in diesem Band Werke, die man schon in diversen anderen Verlagsausgaben (Sammelbänden oder Einzelausgaben) in Bearbeitungen anderer Musiker findet – aber diese haben den Vorteil, dass sie nicht nur gut klingen, sondern bewusst für Musiker geschrieben worden sind, die Ihren Dienst im Nebenamt/Hobby ausüben und sich über gut gemachte Literatur, die leicht bis Mittelschwer ist, freuen. Für Laienmusiker, die noch nicht fit im Pedalgebrauch sind, gibt es, erfreulicherweise, parallel einen Band der diese Musik rein manualiter darstellt.
Zu jedem Werk gibt es eine kurze Erläuterung auf Deutsch und auf Englisch.

Der Notendruck ist, wie bei Butz gewohnt, gut leserlich und die Noten auf etwas stärkerem Papier gedruckt. Die Blätterstellen in den Stücken (vor allen den längeren) sind nicht immer optimal gelöst, aber der kreative Musiker findet eine Lösung.

Dieser Band bietet eine schöne Auswahl an Musik, die jedem Musiker und jedem Hörer Freude machen wird – insofern darf dieser Band (und die Vorgängerbände) in keiner Notenbibliothek von Organisten fehlen.

Ingo Hoesch für www.orgel-information.de
November 2021 / April 2022

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Sechs Fantasien für Orgel zu vier Händen

Komponist: Mankell, Gustav Adolf
Herausgeber: Mangold, Siegfried
Verlag: ortus organum

Gustav Adolf Mankell (1812 – 1880), geboren im Herrnhuterort Christiansfeld (DK) als Sohn des Organisten und Musiklehrers Johan Herman Mankell, wurde nach erstem Unterricht bei seinem Vater 1833 Klavierlehrer in Stockholm. 1835 legte er das Organistenexamen ab und wurde 1835 Organist an der Jakobskyrkan, wo er Konzerte mit historischen Programmen und Improvisationen gab. 1853 wurde er Lehrer an der Königlichen Musikakademie, 1859 dort Professor für Orgelspiel Zwischen 1850 und 1880 betätigte er sich auch als Orgelbauinspektor, u.a. war er beteiligt beim Bau der Marcussen-Orgel in seinem Heimatort Christiansfeld.

Mankell schrieb viele Arrangements des barocken und klassischen Repertoires, um Orchester- und Chorwerke bekannt zu machen, daneben viele Werke für den liturgischen Bedarf und für Orgelschulen, aber auch eine ganze Reihe großer Werke, darunter 12 Sonaten zwischen 1874 und 1877. Mankells erste Komposition für Orgel zu vier Händen stammt aus dem Jahr 1851. Die sechs Fantasien sind zwischen den Jahren 1878 und 1879 entstanden. Sie vereinigen nach einem imitierenden diskantbetonten Eingangssatz einen langsameren melodiösen Satz mit einer Fuge. Ganz interessant immerhin der Variationssatz der Es-Dur-Fantasie. Eine manchmal etwas abrupte Terrassendynamik ist vorgeschrieben. Der Schwierigkeitsgrad ist gering, nur wenig wird das Pedal vom Secondo-Spieler genutzt, was erkennen lässt, dass die Fantasien vor allem dem Lehrbetrieb dienten.

Die Ausgabe bringt ein ausführliches (beredtes) Vorwort, gibt Informationen über die damalige Orgel in der Jakobskirche (Pehr Zacharias Strand, 1840, III/45) und den Kritischen Bericht. Das Druckbild ist sehr gut lesbar. Wer gerne mit Partner Unterhaltsames vom Blatt spielt, ist mit Mankells Fantasien sehr gut beraten.

Rainer Goede
November 2021 / April 2022

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César Franck - Trois Pièces und Trois Chorals

Interpret: Pétur Sakari
Instrument: Cavaille-Coll-Orgel Cathédrale Sainte-Croix Orléans

Label: BIS

Es gibt nicht viele CDs, die den Hörer vom ersten Ton an in Bann nehmen. Mag es beim ersten Ton nur die Cavaille-Coll-Orgel (1880, IV, 54, 2004 - 2007 restauriert durch Bernard Hurvy) gewesen sein, die diesen Effekt hervorrief, erstaunt man dann über Pétur Sakaris (*1992) entschlacktes, ja relaxtes Spiel, das aber hoch gespannt auf die nächsten Töne hinführt, die Schönheiten vor allem der Zungenstimmen auskostet in einem mystisch-liturgischen Akt, der Kirchenraum und seine Akustik sowie Francks späte Kompositionen auf eine andere Ebene hebt. Die Kombination von genauer Spielweise, Zu- wie Nachhören, bzw. Nachdenken ist dem jungen finnischen Organisten erstklassig gelungen. Hört man Francks Choräle, welchen Titel Franck ebenfalls als eine höhere ‚religiöse‘ Bezeichnung verstand, oftmals geschäftsmäßig und auf unpassenden Instrumenten gespielt, hier ist der Olymp von Instrumentenwahl, Interpretation und Aufnahmetechnik erstiegen. Sakari baut lange Bögen voll packender Spannung, wird nie hart im Anschlag, verdichtet Francks Musik zu einem ehrfürchtig zu bestaunendem Testament, fernab jeden irdischen Ballastes. Himmelsmusik schon hier auf Erden.

Rainer Goede
November 2021 / April 2022

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Quasi manualiter

Komponist: Peretii, Pier Damiano
Verlag: Doblinger

In der kurzen Vorrede schreibt Peretti: „Quasi manualiter entstand im Hinblick auf den (zweimanualigen) Orgeltypus des süddeutsch-österreichischen Barocks mit kurzer Oktav im Manual und Pedal…“ Perettis fünfsätzige Suite ist Wolfgang Kogert, Organist der Wiener Hofburgkapelle und Lehrer an der Universität Mozarteum Salzburg, gewidmet, der eine intensive Zusammenarbeit mit diversen Komponisten pflegt. Kogert mag Piretti, seit 2009 Professor an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, auch angeregt haben zu der vorliegenden kleinen Suite, die dem Bedarf nach Neuer Musik für historische Instrumente Rechnung tragen soll.

Peretti schreibt einen klangvollen dissonanten Stil, der zunächst einmal Leseschwierigkeiten bereitet, was das übersichtliche Druckbild aber auszugleichen versteht. Hilfreich sind die Fingersätze und Bezeichnungen, was die Linke, bzw. rechte Hand spielen soll. Trotzdem wüsste man doch gerne, was die Notenhälse über einer Pause zu bedeuten haben. Auch ein (unkompliziertes) Pedalspiel wird verlangt (16‘, 8‘ und 4‘). Höhepunkt der Suite ist der dritte Satz, in dem wechselweise alla Sarabanda und alla Correntezu spielen ist. Die Suite schließt dann mit einem kurzem Recitativo und einem ganz hübschen Allegro danzabile, wenn man denn die Geduld und Zeit aufgebracht hat, den Notentext zu lernen. Aber dann macht Perettis Suite Spaß!


Rainer Goede
November 2021 / April 2022

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Das Liebesmahl der Apostel
Orgelparaphrase von Enrico Bossi

Komponist: Wagner, Richard / Bossi, Enrico
Bearbeiter: Otto Depenheuer
Verlag: Dohr

Depenheuers immerhin 184 Ausgaben seines Verlages edition bon(n)orgue hat nun der Verlag Dohr in Köln übernommen, womit jetzt gesichert ist, dass Bestellungen zuverlässig  und zeitnah ausgeliefert werden.

In dieser Reihe ist nun auch zu haben Enrico Bossis (1861 – 1925) Orgelparaphrase von Richard Wagners ‚Kantate‘ „Das Liebesmahl der Apostel“ (aus 5 pezzi per organo: Parsifal, Gebet der Elisabeth aus Tannhäuser, Das Liebesmahl der Apostel, Im Treibhaus, Träume; Padua 1914).
Wagner schrieb sein Opus für Männerstimmen und Orchester 1843 in Dresden für ein Sängerfest, zu dem sich 1200 Sänger und 100 Orchestermitglieder in der Frauenkirche zusammenfanden. Textgrundlage ist eine Passage aus der Apostelgeschichte, in welcher das Pfingstereignis nacherzählt wird.

Für eine Interpretation mit imitierender Registrierung ist der etwas knappen Einführung von Otto Depenheuer unbedingt zu ergänzen, dass Wagners Werk (ca 30‘) rein vokal (16‘) begann mit einem Himmelschor (16T, 12Bar, 12B), der auf verschiedenen Emporen hoch in der Kirche bis in die Kuppel hinein verteilt und zum Teil unsichtbar postiert war. Erst dann, als der Hl. Geist hereinwehte, setzte das Orchester ein (mit vierfachem Holz, einem großen Blechkontingent inklusive Serpent, großes Streicherensemble, vier Pauken und zwei Harfen). Wagners Text: „Welch Brausen erfüllt die Luft? Welch Tönen, welch Klingen! Bewegt sich nicht die Stätte, wo wir stehen? Gegrüßt sei uns, du Geist des Herrn, den wir erfleht, du Heil‘ger Geist. Dich fühlen wir das Haupt umwehn, mächtig erfüllst du unsre Seele!“ usw. ist typisch Wagnerischer Schwulst wie in seinen Opern, sehr begrüßt von vielen seiner Zeitgenossen. So ist auch die Musik, die Bossi gekürzt hat auf ca 7 Minuten: Dreiklangsbrechungen, kurze Effekt heischende Motive mit Gralseffekt, Achtel- und Sechzehntelbewegungen darunter signalisieren Dramatik, Schwierigkeitsgrad gering. Wagner hat von seinem Opus nicht viel gehalten und es nie wieder aufgeführt.

Der allgemeinen Wagner-Euphorie verdankt die Organistenwelt die Paraphrase Bossis, klingt gut und eindrucksvoll ohne weitere Neben- oder Nachwirkungen. Aber es ist wichtig, zu wissen, dass es solche Musik gab und gibt. Es fragt sich nur, warum Depenheuer die anderen vier Stücke aus Bossis Edition von 1914 (unter Edizione Armelin Musica Padova OIO 014 ist sie noch zu haben) nicht gleich mit aufnahm.

Rainer Goede
November 2021 / April 2022

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Toccata und Flüge

Autor: Peter Planyavsky
Verlag: Butz

In zweiter Auflage erschienen nun im Butz-Verlag Planyavskys außermusikalische Erinnerungen. Der ehemalige Organist am Wiener Stephansdom, Konzertorganist, Hochschulprofessor, Komponist, Dirigent und schließlich auch Buchautor beschreibt hier seine Erlebnisse, bzw. Nichterlebnisse aus Kindheit, Jugendzeit, bei seiner Orgelbauertätigkeit, auf Reisen, bei Wettbewerben, ums Komponieren und unter wechselnden politischen Geschichtsszenarien. Dies tut er mit einigem Abstand zur eigenen Person, mit Sprachwitz und häufig überraschenden Wendungen, die ein Thema schlagartig aber treffend abkürzen. Das macht sein Buch lesbar, man staunt über die Hülle und Fülle seines prall vollen Lebens – und wie das alles doch eigentlich ganz normal ablief.

Hemmungslos schreibt er auch von den alltäglichen Hemmungen, die ihm so begegnet sind, das ist dann öfter des Lamentierens über vollkommen Nebensächliches, Alltägliches (wie z.B. dummes Gerede von Besuchern) auch zu viel. Wertvoll aber sind seine Erinnerungen da, wo es persönlich wird, seien es seine ersten zwanzig Jahre oder die Reisen in den 70er und 80er Jahren in den Ostblock, wo es galt, menschlich zueinander zu kommen trotz der befremdlichen amtlichen und gesellschaftlichen Hürden. Die gewisse Naivität, die ihn das beschreiben lässt, verleiht dem Buch einen Anstrich von Humor, der leider nicht in die Tiefe geht. Letztlich ging es doch immer „nur“ ums Musizieren, was Planyavsky ja immer großartig verstand.

Rainer Goede
November 2021 / April 2022

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BACH - Klavierwerke
Eingerichtet für Orgel von Max Reger - Vol. 1 und Vol. 2

Komponist: Bach, Johann Sebastian
Bearbeiter: Otto Depenheuer
Verlag: Dohr

Depenheuers immerhin 184 Ausgaben seines Verlages edition bon(n)orgue hat nun der Verlag Dohr in Köln übernommen, womit jetzt gesichert ist, dass Bestellungen zuverlässig  und zeitnah ausgeliefert werden.

In dieser Reihe sind nun auch zu haben Regers Orgelbearbeitungen von 15 Manualiterwerken Bachs: BWV 913, 867, 870, 874, 872, 884, 885, 866, 849, 912, 904, 910, 915, 911 und 903 (Chromatische Fantasie und Fuge). Reger hat diese Werke bearbeitet, um sie einerseits populärer zu machen, andererseits um sich Bachs Stil weiter anzueignen. Dass er Bachs Werke auch nutzte, sie weiter zu entwickeln, ist z.B. zu sehen an seiner „Schule des Triospiels“, in der er den zweistimmigen Inventionen noch eine dritte, die Pedalstimme, hinzufügte (1903).

Bei der Neuausgabe der für Orgel bearbeiteten Klavierwerke handelt es sich um einen Nachdruck der Ausgabe von 1902/03 in fünf Bänden aus dem Verlag Aibl, München. Reger hat die Sätze nicht nur notengetreu auf die Orgel übertragen, sondern sie z.T. auch orgelgemäßer eingerichtet, z.T. sogar erweitert und unterstützende Harmonien hinzugefügt. Das kann man sehen bei BWV 806, 912 und 903, bei der Chromatischen Fantasie auf sehr anschauliche Weise, die den Genius Regers beweist. So Ist die Beschäftigung mit dieser  Ausgabe jedenfalls ein großer Gewinn.

Rainer Goede
November 2021 / März 2022

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12 Orgelstücke op. 8 / 12 Präludien op. 25

Komponist: Rinck, Johann Christian Heinrich
Verlag: Dohr

Christoph Dohr vervollständigt seine Rinck-Gesamtausgabe peu a peu, nun sind die 12 Orgelstücke op. 8 und 12 Praeludien op. 25 erschienen. In op. 8 versammelt Rinck (1770 – 1846) Praeludien, Fughetten und ein Nachspiel nebst einigen nur mit Tempoüberschriften versehenen Stücken von ein- bis vierseitiger Länge. Op. 25 erschien bei Dohr bereits 1999 in einem Reprint der auch gut lesbaren Erstausgabe. Rincks Orgelmusik, bei der durch die Jahre kaum eine kompositorische Fortentwicklung festzustellen ist, schrieb vor allem für den liturgischen Bedarf. Der war in der neuen Stilistik zwischen Barock, Klassik, Biedermeier und Romantik noch kaum gefestigt, so entstand für die Lehrerseminare ein großer Bedarf an relativ kurzen aber gut geschriebenen Stücken, wie sie Rinck zuhauf lieferte. Aber auch heute ist die Musik nicht unbedingt verbraucht, wenn auch der große Stilreichtum heute nach steter Abwechslung ruft. Obwohl Rincks Werke auch in zahlreichen Ausgaben anderer Verlage vorliegen, ist die Konzentration der Ausgaben Rincks im Verlag Dohr sehr zu begrüßen, schon allein wegen eines einheitlichen gut lesbaren Notensatzes. Insofern sind die neuen Bändchen auch sehr zu begrüßen.

Rainer Goede
November 2021 / März 2022

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Festliche Choralconcerti

Komponist: Roller, Joachim
Verlag: Strube

Mit den „Festliche(n) Choralconcerti“ für den Ein,- und Auszug für Orgel, legt der Strube-Verlag eine weitere Kompositionssammlung von Dr. Joachim Roller heraus. Der Band umfasst fünf Choralconcerti auf dreissig Seiten, ein kurzes Vorwort und eine kurze Vita des Komponisten.

In dem hier vorliegenden Band sind fünf Choralconcerti zu finden, die zugrunde liegenden Choräle sind „All Morgen ist ganz frisch und neu“, „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ und die drei Choralvorspiele, die zwei Choräle miteinander verknüpfen: „Tut mir auf“+“Gott ist gegenwärtig“, „Lobe den Herren“+“Großer Gott, wir loben Dich“, sowie „Alles ist an Gottes Segen“+“Ach bleib mit deiner Gnade“.  Diese Choralconcerti sind nach barocken Formen angelegt und auch in der Tonsprache und Rhythmik überwiegend dem Barock zuzuordnen. Allerdings erlaubt sich der Komponist die ein oder andere Freiheit, manchmal mit einem Augenzwinkern. Die Stücke sind für den Ein,- und Auszug gedacht, können aber auch als Choralvorspiel genutzt werden – dafür müssen sie möglicherweise aber gekürzt werden, was aber von der Struktur der Kompositionen durchaus möglich ist.

Der Druck des Notentextes ist, wie wir es von Strube kennen, sehr kontrastreich und gut leserlich. Leider ist die Darbietung der Stücke ohne Hilfe (Blätterer) kaum möglich, da sie meistens zu umfangreich (fünf bis acht Seiten) sind, um sie kopiert auf ein Notenpult zu stellen.

Auffällig ist, dass der Komponist im ersten Choralconcerti den vertonten Text unter die Noten schreibt, dies aber bei den anderen vier Concerti nicht mehr tut. Das erschließt sich dem Rezensenten nicht, da es durchaus möglich gewesen wäre.

Der Verlag (Strube) gibt die Schwierigkeit der Stücke mit „mittelschwer“ an. Bei der Durchsicht und dem Durchspielen der Stücke ergibt sich keine andere Einordnung.

Das Heft „festliche Choralconcerti“ hält, was es verspricht: für den liturgischen Gebrauch komponierte, vielfach einsetzbare Choralbearbeitungen – mit Kürzungen auch als Choralvorspiel zu nutzen. Die Koppelung von zwei thematisch gleichen Chorälen ist eine reizvolle Idee und in der musikalischen Umsetzung gut gelungen.

Der Rezensent empfiehlt den Kauf, da diese Stücke gut als Vorlage für eigenes Improvisieren dienen können, und damit nicht nur als Repertoire-Erweiterung, sondern auch im Orgelunterricht als Literatur und Improvisationsvorlage verwendet werden können. Die Stücke eignen sich darüber durchaus auch für die Darbietung im Konzert, aber vor allem werden sie ihren Platz im Gottesdienst finden. Sie sind sehr gut auf einer mindestens zweimanualigen Orgel darstellbar, ein einmanualiges Instrument reicht nicht aus.

Ingo Hoesch für www.orgel-information.de
November 2021 / März 2022

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Festliches für Orgel

Herausgeber: Karras, Hans-Dieter
Verlag: Heinrichshofen & Noetzel

„Festliches für Orgel“  - ein Band mit Bearbeitungen für Orgel von Hans Dieter Karras legt der Verlag Heinrichshofen und Noetzel vor. Der Verlag bietet schon eine reiche Palette mit Bänden von Sammlungen der verschiedenen Genres von Orgelmusik/Bearbeitungen für Orgel.
Nun erscheint ein erster Band mit 13 Bearbeitungen für Orgel des Organisten H. D. Karras, der auch das umfangreiche Vorwort dieser Ausgabe schreibt und Erläuterungen zu den Stücken, Grund der Bearbeitungen, Tipps zu Registrierungen liefert. Ein Bild des Instrumentes des Herausgebers (Führer Orgel, Klosterkirche Riddagshausen) rundet das Vorwort ab. Ein Werk von Gounod ist, wie H.D. Karras im Vorwort erläutert, keine Bearbeitung, sondern eine Wiederveröffentlichung, da dieses Werk „kaum bekannt und schwer zu finden ist“. Des Weiteren erläutert er, dass er die Werke von Bach und Händel jeweils transponiert hat, damit es auch auf mitteltönig intonierten Orgeln gespielt werden kann. Im Vorwort äußert der Bearbeiter die Hoffnung, dass weitere Bände mit Bearbeitungen für Orgel aus seiner Hand im Verlag veröffentlicht werden.

Der Band bietet eine schöne Mixtur mit Musik aus Europa und der Zeit des frühen 15. / 16 Jahrhunderts (Monteverdi / Pierre de la Rue) über J. Seb. Bach, Händel, Purcell, Boyce, Weber, Lefebury-Wely, Gounod bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts, das durch den Finnen Melartin, den Russen Rebikow und den Franzosen Durand (selbst Verleger) vertreten sind.
Außer der Bearbeitung der „Sinfonia“ der Bachschen Ratswahlkantate und der „Alla Hornpipe“ von Händel sind erfreulicherweise alle Stücke „Neuentdeckungen“. Die veröffentlichten Bearbeitungen sind alle zwischen zwei und fünf Seiten lang und damit auch wunderbar für den liturgischen, aber auch den konzertanten Einsatz geeignet. Der Notendruck ist kontrastreich und großzügig, so dass auch bei schlechterem Licht die Noten noch gut lesbar sind. Man merkt dem Notensatz an, dass ein praktizierender Organist am Werke war – die Blätterstellen sind, bis auf zwei Stellen im Perpetuum mobile (Weber) und der Ouvertüre (Drottningsholmsmusiken, J. H. Roman), optimal gelöst.
Die herausgegebenen Werke sind alle leicht bis mittelschwer – also auch wunderbar für nebenberufliche Organisten und Hobbymusiker geeignet – manche mit „ein bisschen mehr“ Übaufwand, andere gut und schnell in die Hände zu bekommen.

Für diesen Band kann ich nur eine unbedingte Kaufempfehlung geben – nicht nur für Organisten im Nebenamt, sondern auch im Hauptamt. Die Werke dieses Bandes eignen sich sehr gut für den liturgischen Gebrauch, aber auch für den konzertanten Bereich. Ebenso gut eignen sich diese Werke auch als Repertoireerweiterung für den Orgelunterricht. Von manchen Stücken dieses Bandes gibt es andere Bearbeitungen, die sich aber einem großen Teil der in den Gottesdiensten tätigen Organisten ob ihres Umfanges, ihrer Schwierigkeiten entziehen. Diese Sammlung ist von einem Organisten für Organisten gemacht und die Stücke sind fast alle auch auf kleinen/kleineren ein-, bis zweimanualigen Orgeln darzustellen.

Eine unbedingte Kaufempfehlung und die Hoffnung, dass noch viele weitere Bearbeitungen von H. D. Karras in der Veröffentlichung folgen.

Ingo Hoesch für www.orgel-information.de
November 2021 / März 2022

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Gloria

Komponist: Sundlisaeter, Ole Karsten
Verlag: Cantando

Ole Karsten Sundlisaeter ist ein 1976 geborener norwegischer Komponist, Organist und Dirigent. Hier soll sein Werk „Gloria“ für Chor, Flöte, Trompete und Orgel besprochen sein. Leider ist das Datum der Komposition nicht bekannt – allerdings ist das Copyright des Cantando Musikkforlaget, Norwegen von 2010.
Die Partitur umfasst 14 Seiten. Die Noten für Flöte, Trompete und Chor liegen bei. Der Preis der Ausgabe beträgt ca. 11,- €.

Das Werk „Gloria“ von Sundlisaeter“ ist ein zeitgenössisches Werk in kleiner Besetzung (Flöte, Trompete, Orgel & Chor), 114 Takte Lang, damit gut in der Liturgie des Gottesdienstes zu verwenden..

Die Struktur des Werkes erschließt sich aus der Partitur: 8 T + 4 T + 12 T + 4T + 6T + 4 T + 8 T – Generalpause – Wiederholung – ab Takt 92 neue Motivik, die sich aber von den Harmonien und Rhythmus auf den Anfang beziehen. Das Metrum schwankt zwischen Vierteln und punktierten Vierteln – damit kommt ein tänzerischer Aspekt in die Musik. Die Orgel übernimmt in diesem Stück den perkussiven Part, wobei die Akkordik von großen Septimen und Tondoppelungen geprägt ist. Der Schwierigkeitsgrad der Orgelstimme ist nicht hoch. Das ist darauf gegründet, dass sich der erste Teil wiederholt und in den einzelnen klein-taktigen Phrasen keine rhythmischen oder tonalen Änderungen passieren.

Der Flötenpart ist anspruchsvoll. Dies, weil die Stimme meistens in der dreigestrichenen Lage (oder darüber) zu spielen hat, sondern auch, weil die Spielweise „flutter“ (Flatterzunge) intensiv zum Einsatz kommt. Dagegen ist die Trompetenstimme nicht so anspruchsvoll – außer dass die Trompete in einem Dialog mit der Querflöte steht, egal, was die Orgel als rhythmisch, perkussives Instrument macht.

Die Stimmenauszüge für Trompete und Flöte sind ohne Blätterstellen eingerichtet, der Orgelauszug (vier Seiten) ist mit eigenem Blättern nicht zu bewältigen – entweder muss man hier eine Hilfe haben oder sich die vier Seiten zurechtkopieren.

Es ist unabdingbar – trotz der kleinen Besetzung – einen Dirigenten zu haben, die Partitur ist von den Blätterstellen für einen Dirigenten zu blättern, für einen orgelspielenden Dirigenten allerdings nicht. Der könnte den Chor nur durch Kopfnicken durch die Partitur „dirigieren“. Der Dirigent ist nur für den Chor wichtig – die Instrumentalisten benötigen ihn nicht.

Einen „Chor“ gibt es in diesem Stück nicht als Gruppe singender Individuen, in diesem Stück ist der Chor reduziert auf eine sprech-singendes/singend-sprechendes Individuum. Im Chorauszug finden sich für den Chor nur Anweisungen: Stimmen starten im forte mit einem Cluster (mittlere Stimmlage) und singen/improvisieren kurze Phrasen auf „Gloria“ (intensiv - im Ausdruck) / Die Sänger singen auf größeren Intervallen – mehr Intensität / Die Hälfte der Gruppe singen / improvisieren auf: „in excelsis Deo“ / Alle singen individuell „in excelsis Deo“.  Der Chorgruppe ist also absolut frei in ihrem Tun, es gibt keine tonalen Vorgaben, nur die Aufforderung zur freien Improvisation...

Das Druckbild der Noten (Einzelstimmen sowohl auch Partitur) ist sehr großzügig, lesefreundlich. Die Einzelstimmen sind auf schwererem Papier gedruckt als normales Papier.

Das Werk macht einen sehr festlichen, einem Gloria angemessenen Eindruck. Es entspricht sicherlich nicht den Hörerwartungen eines Gottesdienstbesuchers, doch kann dieser durch die einfache Kompositionsstruktur gut in das Werk hineinfinden. Auch für den Chor ist es sicherlich erstmal ein Experiment, improvisatorisch tätig zu sein und damit als Individuum das Stück zu prägen, aber sicherlich ein lohnendes und spannendes Experiment. Auf jeden Fall würde ich aber jedem, der Spaß an moderner, rhythmischer Musik hat, empfehlen, sich mit diesem Stück auseinanderzusetzen.

Ingo Hoesch für www.orgel-information.de
November 2021 / März 2022

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Orgel & interpretation - Die französische École classique

Autor: Paolo Crivellaro
ISBN: 978-3-9821872-2-8
Verlag: Blockwerk Editions

Nach seinem Band "Die Norddeutsche Orgelschule" (Carus CV60.010/00, Stuttgart 2014) legt der Berliner Professor für künstlerisches Orgelspiel (Universität der Künste Berlin) Paolo Crivellaro ein weiteres Handbuch vor, das allen Lehrenden wie Studierenden als eine Zusammenfassung des Lernstoffes zur Aufführungspraxis der französischen Klassik und Vorklassik in übersichtlicher Nachschlageform dienen kann.

Nach der historisch begründeten Definition des Themas und Erläuterung der Überlieferungen, der Satztypen und des Orgeltyps beschäftigt sich der Autor mit den praktischen Aufführungsproblemen dieses Literaturbereiches wie den Registrierungen und Spielweisen, Tempo, Gebrauch des Pedals, Ornamentik usw. und belegt dies alles mit etlichen Zitaten (frz./dt.) der Zeit.

Die wichtigsten Komponisten von Titelouze bis Balbastre werden mit eigenen Abschnitten portraitiert zusammen mit den Orgeln, die sie gespielt haben. Nachdem Susanne Diederichs Arbeit Originale Registrieranweisungen in der frz. Orgelmusik des 17. und 18. Jh. (Kassel 1975) schon lange vergriffen ist, ist Crivellaros Zusammenfassung nun der grundlegende Band, wenn man sich mit der französischen Klassik beschäftigen will.

Rainer Goede für www.orgel-information.de
März 2022

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Èdouard Batiste - Orgelwerke

Herausgeber: Günter Kaluza
Verlag. Heinrichshofen & Noetzel

Antoine-Édouard Batiste (1820 – 1876), Schüler von Francois Benoist, seit 1839 am Conservatoire Professor für Chorgesang und Solfège und seit 1842 Organist an der Clicquot-Orgel der Kirche St-Nicolas-des-Champs, wurde 1854 Titularorganist von Saint-Eustache, wo die neue Orgel der Firma Ducrocquet (IV, 68) gerade eingeweiht worden war. Sie besaß einerseits aus dem 18.Jahrhundert überlieferte Klangfarben, andererseits auch zahlreiche neue Register (überblasende Stimmen, durchschlagende Zungen, Voix céleste, Keraulophon). Für diese Orgel schrieb Batiste, der auch als Orgelsachverständiger gefragt war, eine große Anzahl von u.a. Offertoires, Èlevationen, Communionen und Sorties, auch Transkriptionen von Werken u.a. Beethovens, Schuberts und Chopins, wie es damals üblich war.

Günter Kaluza sammelte für seine Ausgabe 19 Piecen aus dem Gesamtwerk von Batiste aus, meist kürzere Graduale, Antiphone, Entrées und Marches u.a., schöne und eingängige Musik von nicht zu hohem Schwierigkeitsgrad. Leider bleibt er jede Interpretationshilfe schuldig, keine Registrierangaben, keine Opusnummern, kein Kritischer Bericht, der über die Herkunft der Stücke Auskunft gäbe, keine Disposition der Ducrocquet-Orgel, so dass die Gefahr groß ist, dass die Stücke nicht adäquat gespielt werden. Selbst das Internet stellt kaum derlei Informationen zu Batiste zur Verfügung, so dass diese gut gemeinte Edition mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Schade, denn Batistes Werke haben eine Wiederbelebung verdient, in ihrer Art von Zeitzeugenschaft spiegeln sie französische National-Geschichte zwischen 1845 und 1870, allemal wichtig auch für deutsche Organisten betreffs eines gemeinsamen europäischen Geistes heute.

Rainer Goede
November 2021 / März 2022

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Zur Aufführung der Orgelwerke Felix Mendelssohn Bartholdys

Autor: Burkhard Wind
Verlag: Olms

Der vorliegende Band erschien als Band 110 der Studien und Materialien zur Musikwissenschaft als Dissertationsarbeit an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main.
Der 280 Seiten dicke Band bringt Informationen zum Fingersatz, zur Pedalspieltechnik, Artikulation, Phrasierung, Akzentuierung, Ornamentik und Tempo der Zeit. Akribisch hat der Autor die wesentlichen Quellen aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammengetragen, um daraus schließend Mendelssohns Spielpraxis herzuleiten. Quellen aus der Hand Mendelssohns selbst sind kaum vorhanden, so halten sich die Angaben zu Mendelssohn in einem übersehbaren Umfang. Vor allem in den Abschnitten Artikulation, Phrasierung und Tempo finden sich wichtige Hinweise zu seiner Spielpraxis, während die anderen Kapitel grundlegende Hinweise geben auf die Interpretation von Werken der Frühromantik. Da bietet Wind eine Fülle von Quellen, die zu studieren allemal fruchtbringend ist.

Rainer Goede
November 2021 / März 2022

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Simon Preston - The Argo Organ Recordings

Interpret: Simon Preston
Instrument: Organ of Westminster Abbey
Label: Decca Eloquence

CD 1:  JSB: Schübler Choräle, Mozart KV 608, KV 594
CD 2:  Walton, Clarke, Händel, Elgar, Vierne, Wagner, Guilmant, Schumann, Karg-Elert, Widor.

Musik ist die Sprache der Engel. Dieser Ausspruch stammt vom Thomas Carlyle (1795-1881), der als schottischer Essayist und Historiker im viktorianischen Großbritannien sehr einflussreich war. Um es kurz zu machen, auch wenn es keine Information zum Referenzinstrument gibt (nach meinen Recherchen Harrison 1937) und das Booklet nur mit dem Englischen Text auskommt, entschädigt die Musikauswahl und Interpretation trotzdem vollends.

Auf CD 1 finden sich zunächst Bachs Schübler Choräle. In „Wachet auf“ erklingt die Choralmelodie solistisch wunderbar prägnant und präsent durch ein markantes Zungenregister, während die Begleitebenen dabei durchaus obertonreich gestaltet sind. Dem schließen sich die Werke von W. A. Mozart an, die mit wunderbarer Lebendig- und Leichtigkeit, quasi schwebend, aufgenommen sind.

CD 2 schließt sich an mit Werken, die eher pompös, effektvoll und melodisch einschmeichelnd sind. Was für ein Charme gibt es z.B. in „A Coronation March“ von Walton, analog in „Imperial March“ von Elgar mit fast schon militärischen Passagen, was ein Schmelz in schmetternden Fanfarenstücken von J. Clarke („The Prince of Denmark´s March“ und „Trumpet Tune“). Als Transkription erklingt aufgewühlt und spannungsgeladen „Wagners Pilgrims´ Chorus aus Tannhäuser“ dank der Fassung von Edwin H. Lemare.
Von virtuoser Motorik ist Finale aus der Symphony Nr. 1 von L. Vierne zu hören („with hyper-impressionistic miniatures“) und ebenbürtig „Guilmants March on a Theme of Händel“ (mit starker Ähnlichkeit zu „Caro mio ben“ von T. Giordani).
Aus good old Germany gibt es noch Schumanns Skizze op. 65 für Pedalflügel und Marche Triomphale von Regers Rivalen S. Karg-Elert. Widors Toccata (Allegro a.d. 5. Symphony) ist und bleibt immer noch in F-Dur. Hier wäre die genannte Tonart F minor (sic!) natürlich in F major zu korrigieren….Aber das ist alles verzeihlich, denn Simon Preston überzeugt durch packende Spielweise.

Fazit: Großer Kunstgenuss mit bekannten Orgelwerken, die ins Ohr und ins Herz gehen.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Zwei kleinere Choralvorspiele

Komponistin: Hofmann, Dorothea
Verlag: Furore

Neugierig nach dieser Komponistin der Moderne geworden, machte ich mich sogleich auf Entdeckungssuche. Sehr originell fand ich dabei den Treffer „3. Tanztee beim Ameisenbär“. Auf Ihrer Homepage www.hofmannmusic.de ist der Anspruch „Musik ist der Klang des Universums“ hinterlegt.
Dorothea Hofmann lebt in München und lehrt als Professorin für Musikwissenschaft und Musiksoziologie an der dortigen Hochschule für Musik und Theater. Ein hohes Ziel ist es immer, sich auf Bachs Orgel-Büchlein zu berufen, denn die Gestaltungsweise ist hier doch anders.

In der im Sommer 2020 erschienenen Notenausgabe „Zwei kleine Choralvorspiele“ geht es um textlich eher schwere Kost: Der Tod mitten im Leben ist doch ein Aspekt, den wir für später verschieben, wenn nicht sogar ausblenden. Der Tod als Tabu. Und doch, der Tod ist unser täglicher Begleiter:
„Mitten wir im Leben sind mit dem Tod“ umfangen findet sich unter EG 518 und ebenso im GL (dort allerdings um einen ganzen Ton tiefer) unter Nr. 503. Es handelt sich dabei um eine Nachdichtung der frühmittelalterlichen lateinischen Antiphon (eine Art wechselweise gesungener Kehrvers) „Media vita in morte sumus“ durch Martin Luther, erstmalig 1524 in Wittenberg gedruckt.
In „Wo Gott der Herr nicht bei uns hält“ ist die Choralmelodie 1529 ebenfalls in Wittenberg belegt. Der Liedtext stammt von keinem Geringeren als Justus Jonas, der später Martin Luthers Leichenpredigt halten sollte.

Musikalisch wirken die Choralmelodien besonders durch ihre Ursprünglichkeit. Hier gibt es eben keine Koloraturen wie bei JSB. Spannend ist dabei auch der wandernde cantus firmus in verschiedenen Stimmen. In beiden Choralvorspielen ist zudem eine Vorliebe für Toccatenelemente zu finden, die in wechselweise fallenden und aufsteigenden Quintolen-Figuren berücksichtigt sind.

Die beiden kurzen Werke haben ihre Existenzberechtigung bei Orgelandachten bzw. bei interdisziplinären Projekten. Thomas Noll, frei schaffender Musiker in Berlin, brachte diese Werke am Samstag, 5. Oktober 2019 anläßlich der Rand(fest)spiele an der Kombinationsorgel (Pfeifenbestand 1978 VEB Jehmlich Orgelbau Dresden, opus 984 mit Erweiterung um elektronische Register der Fa. Ahlborn, Ditzingen durch W. Sauer Orgelbau Frankfurt/O. Müllrose) in der St. Annenkirche im brandenburgischen Zepernick/Panketal zur Uraufführung.

Die Disposition hat das Institut für Orgelforschung Brandenburg aufgezeichnet: https://www.orgellandschaftbrandenburg.de/orgelinventar/barnim-on/zepernick-ev/

Fazit: Auch mit Elementen zeitgenössischer Musik (mit Toleranz zu Dissonanzen) können Choralmelodien aus dem 16. Jahrhundert noch lebendig und aktuell auf uns wirken.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Stille och Snö

Komponistin: Schlüter, Ann-Helena
Verlag: Heinrichshofen & Noetzel


Bereits am Anfang sei mir ein kleiner Hinweis gestattet. Bei den Titeln „Snö“ und „Nun. Panik! erfolgt auch die Zuweisung der Stücke für Klavier.
Und „Silence“ ist für Orgel vierhändig konzipiert.

Von der optischen Aufmachung und der Papierqualität ist man positiv überrascht.
Ebenso von der Zeitangaben zur jeweiligen Spieldauer. Damit hat man gute und verlässliche  Richtwerte. Laut Vorwort trägt jede (!) Note eine Botschaft und die Stücke sind für Konzerte und Unterricht geeignet. Dann sollten aber auch alle (!) Noten stimmen. Auf Seite 17 ist ab Takt 38 die Pedalstimme im Violinschlüssel notiert. Ohnehin ist dieses Stück „Nun. Panik!“ opulent mit Regieanweisungen aller Art ausgestattet. Ohne Steppschuhe düfte die Interpretation wohl scheitern. Musik als Performance? Dieser Eindruck besteht schon bei der Formulierung: Rechter Fuß schlägt laut auf Pedal, ohne Tasten niederzudrücken, oder? Dann vergessen wir mal das Orgelpedal. Denn Snö (Schnee) ist ausdrücklich für Klavier bzw. Orgel manualiter gedacht. Geheimnisvoll. Leise. Unterkühlt.

Alle Kompositionen tragen starke improvisatorische Züge von virtuoser Technik und sind von pianistischen Klangvorstellungen geprägt. Ein statisches Instrument, wie es die Orgel eben ist, lebt aber auch von polyphonen Linien, Elementen, Durchdringungen, Motiven und Entwicklungen. Und genau diese finde ich hier noch ausbaufähig. Stattdessen ist oft eine spröde bis schroffe Gestaltung gewählt, wobei Passagen und Dissonanzen einfach und unvermittelt auftauchen, die dann eher als Fremdkörper denn als Überraschung wirken. Auch kann ich mich nicht wirklich an absichtlich schwierig wirkenden (weil konstruierten) Takten begeistern. Auf Seite 13 ist notiert: 4/4 plus 1/8. Das wären doch einfach 9/8 als Alternative. Warum also kompliziert, wenn es auch logisch einfach geht. Und so wirken auch Ostinato-Figurationen manchmal steif und sprunghaft. Zudem ist mir bei vielen Stücken eine „Ausdünnung“ aufgefallen, besonders was die Schlussgestaltung belangt. Dieses Versinken im Nichts, oder Eintauchen in Nebel wirkt des öfteren nicht konsequent. Die Sache mit nicht vorhandenen Orgeltönen auf Manual- oder Pedalklaviaturen ist leider auch hier wieder gegeben, Takt 19/Seite 23 im Pedal. Das sollte in Folgeausgaben bereinigt werden.

Gut gelungen finde ich in Art einer Passacaglia den Titel „Making“. Das Motiv mit der fallende Basslinie E-D-C-H schafft hier einen wunderbaren Hintergrund und entwickelt sich auch in anderen tonalen Zentren und in Umkehrungen weiter. 
In „Jeden Augenblick“ könnte gerne in Takt 4 und 5 nicht existierende Manualtöne (A und H) oktaviert werden.  Gesamteindruck: Trotz vieler poetischer Passagen und hochvirtuoser Geläufigkeit bleibt doch manchmal und etappenweise ein etwas nüchterner Eindruck zurück. Eigentlich schade. 


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Viren. Pandemie für Orgel op. 77

Komponistin: Schlüter, Ann-Helena
Verlag: Furore

Der Titel stellt Weichen. Die Emanzipation des Fragezeichens? Geht es hier eher um Musik aus Galaxie und Futurismus? Bereits erklärungsbedürftig per se scheint mir der Hinweis: Sound Research of Women Composers: Contemporary Music (C 498). Handelt es sich hier um eine wissenschaftliche Studie, oder um eine bürokratische interne Nummer? Zur Komposition selbst habe ich mir mehrfach die dazugehörige Youtube Einspielung angehört und finde hier manche Ungereimtheiten zwischen gespielter und notierter Fassung. Dynamisch bewegt sich die bewegte, quirlige aber auch streckenweise unruhige Komposition in den Stärkegraden von ppp über mp, mf usw. bis zu fff. Dazu sollte man ein IV-manualiges Instrument zur Verfügung haben! Zzumindest steht die Ziffer römisch IV gleich auf Seite 4.

Gestrichelte Takte, freier Umgang mit Groß- und Kleinschreibung (einmal heißt es Manual 3, dann manual 2) sollten nicht weiter irritieren, wären da aber nicht wirklich existierende Orgeltöne, die trotzdem häufig notiert sind, so verstärkt ab Takt 36 bis Takt 46.
Also Zauberorgel oder doch Flügel bzw. Klavier?  Etwas bizarr mutet die eingedruckte Formulierung in Takt 24: wie höhnisches Gelächter in den Sextolen-Passagen. Aber wie geht das? Um den sehr komplexen Notentext exakt notengetreu spielen zu können, hätte ich mir öfters ein differenziertes Druckbild gewünscht. So erscheint doch vieles unnötig verkompliziert, bei vielen Fermaten besteht glücklicherweise die Möglichkeit einer Zäsur. Doch ausgerechnet bei den Glissandi-Anforderungen (über alle Manuale verteilt, punktiert) findet sich der für mich unfreiwillig komische  Zusatz „koboldhaft“. Auffällig sind bei der Komposition viele Tonwiederholungen, Permutationen, Trillerketten, chromatische Gegenläufe, dynamische Kontraste:  sicher nette Ideen, aber oft musikalisch etwas dürftig. So ist auf Seite 11 nach der ppp Stelle nach der Fermate ein abrupter ff Klang „höhnisch, hysterisch“ gefordert. Die danach folgenden unisono-Passagen wirken mir etwas bemüht unstrukturiert und zudem spröde. Nach forcierten Clusterdissonanzen und sprunghaften Intervallen gibt es eine trillerartige Umspielung in Steigerungsmanier, die in ein finales fatales ff mündet. Aufgrund massiver Tonrepetitionen ist hierbei eine sensible (mechanische!) Spieltraktur vorteilhaft. Nach cresc. molto gibt es eine bemerkenswerte, total schräge und hochdisssonante neunstimmige Klangforcierung mit den aufsteigenden Tönen E, F, D, F, A, H, C, D bis, Fis 1,  die sich „sterbend“ durch subito piano und morendo in dem Einzelton fis 3 am Schluss verliert. Insgesamt handelt es sich um skizzierte Musik mit vielen improvisatorischen Kniffen,  sehr vielen Überraschungen und noch mehr Verunsicherungen. Aber das scheint genau so gewollt zu sein.
Besonders ärgerlich hierbei (kostenmaximierend!) das zu viele Papier und  vermeidbare Wendestellen, zumal das Pedalspiel des öfteren pausiert, und diese Notenzeile damit infolge Dauerpausen verzichtbar gewesen wäre. Hier gilt wirklich: weniger ist mehr.

Die wohl zur Komposition dazugehörige obligatorische Sentenz in Poesie von Ann-Helena Schlüter sei hier nicht vorenthalten:
Wie ein Hauch scheinst du volle Schaufel Mensch. Schnellgeblühtes. Wo ist dein Land?

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Musik für Orgel

Interpret: Matthias Geuting
Instrument: Peter-Orgel St. Peter Köln
Label: Querstand

Hans Otte (1926-2007) - Touches 1965
Erik Janson (1967) - Couleurs célestes 2011
Jörg Herchert (1943) - komposition 1 für orgel IV (1980)
Matthias Schlothfeld (1968) - Bitter Crop 2011
Mauricio Kagel (1931-2008) - Improvisation ajoutée. Musik für Orgel 1962

Matthias Geuting promovierte mit einer Arbeit über die Konzerte und Sonaten von Johann Sebastian Bach. Einen Schwerpunkt belegen zudem Uraufführungen zeitgenössischer Orgelwerke.

Allen Einspielungen (fünf Stücke von fünf Komponisten) ist zunächst eine Experimentierfreudigkeit nicht fremd. So sind Arbeiten mit Tonbandgeräten, Verzerrungen, Aleatorik, serielle Techniken, Geräuschen etc. hier an der Tagesordnung. Viele solcher „Schlüsselwerke“ sind bereits von Kompositionen wie z.B. von Stockhausen, Cage, Schnebel, Ligeti u.a. bekannt. Übrigens: Kannten Sie z.B. Titel von Filmen, Hörspielen von Maurice Kagel?  Die da wären: In der Matratzengruft, Bestiarium, Broken Chords…Von sich selbst sagt er: Nur Leute, die Humor haben, sind unerbittlich ernst. Aber das hat viele Facetten.
Ich empfinde bei sämtlichen hier vertretenen Einspielungen eine Art Orientierungslosigkeit. Dazwischen sind immer wieder lange Pausen. Man fragt sich, geht es weiter? War es das schon? Dann kommen wieder gewaltige Tontrauben, Clusterüberlagerungen, Hup- und Sireneneinsätze. Neben Tastenfessel, Winddrossel, Intervallsetzern hat das Referenzinstrument weitere Rafinessen wie Turmglocken an, Trillerpfeife, Cymbelrotationen (Quadrupla I bis V), Sirene, Jauler, Xylodur.  Hierzu ist im Booklet die exakte Disposition der Hauptorgel sowie der Chororgel in der Kunststation St. Peter Köln hinterlegt. Diese Orgelanlage gilt ja als Meilenstein des zeitgenössischen Orgelbaues und der Prospekt wirkt ebenso futuristisch, wie die auf der CD eingespielten Titel.

Etwas befremdlich finde ich in „Bitter Crop“ die teils „dämonischen“ Klangschichtungen. Der Zusammenhang von Strange Fruit (merkwürdige Früchte) und Bitter Crop (bittere Ernte) ist auf Seite 3 im Booklet nachzulesen. Mir erscheint vieles, man möge mir den Ausdruck verzeihen, wie Musik aus dem Versuchslabor. Zu abstrus, abrupt und nihilistisch.
Musik als Zumutung, das ist ein Anspruch, bzw. eine Perspektive, die sicher kontrovers interpretiert werden darf. Manche Passage wirkt aber eher doch bedrohlich, unheimlich, psychotisch, egozentrisch. Eine solche Musikkulisse mit Assoziationen zu Autohupen könnte leider auch im Zusammenhang mit zunehmender Aggressionen im Straßenverkehr gesehen werden?
Alles Ansichtssache? Besuchen wir nochmals Bach. S.D.G. Sicher durch Gefahren? Oder S.D.G.  im Sinne von Soli Deo Gloria.
Vielleicht darf ergänzend neu definiert werden: Solidarität den Geräuschen.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Carl Loewe und die Orgel

Interpret: Irénée Peyrot
Instrument: Rühlmann-orgel Stadtkirche St. Petri Löbejün
Label: Querstand

Zweifelsohne liegt ein Schwerpunkt von Carl Löwe in der Gesangsballade, d.h. in der individuellen Balladenvertonung für Singstimme samt Klavierbegleitung. Ihm gelang es durch seine Charakterisierungskunst eine meisterhafte Synthese von Poese und Musik herzustellen. Durch Durchdringung dramatischer, epischer und lyrischer Passagen verstand er es, Balladenstoff  durch Gesang mit Klavierunterstützung voll auszuschöpfen. Sein produktives Gesamtschaffen umfasst an die 500 Balladen, Lieder und Gesänge, 18 Oratorien, 6 Opern, 2 Symphonien, 2 Klavierkonzerte, 4 Streichquartette, weitere Kammermusik, Klavierwerke und Chorkompositionen.
Zitat: „Wir dürfen ihn zu den Stiefkindern der musikgeschichtlichen Forschung zählen, und bis heute schwankt sein Bild zwischen Gunst und Ablehnung, zwischen Anerkennen und Belächeln; die einen überschätzen ihn, die anderen unterschätzen ihn. Wer ihn kennt, versteht ihn zu lieben. Wer ihn nicht kennt, teilt das Urteil der Massen.“ Gerhard Dallmann, Greifswald, 1996: „Carl Loewe – ein Leben für die Musik“

Zunächst mag die Verbindung Löwe und die Orgel Erstaunen hervorrufen. Dass ihm aber die Orgel lebenslang am Herzen lag, zeigt eindeutig die testamentarische Verfügung, sein Herz nach dem Tode in einem der Orgel nahegelegen Pfeiler der Stettiner Jacobikirche einmauern zu lassen. Weitere biografische Stationen und Ereignisse werden im umfangreichen Booklet liebevoll und detailreich gewürdigt. Ja den Namen Löwe sollte man sich gut merken! Übrigens wurde im gleichen Jahr (1796) der deutsche Dichter August von Platen geboren.

Es ist ein genialer Schachzug, das Wirken von Carl Löwe an dessen Geburtsort Löbejün in mindestens doppelter Dimension zu erhalten. Da ist zunächst die am 10.Dezember 1992 gegründete Carl-Löwe-Gesellschaft e.V. am Ort selbst und  natürlich das qualitative Referenzinstument, die spätromantische Rühlmann-Orgel (1901 erbaut, 2017/18 saniert) in der Stadtkirche St. Petri, wiederum in Löbejün, zu nennen. Und dann gibt es eine glückliche Verbindung nach Halle, wo Irénée Peyrot, geboren in Lyon, seit 2019 in der Funktion als Kirchenmusikdirektor segensreich wirkt. Seine grandiosen Adaptionen bzw. Bearbeitungen werden sicher einen gebührenden Beitrag leisten, Carl Löwe auch ganzheitlich zu sehen. 18 Titel gibt es auf der CD: Choralvorspiele, Balladen, Biblische Bilder, Romanzen, und Transkriptionen aus Oratorium „Die Festzeiten“ und Passionsoratorium „Das Sühneopfer des neuen Bundes“. 

In allen Stücken erweist sich die Rühlmann-Orgel als kongenialer Partner. Von besonderer Wirkung ist dabei die sonore Posaune 16´, die in „Nun danket alle Gott“ und in „Lobet den Herrn, alle Heiden“ gut dosiert eingesetzt wird. Bei allen Stücken handelt es sich um bewegte und bewegende Musik im Sinne von emotional bis dramatisch, Musik die Gefühle anspricht und deshalb so wertvoll sein kann. Entdecken wir wieder solche Dimensionen! Diese CD bietet dazu die beste Gelegenheit. Danke allen Beteiligten, die dieses Projekt ermöglicht haben.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Orgelmusik in Doubravník

Interpret: Martin Poruba
Label: Arta

Auf der CD ist Europäische Orgelmusik von A (Albrechtsberger) bis Z (Zipoli) zu hören. Damit orientiert sich die Repertoire-Auswahl an der Jan Výmola-Orgel von 1760 in der Kreuzerhöhung-Kirche in Doubravník bei Brünn, restauriert von 2009-2013. Kurze Oktave, mitteltönige Stimmung sind Merkmale des historischen Instrumentes, von dem ein wertschätzender Restaurierungsbericht von Dalibor Michek beigefügt ist.
Darin ist auf sehr starken Holzwurmbefall hingewiesen ebenso auf die Entfernung späterer Ergänzungen. So wurden Tremulant, Manual-, Pedalkoppel aufgegeben, sowie Flöte 8´ als einziges nicht originales Register zugunsten Fagott 8´ ersetzt. Mit c´´´ ist der Manualumfang erreicht. Keine Angabe findet sich zu dem vermutlich eher spartanischen Pedalambitus.

Zu allen eingespielten Stücken sind die Registrierungen abgedruckt. Von besonderer Schönheit und Anmut wirken dabei die Schwebungs-, bzw. Streichregister Salicinale (sic) 8´und Biffera 8´ in den Stücken von Gottlieb Muffat und J.G. Albrechtsberger.
Auch die 4´ Flöte („Copula Minor“) macht solistisch eine gute Figur. Gegenüber dem Hauptwerk besitzt das Nebenmanual („Positiv“) keine Mixturen-Klangkrone mehr, aber immerhin noch die helle Octava 2´.
Und immerhin ist im Pedal neben Sub Bass 16´ Violon 8´ Octav Bass 4´ noch Cornet Bass 3-fach disponiert. Im Pleno ist das Instrument bei Johann Ernst Eberlin in Toccata (Pars Seconda) zu hören, die zuvor dezent mit Salicinale 8´ Qvinta Dena 8´ und Fugara 4´ manualiter begann. 

Interpret: Martin Poruba studierte Orgel bei Friedemann Winklhofer und Franz Lehrndorfer und ist nach vorheriger Domorganistenposition am Prager Veitsdom seit 2000 Kirchenmusiker in der Stadtpfarrkirche St. Georg in Freising.

Diese wunderbare CD bringt einen repräsentativen und gültigen Querschnitt von Orgelkompositionen zwischen 1700 und 1800, die im politischen Umfeld der Habsburger für kirchlichen Gebrauch entstanden sind. Speziell für die Weihnachtszeit ist die „Toccata-Pastorelle“ im 6/8 von Josef Ferdinand Norbert Seger. Mir machte es viel Freude, diese CD wiederholt anzuhören.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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La Pastourelle

Interpret: Christian Brembeck
Instrument: Ubhaus-Orgel Bobenthal

Label: Cantate

Um auf den Punkt zu kommen: bereits die eingespielten Werke von Beethoven und Balbastre machen diese CD zu einem puren Hörvergnügen. Bei Balbastre stellte sich unweigerlich bei mir die Volksweise „sur le pont d´Avignon“ ein. Und in diesem Zusammenhang möchte ich aus dem ausführlichen und kompetenten Booklet hier würdigend zitieren: Weihnachten 1762 war das Publikum in Notre-Dame de Paris von Balbastres Spiel so begeistert, dass es die Kirche nicht mehr verlassen wollte –  der Erzbischof belegte daraufhin unseren Maitre mit einem Spielverbot. So die Ausführungen.
Weiterhin gleichfalls faszinierend wirken auf mich die Beethoven Interpretationen:
Andante A-Dur, Klavierstück C-Dur, Bagatelle c-Moll, Andante C-Dur, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Ubhaus-Orgel über keinen 16´ im Pedal verfügt.
La Pastourelle, zugleich auch gewählter CD-Titel, ist dann unter Nr. 14 von Louis Couperin zu finden.

Insgesamt sind es 38 Titel, die durch meist sehr kurze, aber quicklebendige Titel positiv auffallen. Unbedingt zu nennen sind die Variationskünste von Samuel Scheidt (Alamanda Brynsmedelijn) und Leopold Mozart (Adagio con VI Variazioni). Von Joh. Ludwig Krebs fanden drei choralbezogene Werke Eingang in diese CD, während mehr „freie“ Musik im Toccaten- und Concerto-Stil von Johann Krieger, G. F. Händel, J. S. Bach, José Elias (Tiento) ebenso inspiriert und gültig erklingen.
Deswegen mein Tipp: unbedingt in das Künstler-Portrait des Interpreten reinschauen: www.brembeck.net

Last but not least endlich noch eine Information zum Referenzinstrument:
Ein in mehrfacher Hinsicht einzigartiges Kunstwerk ist die historische Orgel der St. Michaels-Kirche in Bobenthal. Das Instrument wurde 1817 durch den Orgelmacher Wendelin Ubhaus(er) aus Kirrweiler errichtet. Lange Jahre fristete die Orgel ein Schattendasein und geriet zunehmend in einen desolaten Zustand. Erst 2016/17 konnte das Instrument einer grundlegenden Restaurierung durch die Fa. Johannes Rohl unterzogen werden. So erstrahlte passenderweise 2017 diese Orgel im 200. Jahr ihres Bestehens in altem Glanz und in neuer Frische.
Fazit: Herzlichen Dank allen Beteiligten, die diese Jubiläums-CD damals ermöglichten.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Seicento

Interpreten: Stuttgarter Posaunen Consort, Henning Wiegräbe, Simon Reichert
Label: Paschen records

Dass Musik auch vor J. S. Bach durchaus ihre Reize hat, beweist diese CD. Um einige Jahreszahlen des ausgewählten Repertoires aus den Epochen von  Renaissance und Barock zu nennen: 1584 („Qui manducat meam carnem“ von Claudio Merulo)  und 1659 („Capriccio sopra sette notte a 3 von Maurizio Cazzati“). Zugegebenermaßen wird mancher mit solchen Namen wie Gabrieli und Monteverdi noch mehr verbinden können.

Übrigens: Bei den Canzonen handelt es sich sogar um tatsächliche Beispiele originaler Kompositionen für Posaunen. Dazu die Booklet-Information: Die frühest erhaltene Posaune stammt aus Nürnberg aus dem Jahr 1551. Durch die musikalische und klangliche Flexibilität wurde diese zu einem der wichtigsten Instrumente der ausgehenden Renaissance. Und so sind aus dieser hochspannenden Umbruchszeit auch weitere Komponisten zu finden, die da heißen: Gabriel Sponga, Giovanni Martino Cesare, Francesco Usper, Adam Jarzebsky, Johann Hentzschel, Massimiliano Neri, Tiburtinus Massaino.

Das Stuttgarter Posaunen Consort spielt auf Nachbauten von Renaissanceposaunen und kommt zu einem immer ausgewogenen Klangspektrum. Die elegante Musik mit hohen Anforderungen wie Doppelchörigkeit u.a. wird bei jedem Stück zu einem Hochgenuss. Zu allen Künstlern gibt das Booklet weitere Auskünfte. Ihnen allen ein herzliches Kompliment für diese gültige Musik, speziell den beiden Leitern: Henning Wiegräbe (Trombone, Musical Director), Simon Reichert (organ). Letzterem Interpreten stand für diese hochwertige Aufnahme die raumfüllende Chororgel der Stiftskirche Neustadt a.d. Weinstraße, erbaut von Bernhardt H. Edskes, in einer historischen Stimmung (Chorton!) zur Verfügung.

Danke für diese wunderbare CD, die man sich gerne wiederholt anhört. 

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Raumgestalten

Interpretin: Angela Metzger
Instrument: Orgel der Kunst-Station St. Peter Köln
Label: Are

Zeitgenössische Musik ist eine Wüste mit ein paar ausgespuckten Dattelkernen hier und da.
So die klare Ansage von Pablo Casals (1876-1973).

Orgelmusik ist im Idealfall eine spannende Sache mit Ausnahmen. Doch oft fällt Anspruch und Wirkung auseinander und im Alltag kann für viele Menschen Orgelmusik immer noch eine abstrakte und schwierige Materie sein. Und so kann „moderne“ Orgelmusik dabei durchaus nerven, wenn diese zu sehr aus Abstraktionen des nüchternen Kopfes entsteht. Musik als Konstruktion?
Bei der CD RAUMGESTALTEN wundere ich mich bereits über die optische Aufmachung: wenig erkennbare hellgrauen Strukturen auf weißem Hintergrund! Nun gut. Angela Metzger interpretiert „Raumgestalten“, den sechssätzigen Zyklus des Komponisten Dominik Susteck (*1977)  konkret mit: I.Schraffur – II. Mond – III. Geometrische Figuren – IV. Apokalypse – V. Tropfen – VI. Endzeit.
Hierzu existieren Werkkommentare aus der Perspektive des Komponisten. Allerdings: das Referenz-Instrument wird in keinster Weise vorgestellt oder gewürdigt, und das ist hier unverzeihlich. Zumal gerade diese Orgel der „Kunst-Station“ Sankt Peter Köln über Besonderheiten verfügt, die es nirgends anderswo gibt. Mit Verlaub deswegen hier unbedingt nötige Informationen:

Quelle: https://www.sankt-peter-koeln.de/wp/raum-2/orgeln/
Diese „Ausnahme“-Orgel gilt als Meilenstein zeitgenössischen Orgelbaus und wurde durch Orgelbau W. Peter mit Substanz der Vorgängerorgel erstellt. Peter Bares (1936-2014) konnte hier viele seiner klanglichen Vorstellungen realisieren. Und dessen Inspiration verdankt eben diese Orgel viele ungewöhnliche Register samt singularer Besonderheiten. Immerhin verfügt die Orgelanlage über mehr als 100 Register und Spielhilfen! Am Hauptspieltisch sind 6 Werke spielbar, darunter Koppelwerk und Trompeteria. Das Schlagwerk hat Röhrenglocken, Xylophon, Xylodur, Becken, Harfe, Psalterium, Glockencymbel. Zudem existieren:   Beckenstern, Silberklang, Jauler, Sirene und Hahnenschrei (etwa mit Kinoorgel-effekten vergleichbar). Außerdem lassen sich die sieben Glocken im Turm vom Hauptspieltisch aus bedienen. Hinzu kommen eine Fülle von Effekten/Spielhilfen: chromatische Organumkoppel, Pedal-Dur-Organum, Registermanual, Bass(Pedal)koppel  ins Manual, Tastenfessel, stufenlos verstellbare Winddrossel.
Soweit die hinterlegten Informationen.

Der Interpretin  gelingt durch diese enormen percussiven Klangerweiterungen die Umsetzung der Komposition mit allen Eigen- und Besonderheiten wie z.B. Cluster, Klangballungen, das Spiel mit „lebendigem“ (differenziertem) Wind. Musik mit Geräuschen, Geräusche mit Musik im futuristischen Ambiente.
Inwieweit man den Begriftt „Apokalypse“ oder „Armageddon“ wählt, das möge jeder beim hören selbst entscheiden. Provokationen und Erschütterungen sind im Leben nichts Außergewöhnliches mehr. Die Pandemie lässt grüßen? Somit handelt es sich gerade deswegen auch um eine Art Zeitdokument.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
November 2021 / Februar 2022

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Orgelbuch 21

Komponist: Johannes Matthias Michel
Verlag: Strube

Toccata in „Unum Deum“
Fanfare „Haec dies“
Tierce en Taille
Scherzo
Toccata Campanella
Fünf Meditationen zur Passion

Take Eight? Eine Vorliebe für Taktwechsel gibt es schon und auch der 7/8-Takt taucht gerne auf. Warum auch nicht. Dem Komponisten Johannes Matthias Michel, Jahrgang 1962, gelingt es immer wieder, zeitgenössische Elemente mit tradierten Formen in einer gültigen Balance zu kombinieren.
Die Stücke sind im Zeitraum 1988 bis 2021 entstanden. Folgenden sechs Personen (Kriterium ist für mich dabei das aufsteigende Geburtstdatum) sind die einzelnen Stücke dediziert: Ludger Lohmann (*1954), Markus Eichenlaub (*1970), Heike Ittmann (*1973), Andreas Jetter (*1978), Matthias Maierhofer (*1979), Alexander Niehues (*1983). So richtet sich Zielgruppe wohl besonders an Kollegen/innen aus der Zunft der Domorganisten/innen.

Virtuose Satzweise, vollgriffige Akkorde, Polyrhythmische Ebenen erfordern in der Tat versierte Interpreten/innen.
Besondere Intensität ist den Fünf Meditationen zu Passionszeit gewidmet. Die einzelnen Sätze seien hier deswegen gewürdigt:

I. Verstummender Schmerz (in Kontrasten zwischen Ruhig und Bewegt)
II. Zerreißendes Kreuz (mit häufigen Akkord- undTonrepetitionen)
III. Geronnener Wind (Ostinato-Motiv in spitzer Registrierung)
IV. Zerbrochene Nacht (differenzierte Schwebungsklänge mit Unda maris und Solostimmen Gambe, Flöte, Oboe)
V. Gefrorene Zeit (Fallende Basslinie im Pedal mit Flöte 2´ hervortretend gegen gleichfalls helle Manualregistrierung).

Klanglich ist man mit den Registrierungshinweisen immer auf der sicheren Seite. Ein üppiges Instrument (mit Schweller etc.) schadet nicht.
Klar: Nicht jede Dorforgel lässt sich auch automatisch zur Domorgel hochstilisieren. Trotzdem seien alle diese spannenden freien Orgelwerke jedem ans Herz gelegt, der seinen Horizont in Richtung Avantgarde erweitern möchte. Dem Komponisten und dem Verlag ein herzlicher Dank für das Wagnis.

Christoph Brückner
Oktober 2021 / Februar 2022

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Orgelkalender Deutschland 2022

Verlag: Butz

Beginnen möchte ich mit einem Zitat:
Geschickte Inszenierungen von Orgeln sind ein sehr weites Feld, dessen Potenzial durchaus geeignet erscheint, der Orgel(-Musik) eine glänzende Zukunft zu bescheren. (Syré)

Nach den großen Erfolgen der Orgelkalender-Ausgaben vorausgegangener Jahre bietet der Verlag Butz allen Orgelfreunden/innen 2022 einen erneuten Augenschmaus:
Die brillanten und faszinierenden Bilder der neuseeländischen Fotografin und Bestseller-Autorin Jenny Setchell (BuB13, BuB17, BuB21, BuB25) kommen wiederum exzellent zum Leuchten. Insgesamt sind 13 Orgeln in Deutschland aus unterschiedlichen Entstehungszeiten und Regionen vorstellt. Format: A4. Mehr unter: jenny-setchell.pixels.com

Dispositionen sind zwar keine aufgeführt, dennoch möchte ich geordnet nach PLZ  auf alle Instrumente sehr kurz eingehen. Jede/r Leser/in kann so bereits anhand der Registerzahlen die kleinste, die größte und anhand der PLZ die nördlichste und südlichste Orgel finden:
Die Vielseitigkeit der abgebildeten Instrumente beginnt im Raum Sachsen (PLZ 04109) und endet im Raum Thüringen (PLZ 99084). Der Vollständigkeit halber somit hier die komplette Übersicht:

04107 Leipzig, Nikolaikirche - Eule 2004 V/102
25826 St. Peter-Ording ev. Kirche - Lobback 1999 III/37
28195 Bremen Dom „Bach“-Orgel - van Vulpen 1966 III/35
35578 Wetzlar Dom - R. v. Beckerath 1955 III/49
38104 Riddagshausen Abteikirche - Führer 1979 III/31
66916 St. Wendel Wendalinusbasilika - Klais 1933/34 IV/57
67547 Worms Dom - Klais 1985 III/34
76133 Karlruhe Stadtkiche - Steinmeyer 1957 IV/69
79650 Schopfheim Ev. Stadtkirche - Voit  1892 II/26
86956 Schongau St. Mariä Himmelfahrt - Sandtner 2012 III/43
88131 Lindau Münster Marien-Orgel - Mayer 1993 II/30
960149 Bamberg Obere Pfarre - Eisenbarth 1995 IV/60
99084 Erfurt Predigerkirche - Schuke 1977  III/56

Und noch ein Superlativ: der älteste Prospekt stammt von Heinrich Compenius d .J. (1619) in Riddagshausen, gefolgt von (1650) Ludwig Compenius Erfurt Predigerkirche.

Fazit: Dieser wunderbare und zudem preisgünstige Kalender eignet sich für Orgelfreunde/innen, und solche, die es noch werden: für jedermann/frau ein must have! Somit gilt „Alle Jahre wieder“: Danke lieber Dr. Butz Verlag dafür.   

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Februar 2022

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Chessmen

Komponist: Miller, Timothy
Verlag: Cantando

Wann war Ihr letztes Schachspiel? Mir ist noch in Erinnerung die Formulierung:
Weiß beginnt und Schwarz gewinnt….

Timoty Miller hat bezugnehmend auf die Schachfiguren King-Queen-Knight-Castle-Bishop-Pawn sechs wunderbare Miniaturen für Klavier geschaffen, im besten Wortverständnis. Sechs individuelle „Charakterstücke“ mit jeweils eigenen Stimmungsgehalten. Gleich ob Fanfaren-, Trommel-Motive oder punktierter Rhythmus, immer gibt der Komponist gezielte Stimmungsbilder und Kontraste vor. Motive werden dabei abgewandelt, entwickeln sich in Spiegelung und Umkehrung weiter, ein markantes Ostinato-Motiv taucht z.B in Nr. 5 – The Bishop mit passender Tempovorschrift „Running“ auf.

Hinweise zur Dynamik gibt es dazu hilfreich weil reichhaltig, und jeder Interpret freut sich wohl auch auf klare Ansagen wie „non legato“. Wer fühlt sich da nicht an „Wilder Reiter“ von Robert Schumann erinnert. Ein weiteres Plus:
Sehr vorteilhaft ist der grafische Notensatz. Eine einzige Wendestelle gibt es nur in Nr. 3: The Knight.

Eine Einspielung von Chessmen wäre somit wünschenswert. Immerhin gibt es aber in Youtube für die Freunde von Orgelmusik bereits mindestens diesen Treffer: Timoty Miller: Toccata 1996 for organ / hochgeladen von Carson Cooman.
Herzlichen Dank an Verlag, Komponist, Interpreten für diese wunderbaren Musikmomente.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Februar 2022

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Symphonia Aurora Borealis – Organ Symphony in six movements

Komponist: Sixten, Fredrik
Verlag: Cantando

Der schwedische, vielseitige Komponist F. Sixten wurde 1962 geboren und wirkte u.a. in Trondheim und Göteburg. Ab 2014 ist er freischaffender Musiker.

Der Fachbegriff „Aurora Borealis“ (Polarlicht) ist mehrfach interpretierbar. Statt Morgenröte vielleicht auch eher magisches Nordlicht.
Konzept: Alle Satztitel befassen sich mit Lichtphänomenen dark-dawn-dusk-darkness, divinity. Ein weiterer Begriff mit D könnte dazu sein: Demut vor Naturgeheimnissen? Der gewaltige 2017 entstandene Zyklus (an die 45 Minuten Spieldauer!) erfuhr im Dezember 2018 die deutsche Erstaufführung. Damit ist es das größte Orgelwerk von Fredrik Sixten.

Der letzte Satz „Divinity“ kann unterschiedlich gestaltet werden: Orgel solo bzw. (ad libitum) mit Sopran (Vokalise). Jeder Interpret ist spieltechnisch gut gefordert, was sich nicht nur in häufigem Doppelpedalspiel sondern auch in vielen kleinteiligen Notenwerten äußert. Der Kompositionsstil von Fredrik Sixten ist sehr vielseitig.

So fühlt man sich mal an mittelalterliche Hymnen, mal an gregorianische Elemente, oder an   Volksliedmelodien erinnert, die mit polyphonen Strukturen hochvirtuos in „Toccata Styl“ gipfeln. Zum Vortrag: unbedingt ist ein mindestens DREI (!)manualiges Instrument erforderlich, was der Komponist ausdrücklich so im Vorwort wünscht.

Fazit: individuelle Musik für besondere Anlässe im großen Rahmen.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Februar 2022

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Workbook Orgelchoral

Autor: Thorsten Maus
Verlag: Jubilate

Diverse Begleitmaterialien zu EG und GL gibt es mittlerweile in Hülle und Fülle.
Laut Vorwort bietet das Workbuch Anregungen für das Improvisieren kürzerer um nicht zu sagen kürzester Choralintonationen. Die Zielgruppe richtet sich an Einsteiger, Anfänger, Schüler. Der Herausgeber nimmt sich aber die Freiheit, von Tonarten der Gesangbuchnotation abzuweichen: Ach bleib mir deiner Gnade (C-Dur statt D-Dur), Danke für diesen guten Morgen (F-Dur statt G-Dur), Macht hoch die Tür (im viel zu tiefen C-Dur statt üblich Es-Dur). Immerhin gibt es ein Stück in A-Dur mit drei Vorzeichen (Alles meinem Gott zu Ehren). Alle diese Werke sind übersichtlich kurz und sehr leicht realisierbar. Doch leider geht es über Dreistimmigkeit so gut wie nie hinaus. (Ausnahme: Herr, deine Güt ist unbegrenzt). Die Frage bleibt somit, ob Schüler/innen nicht zugetraut oder zugemutet werden kann, sich das selbst anhand vorhandener (!) Orgelsätze zu er-ARBEIT-en im Anspruch als Herausforderung:  Learning by Doing.
Und somit ist für mich diese Workbook zwar nett, aber wer braucht das wirklich?
Ein gewisses Niveau sollte gehalten werden, und mir sind manche Sätze, trotz wechselnder c.f. – Lagen einfach zu blass und zu einfach gestrickt. Das dritte (!) Notenliniensystem hätte ganz weggelassen werden können, zumal wenn dieses nur aus Pausen besteht. Dagegen kommt der Satz zu „Christe, du Lamm Gottes“ wunderbar bereits mit zwei (!) Notenlinien aus. Ein kleines verzeihliches Druckfehlerteufelchen findet sich noch auf Seite 23: Zungen: 18, 8, 4. (Korrekt: 16, 8, 4).
Somit gesehen kann man die Stücke zwar spielen aber auch als Einstieg und Vorbereitungsmaterial betrachten.  

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Februar 2022

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Prayer of Remembrance

Herausgeber: Bella Kalinowska / Semjon Kalinowsky
Verlag: Strube

Würzburger, Siegfried: Passacaglia und Fuge über Kol Nidre
Lewandowski, Louis (Lasarus): Fünf Synagogen-Melodien op. 47
Sulzer, Joseph: Vier Präludien op. 10
Berlinski, Herman: Der brennende Dornbusch
Alain, Jehan: L'Année Liturgique Israélite

1810 ist ein markantes Jahr in der Geschichte der synagogalen Musik. In 38723 Seesen (Niedersachsen) lässt Israel Jacobson (1768-1828)  in der Synagoge seines „Religions- und Industrieinstituts” eine Orgel einbauen. Damit beginnt die Erfolgsstory der Synagogenorgel. Bis zur Reichspogromnacht 1938 hatten mindestens 130 Synagogen Orgeln im Gebiet des Deutschen Reiches. Mit der vorliegenden Edition wird ein Beitrag zum 1700-jährigen Jubiläum jüdischen Lebens in Deutschland geleistet.

Neben Werken von Louis Lewandowski, Joseph Sulzer, Herman Berlinski und Jehan Alain wurde die Passacaglia und Fuge über „Kol Nidre“  des Frankfurter Organisten Siegfried Würzburger aufgenommen. Eine Art Gemeinsamkeit, was die Vorliebe für expressive Tonarten (Wechsel!) angeht, findet sich sowohl bei Joseph Sulzer (Vier Präludien) auch auch bei Jehan Alain (L'Année Liturgique Israélite). Laut Verlagsverzeichnis im Strube Verlag gibt es bereits eine frühere Einzelausgabe mit Nr. VS 3053: Herman Berlinski: Der brennende Dornbusch. Deswegen möchte ich hierauf etwas ausführlicher eingehen:

Herman Berlinski gilt als einer der bedeutendsten Erneuerer jüdischer Sakralmusik und der jüdischen Orgelmusik. Die zwischen 1956 und 2000 entstandenen 12 (!) Orgelsinfonien stehen im Zentrum seines Wirkens. H. Berlinski kam 1910 in Leipzig zur Welt. 1933 emigrierte er nach Paris, 1941 in die USA, deren Staatsbürger er wurde. Das Thema siner Orgelsinfonie „The burning bush“ ist nicht ein herkömmliches musikalisches Motiv, sondern der Sprechrhythmus des hebräischen Gottesnamens. 1938 brannten in Deutschland die Synagogen, 18 Jahre später setzt Berlinski den Flammen der Schoa den brennenden Dornbusch entgegen, der doch nicht verbrennt.
Sämtliche dieser farbigen, interessanten und auch hoch anspruchsvollen Werke verdienen es uneingeschränkt der Vergangenheit entrissen und wieder gespielt zu werden. Für den Vortrag aller dieser Musiktitel ist ein mindestens zweimanualiges Instrument (unbedingt mit Schweller!) von Vorteil.

Großer Dank an alle, die zu diesem außergewöhnlichen Musikband beigetragen haben.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Februar 2022

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OpusBach 1

Interpret: Peter Kofler
Instrument: Rieger-Orgel, Jesuitenkirche St. Michael, München
Label: Horos

Die Orgelhistorie in St. Michael reicht zurück bis ins Jahr 1590 (vorheriger Standort Lorenzkirche). Schon 1597 baute Urban Heusler ein neues Instrument, das 1697 wiederum durch einen Neubau von Johann Georg Fux ersetzt wurde. 1896 erbaute Franz Borgias Maerz nach Disposition von J. G. Rheinberger ein neues Instrument in das historische aber erweiterte Gehäuse von 1697. 1944 wurde dieses bei einem Bombentreffer vollständig zerstört.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1953 zunächst eine kleine Orgel aufgestellt. 1966 Neubau Orgelbau Schuster (München). Erst 1982/83 konnte ein adäquates Instrument der Fa. Sandtner (IV/64) erstellt werden.  2010–2011 wurde die Sandtner-Orgel durch die Orgelbaufirma Rieger reorganisiert und erweitert. Das Instrument wurde mit einem neuen Schwellwerk im deutsch-romantischen Stil ausgestattet (IV. Manualwerk – neues Orgelgehäuse im ersten Joch links neben der Hauptorgel). Das französisch disponierte Récit-expressiv bekam einen neuen Schwellkasten in der Mitte des Gehäuses, dessen Jalousien sich auch nach oben öffnen.  Erweitert wurde die Disposition insbesondere um ein Solowerk (IV. Manual) mit zwei Soloregistern (Tuba Mirabilis 8' und Tuba Sonora 8' Hochdruck) Neu im Pedal: Untersatz 32'. Somit hat die Rieger-Orgel 75 Register auf vier Manualen und Pedal. Das Instrument ermöglicht eine stilgerechte Interpretation eines sehr breiten Spektrums an Orgelmusik.

Somit hat Peter Kofler für sein ehrgeiziges Vorhaben Orgelwerke Opus BACH / Gesamteinspielung ein adäquates Instrument zur Verfügung.
Klar. Originell. Filigran. Lebendig. Emotional. Reif. (Zusammen: KOFLER) .
Für eingefleischte Bachfans eine weitere Dimension.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Gaudeamus - Kjell Habbestad

Interpret: Haral Rise
Instrument: Rieger-Orgel, Bergen, Norwegen
Label: LAWO

Black is beautiful. Für diese CD in blauem Outfit gilt ebenso: Blue is beautiful. Da ist zunächst die Rieger-Orgel, Bergen Cathedral, mit 32´ Kontrafagott im Pedal. Da ist der begnadete Interpret Harald Rise (Studium mit Daniel Roth, Paris und mit David Sanger, London).
Nichts ist unmöglich! Es gibt eine Fanfare og Blues, eine neunsätzige Orgelsuite, Stücke, die deutlich unter gregorianischem Einfluss stehen, daneben Titel, die sich auf Wagner, Reger, Gershwin beziehen.
Man hört die gekonnten Registerwechsel von Vox coelestis in „Yobel“, zu Flötenregistern bei meditativen Passagen, man bemerkt markante Pedalostinati in „Jubilatio“, man freut sich (quasi Saxophon) mit Melodien von Oboe, Trompete im Wechsel mit Sesquialter-Sound in „Fanfare og Blues“ .

Gaudeamus… Und diese Freude bleibt bis zum Schluss:
All makts Gud og Kjaerleiks Fader (Hochzeitsmarsch a la Widor über „Wachet auf, ruft uns die Stimme“).
Großartig!

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Samuel Barber - Organ Works

Interpret: Rudolf Innig
Instrument: Schuke-Orgel Hl.-Kreuz Detmold
Label: MDG

Kriegserlebnisse können Menschen prägen. Ein Mensch zwischen zwei Weltkriegen ist neben Olivier Messiaen (1908-1992) auch Samuel Barber (1910-1981) und dessen Lebensgefährte Gian Carlo Menoti (1911-2007). 

Musik zur Ruhe, Innehalten, Besinnung: dazu ist diese CD geradezu prädestiniert. Das Schaffen von Barber ist gewaltig. Somit gibt es wesentlich mehr als das allseitsgegenwärtige „Adagio for Strings“ op. 11. Bleiben wir aber bei diesem Stück. In minutiöser Registrierung kann hier der Steigerungsverlauf nachvollzogen werden: Streicher-Flöten-Principale in Addition. Wie auch bei den anderen Titeln fällt hier Innig durch vornehme Zurückhaltung auf: lyrisch, dezentes, verinnerlichtes Spiel.
Obwohl die Orgel eine Kontraposaune 32´ besitzt, hört man diesen gravitätischen Klang lediglich und auch nur kurz in Nr. 12. In Nr. 7 fühlte ich mich angenehm an Cesar Franck erinnert.Nr. 8: Suite for Carillon beeindruckt durch virtuose Läufe.

Leider gibt es kein Prospektfoto der Schuke-Orgel. Dafür entschädigt das Booklet mit Detailinformationen über Entstehungsprozesse, geschichtlichen Hintergrund.

Von der Registrierung: wenig Helle und wenig Schärfe.
Von der Interpretation: umso mehr Tiefgang und Nuancen.
Abgeklärte Musik für besondere Momente um zur Ruhe zu kommen.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Stille stand Agonie

Komponistin: Ann-Helena Schlüter
Verlag: Laurentius

Euthanasie oder Agonie sind zugegebenermaßen nicht unbedingt Begriffe, die man(n)/frau gerne nimmt, oder? Deswegen gibt es erklärend von der Komponistin selbst einen stimmigen Eingangstext: In Handballen Töne gereift, schüttle sie aus Handgelenken, sind himmelwärts ansteckend. Soweit zitiert. Wer es auf Lateinisch mag: sursum corda.

Keineswegs als Wortspiel zum Begriff Agonie (altgriechisch: Qual, Kampf, Leid, auswegloser Zustand) möchte ich noch aus den Aphorismen und Betrachtungen aus dem Nachlass des österreichischen Dramatikers und Erzählers Arthur Schnitzler (1862-1931) anführen: Wer einmal völlig begriffen hat, dass er sterblich ist, für den hat eigentlich die Agonie schon begonnen. Ann-Helena Schlüter hat sich mit diesen Emotionen in ihrem ca. dreiminütigen Werk auf drei Notenseiten mit 36 Takten intensiv befasst.

Bedauerlicherweise befindet sich auf der ersten Notenseite der unpassende Vermerk: Komponist (!): Ann-Helena Schlüter. Hiermit dürfen wir aber richtigstellend und wertschätzend anerkennend sagen: KomponistIN! Auch in Takt 5 ist eine diesmal notentechnische Panne, die in Folgeausgaben korrigiert werden sollte. Musikalisch beginnt die Komposition im 5/4 Takt im Forte mit „wehmütig, legato“. Nach subito piano (Takt 10) gestaltet sich die Pedalstimme tänzerisch durch ansprechende Tonwiederholungen. Wirkungsvoll sind auch die „Pauken“Effekte (C-F-C-F) ab Takt 21. Dabei wechselt öfters  4/4 in 5/4 Takt und umgekehrt. Wie die Angaben „Spaltklang“ und „Zungen“ adäquat umgesetzt werden, erfährt man durch die dazugehörige Youtube-Einspielung der Komponistin. Es lohnt sich, hier reinzuhören.

Fazit: Anspruchsvolle Musik (nicht immer dissonanzenfrei),  mit vielen Besonderheiten, die über den Alltag hinausgeht.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
August 2021 / Januar 2022

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Kristalle und Feuer op. 5

Komponistin: Ann-Helena Schlüter
Verlag: Furore

Wenn du immer versuchst, normal zu sein, wirst du nie erfahren, wie toll du sein kannst. Maya Angelou, zitiert aus dem TourBlog AHS vom 31.7.2021. Anhand der von der Komponistin stammenden Youtube Aufnahme vom 26.10.2020 mit Dauer 8:50 gewinnt man eine Klang-repräsentation des zweiteiligen Stückes Kristalle und Feuer.

 Bereits die gewählte Orgel der HfM Würzburg mit III/83 „prepared for IV/106“ ist ein opus maximum. Manualumfang: C-c4, Pedalumfang: C-g1. Auf weitere Besonderheiten kann hier aus Raum- und Platzgründen nicht eingegangen werden. Unbedingt lesenswert dazu die Ausführung von Philipp C. A. Klais, Bonn, siehe link:  Quelle: https://klais.de/m.php?sid=311  / Disposition: https://klais.de/m.php?tx=223

Trotzdem seien hier noch die Namen gestattet: Christoph Bossert (Konzept), Andreas Saage (Intonation), Hans Jürgen Reuschel (technischer Projekt-Fachberater). Erfreulicherweise gibt es einen Schlüsseltext der Komponistin zu ihrem Werk: „Feuer hat dich heimgesucht, glänzender Kristall“. Über die zerstörerischen Wirkungen von Feuermächten könnte man durchaus weiteres bei der deutschen Musikband RAMMSTEIN, bekannt durch Einsätze von pyro-technischen Elementen bei deren Live-Shows, erfahren. Doch widmen wir uns den Noten.

Das Stück beginnt mit einem Orgelpunkt auf D mit absteigender Basslinie, systematisch kommen sukzessive weitere Stimmen über den Liegebässen hinzu. Dazu ist mehrfach gewünscht: Lufstrom an- und abschwellend. Sportliche fitness ist angesagt ab Takt 57/Seite 9: hier steht der Vermerk:  „antippend, als würden die Noten wie Bälle zurückspringen und Flecken hinterlassen – Tasten nur halb drücken – Register halb gezogen“. In Takt 63 steht unter den clusterartigen Tonrepetitionen das Wort „quakend“ (Froschregister?). Nach einer Zäsur (hier genannt: „kleiner Stillstand“) im ½ Takt gibt es im folgenden 67 Takt Metrum und Vorzeichenwechsel. In Takt 71 steht „wie Glühwürmchen“, ein Gag an das Berliner Original Paul Lincke? Weiter sind Tonkaskaden ab Takt 77 gefordert: dazu die Spielanweisung: „flirrend, hohe Frequenzen, Aliquoten, an die Sprache Außerirdischer erinnernd“. Nach einer Entspannungsperiode im pp ist „Pedal tacet“ bis  Takt bis 89 gefordert, erneute Takt- und Vorzeichenwechsel bleiben spannend, ebenso eine Fermate als Zäsur in Takt 94. Nach einer „brummenden Stille“ und 18 Sek. Pause (wir sind schon auf Seite 14) tritt das Element Feuer in Erscheinung mit Begriffen wie: „schwer wegreißen, lichterloh, Geräusche der Orgel provozieren, Spaltklang“.
Über NICHT reell vorhandene (existierende!)  Pedaltöne wurde bereits bei Orgelwerken Johann Sebastian Bachs viel diskutiert und Papier beschrieben. Lösungsvorschlag: noli me tangere?
Jedenfalls: Die Töne SUBcontra: H-B-AS sind in der Notenpartitur zu finden. Wird hier eine Vorliebe zur Gravität spürbar, die ja Bach sehr schätzte?

Schlüters Komposition fordert somit einiges vom Instrument und vom jeweiligen Interpreten, von der jeweiligen Interpretin. Beim Vermerk „lichterloh“ im Zusammenhang mit „cresc.“ ist ein wirkungsvolles Aufwärts-Glissando angesagt, eine Reminiszens an B-A-C-H ist in Takt 116 angedeutet. Nach raffinierten chromatischen Riffs und virtuosen Passagen (auch in Quintolen, Septolen) kommt es zu einer Art Beruhigung (unisono-Passagen S. 18) bevor die fast neunminütige Komposition von „schmatzend“ (6-stimmig) bis „kristallklar“ (1-stimmig) versöhnlich auf Ton C3 ausklingt. Wir erinnern uns an das dazugehörige Schlüsselgedicht: Feuer hat dich heimgesucht, glänzender Kristall. Das Stück beginnt konsequent EIN- und endet ebenso EIN-stimmig.

Fazit: Ein gleichermaßen beachtliches und interessantes Stück mit etlichen Hürden und Herausforderungen.


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
August 2021 / Januar 2022

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Josef Matthias Hauer - Zwei Zwölftonspiele

Herausgeber: Wolfgang Kogert
Verlag: Doblinger

Selbst wenn man den Namen Arnold Schönberg (1874-1951) kennt, viele werden mit Josef Matthias Hauer (1883-1959) nicht unbedingt viel anfangen können. Wenig schmeichelhaft ist auch die Wertung von Theodor W. Adorno zu Hauers Kompositionen, die mit „Erzeugnissen eines Uhrmachers“ verglichen werden. Umso mehr gilt es, auch die biografischen Zeitumstände zu kennen, die Hauer wohl in eine Art Immigration bzw. Isolation brachten. Dazu zählt 1935 das Aufführungsverbot seiner Werke in Deutschland durch Goebbels, sowie später (1939) die Diffamierung ins Abseits als „Entartete Kunst“. Umso mehr ist jetzt der Verdienst des Herausgebers Kogert zu würdigen, der diese Zwei Zwölftonspiele für Orgel erstmals der Öffentlichkeit anvertraute.

Zunächst: beide Stücke stehen im ¾-Takt und haben auch ähnliche Schlussakkorde, aufbauend auf D: a, d, #f, a, #c, #f, #c, wobei ersteres mit fast einhundert Takten (gegenüber dem folgenden mit lediglich 33 Takten) durch mehr B-A-C-H-Zitate (und Umkehrungen) auffällt. Auch ist die Nr. I vom Notenbild eher statisch (Notenwerte: halbe, viertel), Nr. II dagegen ist durch Achtel-Triolen in Aufwärtsbewegung in der R.H. deutlich bewegter. Der Pedalstimme ist jeweils ein eigenes System anvertraut. Da keine Tempoangaben existieren, ist es gut aus dem Vorwort zu erfahren: über konzertante Aufführungen beider Werke konnte nichts in Erfahrung gebraucht werden.

Das Zwölftonspiel II findet sich, eingespielt von Victor Sokolowski (1911-1982) auf einem Pedalcembalo, auf der 1974 veröffentlichten LP „Josef Matthias Hauer – Das Zwölftonspiel“ (Philips 6599 333). Am 21.02.2021 spielte Wolfgang Kogert beide Werke in der Johanneskirche Zürich, nachdem er sie im Juni 2021 bei einer Rundfunkproduktion an der Orgel des ORF RadioKulturhauses in Wien eingespielt hatte. Soweit die Ausführungen aus dem umfangreichen und unbedingt lesenswerten Vorwort. Für Orgelkonzerte mit Akzenten von eher zeitgenössischer Musik ist somit in Josef Matthias Hauer ein weiterer Repräsentant neuerer Musik gefunden, der durchaus neben Hindemith u.a. bestehen kann.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
August 2021 / Januar 2022

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Joseph Gabriel Rheinberger - Abendlied op. 69/3 in F-Dur

Bearbeiter: Christian Glowatzki
Verlag: Daniel Kunert

Bearbeitung für Orgel solo

Der aus Vaduz in Liechtenstein stammende Josef (auch Joseph) Gabriel Rheinberger war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine große Kapazität von europäischem Rang: Gleichermaßen gesucht als Kompositionslehrer und anerkennend geschätzt als Komponist, war der Professor am Münchner Konservatorium und bayerische Hofkapellmeister stilbildend für eine ganze Musikergeneration. Unter seinen Schülern befanden sich solche Größen wie Engelbert Humperdinck (1854-1921) und Wilhelm Furtwängler (1886-1954). Leider gerieten viele seiner Werke trotz enormer Ansprüche und hoher Qualitäten nach seinem Tod im Jahre 1901 in Vergessenheit. In Erinnerung blieb Rheinberger hauptsächlich als Komponist von Orgelmusik und von geistlichen Werken, darunter ist eben dieses sehr stimmungsvolle und berühmte Abendlied Bleib bei uns op. 69,3.

Christian Glowatzki hat das Chorwerk („German motet for 6 voices: Sopran I, Sopran II, Alt, Tenor I, Tenor II, Bass) in zwei Versionen auf die Orgel übertragen, wobei erstere mit 2 Man. & Ped., letztere für 1 Man./Ped. konzipiert wurde. Damit ist es gelungen, mit diesem angenehmen Stück einen weiteren Titel für die Orgeltastenwelt zu gewinnen. Es handelt sich um ideale Musik für Kirche und Konzert, Musik mit großer innerlicher Ruhe und Abgeklärtheit, die auch bei Trauerfeiern viel Trost spenden wird: "Bleib bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget".  Und wer mag noch in Englisch: "Stay with us, because it is almost evening, and the day ist far spent".

Nicht verschwiegen werden soll noch: in Youtube fand sich auch eine Aufnahme in der tieferen Tonart E-Dur. Somit ist es sicher legitim, wenn manchen die Tonart F-Dur zu einfach erscheinen sollte, diese zu wechseln. Ansonsten ist der Spitzenton (Takt 15) g´´. Übrigens: ich habe gute Wirkung mit folgendem Kniff erzielt: Manual: Bourdon 16´ mit Vox coelestis 8´ (oder ähnlichen Streichern: Salicional 8´) alles eine Oktave höher wie notiert gespielt. Demzufolge muss logischerweise der Manual-Umfang bis zum g´´´ reichen. Ein weiteres Plus für einen nuancenreichen Vortrag ist natürlich der Einsatz des Jalousieschwellers, um die klanglichen Ebenen p, mf, f adäquat zu erzielen.

Großer Dank an Christoph Mohr (Notensatz), Christian Glowatzki (Herausgeber), hier findet man das Künstlerportrait: https://www.orgel-information.de/Kirchenmusiker/g/glowatzki_christian.html, sowie an den Verlag Daniel Kunert.


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
August 2021 / Januar 2022

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Felix Mendelssohn Bartholdy - Die Hebriden

Bearbeiter: Sven Dierke
Verlag: Daniel Kunert

Bearbeitung für Orgel solo

Nach einer Fantasiegeschichte des Schotten James Macpherson (1736–1796) soll Fingal in einer sagenumwobenen Basaltfelsenhöhle auf der Hebrideninsel Staffa gelebt haben. Dieses romantische Sujet malt Mendelssohn in seiner stimmungsvollen Konzertouvertüre „Die Fingalshöhle“ („Die Hebriden“), die  zwischen 1829 und 1833 entstand, mit einem schmachtenden Thema und leuchtenden Orchesterfarben aus. Bereits Mendelssohn selbst legte eine Fassung für zwei Klaviere vor, andere folgten, auch der Bonner Organist Josef Weber fertigte eine Transkription für Orgel an.

Nun hat sich Sven Dierke im Corona-April 2020 erneut an die Arbeit gemacht. Aber nicht die Übertragung der doch relativ schlichten Komposition auf die Orgel ist der Hemmschuh für eine gültige Wiedergabe dieses „Orgelauszugs“, sondern eine entsprechende Orgel, die Mendelssohns Orchesterfarben mit ständigen dynamischen Änderungen imitieren kann. Wer eine solche Orgel spielen darf, der ist hier gut bedient, bedient sie doch das in Coronazeiten entstandene Fernweh in vorzüglicher Weise. Für weitere Reiseempfehlungen dieser Art wäre der Verlag sicherlich dankbar!

Rainer Goede
August 2021 / Januar 2022

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Mainstream - Klangströme und Stromklänge

Interpret: Andreas Boltz
Instrument: Klais-Orgeln des Frankfurter Kaiserdoms
Label: Organophon

Panta rhei: alles befindet sich im Fluss und unterliegt der (Ver-)Änderung. Daran dachte ich sofort, als ich diesen hehren Titel entdeckte.
Der Höreindruck hingegen selbst war hingegen deutlich nüchterner. Sicher, da ist die große Klais-Orgel aber in einem wohl akustisch sensiblen Raum. Somit verschwimmt leider vieles im Überhall. Und auch leider tragen die gehetzten Tempi nicht unbedingt bei. Virtuosität um jeden Preis? Dieser Eindruck stellte sich besonders bei C.S. Lang: Tuba Tune ein.

Die Literaturauswahl spannt von Bach (An Wasserflüssen Babylon, Christ unser Herr, zum Jordan kam), Widor (Toccata) , Lemare (Suwanee River), Noel Rawsthorne, Karg-Elert, Hollins, Hindemith, Vierne zweifellos einen großen Bogen. Vielleicht werden trotzdem einige den Namen von Helmut Walcha vermissen, oder G.F. Händel (Stichwort: Wassermusik), oder Gospel (Roll Jordan roll) etc.
Wie auch immer. Titel leben immer von Umsetzungen, und es gibt wohl niemand, der alle Spektren und Erwartungen erfüllen und abdecken kann.
Insofern gut gewählt ist thematisch die Metapher vom Totentanz mit dem Bild von der Brücke als Übergang zwischen Leben und Tod,  musikalisch differenziert ausgelotet in „Er fährt über den Main“ von Andreas Boltz in Acht Variationen.
Gewaltige Klangwogen gibt es im Schlussstück „Carillon de Westminster“.

Musik verbindet. Musik baut Brücken. Ja diesen Anspruch lohnt es sich immer umzusetzen.


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Debussy a l´orgue

Interpret: Paolo Bottini
Instrument: Anneessens Ruysser (1908), San Gioacchino ai Prati Roma
Label: Elegia

Der französische Komponist Claude Debussy (1862-1918) ist ein Bindeglied zwischen Romantik und Moderne.
Debussy studierte am Pariser Konservatorium Klavier- und Komposition und betätigte sich als Liedbegleiter, Komponist und Bearbeiter. 1883 wurde er mit dem begehrte Prix de Rome ausgezeichnet. Während Debussys Jugendwerke sich noch an Formen des 19. Jahrhunderts angelehnten, wurde er später besonders vom Symbolismus, sowie Impressionisten der Malerei beeinflusst.
Seine erste Oper Pélleas et Méllisande bedeutete für Debussy 1894 den Durchbruch als Komponist. Neben weitern Bühnenwerken komponierte er in der Folge Werke für Orchester (La Mer,  Trois Nocturnes), Klaviermusik und zahlreiche Liederzyklen, in denen vielfältige Musikstile zum Ausdruck kommen. Neben klassischer Dur-Moll-Harmonik verwendet er Ganztonskalen, Pentatonik und Kirchentonarten. Diesen Stil auf die Orgel zu übertragen, bedeutet eine besondere Herausforderung. Und diese gelingt.
Dazu hat der Interpret Bottini (Portrait: www.paolobottini.it) ein passendes Instrument gefunden. Die Disposition ist geprägt von Grund- und Zungenstimmen. Einzelaliquote und eine 16´ Zungen im Pedal sucht man vergebens. Und so zeigt sich diese Musik von Ihrer besten Seite: belebt, beseelt, elegant und immer differenziert. Neckisch erscheint „Golliwogg´s cake walk (Ragtime!), visionär „La cathedrale engloutie“. Melodisch schöne Musik mit vielen Akkordbrechungen, schwebenden Ostinati-Ebenen und schwingenden Spähren. Das Booklet ist neben italienisch auch in französischer Sprache verfasst. Erwähnenswert erscheinen mir besondere Orgelregister wie Ocarina 4´, Clarinette 8´ Voix Humaine 8´. Die Registrierung ist sehr ausgereift und ausgefeilt, und manchmal denkt man, diese Orgel hat ein Fernwerk! (Hat sie nicht!). Großes Können mit differenziertem und expressivem Ausdruck der Eindruck macht.


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Orgellandschaft Niederlausitz. Monographien

Interpret: Joao Segurado
Instrument: Jehmlich-Orgel St. Nikolai Lübbenau
Label: harp

Ganz im Zeichen von österlichem Auferstehungsglauben steht diese CD.
Dazu gibt es verschiedene Auslotungen von zuversichtlichen Osterchorälen, mal in der Version von M. Ronnefeld (Klangflächen), H. Buchner (mit Einflüssen von Berg, Ligeti), H. Walcha (Kanontechnik/Orgelpunkte), J.G. Albrechtsberger (Fugato-Stil), Marian Sawa (polnischer Osterchoral in Form einer farbigen Partia), Torsten Nilsson (bewegt, Ostinati), Volker Bräutigam (jazzinspirierte Toccata).
Letztere erinnert mich etwas an „smoke on the water“. Ich denke, die walking-Bässe haben diesen Eindruck verursacht.
 Tanz, Tambourin, Toccata. Gesamteindruck: T für toll!


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Orgellandschaft Niederlausitz 15: Rund um den Senftenberger See

Interpret: Marek Toporowski / Ryszard Borowski
Label: harp

Orgelstandorte alphabetisch:
B: Brieske: Martin-Luther Kirche, 1914 Jehmlich, opus 349 Röhrenpneumatik
G: Großkoschen: Karl Theodor & Bernhard August Nagel (Großenhain) 1890 Kegelladen
LD: Lauta-Dorf: Conrad Geissler (Eilenburg) op. 83
LS: Lauta-Stadt: 1972 Hans EULE, op. 430
S: Senftenberg: St. Peter & Paul: Sauer Positiv, Eule 1960, op. 297
S: Senftenberg: Lutherkirche. Schröther 1825.

Musik auf unterschiedlichen Orgel, in unterschiedlichen Facetten, im Zusammenspiel mit Flöte. Möglich machen es Marek Toporowski und Ryszard Borowski.
Das Booklet umfasst kurzweilig die Musiktitel und die ausgewählten Instrumente um Senftenberg. Liebevolle Detailfotos bereichern das Lese- und Hörvergnügen. Ebenso anmutig ist die präsentierte Musik, die nicht nur immer „pur“ ist, sondern auch „cross-over“Aspekte gerecht wird. Da sind zum einen die improvisierten Flöteneinlagen und später Orgelimprovisationen Passamezzo I und II (mit Blue-Notes!). Ebenso originell kommt Händels WaterMusic verjazzt daher. Ryszard Borowski, der auch als Komponist tätig ist, stellt sein Können mit Largo von Dvorak unter Beweis. Es ist ein Arrangement in Variationstechnik. Neben Wagner, Listz gibt es im Mozart-Stil die gefällig lebendige Musik von Kuchar. Zauberhafte CD die beweist, auch aus kleinen Instrumenten sind große Klänge möglich.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juali 2021 / Januar 2022

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Passacaglia

Interpret: Jean-Paul Imbert
Instrument: Seifert-Orgel Kevelaer
Label: base Music Sussex UK

Hier stimmt alles: Orgel, Interpret, Repertoire, Raumklang.
Schon allein über die Seifert-Orgel kann man Bände schreiben. Wo bitte gibt es sonst noch im Pedal: Terzbaß 12 4/5´oder Quintkoppeln?
Im Booklet gibt es detailreiche Informationen über Entwicklungstendenzen Chaconne, Pasa calle, Passacaglia, über den Interpreten, über die Programmtitel.
Die gebotenen Stücke stammen von Reger, Buxtehude, de Wolf, Couperin, Ferrari, Rheinberger, JSB. An Brahms erinnernd in der Tonsprache ist Passacaglia h-moll im romantischen Stil von Lionel Rogg (*1936).  Bei dem niederländischen Komponisten Cornelis de Wolf kommt es durch die Choralbezüge „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ zu großartigen Steigerungseffekten. Eine besondere Note bekommt die CD noch durch „Komm, süsser Tod“ in der Fassung von Vigil Fox. Diese Musik mit „sustains, Fermaten“ im extrem langsamen Tempo ist schon quasi überirdisch.
Fazit: eine tolle CD, von der man sich ein mehrmaliges Anhören gönnen sollte!


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Januar 2022

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Kühmstedt / van Eyken / Reubke

Interpret: Halgeir Schiager
Instrument: Eule-Orgel der Sofienberg-Kirche Oslo
Label: LAWO

Was kann ein Rezensent zu einer CD schreiben, auf der vier der bedeutendsten und originalsten Superstücke der deutschen Romantik auf einer Superorgel von einem äußerst kompetenten Organisten gespielt werden? Für diese Einspielung suchte sich der Osloer Kantor Halgeir Schiager Werke des Eisenacher Friedrich Kühmstedt (1809 – 1858), des Elberfelders Jan Albert van Eyken (1823 – 1868) und des früh abgerufenen Julius Reubke (1834 – 1858), der mit seiner Orgelsonate „Der 94. Psalm“ (posthum 1871) aber das Paradestück der deutschen Romantik geschrieben hat. Auf ähnlichem Niveau bewegen sich Kühmstedts Fantasie (ein Concertstück) op.47 (1856) und dessen Grosse Sonate G-Dur op. 49 (posthum 1863) und Eykens Sonate Nr. 2, op. 15 (1855). Halgeir Schiager lieferte auch den sehr gründlichen Beitrag zur Einführung im Booklet. Fazit: eine begeisternde Traum-Edition!


Rainer Goede - für www.orgel-information.de
August 2021 / Januar 2022

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Zsigmond Szathmáry - Orgelwerke

Interpreten: Martin Schmeding (Orgel), Anikó K. Szatmáry (Violine), Olaf Tzschoppe (Percussion), Wolfgang Kogert (Orgel secondo)
Label: Cybele

Gibt es so etwas tatsächlich, Musikstudien zwischen innerer Einkehr und äußerer Abwehr? Für manche ist ja Avantgarde automatisch mit Agressionspotenzial verbunden. Bereits das sehr aufwendige Booklet mit fast einhundert Seiten hinterlässt jedoch einen großen Eindruck. Viele Fotos dokumentieren dabei Künstler, Kollegen, Instrumente in persönlichen Momenten. Des weiteren dürfen natürlich die Dispositionen von drei Instrumenten an zwei Standorten nicht fehlen: Rieger Orgel (1969-70) Abtei Marienstatt, Walcker-Orgel (1911) sowie Klais-Orgel (1979) Lutherkirche Kirche Wiesbaden.

In der Musik ist nichts unmöglich. Auf den beiden CDs gibt es somit aleatorische und experimentelle Musikmomente. Die eingesetzten Mittel reichen von Permutationen, über Illusionen, Irritationen bis hin zu Verfremdungen. Auch eine Tonbandaufnahme ist zusätzlich eingesetzt. Um mit Worten von S. Szathmáry, Jahrgang 1939,  selbst zu sprechen: Man kommt von irgendwo her und man geht irgendwo hin. Auf dem Weg ändert man sich. Mein Ursprung ist zweifellos Béla Bartók. Mich fasziniert seine Art, mit musikalischen Energien umzugehen, die rhythmische Präsenz, der formale Aufbau und die tiefe Aussage seiner Werke. Soweit die zitierten Ausführungen. Aus diesem Anspruch sind die teils spröden Werke eher zu verstehen, wobei hier Cadenza con ostinati (1994) bis Mors et Vita (2015) besondere Akzente einnehmen. Sonido Iberico entstand 2014 für eine spanische Orgel. Wie passend dazu ist das gewählte Instrument! Dazu aus dem Booklet zur Rieger-Orgel Marienstatt: Als Besonderheit gesellt sich ein weiteres Werk hinzu, das vom vierten Manual angespielt wird: die einzige historische, horizontale Trompeteria (1732) außerhalb der iberischen Halbinsel. Dennoch: das Gehörte lässt sich mitunter schwer in Worte fassen. Es bleibt der Eindruck: eher wenig P (piano) im Sinne von Priere, sondern eindeutig mehr P (percussion) auch im Sinne von provokativen Momenten,  so dass es sich um Musikdarstellungen zwischen Traum und Tumult, Musik zwischen Intermezzo und Inferno handelt: Musik mit Effekten und Zusatzgeräuschen, wie in „Sense of Rhythm“ oder in „Moving Colours“. Eine anderer Zugang zu Orgelmusik. Warum nicht. Damit schließt sich der Kreis und wir sind wieder am Anfang. Einkehr oder Abwehr? Musik kennt eben viele Wege.


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
September 2021 / Januar 2022

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Frank Nordensten - Organ Concertos

Interpret: Dan René Dahl / Norwegian Wind Ensemble / Tore Erik Mohn
Label: LAWO

In zeitlichem Abstand von gerade mal zwei Jahren entstand Concerto 2 (2010) und Concerto 3 (2012). Es sind spannungsreiche Kompositonen mit sinfonischem Ausmaß, voller eruptiver Energie. Anders gesagt: es handelt sich um atmosphärische Stimmungsbilder mit einem Mix aus transzendenten bis turbulenten Momenten, die immer gut ausbalanciert sind. Die Aufnahme erfolgte in der Fredrikstad Cathedral vom 18. bis 23. November 2013 mit der gewaltigen Marcussen & Son Orgel von 1964 (III/54). Tiefstes Register ist Fagot 32´ im Pedal. Für weitere klangliche Präsenz sorgt die Spansk Trompet 8´ im Hauptwerk. Die spannende zeitgenössische Musik (es fiel auch der Ausdruck Real-time-music)  wird adäquat unterstützt von "The Norwegian Wind Ensemble", bestehend aus 24 Musiker/innen, das sich historisch bis in Jahr 1734 zurückverfolgen lässt. Dieser Eindruck entsteht durch intensive Musikmomente mit Klangwolken und Klangflächen, ebenso durch markante Intervalle, die zusätzlich noch von Choreinsätzen und Röhrenglocken bereichert werden. Somit ist es abwechslungsreiche Musik zwischen Elegie und Eruption. Danke für diese emotionale Musik.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
September 2021 / Januar 2022

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Matthias Weckmann - Complete Organ Works

Interpret: Léon Berben
Instrument: Stellwagen-Orgel St. Jakobi Lübeck / Scherer-Orgel Stephanuskirche Tangermünde

Label: Aeolus

Erstmalig sind von Matthias Weckmanns alle dessen Orgelwerke auf stilgerechten Instrumenten des beginnenden 17. Jahrhunderts konsequent eingespielt worden. Ein Glücksgriff ist dabei die Wahl der Friedrich Stellwagen-Orgel (1636) in der St. Jakobikirche zu Lübeck und der Hans-Scherer-Orgel (1624) der Stephanuskirche zu Tangermünde. Sie machen diese Aufnahme zu einer wirklichen Besonderheit, noch dazu als Super Audio CD in Stereo und Surround Sound. Für die Gesamteinspielung (Doppel-SACD) aller Orgelwerke von Weckmann hat sich Léon Berben, Titularorganist der historischen Orgel der St. Andreaskirche in Ostönnen (Ortsteil der Stadt Soest) für zwei der berühmtesten Frühbarockorgeln Deutschlands entschieden. Diese wurden bereits oben erwähnt, sind gut erhalten bzw. wurden mustergültig restauriert. Sie passen wunderbar zu den Orgelwerken  von Weckmann, der seinerzeit die Protektion keines Geringeren als Heinrich Schütz geniessen durfte. Im umfangreichen und detaillierten Booklet sind alle relevanten einzelnen Lebensstationen (Niederdorla, Dresden, Hamburg, Kopenhagen) aufgeführt. Zum Interpreten sei eigens auf dessen interessante Internetseite verwiesen: www.leonberben.org . Er beweist auch in dieser CD seine profunde Kenntnis frühbarocker Spieltechniken. So erklingt Canzon in d wunderbar leichtfüßig und filigran (4´), die Mehrzahl der choralbezogenen Werke wirken dagegen etwas gewaltiger wie z.B. in “Es ist das Heyl (sic!) uns kommen her“. Somit gibt es eine große Vielseitigkeit zwischen hochvirtuosen Toccaten mit diffizilen Verzierungstechniken bis hin zu meditativen, chromatischen Passagen in den Choralbearbeitungen. Letzere fallen durch keine, bzw. weniger Koloraturen des cantus firmus ebenso angenehm auf. Zudem ergänzen wunderbare Detailfotos der Referenzinstrumente den stimmigen Eindruck einer sehr gelungenen Aufnahme. Fazit: Hörvergnügen pur.


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
September 2021 / Januar 2022

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Communions der französischen Romantik

Herausgeber: Andereas Willscher / Hans-Peter Bähr
Verlag: Butz

Kommunions- und Elevationsmusiken von u.a. Benoist, Louis Vierne, Lefébure-Wely, Niedermeyer, Tournemire, Lemmens, Guilmant und Gigout finden sich neben denen von etlichen unbekannteren französischen Organisten des 19. und 20. Jahrhunderts in diesem Band, welcher damit dem Entdeckerdrang frönt und zugleich leicht spielbare Musik zur Verfügung stellt. Die zugehörigen Registrierangaben blieben in der Originalsprache stehen, ein Glossar und Kurzbiographien der Komponisten finden sich am Ende des Bandes. Auf 80 Seiten finden sich Pastoralen über Hymnenthemen, Stücke im langsamen ¾ Takt, aber auch mit 16tel-Spielfiguren gesättigte Stücke in einem 4/4 Moderato-Takt. Das meist großzügige Satzbild erleichtert das Lesen von Stücken mit vielen Vorzeichen, Verwendungszweck und Stil der Zeit benötigten natürlich viel Chromatik. Wie in den anderen Bänden dieser Reihe sind bisher verborgene kleine Schätze zu heben, was den Band speziell empfehlenswert macht.


Rainer Goede - für www.orgel-information.de
August 2021 / Januar 2022

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Johann Sebastian Bach - Fantasie und Fuge c-Moll BWV 562

Herausgeber/Bearbeiter: Andreas Fischer
Verlag: Ortus

Bachs Orgelwerke sind eine Schatztruhe für Interpreten und Bearbeiter jeder Art, nicht nur klingen sie immer gut, egal auf welcher Orgel gespielt, sie eignen sich auch für Uminstrumentierungen, z.B. gibt es die Triosonaten auch in anderen Besetzungen mit Streichern und Bläsern, schon lange erklingen Passacaglia und die epidemische d-Moll-Toccata auch im symphonischen Orchestersound. Anders ergeht es da den nur fragmentarisch überlieferten Werken.

Der Hamburger Katharinenorganist Andreas Fischer hat sich nach seiner Markus-Passion-Fassung nun auch des fünfstimmigen c-Moll-Fugenkopfes BWV 562 angenommen und ihm nach reiflichen Überlegungen und Vergleichen mit u.a. BWV 544, 547, 548 und 552 eine Elaboratio hinzugefügt, die sich sehen und hören lassen kann. Der überlieferte Fugenkopf umfasst lediglich 27 Takte, Fischer bietet eine Gesamtfassung von 97 Takten, die mit einem zweiten Abschnitt, beginnend mit einem neuen Themeneinsatz in f, zu anderen Tonarten mit Umkehrungen und weiteren Engführungen, einem zweiten chromatischen Thema und der Kombination mit dem ersten (Bach-)Thema führt, wie es die unmittelbare zeitliche Nachbarschaft von BWV 562 zur Kunst der Fuge und den Canonischen Veränderungen durchaus nahelegt. Der dichte fünfstimmige Satz hat keine Vorbilder in Bachs Fugenwerk, ebenso wenig der 6/4 Takt. Herausgekommen ist natürlich nicht ein originaler Bach, vor welcher Vermutung sich Fischer selbstredend verwahrt. Etliche Stimmführungen und Zusammenklänge sind zumindest auch kritikwürdig und bachfremd zu nennen, auch wenn sie sich im polyphonen Verlauf wie selbstverständlich ergeben. Ungeachtet dessen verdient Fischers Fleißarbeit höchsten Respekt!

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
August 2021 / Dezember 2021

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Die Späth-Orgel in St. Oswald Regensburg

Interpret: Roman Emilius
Label: TYXart

Beim Titel dachte ich zuerst irrigerweiser an Orgelbau Gebr. Späth. Natürlich handelt es sich aber um das historische Instrument von 1750 des Fran(t)z Jacob Späth (Regensburg 1714-1786). Dieses Werk wurde in überzogener neobarocker Intention 1953–55 durch Paul Ott unglücklich „umgebaut“, für die konsequente Rekonstruktion zeichnete danach J. Klais verantwortlich. Es überrascht zunächst der etwas marginale Tastenumfang: Manual C bis c3. Dafür entschädigt aber voll und ganz der elegante Orgelprospekt mit musizierenden Engeln. Über die Bedeutung des prunkvollen Kirchenbaues mit Wessobrunner Stuckdekor kann man noch mehr Details über Wikipedia erfahren. Auf der CD, quasi ein Geburtstagsgeschenk für 270 Jahre, finden sich Werke von Scheidemann, Bach, Böhm, de Neufville, Mozart, Pasquini sowie Krebs. Roman Emilus, Jahrgang 1963, ist hier der richtige Mann am richtigen Instrument. Stichwort: Heimspiel! Der preisgekrönte Interpret versteht es, an dieser Orgel durch vielseitige Klangwechsel und packende Spielweise zu überzeugen. Die Stärken der Orgel liegen in den Grundstimmen. So klingt wunderbar Mozarts Adagio C-Dur für Glasharmonika (!) mit der Streicherschwebung Fugare (bzw. Fugara) 8´ und das terzhaltige Register Sesquialtera dient auch schon mal als Ersatz für leider nicht vorhandene Zungenstimmen. Kurioserweise heißt die Quinte im Obermanual „Diapente“! Ja der Orgelbau war auch schon damals bei Registerbezeichnungen sehr fantasie- und erfindungsreich. So bedeuten: Pileata maxima: Subbaß 16, Pileata major: Gedeckt 8´, Regula primaria: Prinzipal 8´, Basset: Prinzipal 4´, Tibia vulgaris: Blockflöte 4´.

Der Kuckucksruf, als Verbindung von Natur und Kunst, findet Berücksichtigung im originellen Stück bei Bernardo Pasquini in “Toccata con lo Scherzo del Cuccó". Erstaunlich frisch und fröhlich wirkt Böhms Partita über den Sterbechoral: "Freu dich sehr, o meine Seele".  Zu allen eingespielten Stücken gibt es ausführliche Hinweise und immer minutiöse Registrierungen im zweisprachigen booklet (Dt. / Engl.). Hier heißt es zur a-Moll Fantasie BWV 561: ein Werk des jungen Bach, was aber oft angezweifelt wird. Aber wer sonst sollte solch gespenstische und rücksichtslos dramatische Musik geschrieben haben? Soweit das Zitat. Wie angenehm, weil mit dezenter Registrierung gespielt, wirkt dagegen  BWV 569 mit „geheimnisvollem Rankenwerk“…Von dem Bachschüler Joh. Ludwig Krebs (mit erkennbarem Stilwandel vom Barock zur Klassik!) stammen die kürzesten und letzten Beiträge. Bei dessen Fantasie F-Dur denke ich dabei (schuld sind die Punktierungen?!) unwillkürlich an „Caro mio ben“ (T. Giordani) / bzw. an  G.F.Händels „Joy to the world“. Musik lebt also auch öfters von Wiedererkennungswerten.
Von meiner Seite aus eine unbedingte Kaufempfehlung, verbunden mit herzlichem Dank an alle, die es betrifft, für dieses gültige und angenehme Orgelportrait.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Dezember 2021

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A Kind of Organ School

Interpret: Hans-Eberhard Roß
Instrument: Goll-Orgel St. Martin Memmingen
Label: audite

Hans-Eberhard Roß gehört mit seinen Einspielungen der Vierne-Symphonien und der Orgelwerke von César Franck auf seiner Hausorgel (Goll, 1998, IV/62) zu den herausragenden Organisten, zumindest in Bayern. Diesen Aufnahmen fügt er nun eine Doppel-CD hinzu mit den Sonaten Bachs und Mendelssohns in numerischer Abwechslung. Das Gemeinsame dieser Orgel-Highlights ist bereits im Titel genannt, beide Zyklen sind als Orgelschulen entstanden, bei Bach expressiv verbis belegt, bei Mendelsohn eher als Anregung gemeint. Alle Sonaten verlangen lang erprobtes virtuoses Können – und tiefes Verständnis des Interpreten, weshalb sie meist von reiferen Organisten eingespielt worden sind, und das in beachtlicher Zahl. Hans-Eberhard Roß stellte sich nun ein in die lange Reihe solcher Interpreten.

Wenn diesen eigentlich in Überfluss vorliegenden Einspielungen eine neue hinzugefügt wird, sucht der Hörer nach dem Besonderen in diesen Interpretationen, sei es ein besonderes Instrument, besondere Registrierungen und Klänge oder neue Einsichten  in Tempo, Artikulation oder Agogik. Auch wollen bei  den gebündelten 38 Sätzen der Sonaten die klanglichen Möglichkeiten einer Orgel ausgereizt werden, da ist es schade, dass sich im Booklet nicht die Registrierungen der einzelnen Sätze finden, noch nicht einmal die Disposition der Goll-Orgel. Die ist zwar leicht aus dem Internet zu fischen, aber sie allein ordnet die Register nicht den gehörten Klängen zu.

Ob es bei Bachs Sonaten größer besetzter Registrierungen bedarf, stellt sich als grundsätzliche Frage. Schließlich sind die Triosonaten auch auf einem zweimanualigen Pedalcembalo vorstellbar, dabei die linke Hand tiefoktaviert und nur mit einem 4‘ besetzt, was ein unbequemes Kreuzen der Hände vermeidet. Da neobarocke Orgeln lange kaum genügend befriedigende kammermusikalische Einzelstimmen boten, spielte man zwangsläufig mit größeren Besetzungen und wechselte die Registrierungen von Satz zu Satz, was den Sonaten aber zumeist ihre zerbrechliche Schönheit und Einheit nahm. Neuere Uminstrumentierungen für z.B. zwei Violinen und Continuo kommen da dem Geist der barocken Triosonaten wieder näher. Die symphonische Orgel in Kempten muss hier schon wegen ihres starren Windes passen. Roß versucht auch gar nicht erst, dem Löwen das Schnurren beizubringen, allenfalls in manchen langsamen Sätzen kommt da ein wenig Barockfeeling auf. Die Sonaten vertragen zwar seine manchmal flinken Tempi und harten Artikulationen, aber diverse Schönheiten blühen da nicht auf. Auch im Booklet werden die Triosonaten leider nur nebenbei abgehandelt.

Etwas anders schaut es natürlich bei den Mendelssohn-Sonaten  aus, die satte romantische Farben vertragen, auch wenn Mendelssohn solche Farben kaum gekannt hat. Ähnlich wie bei Bach klingen sie auf allen Sorten von Orgeln ganz gut, am schönsten aber eher auf kleineren mit sehr charaktervollen Stimmen. Natürlich trifft Roß den Gusto dieser Musik hervorragend, allein: Momente eines besonderen Hinhörens werden dem Hörer nicht geschenkt. Da mag die Übersättigung an diesen Sonaten eine Rolle spielen, aber der Hörer darf auch hier das Einlösen eines Versprechens des Neuen, vielleicht Einmaligen, das die Erwartung zu Beginn eines Konzertes stellt, verlangen. Der Booklettext zentriert den Blick etwas einseitig auf die Pedalansprüche Mendelssohns, die jedoch nicht allein Maßstäbe setzten für die romantische Orgelsonate. Ihre Daseins-Begründung in der Neubelebung aktueller Orgelmusik wird ebenfalls nicht weiter akzentuiert.

Insgesamt stellt Roß mit dieser Aufnahme sein breites virtuoses Können erneut unter Beweis, gerne hätte sich der Rezensent aber gefesselter gefühlt.

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
Juli 2021 / Dezember 2021

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Walter Gleißner - Orgelwerke

Interpret: Heinz-Peter Kortmann
Label: Dohr

W. Gleißner ist seit 1962 Kantor und Organist der Stiftsbasilika Aschaffenburg (Bistum Würzburg). Sein vielseitiges kompositorisches Werk umfasst Arien, Kantaten, Messen, Motten, Orgelwerke sowie Stücke für Soloinstrumente mit Orgelbegleitung.

Heinz-Peter Kortmann hat im Jahre 2021 fünfzehn Orgelstücke von KMD Walter Gleißner (*1931) auf der Metzler Orgel Op. 604 in  47839 Krefeld-Hüls St. Cyriakus (Bistum Aachen) eingespielt. W. Gleißner, geprägt durch Nachkriegserfahrungen, schrieb 1985 (somit 300 Jahre nach Bachs Geburtsjahr) die Fantasie über B-A-C-H, sowie „Hommage à Bach“. BACH: diese Buchstaben ergeben sich aus den Anfangsbuchstaben folgender vier Titel: Brich an, du schönes Morgenlicht/ Ach Herr, lass dein lieb´ Engelein/ Christ lag in Todesbanden/ Herr Jesu Christ, dich zu uns wend.

Laut Booklet gibt es von Wolfgang Brettschneider dazu (1989) diese Äußerung: Die Herbheit und Konzentriertheit der Sprache wie auch die Beschränkung der klanglichen und technischen Mittel tun der Vitalität und Impulsivität des Stückes keinen Abbruch. Die Partita über „Unüberwindlich starker Held, St. Michael“ ist Michael Hartmann, Schüler von Franz Lehrndorfer, München gewidmet. W. Gleißner bestätigt weiter im Booklet: Mit Hindemiths Musik war ich während meiner Studienzeit in Frankfurt intensiv in Kontakt gekommen. Einen weiteren konkreten persönlichen Bezug hat die Meditation „Im Frieden dein, o Herre mein“: diese ist Gleißners Doktorvater Hellmut Federhofer (1911-2014) zugeeignet. Ein musikalisches Denkmal in Form einer Passacaglia ist Walter Klingenbeck (Opfer der Nazi-Regimes) gewidmet: Epitaph für einen Blutzeugen. Und auch das  Triptychon „Apokalypse“ hat wieder einen bestimmten Anlass. Solche  intensive musikalische Botschaften machen W. Gleißner zu einem suchenden und besondern Menschen, der aus der Kirchenmusik Kraft und Zuversicht findet und diese weitergibt. Das ist mit der CD, musikalisch ausgelotet von Heinz-Peter Kortmann, gelungen.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Dezember 2021

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Giuseppe Verdi - Preludes, Arias and Ballet Music

Interpret: Roberto Cognazzo
Label: Elegia

Transkribierungen führen manchmal nicht zum Ziel? Schwierige Frage! Wer aber bereits die Sonata per Organo von Vincenzo Bellini (1801-1835) kennt, der dürfte hier eindeutig im Vorteil sein. Auch die Musik eines Padre Davide de Bergamo gehört in dieses Kaliber. Sicher auch dann die Musik von Rossini, Donizetti, Puccini und wie sie noch alle heißen mögen.

Zur CD: Der große Opernkomponist G. Verdi wurde 1813 geboren. Sein Vater unterhielt einen Kramladen samt Dorfschenke. Verdis musikalische Begabung zeigte sich recht früh, und so komponierte er bereits während der Schulzeit nach eigenen Angaben Märsche und Ouvertüren. Vielleicht ist es genau diese Art von volkstümlicher Unbekümmertheit, nationale und religiöse Motive miteinander zu verbinden, denn dieser Eindruck entsteht. Chronologisch gibt es Orgeltranskriptionen (mit Pauken und Trompeten, auch mit Trommelwirbeln) aus Ernani (1844), Giovanni d´Arco (1845), Attila (1846), I Masnadieri (1847), Luisa Miller (1849), I Vespri Siciliani (1855), La forza del destino (1882), Aida (1871).

Interpret Roberto Cognazzo (*1943) standen drei Turiner Instrumente zur Verfügung: Organo Tiburzio Gorla (1856), Coassalo Torinese, Torino / Organo Fratelli Serassi op. 686 (1865), Chivasso, Torino /  Organo Carlo Vegezzi Bossi (1858-1927), Torino. Erstaunlich ist bei vielen Titeln der schnelle Klangwechsel. Selbst bei kleinen Instrumenten (dank der Spielhilfen) ist das möglich. Einige Register sind in Bass/Diskantlage geteilt, was zusätzlichen Klangkombinationen sehr förderlich ist. Und manchmal ist es auch eben etwas „rustikal“ und da darf man sich deutlich an Kirmes und Jahrmarktorgeln mit kleinen Intonationsschwächen erinnern. Und ich denke, ja auf solche Details kommt es an und es durfte nach Bach Haydn, Mozart und natürlich Verdi geben. Vielleicht ist es  in etwa so, wie das Schlitzohr Karl Barth (1886-1968) schreibt: Ich bin mir nicht sicher, ob die Engel im Himmel zum Lobpreise unseres Herrn nur Bach spielen. Ich bin mir aber sicher, dass die Engel, wenn sie unter sich sind, Mozart spielen, und dass ihnen dann auch der liebe Gott gerne zuhört“. In diesem Sinne: somit lasse man die Musik eines G. Verdi als leicht und „lebensbejahend“ auch auf der Orgel gelten.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / November 2021

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Pietro Alesandro Yon - Complete Organ Music Vol. 4

Interpret: Diego Cannizzaro
Instrument: Pacifico Inzoli (1898), Chiesa di San Domenico, Palermo, Italien
Label: Elegia

Historisch korrekt und passend ist das Instrument: Chiesa di San Domenico, Organ Pacifico Inzoli (1898), Parlermo, Italy. An diesem romantischen Instrument gibt der Interpret Diego Cannizzaro (Cefalù/Sizilien) Orgelwerke von Pietro Alessandro Yon (1866-1943) zum Besten.

Konkret sind es: Sonata Prima, Sonata cromatica (seconda) und Sonata romantica (terza). Yon war ein italienisch-amerikanischer Organist, Musikpädagoge, Komponist. Er studierte an den Konservatorien Mailand und Turin und vollendete seine Ausbildung an der Accademia di Santa Cecilia in Rom. Ab 1905 war er Organist im Vatikan. 1907 folgte er seinem älteren Bruder Constantino Yon nach New York, der Organist an St. Vincent Ferrer Church war. 1921 wurde er amerikanischer Staatsbürger. Von 1927 bis1943 war Yon Organist an der St. Patrick´s Cathedral in New York City, USA.

Diego Cannizzaro interpretiert die Orgelwerke von P. A. Yon mit passenden Grundstimmen-Registern. Der Stimmungsgrad erinnert oft an Rheinberger, und dementsprechend gefühlvoll (idyllisch, heroisch, poetisch, lyrisch) sind die Affekte. Zungenregister der Orgel werden immer sparsam dosiert eingesetzt und verfehlen ihre Wirkung nicht: Bombarda 16´ im Pedal, Tromba 8´ in I , Clarino 8´ in II, Oboe 8´ in III. Zeittypisch sind noch neben Jalousieschweller die Streicherstimmen Salicionale 8´, Dulciana 8´ . sowie die Schwebungsregister Unda Maris 8´, Voce Celeste 8´. Es handelt sich um gediegene, jedoch niemals banale Satzkunst mit einigen dramatischen Steigerungen, kombiniert mit fugierten Formen und deutlichen Vorlieben zu Chromatizismen. Bei der CD geht es um rundum beruhigende Musik im Sinne von  „Tema e Variazioni“. Da es von Yon meines Wissens nur sehr wenige Einspielungen gibt, ist gerade diese CD nicht nur eine Dokumentation sondern auch ein besonderer Glücksfall: Musik zum Innehalten, Musik für Kontemplation und ruhige Momente.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / November 2021

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Die Klais-Orgel der Ruhe-Christi-Kirche Rottweil

Interpreten: Thoma, Peter & Weis, Wolfgang / Küchler-Blessing, Sebastian
Label: organum classics

Da ist sie nun: die Klais-Orgel mit II/16, mit Wechselschleifen und im Ahorngehäuse, so das Booklet. Von 1928 bis 1990 existierte die Späth-Vorgängerorgel, auf die leider nicht weiter eingegangen wird.

Etwas vollmundig ist dann weiter von geometrischer Struktur des Orgelprospektes die Rede, der an  an klassizistische Vorbilder erinnern soll. Für die Klais-Orgel mit Standort linke Seitennische im Altarraum würde ich lieber das Wort „futuristisch“ nehmen. Meiner Ansicht nach ist die jetzige Orgel weniger eine Integration, sondern mehr ein Kontrast zum übrigen Barockstil. Aber das ist die Privatmeinung des Rezensenten.

Auf der CD gibt es 18 Titel von Barock, Klassik, Jazz. Die Orgel überzeugt eher in Einzelfarben als im Gesamtklang. Leider kommt bei JSB (BWV 545) eher ein Klangbrei daher. Vielleicht liegt es an der tiefen Terz 3 1/5´in der Mixtur, die dann durch Sub II-I nochmals tiefer wenig klangverschmelzend, sondern eher als Fremdkörper erscheint. Subtiler und gefälliger sind Mozart (Glasharmonika), C. Ph. E. Bach und die Einspielungen Saxofon mit dezenter Orgelbegleitung. Leider sehr kurz geraten (Füllstück?) ist mit nur 2:05 der Rottweiler Narrenmarsch. Hier hätte ich mir z. B. eine Wiederholung oder Variation (Sequenz) gut vorstellen können.

Gelungen sind die Formulierungen im Booklet: Jazz in der Kirche: Kein Widerspruch. Und Improvisieren: Komponieren ohne Radiergummi, welche wunderbaren Bilder. Und so gibt es auf dieser CD eben neben Steigleders Tabulatur auch Musik aus unserer Zeit, Jazz-Standards. Und die Orgel ist dazu ein guter Partner. Das finde ich besonders gut gelunden in „Caravan“, Latin –Jazz-Standart „Morning“, Oh When the Saints Go Marching In, Just a Closer Walk with Thee. Zu allen Interpreten gibt es aussagekräftige Details und Portrait-Fotos.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / November 2021

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Die Orgel in St. Jakobi zu Stralsund

Interpret: Martin Rost
Instrument: Wegscheider-Orgel St. Jakobi Stralsund
Label: Querstand

Nach einigen Pannen in der Orgelhistorie enthält der monumentale, eindrucksvolle Prospekt von 1741 mit der Wegscheider-Orgel zum ersten Mal in seiner Geschichte ein künstlerisches ebenbürtiges Instrument. Das ist der Eindruck, der sich anhand der geschichtlichen Ereignisse verdichtet. Bedenklich und ja, sehr traurig, sind da zunächst frühere statische Mängel. Unbedingt zu nennen: Principal 32´ und Contraposaune 32´. Kriegsbedingter Vandalismus um 1945 war bedauerlicherweise ein weiteres Negativargument. Umso erfreulicher, dass es danach positive Tendenzen gab.

Insofern ist diese CD mit dem Interpreten OSV Martin Rost, Jahrgang 1963, mehr als lobenswert. Mit fast 71 Minuten Spielzeit gibt es kurzweilige und angenehme Musik vom Feinsten. Dafür stehen Komponisten: Buxtehude, JSB, Johann Pachelbel, Christoph Wolfgang Druckenmüller, Daniel Erich, Daniel Magnus Gronau, G. F. Händel, Georg Dietrich Leyding, Johann Ludwig Krebs. Viel Beachtung fand Martin Rost bei der Wiederentdeckung der verschollenen Choralvariationen D.M. Gronaus und bei der mit Krzysztof Urbaniak realisierten Gesamtausgabe dieser Kompositionen beim Ortus-Verlag Beeskow.

Die CD ist ein herausragendes Klangportrait mit dazu passender vielfältiger Orgelmusik von Barock bis Klassik mit wunderbaren Detailfotos von Kirche, Spieltisch, Orgelprospekt. Dazu unbedingt lesenswert: Orgelwerkstatt Wegscheider, Dresden – ein persönlicher birografischer Streifzug.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / November 2021

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Florentine Romantic Organ Music
Casini, Casamorata, Maglioni

Interpret: Matteo Venturini
Label: Brilliant

Lange Jahrzehnte haben die italienischen Kollegen gezögert, die leider verpönte italienische Orgelmusik des 19./20. Jahrhunderts auf CD einzuspielen. Seit einigen Jahren schließen sie nun peu a peu diese Lücke, wobei sich wahre Schätze auftun aus einer bisher wenig aufbereiteten Vergangenheit.

So ist von dem ersten Komponisten Padre Antonio Casini (19. Jh.), von dem vier Messesätze zu hören sind, außer seinem Namen fast nichts bekannt. Umso mehr freut es den Hörer, hier echte Orgelmusik im Opernstil hören zu dürfen, die auf den einmanualigen italienischen Orgeln aufwändig dargestellt werden kann. Die Vincenzo Colonna (1602 – 1606) - Filippo Tronci (1899) -Orgel in San Michele Arcangelo in Corsanico (LU), 2005 restauriert von Riccardo Lorenzini, ist ein Prachtinstrument, gebaut für solche bombastische Musik. Auch die anderen beiden Komponisten, Luigi Ferdinando Casamorata (1807 – 1881) mit seinen 12 brevi esercizi in forma di versetti per organo (1874) und seiner Missa completa (1877) sowie Giovacchino Maglioni (1814 – 1888) mit seinen Istituzioni Teorico-Pratiche per Organo – Parte terza - beide setzten sich sehr für eine Reform der Musik nach den Vorstellungen des Caecilianismus ein – ist hierzulande kaum etwas bekannt. Wenn sie auch in ihre Beispielstücke Kontrapunkte, Kanons und Fugenähnliche Takte einbeziehen, es klingt so bravourös und effektvoll, dass man nicht genug davon hören kann. Dazu leistet die Serassi-Orgel (1832, op. 465) in der Basilica Santa Maria Nazareth in Sestri Levante (GE), 2012 restauriert von Dell’Orto e Lanzini, ihren glänzenden Teil. Matteo Venturini interpretiert gekonnt und virtuos, so dass keine Wünsche übrig bleiben, außer dem nach einer weiteren Einspielung zeitgleicher Komponisten Italiens.

Rainer Goede
Mai 2021 / Oktober 2021

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"Ein feste Burg" Vocal- und Orgelmusik von Michael Praetorius

Interpreten: La protezione della Musica, Jeroen Finke
Instrument: West-Orgel St. Marien Lemgo
Label: arcantus

Diese CD ist ein besonderes Geschenk zum 450. Geburtstag und 400. Todestag des wohl wichtigsten Komponisten um 1600, Michael Praetorius (* 15. Februar 1571 in Creuzburg bei Eisenach; † 15. Februar 1621 in Wolfenbüttel)! Nicht nur Corona stand dem entgegen, sondern vor allem eine dominierende langjährige Vernachlässigung des Musikschriftstellers und Hofkapellmeisters in Wolfenbüttel und Dresden. Sein immenses Schaffen, grundlegend für die Barockzeit, ist zwar fast vollständig überliefert, aber in der Praxis nur lückenhaft greifbar, weil die Vollendung einer Gesamtedition auch nach hundert Jahren nicht in Sicht ist.

In die Orgelgeschichte ist Praetorius eingegangen vor allem durch seine detailgenaue Beschreibung des seinerzeitigen Orgelbaus in seinem Hauptwerk Syntagma musicum (Wolfenbüttel 1615 – 1619). Die Kenntnisse hatte er sich erworben beim Bau der David Beck-Orgel in der Schlosskapelle des Residenzschlosses Gröningen (1596, II/59), dem universellen Prunkwerk des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und Administrators des Stiftes Halberstadt. Außerdem ist seine Zusammenarbeit mit den Orgelbauern Esaias Compenius (1610 „Compenius-Orgel“ in Schloss Hessen, 1616 verschenkt an König Christian IV. von Dänemark, dort unverändert erhalten als „Orgel von Schloss Frederiksborg“) und Gottfried Frietzsch durch die Abnahmeprüfung von dessen neuer Orgel in der Bayreuther Stadtkirche 1619 gemeinsam mit Scheidt, Schütz und Johann Staden sowie dem Orgelneubau in der neuen Kirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel 1621 nachgewiesen.

Von den (nur) drei großen überlieferten Choralphantasien spielt Lisa Bork, Kirchenmusikerin in Borgfeld und Studentin der HfK Bremen, die Phantasie über „Ein feste Burg“, die der ganzen Einspielung auch den Titel gab. Ideal ist die Rowan West-Rekonstruktion der Fritz Scherer-Orgel von 1613, zu der das Booklet leider total schweigt, obwohl die Registrierungen angegeben werden. Gleich zu Beginn sind die Principale, die als einzige Pfeifen bis heute im Prospekt überdauert haben, zu hören, wertvolle und wunderschöne Stimmen einer großen Vergangenheit. Außerdem ist die Orgel noch zweimal als Continuo-Instrument zu hören.

Das 14-köpfige Ensemble La protezione della Musica unter der Leitung von Jeroen Finke, wohl allesamt der HfK Bremen angehörig, musiziert auf Zink, Posaunen, Laute, Theorbe und Regal, dazu sieben Vokalisten, die sich auf die verschiedenen zwei- bis achtstimmigen Besetzungen verteilen. Zu hören sind aus Musae sioniae I, III; V und IX sowie aus Polyhymnia caduceatrix Choralsätze, bzw. –konzerte zu „Ein feste Burg“, „Vater unser im Himmelreich“, „Christe, der du bist Tag und Licht“, „Lobet den Herren, denn er ist sehr freundlich“ und das Te Deum (deutsch). Alle musizieren auf hohem Niveau in einem herrlich geschlossenen Ensembleklang, so dass man der Gruppe nur wünschen kann, in Zukunft beisammen zu bleiben und sich ganz frei zu musizieren. Die etwas zu langen Pausen zwischen den einzelnen Versen sowie die kaum merkbare akustische Trennung beim mehrchörigen Musizieren sind das einzige, was neben den fehlenden Informationen zur Orgel zu bemängeln ist. Mit dieser CD beschert Finke und sein Ensemble dem Jubilar des Jahres eine gebührende Ehrung!


Rainer Goede
Juni 2021 / Oktober 2021

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Charles-Marie Widor – Symphonie V Op.42,1

Herausgeber: Georg Koch
Verlag: Carus

Die 5. Sinfonie von Widor zählt wohl zu den meistgespielten Orgelwerken aus Widors Schaffen, insbesondere die ikonische Toccata, der letzte Satz, wird häufig, viel und gern zu diversen Anlässen zu Gehör gebracht.Das Werk gliedert sich in fünf charakterlich äußerst verschiedenartige Sätze, beginnend mit einem brillianten Variationssatz, weiter geführt über ein von einer charaktervollen Melodie überspannten Allegro cantabile und ein eigentümliches, scherzoartiges Andantino quasi allegretto, hin zu einem eher statischen Adagio, welchem im größten Kontrast die triumphale Toccata als Schlussatz gegenübergestellt wird. Mehr Worte will der Autor zum Werk nicht verlieren, die Sinfonie ist hinlänglich allen Orgelfreunden bekannt.

Georg Koch legt das Werk nun im Carus Verlag in einer umfangreichen Neuedition vor, bei der berechtigt die Frage zu stellen ist: Hat diese Ausgabe neben den diversen anderen eine Daseinsberechtigung? Der Verfasser dieser Rezension meint: vollumfänglich „Ja!“, will aber hierbei auf den Vergleich mit anderen Editionen verzichten, um den Rahmen nicht zu sprengen. Eines dürfte klar sein: Nach dem Studium des in drei Sprachen vorliegenden Vorwortes (deutsch/englisch/französisch) in all seiner Ausführlichkeit bleiben wenige Fragen zu einer „authentischen“ Interpretation des Werkes offen. Koch spannt, ausgehend von der Zielformulierung einer neuen Urtextausgabe auf Basis der letzten Änderungen von Widor, einen weiten und fachlich sehr kompetenten Bogen von Widors Biografie über den Orgelbau und die -musik in Frankreich, die Orgelsinfonien Widors und deren Bezug zu den Orgeln der Zeit, hin zur Interpretation und einer ausführlichen, sich aber nicht im Kleinen verlierenden Beschreibung des Werkes, abschließend mit Informationen zur Ausgabe und einigen Dankesworten. Das ganze Vorwort ist in angenehmer Sprache formuliert und animiert zum ausführlichen Studium desselben. Am Ende schließt sich ein sehr ausführlicher kritischer Bericht an, der die Sätze übersichtlich und einzeln auflistet. 

Das Wichtigste, das Notenbild selbst ist, mit einigen Zugeständnissen an heutige Gepflogenheiten, an die letzte Ausgabe Widors von 1928/29 angelehnt und vereint Übersichtlichkeit mit Zweckmäßigkeit. Will sagen: Es ist schön, sich diese Noten anzusehen, das Format des hochwertigen Heftes (B4) ist zum Daraus-Spielen einfach ideal, das nicht weiße, sondern leicht beige Papier fühlt sich hochwertig an, nimmt auch Bleistiftnotizen willig und ohne Durchdrücken auf andere Seiten an, auch Registrierzettel halten sehr gut auf diesem Papier, welches auf dem Notenpult angenehm blendfrei und mit gutem, Kontrast bedruckt ist. Die Wendestellen sind großteils so gelegen, dass man ohnehin eine Hand frei hat, lediglich an einigen Ecken wird man sich wahlweise mit Extra-Kopieren oder einem Blätterer abfinden müssen – diese Anlage des Formates gefällt und ist angenehm, auch wenn man oft beim Blättern recht fix sein sollte – dass dies nicht für den motorischen Rhythmus der Toccata am Ende gilt, dürfte von selbst erklärend sein.

Was bleibt als Fazit? Die knapp 30 Euro, die man für diese Ausgabe auf den Tisch legt, sind gut angelegtes Geld, man erhält ein qualitativ hochwertiges Heft mit vielen hilfreichen Informationen, gut recherchiertem Vorwort und Informationen sowie einem angenehmen Notenbild und wohl überlegten Blätterstellen. Am Ende kann man nur sagen: Ja, der Versuch einer neuen Urtextausgabe ist geglückt, und jene hat neben all den anderen Editionen durchaus ihre Daseinsberechtigung.


Johannes Richter - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Oktober 2021

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Max Reger Organ Works 1-8

Interpret: Peyrot, Irénée
Instrument: Schuke-Orgel der Marktkirche Halle (Saale)
Label: Querstand

Manchmal kreuzen sich Wege auf die ungewöhnlichste Art und Weise an den ungewöhnlichsten Stellen – Max Reger, der „Orgeltitan“ der deutschen Romantik trifft in der Geburtsstadt eines der bekanntesten Barockkomponisten – Georg Friedrich Händel – unter den Händen eines französischstämmigen Organisten (KMD Irénée Peyrot) auf eine eher neobarock verortete Orgel – auf die Schuke-Orgel der Marktkirche in Halle (Saale), mit 56 Registern auf drei Manualen und Pedal, zuletzt 2007 durch Sauer aus Frankfurt/O. erneuert. Wie geht das zusammen?
Die Antwort ist: Sehr gut, aber in manchen Momenten anders, unkonventioneller, als man es vielleicht gewohnt ist – die Bereitschaft, sich auf eine Aufnahme unvoreingenommen einzulassen, ist hier vom Hörer auf jeden Fall zu erwarten.

Zuallererst: Der Klang der Orgel. Neobarock disponiert, durch Sauer 2007 etwas abgemildert, aber mit großem Schwellwerk versehen, in vielen Momenten etwas terassendynamischer als man es gewohnt ist, vielleicht auch härter, als man es angenommen haben mag, dennoch aber sehr gut zu großen Crescendi und Decrescendi fähig, wenn auch manchmal die Wucht der Grundstimmen der hochromantischen Orgel zu vermissen ist.
Regers Musik gewinnt dadurch sehr viel an Durchsichtigkeit, besonders die leisen Flöten entfalten eine reiche Farbigkeit in den gedeckteren Stücken zusammen mit den streichenden Stimmen, wie im Praeludium cis-Moll Op.85/1, welches sehr gut zu dieser Orgel zu passen scheint.

Zweitens: Die Spielweise des Interpreten schlägt einen gekonnten Bogen von Max Reger, der seine Werke eher langsam hörte (wie er einst zu G.Bunk sagte: „Spielens' halt meine Werke nicht so schnell...“) hin zu den Gegebenheiten von Orgel und Akustik – Romantik und Neobarock treffen nebeneinander, aber doch füreinander und miteinander aufeinander in einer gelungenen Synthese. Peyrot wählt in vielen Momenten schwerere, gravitätischere Tempi, getreu dem oben genannten Satze Regers, ohne dabei das Feuer, die Leidenschaft vermissen zu lassen. Das Argument, welches an anderer Stelle genannt wurde, dass Peyrot z.B. bei Op.46 mit 21 Minuten eher im hinteren Mittelfeld läge, zählt nicht – führen die Tempi doch eben bei „B-A-C-H“ bei der durchweg komplexen Musik zu einer schwer zu erreichenden Durchsichtigkeit und Verständlichkeit – schneller ist eben nicht immer besser, zumal Peyrot weder Feuer, Flamme, noch Ausdrucksfähigkeit und Emotion vermissen lässt, dies alles aber in einem angemessenen, erträglichen, erhabenen Maße zur Anwendung bringt. Insbesondere die Orgelsuite Op.16 entfaltet dadurch, ebenso wie die Choralfantasien auch in Verbindung mit der gekonnt-durchsichtigen Registrierung und Intonation der Orgel eine Klanglichkeit, die Regers Inspiration durch Bach, seine Bewunderung für den Meister aller Meister deutlich macht. Ist dies ein Nachteil? Sicher nicht, lässt die Aufnahme doch die Reger zugehörige Erdenschwere und Depression nicht vermissen, schlägt andererseits aber einer Reminiszenz an die berühmt-berüchtigten Scherze des Komponisten gleich den Bogen zu einer aetherisch anmutenden Leichtigkeit, sodass der Hörer nicht von der Musik erdrückt wird, Zeit zum Aufatmen hat – exemplarisch mögen dafür die vier Präludien und Fugen Op.85 stehen. Peyrots Spielweise ist dabei durchweg tadellos und erhaben, technisch einwandfrei und musikalisch von großem, aber nicht unmittelbar emotionalen Ausdruck geprägt, sein Reger ist eher fast retrospektiv zu verstehen, mit zeitlichem Abstand zu früheren Emotionen, was dem Ganzen eine Art kosmische Dimension ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit verleiht – umso bemerkenswerter diese Einspielung, da der Interpret sie neben der normalen Tätigkeit einer 100%-A-Stelle vorlegt.
Zu Preziosen geraten die Einspielungen z.B. von Op.135a, welche großes Verständnis für Choral und Verarbeitung zeigen, den kleinen Werken eine große Ernsthaftigkeit verleihen. Mag er auch an einigen Stellen die, teils berüchtigten und umstrittenen Metronomangaben nicht berücksichtigen, so ist dies doch auch der Orgel geschuldet, letztlich ist die Symbiose aus Neobarock und Spätromantik als gelungen zu bezeichnen. Auf jedes Werk hier einzugehen ist bei über 200 Werken nicht möglich, als Highlights seien jedoch genannt: Op.16, Op.27, Op.46, Op.85, Op.135b. Die Aufnahmequalität ist transparent, direkt, aber sehr räumlich und dreidimensional.

Leider gibt es alle Aufnahmen nur als Download, wodurch ein Booklet in irgendeiner Form leider nicht vorhanden ist – schade! Dennoch: Für Liebhaber eines transparenten, nicht von Emotionen, sondern von Geist geprägten Regers abseits bekannter Pfade sei diese Einspielung herzlichst empfohlen – Langeweile kommt nie auf.

Johannes Richter - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Oktober 2021

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Joseph Callaerts - Organ Works

Interpret: Peter van de Velde
Instrument: Pierre Schyven Orgel, Our Lady's Cathedral, Antwerpen
Label: Aeolus

Immer bleibt Geschichte geheimnisvoll und rätselhaft und bestimmt gibt es da (immer noch- oder schon wieder-) einige Unschärfen in der Perspektive von Über-/Unterbewertungen? Dazu einige nüchterne Fakten:  Boellmann, den Namen kennen wir doch bestimmt alle (Stichwort „Suite gothique“). Aber daneben Joseph Callaerts?  Vergessen…nie gehört? Immerhin fällt aber auch gerade dieser Name in die Epoche der (Hoch-)Romantik. Brahms, Smetana, Bruckner, Wagner, Guilmant, Rheinberger, Mailly lassen grüßen und in genau diesem Umfeld ist ebenbürtiger Platz für Joseph Callaerts (1830-1901).

Prestigeträchtige Titel brauchen sich nicht zu verstecken: Adoration, Elegie, Grand Choeur, Scherzo, Toccata, Marche triomphale. Klangästhetisch bewegen wir uns zwischen den Begriffen Orgelsonate und Orgelsymphonie, sicher auch manchmal angereichert mit (un-)bewusst wagnerianischen Akzenten. Und da spielt der Faktor Zeit immer eine besondere Rolle. Es ist mir überaus angenehm aufgefallen, dass selbst bei der „Total playing time“/Gesamtdauer von immerhin 81:19 niemals der Eindruck von Übersättigung entstand! Im Gegenteil! Besondere Aufmerksamkeit muss hier unbedingt Nr. 10 erfahren: Larghetto (bislang unveröffentlichte Transkription nach dem Originalmanuskript: after Wolfgang Amadeus Mozart´s Clarinet Quintet KV 581): welch wunderbare Symbiose aus Klassik und Romantik! Nicht umsonst wird wohl die 1893 entstandene Symponie den erklärenden Namen „pastorale“ bekommen haben! (Nr. 4 bis 8). Stichwort: Weltersteinspielung.

Das Booklet bringt sehr viel Hintergrundwissen und hochinteressant ist allein schon die Orgeldisposition. Wer kennt wirklich solche exotischen Orgelregister: Ophicleide? Mélophone ? (Mélophone = Unda maris), Voix angélique… ? Zudem wird die Pierre-Schyven-Orgel von 1891 (im historischen Pracht-Prospekt von 1657) gewürdigt. Damals waren im Ausschreibungsverfahren involviert: E. F. Walcker, Ludwigsburg / A. Cavaille-Coll, Paris. Zur mustergültigen Restaurierung von 2014-18 und zum Interpreten sei eigens auf das mehrsprachige Booklet verwiesen. Hier heißt es u.a.: Peter Van de Velde ist der fünfte Titularorganist der großen Schyven-Orgel der Kathedrale von Antwerpen. 1972 geboren begann er seine Orgelstudien als Autodidakt in Doel (Ostflandern) im Alter von zwölf Jahren. Als Kathedralorganist seit Anfang 2002 spielt er abwechselnd sowohl an der Schyven-Orgel (1891) als auch an der Metzler-Orgel (1993).

Diese CD ist aufgrund der Vielfalt ein non-plus-ultra. Kaufen, reinhören, weiterempfehlen! Fazit: eine wunderbare CD für alle Sinne, optisch und musikalisch und überhaupt.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Oktober 2021

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Carl Loewe und die Orgel

Interpret: Peyrot, Irénée
Instrument: Rühlmann-Orgel der Stadtkirche St. Petri zu Löbejün
Label: Querstand

Löbejün – eine beschauliche Kleinstadt nördlich von Halle, am Petersberg, malerisch im weiten Feld gelegen, in der Mitte die Stadtkirche St.Petri mit ihrem massiven, viereckigen Turm. Hier wurde Carl Loewe als Sohn eines Kantors 1796 getauft – damit war der Anfang für eine lange und erfolgreiche Karriere als Komponist, Musikpädagoge, Begleiter, aber auch als Kirchenmusiker und Organist gelegt.  Nach einem Studium in Halle wechselte er 1821 nach Stettin an St.Jacobi, wo er alsbald zu einem gefeierten und beachteten Künstler aufstieg, der mit seiner Musik europaweiten Ruhm erlangte, doch heute nur durch einige wenige Werke, vornehmlich Balladen wie „Die Uhr“ oder „Prinz Eugen“ bekannt ist – doch sein Schaffen, vielfach kirchlich in verschiedenste Richtungen geprägt, umfasste auch Oratorien, Klaviermusik nach biblischen Motiven („Biblische Bilder“), ebenjene Balladen, denen er seinen Ruhm verdankte, und einige wenigniedergeschriebene Orgelwerke, vornehmlich zu pädagogischen Zwecken als Improvisationsmuster („Musikalischer Gottesdienst“) - dennoch war er zeitlebens als Organist und Improvisator hoch angesehen. 

Carl Loewe und die Orgel – eine zeitlebens währende Verbindung und Liebe bis über den Tod hinaus – Loewe verfügte, dass sein Herz in einem Pfeiler unter der Orgel in Stettin eingemauert werden solle... Dieser Thematik widmet sich die vorliegende CD mit demselben Titel, darauf hindeutend, dass es nicht vorrangig (aber auch!) um Loewes wenige Orgelwerke gehen soll, sondern eher um seine intensive Tätigkeit und die Verbindungen zur Orgel, welche in seinem Werk oftmals spürbar sind. So finden sich auf der CD, unterstützt von der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft Löbejün, nicht nur Titel aus seinem „Musikalischen Gottesdienst“, sondern auch Ausschnitte aus den „Biblischen Bildern“ sowie Nummern aus Oratorien und Balladen, deren Transkriptionen der Interpret Irénée Peyrot anfertigte, zeigt. Peyrot, seines Zeichens Organist, Kantor und Kirchenmusikdirektor an der Marktkirche in Halle, ist in der Verangenheit schon mit groß angelegten Aufnahmezyklen wie dem Reger- und Zachow-Gesamtwerk in Erscheinung getreten und legt hier erneut eine wunderbare Einspielung, diesmal an der Rühlmann-Orgel in der Stadtkirche Löbejün (die Loewe leider nie erlebte, aber sie dürfte ihm gefallen haben!) vor.

Eins vorneweg: Man mag Trankriptionen bewerten, wie man möchte, dennoch ist festzustellen: Ist man kein kundiger Hörer und nicht tiefer in die Materie von Carl Loewe involviert, fallen einem die Übertragungen nicht auf – das liegt auch an der gediegenen, von Verve und Spielfreude geprägten Interpretation von Peyrot, der die Stücke wirklich „orgelmäßig“ anlegt, nicht versucht, vokale oder orchestrale Klänge nachzubilden – nein, er schafft daraus durchaus vollgültige Orgelwerke, einfallsreich registriert unter Ausnutzung der vollen Bandbreite der restaurierten Rühlmann-Orgel (weiche, perlende Soloflöten, mischfähige, zahnige Streicher, strahlende, gravitätische Plena, schmetternde Zungenstimmen) ausnutzt, einfühlsam und frisch interpretiert. Nur wer die Werke kennt, wird hier und da den Text vermissen. Die Registrierungen überhaupt sind auf Farbe angelegt – nicht auf bloßes Plenum-Spielen, nein, so viel Farbe findet man selten – das Plenum bleibt Werken wie „Nun danket alle Gott“ vorbehalten. Zu besonders eindrucksvollen und anrührenden Preziosen geraten „Tom der Reimer“, „Herr, bleibe bei uns“ und „Martha und Maria“, ausdrucksvoll registriert und gespielt, ohne die Grenzen des guten Geschmacks zu sprengen. Peyrots Spieltechnik ist dabei über jeden Zweifel erhaben, stets überlegt und kontrolliert, doch immer voller Freude und inniger Musikalität. Recht direkt geriet die Aufnahme an sich, doch immer mit großer Raumtiefe und Differenziertheit. Ein informatives Booklet mit Informationen zu Werk und Leben sowie zur Orgel in Deutsch und Englisch und einigen schönen Bildern, geschrieben von C. Timm-Hartmann aus Halle, runden die liebevolle und originelle Einspielung ab – nur die Registrierungen wären aus Sicht des Autors noch eine Angabe wert gewesen.
Damit gerät die Einspielung nicht nur für Loewe-Freunde zu einer lohnenswerten Entdeckung und Kaufempfehlung.

Johannes Richter - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Oktober 2021

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Sunrise

Interpreten: Kay Johannsen, Julie Stewart (Flöte), Stiftsphilharmonie Stuttgart, Mihhail Gerts
Label: Carus

Unter dem bezeichnenden Titel „SUNRISE“ (Morgenrot, Sonnenaufgang) gibt es „die“ Orgel in völlig verschiedenen Kombinationen und Konstellationen zu hören und zu erleben: Orgel solo, Orgel und Flöte, Orgel und Orchester. Da sind neben dem impulsiven „Fierry Dance“ auch eher kurze „Encore“ (Zugabe) Stücke zu nennen, die teilweise bereits 2001 entstanden. Noch weiter zeitlich zurück geht "Pièce pour flute et orgel": nämlich bis ins Jahr 1983. Das 2014 entstandene Concerto for organ, strings andpercussion hat IV Sätze und zeigt Einflüsse von Poulenc auf.

Mit der Mühleisen-Orgel von 2004 (IV/81, mit Extras/Besonderheiten/Exotica wie: Glockenspiel, Glocken, Zimbelstern, Winddrossel, Windschweller Clarinette) hat Stiftskantor und Komponist Kay Johannsen ein wahrlich opulentes und innovatives Instrument zur Verfügung. Ein Instrument, das mit reichhaltigen Grundstimmen, Aliquoten, Zungenreichtum wohl keine Wünsche offen lässt. Sonderfall: selbst im Rückpositiv (!) sind großzügig Fagott 16´, Trompete 8´ Krummhorn 8´ vertreten!

Innovativ bis impressionistisch, mit Vorlieben für exzentrische (poly-) rhythmische Rafinessen (Tango!) und Ostinati-Formen, erscheinen folgende Werke mit differenzierten Titeln: The Great Wall (2015, einer imposanten Klangcollage und Hommage an die Chinesische Mauer), Orgeloper „Nachtbus (2010/2017), Song of Hope (2016). Es sind quasi musikalische Reiseabenteuer-Erlebnisse mit gewaltigem Potential, sinfonische Klangkaskaden, emotionalen Engführungen und rhythmisch vorangetriebenen Crescendi-Effekten. Alles das verschmilzt homogen zu einer neuen Gesamtform. Der Höreindruck ist dabei stets angenehm und abwechslungsreich kurzweilig. Werbetechnisch und somit clever strategisch gibt es auf der Rückseite des Booklets noch Hinweise auf weitere CD-Veröffentlichungen von Kay Johannsen im Carus-Verlag. Warum auch nicht. Wem das nicht genügt, unbedingt beim Youtube-Kanal des Interpreten vorbeischauen. Es lohnt sich!

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Oktober 2021

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Die Domorgeln von Friedrich Ladegast - Merseburg

Rekonstruktion des Programms des Weihekonzertes von Friedrich Ladegasts erster Großorgel von 1855

Interpreten: Michael Schönheit, Britta Schwarz, Alt; Andreas Hartmann, Violine; Andreas Scheibner, Bariton
Label: Querstand

Der Interpret Michael Schönheit bleibt der Musik nichts schuldig. Rechtzeitig zum 200. Geburtstag von Friedrich Ladegast am 30.August 2018, hat er das „Weihe“-Konzert rekonstruiert. Immerhin bestritten 1855 vier Organisten das Programm: Domorganist David Hermann Engel, Franz Liszt, Alexander Winterberger, Hermann Schellenberg.

Aufgelockert war damals das Programm durch eingefügte vokale Beiträge, die jedoch nicht mehr ermittelt werden konnten. So erklingen auf der CD jetzt adäquat zwei geistliche Lieder des Barockmeisters Johann Wolfgang Franck: Gottvertrauen / Dem dreieinigen Gott. Im zweiten Teil des damaligen Festkonzertes stand die Arie „Es ist genug“ aus F. Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“. Franz Liszt erstellte damals eine Bearbeitung für Bariton und Orgel, das Manuskript ist erhalten in der Universitätsbibliothek Hamburg. Mit dieser CD-Aufnahme wird die Arie in der Bearbeitung von Liszt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, so die Ausführungen im Booklet. Bei Schellenberg werden die Meinungen auseinander gehen. Für den einen „bieder“ für den anderen „pompös“. Zu Schellenbergs Fantasie op. 3 übernehme ich daher gerne die Booklet-Ausführungen: Diese ist die erste seiner insgesamt drei Orgelfantasien und lässt den (starken) Einfluss von Mendelssohn erkennen. Durch kräftige Dynamik verfehlt das Stück seine Wirkung beim Publikum keinesfalls und bildet ein plakatives Postludium.
Freilich wird es damals besonders um  das Großwerk von Franz Liszt gegangen sein. Da Präludium und Fuge über B-A-C-H nicht rechtzeitig fertig wurde, erklang alternativ „Ad nos, ad salutarem undam“. Die deutsche Übersetzung lautet: „Zu uns, zur rettenden Woge, kehrt zurück, ihr Elenden! Kommt zu uns, ihr Völker!“ (Aus der Oper „Le Prophète“ von Giacomo Meyerbeer).

Neben opulenter Orgeldisposition finden sich im umfangreichen Booklet Vita aller Interpreten*innen: Michael Schönheit, Andreas Hartmann, Britta Schwarz, Andreas Scheibner. Fazit: Eine wunderbare gültige CD, nicht nur für Freunde romantischer Musik.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / Oktober 2021

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Organ goes Opera - Band 4

Herausgeber: Hielscher, Hans Uwe
Verlag: Butz

Endlich ist die Fortsetzung da: für alle Fans and Friends from „Organ goes Opera“ gibt es nun Band 4. Diesesmal steht Franz von Suppè (1819-1895) mit der beliebten Ouvertüre zu „Leichte Kavallerie“ für Orgel solo im Mittelpunkt. Hans Uwe Hielscher ist wahrlich kein Unbekannter in Sachen originale und originelle Orgelmusik. Dafür stehen als Markenzeichen überaus gelungenen Transkriptionen (Stichwort: Ketèlby, Ravel, Saint-Saens).

Wie nicht anders zu erwarten, überzeugt auch die hier präsentierte Notenausgabe durch angenehmen Notensatz, übersichtliche und transparente Darstellung. Dynamische konkrete Angaben lassen keine weiteren Wünsche offen. So gilt es am sympathischen Vorwort festzuhalten: einprägsame Melodien und flotte Rhythmen sind das Markenzeichen der Musik des österreichischen Komponisten Franz von Suppè, der es verstand, das Wiener Publikum mit seinen eleganten und leicht zugänglichen Kompositionen zu verzaubern. Die „Leichte Kavallerie“ war die erste Wiener Operette in zwei Akten, die lange vor dem „Zigeunerbaron“ (1895, Johann Strauss)  ungarische Elemente musikalisch einbrachte. Eine farbige und konsequent lebendige Umsetzung dieser genialen Transkription kann und wird der Orgel jede immanent „statische“ Beharrlichkeit nehmen. Bester Dank gilt somit Hans Uwe Hielscher und dem Musikverlag Dr. J. Butz gleichermaßen. Auf 18 Notenseiten gibt es 252 Takte wunderbarer Musik mit Schluss in leuchtendem A-Dur. Vorsicht! Ideal nicht nur für Sylvesterkonzerte und als jederzeit ultimative „encore“ Zugaben (weil „hochexplosiv“). Übrigens: ebenfalls in A-Dur ist das bekannte Filmmotiv „Miss Marple Thema“, ein weiterer „GAG“ von Hans Uwe Hielscher.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / September 2021

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Nicolò Corradini - 12 Ricercari / Mattia Vendi - Canzoni

Interpret: Federico del Sordo
Instrument: Antegnati-Orgel Mantua
Label: Brilliant

Das überlieferte Werk von Nicolò Corradini (um 1585 - 1646), seit 1611 Organist an der Kathedrale von Cremona und der dort existierenden „Capella delle Laudi“, seit 1635 deren Kapellmeister und seit 1636 Kapellmeister der Kathedrale, ist überschaubar: Die Motettensammlung „Alcuni concertati con instromenti“, Libro 1 (Venedig, 1613), Ricercari a 4 (Venedig, 1615), 5 – 8stimmige „Madrigali, con sinfonie de viole“ (Venedig, 1620), „Primo libro de Canzoni Francese (Venedig, 1620), und die „Motetti a 1, 2, 3, 4 voci …“ (Venedig, 1624).

Der in Rom am Konservatorium „Santa Cecilia“ tätige Organist und Musikwissenschaftler Federico del Sordo hat diese durch alle 12 Kirchentöne gehenden Ricercari, die auf zwei bis fünf Themen („fughe“) basieren, auf der Graziadio Antegnati-Orgel (1565, I/12, 2006 restauriert von Giorgio Carli) der Basilica Palatina di Santa Barbara in Mantrua und einer 17. Jh.-Kopie eines Cembalos von Tony Chinnery (2009, in wohltuend tiefer Kammertonstimmung) eingespielt und sie mit sechs überkommenen Canzoni des unbekannten Fr. (?) Mattia (?) Vendi konfrontiert. Die motettenartig aufgebauten Ricercari gehen einen glücklichen Gegensatz zu den vokalen Themen der Canzonen ein. Mit gekonntem Zugriff versieht Federico del Sordo sie mit geschmackvollen Verzierungen. Diese Ergänzung der italienischen Barock-Literatur gerät so zu einer wohl gelungenen Einspielung.

Rainer Goede
Mai 2021 / September 2021

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Sebastián Aguilera de Heredia - Organ Music

Interpret: Miguel del Barco Diaz
Instrument: Renaissance-Orgel von St. Maria de la Consolación, Garovillas de Alconétar, Cáceres/SP
Label: Brilliant

Sebastián Aguilera de Heredia (1561 - 1627) wurde 1585 Organist an der Kathedrale von Huesca und 1603 Hauptorganist der Kathedrale von Saragossa, wo José Ximénez sein Nachfolger urde. Neben seiner Magnificat-Sammlung von 36 Sätzen für vier, fünf, sechs und acht Stimmen sowie für Doppelchor (Canticum Beatissimae Virginis deiparae Mariae) haben sich 18 Orgelstücke erhalten, die Miguel del Barco Díaz, Professor für Orgel und Tasteninstrumente am Conservatorio Oficial de Música “Hermanos Berzosa” in Cáceres, an der Renaissance-Orgel von St. Maria de la Consolación, Garovillas de Alconétar, Cáceres/SP (gebaut vor 1578, 1677 von Juan Amador ’el joven‘ umgebaut zu Halbzügen (Bass 5, Diskant 6 Stimmen, C-a‘‘ mit kurzer Oktave), dem einzigen aus Heredias Zeit erhaltenem spanische n Instrument, eingespielt hat. Eine bessere Kombination ist also gar nicht zu haben, umso mitreißender erklingt Heredias‘ Musik. Die zweigeteilte Klaviatur schreibt Heredias vor bei mehreren Stücken, deren Solostimme denn auch klar macht, dass nach der dominierenden Zeit flämischer Polyphonie selbst in Spanien andere Zeiten anbrechen, Zeiten der Solomusik und des Affektes bei den Stücken ‚de falsas‘, wenn auch kontrapunktische Vierstimmigkeit und Cantus firmus-Bezüge weiter dominieren. So vereint Heredia seriöse Tradition mit neuer aufregender tänzerischer Eleganz.

Das Booklet bringt eine kompetente Einführung zum Komponisten und seinen Kompositionen von Díaz, eine Bibliographie, eine Kurzbeschreibung des Instruments mit der Disposition und seine Vita. Díaz‘ Tempi sind überzeugend, wenige kluge Verzierungen lockern das Klangbild auf, etliche allerdings so verwischt gespielt, dass man nicht weiß, ob es sich hier vielleicht um einen Fehlgriff gehandelt haben könnte. Auch sein zu kurz artikuliertes Spiel, fast ein ständiges Staccato, bräuchte zumindest einen Quellenbeweis. Trotzdem und allein schon wegen der brillanten Orgel (leider leicht übersteuert): eine ganz tolle Produktion!

Rainer Goede
Mai 2021 / September 2021

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Ludwig Thiele (1816-1848) - Orgelwerke Band 3

Herausgeber: Tobias Zuleger
Verlag: Butz

Wer soll, wer will das spielen? Der technische Aufwand steht jedenfalls in keinem gesunden Verhältnis zum musikalischen Ergebnis“.
O je! Zu diesem Urteil kam jedenfalls 2018 KMD Klaus Uwe Ludwig (1943-2019). Ich möchte das aber differenzierter und relativierter sehen dürfen. Immerhin folgte nach den beiden Vorgängerausgaben (Butz 2846 und 2917) im Mai 2020 Band 3. Dieser enthält Concertsatz es-Moll (!) mit 19 Seiten sowie Thema mit Variationen C-Dur: ein schlichtes Thema steigert sich allmählich aber (be-)ständig bis zum Finale, das allerdings erst von G. E. Stehle 1894 ergänzt wurde. Technisch äußerst schwierig und hochvirtuos erscheint dabei Variation V, die auf drei (!) Manualen und mit Doppel(!)pedal zu interpretieren ist, ein seltenes Beispiel für den Orgelstil des jungen Komponisten und seiner Zeitgenossen Schneider, Hesse, Kühmstedt, Ritter, Flügel, Brosig, Markull, Merkel, Gulbin. So ist diese Musik für Organisten, die adäquate Instrumente im Stil von z. B. Sauer, Ladegast u.a. haben, zugleich eine besondere Herausforderung und sei daher diesen Repräsentanten besonders empfohlen.

Zur Biografie finden sich laut Vorwort diese Angaben: Ludwig Thiele, 1816 in eine Lehrerfamilie hineingeboren, erhielt seine Ausbildung in Berlin bei August Wilhelm Bach (1796-1869). 1839 wurde Thiele an der 1945 kriegszerstörten Parochialkirche mit der untergegangen Wagner-Orgel von 1733 (II/34) Organist. Thiele ist 1848 frühzeitig an Chorela verstorben. Sein befreundeter Nachfolger August Haupt (1810-1891) engagierte sich für dessen Kompositionsveröffentlichungen. Das Verdienst von Tobias Zuleger liegt in der Gesamtausgabe, denn vorher gab es lediglich Einzelwerke Werke (Neuausgaben) von Sieling und Stockmeyer.

Fazit: für alle Interpreten/innen sicher keine leichte Kost. Doch geht es auch immer um die Liebe zum Details, die sich an den „richtigen“ Instrumenten einstellen werden. Dementsprechend ist der Notensatz freundlicherweise immer sehr großflächig und großzügig gestaltet.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / September 2021

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Divertimento für Trompete (in B oder C) und Orgel

Komponist: Andreas Willscher
Verlag: Butz

Bekanntermaßen gilt Andres Willscher als Komponist für besondere Stimmungsmomente. Mit „Divertimento“ entstand ein Zyklus mit vier reizvollen Stücken für die beliebte und bewährte Kombination Trompete/Orgel. Egal ob verträumte Kantilene (schottische Idylle im 5/8-Takt, Andacht), pointierter Satz (Don Quijote quasi Batalla) oder ein fröhlich-neckisches Scherzo: immer werden Spieler und Zuhörer gleichermaßen erfreut sein über diese willkommene Repertoireerweiterung. Alle Titel können somit sowohl gesamt-zyklisch als aus einzeln solistisch vorgetragen werden. Zudem ist der Orgelpart auch rein manualiter („locker“) spielbar.

Laut Vorwort entstand diese Notenveröffentlichung bereits im Mai 2018. Das kreative Titelbild zeigt die farbenfrohe künstlerische Dimension Divertimento: Acryl auf Leinwand, entstanden im Vorjahr 2017. Garantiert gute Laune? Mit dieser durchaus gewollten unterhaltenden und unterhaltsamen Musik: Ja, unbedingt!

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / August 2021

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Intrada

Komponist: Ivar Jarle Eliassen
Verlag: Cantando

Im Stil einer fröhlich, festlichen, barocken Ouvertüre ist die Intrada gehalten. Das fast 60-taktige Werk eignet sich somit wunderbar für liturgische bzw. konzertante Einsätze gleichermaßen. Nur an wenigen Stellen wird dabei gewohnter 4/4-Takt (Seite 6) kurz in 6/4-Takt modifiziert. Tonrepetitionen sorgen im Baß für eine wirksame, weil angenehme und stabilisierende Struktur. Dafür wird andererseits die Melodie mehrfach mit aufsteigenden virtuosen Läufe intensiviert. Sehr erfreulich sind dabei immer jeweilige kompositorische, detailreiche Ausarbeitungen, die deutlich über einen schlichten gewohnten vierstimmigen Choralsatz hinausgehen. Somit hat man selbst bei Kleinst-Instrumenten immer noch ein äußerst dankbares und sehr wirkungsvolles Stück.

Einzige momentane Anregung noch meinerseits: bestimmt könn(t)en bei weiteren Einzel-/Folge-Ausgaben alle jeweiligen Komponisten*innen kurz noch mit Vita/Wirkungskreis/spezifica vorgestellt werden. Dazu also Direktlink zum Komponisten/zur Komponisten als kundenfreundlicher Lösungs-/Ergänzungs-vorschlag: https://shop.cantando.com/OriginatorDetail/23968


Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / August 2021

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Johann Sebastian Bach - The complete Works for Keyboard - Folge 3

Interpret: Benjamin Alard
3 CDs
Label: harmonia mundi

Unter dem Titel „In the French Style“ hat der Cembalist und Organist  Benjamin Alard, seit 2005 Organist an der Aubertin-Orgel zu St-Louis-en-l’Île in Paris, die englischen Suiten BWV 806 und 809, die einzeln stehenden Suiten 818a, 819, 823, die Ouverture 820 und die Suite aufs Lautenwerk BWV 996 nebst einigen kleineren Stücken wie das Praeludium BWV 921, einigen Menuetten aus dem Klavierbüchlein für WFB und Stücke von Couperin und Fischer (Chaconne) vereint. Gespielt sind sie auf einer Fleischer-Kopie von 1720 und einem historischem französischen Cembalo aus dem frühen 18. Jahrhundert. Alard merkt man sein Studium in Rouen und Basel bei Zehnder und Marcon an, das perlt sorgsam gestaltet und nie getrübt durch übertriebene Tempi oder Verzierungen dahin. So wünscht man sich eine kompetente Interpretation!

Sein Programm für die Silbermann-Orgel in Marmoutier beinhaltet die Aria BWV 587 nach einer Couperin-Vorlage, natürlich das Pièce d’Orgue, die Passacaglia nach der Raison-Vorgabe, die dann auch gleich noch mit erklingt, Grignys Récit aus dem Pange –Lingua-Zyklus sowie einige Choralbearbeitungen und die gewichtige Magnificat-Fuge BWV 733. Seine Registrierungen sind neuesten Forschungen folgend stark zungenbetont und kaum über 8‘-Stimmen hinausgehend bis auf die Plenum-Stücke natürlich. Das führt leider nicht zu einer klaren Durchhörbarkeit wie bei Thüringer oder norddeutschen Orgeln der Bachzeit, dazu sind die französischen Zungen schlichtweg zu eigen. So engagiert Alard auch spielt, erweist sich die Wahl dieses Instrumentes für die gestellte Aufgabe denn doch als die falsche Wahl.

Neben einer Einführung in Interview-Form und einem Beitrag von Peter Wollny bringt das Booklet noch Bild und Disposition der Orgel. Die Registrierangaben und eine genauere bebilderte Vorstellung der Cembali fehlen. Auch empfiehlt sich eine Lupe zum Studium der Texte. Das ändert nichts an der herausragenden Leistung des Interpreten, der inzwischen auch die vierte Folge seiner Gesamteinspielung auf den Markt gebracht hat.

Rainer Goede
Mai 2021 / August 2021

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Variations on America - Organ Spectacular

Interpret: Simon Preston
Label: Decca

Virtuos und brilliant, aber manchmal doch arg banal: Simon Preston spielt Entdeckenswertes und Vergessenswertes.

Um eines vorweg zu schicken: Dieser Organist steht außerhalb jeder Diskussion. Simon Preston steht gerade für das Repertoire abseits der großen barocken Orgelmusik für Qualität und Souveränität verbunden mit großer Spielfreude. Dass bei Preston eigentlich immer alles so klingt als könnte man die Stücke gerade mal locker herunterspielen, das lässt den Hobbyorganisten zwar fast erstarren, aber das fasziniert auch.

Auf dieser CD jedoch gilt das letztlich nur für die Hälfte der Spielzeit. Einige Stücke sind einfach nur reißerische Banalmusik oder substanzloser Kitsch wie John Philip Sousas „Stars and Stripes“ und noch mehr Dudley Bucks „The Last Rose of Summer“. Die Werke von Saint-Saens, Bossi und Lemare verkörpern da schon ein anderes Niveau. Und die große d-moll-Sonate von Alexandre Guilmant ist dann schon fast ein Meisterstück, auf jeden Fall ein höchst hörenswertes Stück, das wunderbar französische Effekthaftigkeit mit kompositionstechnischer Raffinesse verbindet. Der Knaller dieser Produktion, die übrigens eine Wiederauflage ist, ist Charles Ives Variationszyklus „America“ über die alte amerikanische Nationalmymne.
Herrlich, wie Preston diese Musik zwischen Pathos, Ironie und Groteske spielt. Da wird die amerikanische Nationalhymne zum überdrehten Gesellschaftstanz genauso wie in einigen Passagen zu einem Versuch bitonalen Komponierens. Und das wohlgemerkt ungefähr 1911. Hier wird die Hymne kompositorisch verzerrt und wieder scheinbar gerade gebogen, um dann gleich wieder so hergerichtet zu werden, dass man nur noch staunt. Mal klingt sie nach nationalem Pathos, mal nach Comic, aber auch mal lustvollem Drauflosspielen. Wenn man weiß, dass es zu Ives Zeiten in seinem Lebensumfeld üblich war, im Gottesdienst die Nationalhymne zu singen, dann nimmt man erst recht wahr, welch kritisches Potential in dieser Musik steckt. Ives musste nicht von seiner Musik leben. Das hat er immer wieder ausgenutzt und den Zeitgenossen verzerrende Spiegel vorgehalten. Ganz klar aber: Preston spielt Ives wie auch Guilmant kongenial.

Das einzig  Negative ist, dass die Aufnahmetechnik alles so hergerichtet hat, dass der Klang immer irgendwie aus weiter Ferne kommt. Das ist sehr schade. Ein direkterer Klang würde dies CD alleine schon wegen der Ives-Einspielung zu einem unbedingten Muss machen. So kann man auch ruhig stöbern, ob diese großartige Preston-Aufnahme der Ives-Variations nicht auch noch in einer anderen CD-Produktion dieses Musikers zu finden ist, die klanglich besser aufbereitet ist. Die Ausstattung der CD ist leider armselig. Schade.

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / August 2021

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Bernardo Storace - Complete Harpsichord and Organ Music

Interpret: Enrico Viccardi
2 CDs
Label: Brilliant

So wenig von dem Vizekapellmeister der Stadt Messina, als den er sich selbst im Vorwort seiner Sammlung Selva di varie compositioni d’intavolatura per cimbalo ed organo ove si contengono capricci, e partite sopra diversi arie, toccate, canzoni, e recercari, correnti, gagliarde, balletti, ciaconne, passagagli sopra varii toni e nel fine una pastorale, (Venedig 1664) bezeichnet, bekannt ist – 1783 hat ein Erdbeben alles schriftliche Material, das von Storaces Wirken Auskunft hätte geben können, vernichtet - Bernardo Storace (c 1637 – nach 1664) gehört zu den besten Komponisten seiner Zeit. Die Sammlung enthält vornehmlich Variationswerke: Drei Variationen über Passamezzo, dann über bekannte Themen seiner Zeit wie  Romanesca, Spagnoletta, Monica, Ruggiero, Cinque passi und Follia, dann vier Passacaglien, eine Ciaccona, Variationen über Balletto, Ballo della Battaglia, zwei Correnten, zwei Paare Toccata e canzon, zwei Ricercare und eine ausgreifende Pastorale. Er nutzt für eine Gliederung seiner weiträumigen Variationen klare Kadenzen, zum ersten Mal das Mittel der Modulation (vergl. Buxtehude) und motivische Entwicklungen. Die vierteilige Pastorale ist ausschließlich über einem Orgelpunkt meist auf einem Quart-Sext-Akkord geschrieben. Die Stücke sind entweder für Cembalo oder für die Orgel gesetzt. So ist Storaces Sammlung allemal eine Entdeckung.

Es ist nicht die erste Einspielung dieses Werkes, die hier Enrico Viccardi, Dozent am Konservatorium in Como, vorlegt. Aber es ist eine hoch kompetente, spielfreudig mit spitzer Nadel gestrickte Version entstanden, die alle Wertschätzung verdient. Zur Verfügung standen zwei Orgeln aus dem 18. Jh., eine Grimaldi-Kopie eines Cembalos und eine Kopie eines anonymen venezianischen Spinetts aus dem 17. Jh., die alle über sehr klare und reizvolle Klänge verfügen. Für das Booklet schrieb Viccardi eine treffende Einführung. Insgesamt eine sehr gelungene Einspielung!

Rainer Goede
Mai 2021 / August 2021

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Mallorca-Edition - Historische Orgeln

Interpret: Martin Schmeding
6 SACDs
Label: Cybele

Kompositionen von Soler, Scarlatti, Lidon, Bruna, Heredia plus Gespräch mit dem Organisten

Welch fantastische Edition! Immer wieder bestaunt man die Aktivitäten des Labels Cybele Records. Da gibt es ambitionierte Produktionen mit zeitgenössischer Musik in mustergültiger Aufmachung, manch Rarität und vor allem Orgelaufnahmen, die ihresgleichen suchen. Und kaum finden.
Welch eine Lust an Orgelmusik und welch eine Freude am Fördern von Orgelaufnahmen der ganz besonderen Art müssen die Verantwortlichen dieses Labels haben, dass sie mit solch einem riesigen Aufwand so brilliante und immens aufwändige Orgelaufnahmen produzieren, dass man immer wieder staunt. Ganz besonders bemerkenswert sind die Produktionen mit Musik von Oskar Gottlieb Blarr und Wolfgang Rihm. Und die sogenannte Mallorca Edition, um die es hier gehen soll, eine Box mit 5 Musik-CDs, wobei eine spektakulärer als die andere ist. Jeweils einem spanischen Komponisten ist eine CD gewidmet, wobei man wissen muss, dass Scarlatti zwar Italiener war, aber durch seine Tätigkeit in Spanien musikalisch-künstlerisch gleichermaßen in Spanien zuhause war.
Dazu kommt noch eine aufschlussreiche Interview-CD. Auf ihr kann man ein Gespräch zwischen der Herausgeberin und dem deutschen Orgelbauer Georg Grenzing hören. Grenzing hat seine sehr renommierte Orgelwerkstatt bei Barcelona und gilt als Spezialist für den spanischen und mallorquinischen Orgelbau. Und außerdem äußert sich in einem zweiten Gespräch auch Organist Martin Schmeding zu diesen Orgeln und seinem Musizieren an diesen. 

Otto-Normalhörer können diese Instrumente leider wohl nur im extremen Ausnahmefall mal selbst hören, denn diese tollen Instrumente werden zwar wohl regelmäßig im Gottesdienst genutzt, aber nur selten konzertant gespielt. Und wenn, dann erfährt man das kaum. Und da ja kaum jemand einfach mal schnell in den Flieger springen wird, um auf Mallorca ein Orgelkonzert zu hören, darum unter anderen hat diese Edition einen so unschätzbar hohen Wert. Diese Aufnahmen sind nur wegen der Instrumente großartig, sondern auch weil mit Martin Schmeding ein Orgelcharismatiker am Werk ist, der mit einem Sinn für die Klangeslust dieserMusik, diese Instrumente so geschickt registriert, dass wirklich annähernd jedes Stück ideal dargeboten scheint. Das liegt aber natürlich auch an der Phrasierungskunst und Artikulationsvielfalt dieses begnadeten Musikers, der zudem ein fast einzigartiges Gespür für diese Musik hat. Dazu kommt noch, dass Schmeding offensichtlich und hörbar keine technischen Grenzen gesetzt sind. Bei ihm klingt alles so als ob er selbst die schwierigsten Passagen fast lässig spielen kann. Speziell auf der Scarlatti-CD sind Interpretationen zu finden, die in dieser Virtuosität kaum je live zu hören sind. Und außerdem reizt er auch noch die gesamte Klangvielfalt des Instruments aus, dass man nur noch gebannt zuhören kann. Was Martin Schmeding speziell auf dieser CD, aber auch auf denjenigen mit Werken von Antonio Soler und José Lidon  auf der Jordi-Bosch-Orgel in Santanyj macht, das ist auch in Superlativen kaum zu vermitteln. Man muss diese Art des Umgangs mit diesem Repertoire kongenial nennen.

Dass die Musik von Soler vielleicht nicht so einfallsreich ist wie die von Scarlatti, aber auch dass die durchaus reizvolle Musik des hierzulande vollkommen unbekannten Lidon sich eher wiederholt als die Musik der beiden genannten anderen Meister, das fällt alleine schon deshalb kaum auf, weil Schmeding diese Musik so einfallsreich registriert und mit untrüglichem Gespür die Tempi und Chraktere trifft, so dass diese Werke optimal zur Wirkung kommen.

Die weitaus frühere Musik von Heredia und Bruna wirkt im Vergleich zu diesen Komponisten natürlich wie aus einer anderen Welt. Und sie sind es natürlich rein zeitlich auch. Natürlich ist deren Musik nicht so eindrucksvoll, weil sie noch nicht die künstlerische Freiheit atmet wie die Musik eines Scarlatti oder Soler. Aber man hört klar den gleichen kulturellen Hintergrund und staunt über manch Wendung in diesen Werken, die man nicht unbedingt in dieser Zeit vermutet hätte. Aber möglicherweise liegt das auch daran, dass man diese frühe spanische Orgelmusik eben zu wenig kennt.

Bleibt noch zu ergänzen, dass diese CD-Box durch ein sehr umfangreiches und äußerst kenntnisreich verfasstes und dabei gut verständliches Booklet ergänzt wird. Einzig ein paar nähere Ausführungen dazu, dass und warum und mit welchen Effekt diese Orgeln mit geteilten Laden für Bass und Diskant versehen sind, fehlen hier. Das ist etwas schade, denn so bleiben für den Laien die abgedruckten Dispositionen der drei Orgeln etwas rätselhaft. Aber egal: Diese Edition ist grandios.

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / August 2021

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The New Organ at St. Stephen‘s Cathedral, Vienna

Interpret: Konstantin Reymaier
Label: Deutsche Grammophon

Was die 125 Register der neuen Riesen-Rieger-Orgel - im Wiener Stephansdom auf vier Standorte verteilt - so alles können, ist natürlich auf der ersten CD-Einspielung dieses Instrumentes nur in Ausschnitten zu hören. Das Instrument kann natürlich alles, überwältigende Plena, feinste Farben, diverseste Dynamik, überragende Technik der Herstellerfirma bürgt für überragende Qualität aller Parameter. Kann es auch Musik machen, wirklich verschiedenen Stilepochen gerecht werden?

Bachs epidemische Toccata lässt ersten Zweifel aufkommen, die groben Pedalstimmmen haben keinerlei Ähnlichkeit zu Bach-affinen Instrumenten Mittel- oder Norddeutschlands. Ganz anders und sehr sympathisch kommen drei Kantatensätze daher, die Reymaier für die Orgel umgearbeitet hat, nuancenreich und durchhörbar und durchaus Bach-affin. Wie sie in dem großen Raum des Doms klingen, kann die Aufnahme natürlich nicht wiedergeben, die stumpfe Akustik der Sandsteinmauern begünstigt solche Klänge nicht. In seinem Milieu ist Reymaier mit Elgars G-Dur-Sonate von 1896, symphonische Klänge verschiedenster Couleur liegen Orgel und Organist hervorragend. Musikalisch wirklich interessant wird es dann mit den drei Impressionen op. 108 von 1923 des vernachlässigten Leipziger Sigfrid Karg-Elert, sinnliche hochromantische Musik von delikater Erfindungskraft. Und populistisch muss so eine Erstlings-CD ja auch sein, Lefébure-Wélys Boléro de concert op. 166 und Filmmusik von John Williams erfüllen diese Pflichtaufgabe. Dass Reymaier daraus auch Musik zu machen versteht, ist ein Pluspunkt dieses Programms.

Die Aufgabe, ein solches Riesen-Instrument akustisch einzufangen, ist der Tontechnik sehr gelungen, alles ist gut zu hören, wofür ihr ein spezielles Lob gebührt. Das Booklet kann natürlich nur weniges aus der Geschichte der Domorgeln und zu dieser Riesen-Orgel wiedergeben, dafür gibt es ein auch ganzes Buch extra. Kein Platz war da für die Disposition und die Registrierungen, immerhin aber für einige Fotos aus schrägen Positionen. Dafür enthält die Hülle noch eine Pure Audio Blu-Ray für Audio-Technik-Freaks. Die Edition beschreibt so eine Haltung zwischen Anspruch und Popularität. Dass ihr eine prominente Stellung auf dem CD-Markt gehört, versteht sich von selbst.

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
Mai 2021 / August 2021

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Padre Davide da Bergamo - Complete Organ Symphonies Vol. 2

Interpret: Luca Scandali
Label: Elegia

Ein Hörgenuss: Orgelmusik des Padre Davide da Bergamo gespielt von Luca Scandali

Natürlich: Gelegentlich kann man mal einzelne Stücke dieses von 1791 bis 1863 gelebt habenden, genauso wie Gaetano Donizetti aus der Schule Siman Mayrs kommenden Komponisten hören, aber oft gibt es eine solche Gelegenheit in deutschsprachigen Gegenden nicht. Und das ist sehr schade, denn dieser Komponist hat nicht nur sehr effektvolle Musik geschrieben, er hat dabei auch das Kunststück fertig gebracht, gleichzeitig die Orgel singen zu lassen und wie als kleines Blasorchester oder auch Streichorchester erscheinen zu lassen. Er hat eine große Anzahl an Orgelwerken geschrieben, von denen besonders die sogenannten „Sinfonien“ für Orgel bemerkenswert sind. Der Begriff Sinfonia bezeichnet dabei nicht das, was man später als die große Gattung Sinfonie bezeichnet, sondern eher das, was man im späten Barock und in der Wiener Klassik noch Ouvertüre nannte und häufig auch diejenige Kompositionsform darstellt, die als Eingangsstück für Opern geschrieben wurde. Ein dramatisches Ankündigen all dessen was der Zuhörer bald auf der Bühne beziehungsweise aus dem Orchestergraben erleben kann.

Meist sind das zwei- oder dreiteile Musikstücke, die verschiedenste Themen vorstellen und in Beziehung zu einander setzen und so eine Art „Best of…“ darstellen. Nur dass es bei dieser Art von Ouvertüren alias Sinfonien die dazu gehörenden Opern gar nicht gibt. Aber diese Sinfonie wirken ganz häufig wie eine Aneinanderreihung musikalischer Szenen, die einen sofort an Donizetti, Rossini, Bellini oder auch Mercadante denken lassen. Da marschiert eine Banda durch die Szene, die eine Szene einleitet, in der dramatisch gestritten wird. Es folgt mal eine Arie, mal ein Ensemble oder ein Chor, aber gelegentlich auch eine tänzerische Szene. Und das Tolle an dieser Aufnahme ist, dass es Organist Luca Scandali ganz problemlos schafft, einerseits die Orgel so gesanglich zu spielen, dass es nie albern wirkt, andererseits voller Lust alle Dramatik auskostet, die man sich nur denken kann.
Mehr als einmal stellen sich beim Hören Bildern aus Opern beim Hörer ein. Aber die Eindrücke dieser CD gehen sogar noch weiter: Da gibt es sogar Passagen, bei denen man an eine Jahrmarktsorgel denkt, während wenig später ein verdichteter musikalischer Satz zeigt, in welch Vielfalt dieser Komponist schreiben kann. Padre Davide da Bergamo gehört zu den wenigen unentdeckten Komponisten, deren Entdeckung wirklich lohnen würde. Wie dieser Mönch aus Bergamo den Opernzeitstil Italiens in die Kirche übertragen hat, so etwas kann es nur in Italien geben, diesem damals wie vielleicht auch heute noch so opernverrückten Land. Oder kennt jemand einen Komponisten, der bereits vor 200 Jahren Orgelmusik geschrieben hat, die wie eine Übertragung aus einer Oper erscheint?

Ein Grund, warum man die Musik dieses Komponisten nur so selten hören kann, besteht bestimmt darin, dass sie am besten auf italienischen Orgeln mit schönen Zungenregistern und den besonderen italienischen Mixturen klingt. Spanische Orgeln passen ähnlich gut, französische Orgeln der Romantik sowieso, obgleich die Stücke dann möglicherweise ihre Leichtigkeit verlieren. Aber die durchschnittliche deutsche Orgel, gleich ob in barocker oder in romantischer Klangart, die lässt den Reiz dieser Musik nicht so recht erblühen. Dabei würde es, wenn es denn die örtlichen Verhältnisse nicht anders hergeben, bei manchem Stück schon reichen, wenn man gelegentlich ganz wenige Zungenstimmen in Kontrast zu den sogenannten Labialen einsetzen würde.

Ganz klar ist, dass diese Musik des Davide da Bergamo von einer Lebenslust geprägt ist, die wohl jeden ansteckt. Dazu braucht man kein Fachmann sein. Organist Luca Scandali lässt sich wunderbar auf diese Musik ein und kostet ihren speziellen Reiz bis an die Grenzen aus. Das ist insgesamt schon sehr faszinierend, aber auch der spezielle Klang der hier gespielten Orgel der Gebrüder Serassi von 1821 in Caluso bei Turin ist ein Genuss. Eine CD für jeden Orgelfreund und jeden Freund der italienischen Oper. Da stört es auch nicht, dass das Booklet nur in Italienisch verfasst ist.

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / August 2021

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Klangraum Augustinerkirche Würzburg

Interpreten: Christian Bischof, Erwin Horn, Hans-Bernhard Ruß
Label: Organum Classics

Das ist eine zwiespältige Eindrücke hinterlassende Produktion: Einerseits hat man sehr wohl den Eindruck, dass dieses Instrument in der Live-Begegnung sehr beeindruckend sein könnte, andererseits ärgert einen diese Aufnahme doch arg.

Die Orgel wurde ursprünglich erbaut von der renommierten Firme Johannes Klais aus Bonn, 2011 aber im Zusammenhang mit einer aufwändigen Renovierung des Kirchenraums komplett neu intoniert. Die ohnehin bereits von Klais „romantisch-sinfonisch“ angelegte Orgel wurde dabei von der Firma Seifert nach Aussagen im Booklet in ihrer Grundausrichtung noch verstärkt. Ob das so glücklich gewesen ist, das kann man nach dem Hören dieser CD nicht recht beurteilen. Zweifel entstehen und bleiben auch nach mehrmaligem Hören bestehen. Dieses ganz auf das deutsche Repertoire des 19. Jahrhunderts ausgerichtete Instrument ist eine ideale Reger-Orgel, aber die Akustik des Raumes oder vielleicht auch nur Akustik dieser Produktion stellt alles in Frage.
Auf jeden Fall verfügt das Instrument in der Tiefe und im grundtönigen Bereich über eine phänomenales Volumen und eine enorme Farbenvielfalt. Jedoch fehlt dem Instrument der Glanz und vor allem die Möglichkeit, so zu spielen, dass man auch eine Struktur wahrnehmen kann. In dieser Aufnahme wirkt der Raum extrem überakustisch. Da hätten die Mikrofone viel näher an die Orgel gemusst. So schwimmt alles. Man hört oft nur Soße statt gestaltete Klangmassen und Klangbewegungen.

Das ist bei Regers großer Phantasie und Fuge über BACH fatal, denn so hört man von den gigantischen Klangwellen des Stückes nichts außer diffusem Brei. Und das ist sehr schade, denn Organist Christian Bischof scheint das Stück sehr virtuos und auch in der Gesamtanlage sehr souverän spielen zu können, was in Anbetracht der technischen und musikalischen Schwierigkeit des Stückes keineswegs selbstverständlich ist. Die beiden gleichfalls von ihm gespielten Stücke von Olivier Messiaen und von einem anonymen Meister des 17. Jahrhunderts funktionieren da viel besser, weil mehr mit kleinereun Registerkombinationen gearbeitet werden kann. Allerdings wirkt die frühe Orgelmusik auf diesem sinfonischen Instrument ziemlich deplatziert. Nie würde ich behaupten, dass man eine solche Musik zwingend auf einer entsprechend alten Orgel spielen müsste. Aber wenn man diese Musik auf einem modernen Instrument spielt, dann muss man dieses Instrument auch so nutzen, dass eine optimale Wirkung entsteht. Hier wollte man wohl nur demonstrieren, dass man auch so etwas auf diesem Instrument spielen kann. Ja, das kann man. Klingt aber nicht.

Als zweiter Organist dieser CD spielt Erwin Horn eine eigene Phantasie, die in äußerst eklektischer Art Anton Bruckners Klangsprache auf die Orgel zu übertragen versucht. Das funktioniert aber nicht besonders gut, denn Horns Komponieren ist mehr eine akademische Fleißarbeit und Stilkopie denn in irgendeiner Weise inspiriert. Man wartet 18 Minuten auf wenigstens eine melodische oder rhythmische Idee, findet aber keine. Und relativ bald langweilen auch die immer gleichen harmonischen Wendungen, die sich wohl irgendwie steigern sollen. Dazu hätte das Stück aber besser registriert werden müssen. Sorry, die Orgelstücke von Bruckner sind eigentlich nichts anderes als Improvisiervorlagen, dieser Brucknerverschnitt will wohl mehr sein, ist es aber nicht. Lauter laute und leise Langeweile.

Wie gut, dass danach mit Cesar Francks a-moll-Choral ein Meisterwerk folgt, das Hans Eberhard Ruß bestens zur Wirkung bringt. Und auch die drei nachfolgenden Stücke von Vierne und Langlais lassen erkennen, dass diese Orgel eigentlich beeindrucken könnte. Wenn sie denn richtig gespielt wird.
Möglicherweise kommt die Stärke dieser Orgel viel mehr zur Wirkung, wenn man live zuhört und der Raum voll besetzt ist. Vielleicht reduziert sich dann der Hall so stark, dass man nicht nur halliges Durcheinander hört, wie so oft auf dieser Aufnahme. Sehr schade, denn diese Orgel hat eine bessere CD als Porträt verdient.


Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / Juli 2021

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Klangfarben aus Reiste

Interpret: Gabriel Isenberg

Dem Rezensenten ist es in der Vergangenheit schon öfter passiert, dass die versteckten Perlen unter den Orgel-CD-Neuerscheinungen zunächst übersehen wurden. So auch fast hier im Fall der Einspielung aus Reiste. Beim flüchtigen Blick auf das sehr schöne Cover glaubt man zunächst, eine kleinere Ladegast-Orgel oder einen Buchholz-Prospekt im herrlich naturbelassenen Zustand zu sehen. Die Neugier, sich mit dieser CD ausführlich zu beschäftigen, wird vollends durch den Verweis auf die Orgelsonaten (!) von Pater Chrysologus Heimes geweckt. Pater wer? Obwohl der Rezensent über ein Archiv von inzwischen über 1.000 Orgel-CDs verfügt, ist dieser Name eine echte Neuentdeckung. Und beim Lesen des kompakten, aber nicht minder informativen Booklets erweist sich die CD gleich in dreifacher Hinsicht als Glücksgriff und Perle.
  1. Die Aufnahme wurde im April 2020 eingespielt. Eine Orgel-CD mit überwiegend unbekannten Orgel-Sonaten im ersten Corona-Lockdown einzuspielen ist mutig und das rundum gelungene Ergebnis kann auch vor diesem Hintergrund nicht hoch genug gewürdigt werden – künstlerisch wie auch als Statement.

  2. Die Reister Orgel wurde von der Firma Eule aus Bautzen ab 2016 renoviert mit dem Ziel, die Fischer-Orgel in den Zustand zurückzuversetzen, den sie zu ihrer Erbauungszeit vor über 150 Jahren nie erreicht hatte. Sie wurde also im Zuge der Renovierung entsprechend den Ideen ihrer Erbauer erst vollendet. Mit 29 Registern und einer eigentlichen Erbauungszeit ab 1852 weist das Instrument den Weg aus der Klassik in die Frühromantik, u. a. mit Viola di Gamba und Gemshorn 8‘ als originale Streicherstimmen im Hauptwerk und dem Salicional 8‘ als Streicher im Positiv und dem Violonbass 16‘ im Pedal – alles Originalregister von 1854. Die Besonderheit sind allerdings auch mehrere schon damals wieder eingebaute barocke Register von 1633 in höherer Tonlage, wobei 2018 dann u. a. die gewichtigen Zungenstimmen wie Trompete 8‘ im Hauptwerk und die 16‘-Posaune im Pedal ergänzt wurden.

  3. Die vorgestellten Sonaten wurden von Pater Heimes in Reiste (im Sauerland) komponiert. Er war ab 1822 über 13 Jahre als Pfarrer tätig und komponierte dort u. a. seine 6 Orgel-Sonaten, wovon allerdings die erste gar nicht und die sechste nur in Teilen überliefert sind. Da die Orgel originale Register aus dieser Zeit hat, bietet die CD also die nicht so oft gegebene Möglichkeit, über die Zeit vergessenes, regionales Repertoire am Originalinstrument wiederzuentdecken. Die CD neben Bach mit Werken von Mozart und Rinck zu vervollständigen ist ebenso schlüssig und gelungen. Wie im Booklet ausgeführt wird, verband Heimes und Rinck eine langjährige Freundschaft.

Obwohl die CD eine kleine regionale Produktion ist (ohne Major-Label im Hintergrund), erfreut die Klangqualität auch den anspruchsvollen Hörer mit hochwertigen Lautsprechern (der Rezensent nutzt eine Anlage mit Air-Motion-Transformer nach Dr. Heil im Hochton). Die Orgel klingt direkt, aber nicht steril trocken, sondern alle Stimmen und Register sind klar und gut durchhörbar ohne Schrillheit in den Klangkronen. Sehr positiv zu bewerten ist der Ansatz des Organisten Dr. Isenberg, die Farbigkeit der Musik in voller Strahlkraft zu zeigen, ohne dabei auf vordergründige Effekthascherei mit extremen Tempi zu setzen. Die Orgel-Sonaten von Pater Heimes sind im positiven Sinne verspielt (es kommt einem durchaus etwas C.P.E. Bach in den Sinn), wodurch aber auch die Schönheit der Solo-Register wunderbar zum Tragen kommt. In der 4. Sonate (die Registrierung ist leider nicht angegeben) dürften es die Hohlflöte bzw. die Flauto Travers sein, die anmutig und gefühlvoll den lyrischen Vortrag übernehmen. Gleiches gilt für das zart und gefühlvoll gespielte „Andante cantabile“ aus der 3. Sonate. Im Adagio F-Dur vom Mozart hören wir den emotionalen Vortrag der barocken Vox Humana ergriffen zu – eine ganz tolle Solo-Stimme, der man stundenlang lauschen könnte, denn die Noten haben Raum, dürfen im Vortrag atmen. Die Sonaten von Heimes folgen zwar dem klassischen Schema schnell-langsam-schnell, aber es sind gerade die langsamen Sätze, in denen sich ganz viel Poesie und Klangschönheit entdecken lässt. Aber auch das Tutti der Reister Orgel ist von edler Strahlkraft. Die Mixtur gibt dem Werk einen funkelnden, aber gut integrierten Glanz, die Pedal-Posaune verfügt genau über die richtige Mischung aus trockenem Schnarren und frühromantischer Noblesse. Es fügt sich einfach alles in bemerkenswerter Farbigkeit zu einem großen Gesamtklang zusammen, was nicht zuletzt das Präludium und Fuge über B-A-C-H von Rinck eindrucksvoll zu Gehör bringt.

Man kann St. Pankratius in Reiste nur gratulieren zu diesem klangschönen Instrument, das auch einmal mehr die Kompetenz der Firma Eule für Restaurierungen ganz im Sinne des mitteldeutschen Klangideals unter Beweis stellt. Bleibt für den Hörer zu hoffen, dass dies nicht die letzte CD von Herrn Dr. Isenberg aus Reiste war.

Heiko Andersch - für www.orgel-information.de
April 2021 / Juli 2021

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Apocalyptica Covid-19: Silent Infection for Organ

Komponistin: Ann-Helena Schlüter
Verlag: Laurentius-Musikverlag

Die Corona-Zeit hat tiefe Spuren hinterlassen, vieles abverlangt, aber ebenso auch kreative Leistungen erzeugt. So ist „Silent Infection“ (siehe Titelblatt / nochmals in abweichender Schreibweise „Silent Infektion“ auf Notenseite 1) dem schwedischen Komponisten und Organisten Hans-Ola Ericsson gewidmet: ein herausragendes Beispiel für das Engagement zeitgenössischer Orgelmusik. Laut Geleitwort des Weimarer Komponisten Prof. Wolf-Günter Leidel kann dieses Werk den Horizont  „bei noch allzu brav Orgelnden“ erweitern.
Das Künstlerportrait der Künstlerin ist ebenso aufgeführt wie auch die virtuose YouTube-Einspielung der Komponistin auf der 2013 erbauten zweimanualigen Beckerath Orgel in St. Stephanus in 59073 Hamm-Heessen. Diese lohnt sich mehrmals anzuhören, um Details herauszuhören und ja: Kompliment für das Auswendig-Spielen! Allerdings: Interpretatorische improvisative Spielweise ist eine Sache, eine nachträgliche Niederschrift oft eine andere.

Die Musik klingt teils dissonant bis spröde, aufgrund von Zwei- (reduziert auf Einstimmigkeit) auch stellenweise etwas dünn. Wenige Pedaltöne (sehr hell, glitzernd) sind vorgesehen. Registrierungsangabe: für Pedal ist Prinzipal 8´ genannt, somit ein Verzicht auf 16´-Wirkung. Zunächst sind die Registrierungshinweise und detaillierte Angaben zur Verteilung der beiden Manuale (SW: Schwell-, HW: Hauptwerk), Hinweise RH, LH hilfreich. Ebenso eine Vielzahl von Nuancenangaben, die sowohl Tempo (keuchend, hysterisch) , Registrierung (spitzer Klang), interpretatorische Raffinessen (vom Tremolo ins Trillern übergehend) betreffen. Auch an Assoziationen zu Kunstwerken wurde gedacht, und so kommen die Farbbegriffe „dunkelgelb“ (HW) und „blau“ (SW) auf Seite 5 vor.

Ein Vorteil ist, dass  bereits ein zweimanualiges Instrument für diese Komposition genügt, das aber unbedingt farbige Aliquotregister (Terz, Quinte)  enthalten sollte, ebenso einen 16´ im SW. Ärgerlich hingegen sind die viel zu kleinen Taktangaben bei ständigen Taktwechseln, und insbesondere fehlende Oktavierungsangaben, weil die gewählte Notation doch den üblichen Manualumfang (C bis g´´´) mehrfach übersteigt.

Gott sei Dank ist auf exotische Schlüssel (Tenor-, Bratschenschlüssel etc.) verzichtet, dafür kommen aber Pedaleinsätze im Violin(!)schüssel daher. (Warum? Vorsicht Falle? Oder ein Transponierungstest?). Sicher eine Kleinigkeit, aber gleichermaßen gewöhnungsbedürftig ist auch die Innenseitenpaginierung.

Wirkung: Das quirlige Stück mit enormen spieltechnischen Hürden (Hände überkreuzt etc.) beginnt zunächst „Paralysiert“ und endet (senza Ped.) „aussterbend“ mit Terzfolge e, #g versöhnlich. Passagen in Triolen, Quintolen, Sextolen sind bewusste Stilmittel und weitere  Herausforderungen. Der Notensatz ist angenehm, allerdings wäre eine Notierung, die mehr auf reduzierte Orgelmanualtastatur (anstelle Klavierumfang!) Rücksicht genommen hätte, noch spielerfreundlicher gewesen. Vielleicht können diese Schönheitsfehlerchen, um nicht zu sagen Desiderata bei einer Neuauflage noch berücksichtigt werden.
Der virtuose Charakter des Stückes bleibt hingegen unvermindert erhalten.
Somit liegt hier ein lohnendes Werk in einer außergewöhnlichen Konstellation vor, wobei die Hürden und Hindernisse bewältigbar scheinen.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Juli 2021

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Johannes Brahms - Sein Orgelwerk

Interpret: Klaus-C. van den Kerkhoff
Label: harp

Gute Orgel, akademisch gespielt

Das Orgelwerk von Johannes Brahms ist sehr überschaubar. Und es gehört weitgehend nicht zu den meisterhaften Werken dieses in anderen Sparten doch so bedeutenden Komponisten. Gerade die freien Werke von Brahms wirken doch wenig inspiriert. Sie verlangen vom Interpreten schon eine sehr mutige Herangehensweise um aus ihnen all das herauszuholen, was an Besonderheiten oder auch Kantigkeiten, die vielleicht befremdlich, vielleicht aber auch faszinierend wirken, aus den Stücken herauszuholen. Genau das aber ist bei dieser Produktion nicht zu erleben. Organist van den Kerkhoff spielt zu brav und auch oft zu wenig pointiert.

Keine Frage ist hingegen, dass van den Kerkhoff die 1994 gebaute, 2016 überarbeitete und mit einer Setzeranlage versehenen Orgel in der Aachener Annakirche registrieren kann. Er verblüfft immer wieder mit reizvollen Klangfarben, die mehr sind als Selbstzweck. Es gelingt ihm sehr wohl, die musikalischen Strukturen dieser Musik zwischen klassischem Formbewusstsein und romantischem Ausdruckswillen erlebbar zu machen. Aber immer, wenn er innerlich befreit spielen müsste, er es im Tempo laufen lassen müsste, nicht sklavisch im einmal gewählten Tempo bleiben sollte, da spielt er akademisch sauber, aber ohne dass er sich die Freiheiten nehmen würde, die man braucht um diese Musik, speziell die der Choralvorspiele, in ihrer existentiellen Dimension auszuloten. Und das gilt auch für die Registrierung, was sich allerdings möglicherweise dadurch erklärt, dass die Aufnahme vor dem Einbau der Setzeranlage gemacht wurde. Bei den ohnehin nicht sonderlich bedeutenden freien Orgelwerken mag das lässlich sein, bei den teilweise genialen und auch erstaunlich modernen 11 Choralvorspielen aus Brahmsens letztem Lebensjahr bräuchte es den Mut des Organisten, die Musik auszuloten bis in die letzten strukturellen, aber auch emotionalen Winkel.

Diese Musik spiegelt Gefühlsextreme und dabei ganz häufig Melancholie, Verzagtheit, Zerrissenheit oder auch Verzweiflung wider, aber immer wieder bricht auch Licht durch in dieser Musik, die manchmal wie die Musik eines Depressiven klingt. Und es gibt Passagen, in denen es so klingen muss als ob man die Kontrolle über das eigene Spiel verloren hat. Das mag im Konzert riskant sein, bei einer CD-Aufnahme kann das doch aber kein Problem sein, außer wenn man gar nicht merkt, was diese Musik eigentlich braucht. Hier müsste man in Tempo und Lautstärke immer wieder viel mehr in die Extreme gehen als das hier zu erleben ist. Gerade die langsamen Stücke sind am Anfang fast durchweg zu schnell. Da müssten manchmal geradezu stehende Klänge erklingen wie im Requiem dieses Komponisten. Und die Stücke im mittleren Tempo würden oft etwas mehr Zug vertragen. Feinste Schattierungen im leisesten Bereich sind in dieser Musik enorm wichtig, aber diese wird man hier kaum einmal hören.

Insgesamt wird dieses Orgelspiel weder der Orgel noch dem Komponisten gerecht. Aber gerne würde man diese Orgel einmal live hören. Oder mit anderem Repertoire. Diese Orgel ist mit 34 Registern verteilt auf 3 Manuale plus Pedal nicht besonders groß, aber sie scheint schon ziemlich gut zu sein. Und sie ermöglicht es mit Sicherheit auch, sowohl ältere als auch neuere Musik an ihr zu spielen.

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / Juli 2021

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Giuseppe Verdi

Interpret: Roberto Cognazzo
Label: Elegia Records

Verdi auf der Orgel, da zuckt man doch erst einmal zusammen. Aber wer weiß, wie weltlich die italienische Orgelmusik des 18. und 19. Jahrhundert klingen kann, der ist dann vielleicht doch gespannt darauf, wie und ob das klingt. Wenn man diese CD gehört hat, ist man allerdings nicht unbedingt klüger betreffs der Sinnhaftigkeit der Übertragung von Verdi auf das Instrument Orgel. Die Eindrücke sind nämlich außerordentlich zwiespältig. Dafür verantwortlich ist nicht der hervorragende Organist Cognazzo. Und auch nicht die sehr klangvolle Turiner Orgel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts von Tiburzio Gorla. Aber die Auswahl der Stücke, die hier in Orgelbearbeitungen zu hören sind, ist doch problematisch.

Keine Frage, die Musik einer italienischen Banda, also Musik von Militärkapellen, wie sie Verdi oft adaptiert hat als Bühnenmusik, die kann sehr reizvoll wirken auf einer Kirchenorgel, denn die italienischen Orgeln des 19. Jahrhunderts zeichnen sich nicht zuletzt durch eine Vielfalt bei den Zungenstimmen aus. Da passt das Klangbild gut für die Übertragung einer Bandamusik in den Kirchenraum. Und Sonderregister wie in die Orgel integrierte Schlaginstrumente sind natürlich ideal dafür.

Überhaupt sind die italienischen Orgeln in ihrer Art generell infiziert von der Opernliebe der Italiener, vor allem von ihrer Liebe zum dramatischen Gesang. In Italien ist man im 19. Jahrhundert sehr flexibel gewesen in der Verwendung weltlicher Klänge im Kirchenraum. Der praktizierte Katholizismus hat eben immer versucht nah am Alltagsleben zu sein. Und darum klingt so manch italienische Kirchenorgel für unser von Bach und Co geprägtes Kirchenmusikohr eher weltlich, manchmal bekommt man vielleicht gar die Assoziation, dass italienische Kirchenorgeln dieser Zeit wie Jahrmarktsorgeln klingen. Und so ist dann auch das Repertoire dieser Zeit und dieser Region. Man schaue oder höre sich mal die gerade erschienen kleinen Orgelwerke Puccinis an. Die sind sehr erhellend für  den Orgelbau und den Zeitgeschmack Italiens. Und insofern verbietet sich ein abwertendes Naserümpfen über derlei Orgelmusik an einer Kirchenorgel.

Jedoch: Wenn man auf einer Orgel versucht Opernarien zu spielen, dann kann es doch leicht skurril werden. Bei den beiden Arien aus Verdis Schillervertonungen „Die Räuber“ und „Kabale und Liebe“, bei Verdi dann „Luisa Miller“ ist das hier der Fall. Diese wirken in diesen Orgelarrangements eher unfreiwillig komisch als irgendwie überzeugend. Bei den Vorspielen diverser Opern, vor allem aber den Ballettmusiken aus der „Sizilianischen Vesper“ und „Aida“ ist das schon eine andere Sache. Diese haben in diesen Fassungen durchaus ihren Reiz. Und werden von Cognazzo auch hervorragend gespielt. Problem bei den meisten anderen ausgewählten Stücken ist es, dass es sich doch zumeist um zweitrangige Werke aus der Frühzeit Verdis handelt, bei denen dem später so oft so genialen Verdi nicht viel eingefallen ist. Und das kann dann auch auf einer Orgel nicht kaschiert werden auch wenn Cognazzo teilweise interessanter und reizvoller registriert als Verdi die Stücke selbst instrumentiert hat.
Zwei Ausnahmen wären noch zu benennen. Das Finale von „Ernani“ ist sicher eines der ersten kleinen Meisterwerke Verdis. Die Bearbeitung allerdings ist teilweise ungeschickt, weil die internen Proportionen des Stückes zerstört werden. Cognazzo spielt dieses Stück zwar so, dass man zunächst fasziniert zuhört, aber sich dann doch wundert über die Seltsamkeit einzelner Übergänge. Da wäre es einfach besser gewesen, wenn der Organist den Mut gehabt hätte, diese Bearbeitung selbst noch weiter zu bearbeiten. Entweder freier und kreativer damit umzugehen, oder sich eben doch mehr ans Original zu halten. Sehr gelungen hingegen ist das Arrangement der „Tarantella“ und des „Rataplan“ aus der „Macht des Schicksals“, nur ausgerechnet hier wirkt Cognazzo gehemmt und etwas steif in der Umsetzung. Er spielt dieses Arrangement zwar gekonnt, aber fast so als sei er kein Italiener. Da fehlt der Esprit und die Klanglust. Seltsam. Und etwas schade.

Als Exotikum ist diese CD sehr reizvoll. Die Ausstattung des Booklets mit Texten beinhaltet leider nur Ausführungen in Italienisch und Englisch, aber wer sich die Mühe macht, sie trotzdem zu lesen, der wird Interessantes erfahren. Die Disposition der Orgel ist auch abgedruckt, wenngleich die italienischen Orgelfachbegriffe doch teilweise schwer verständlich sind.

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / Juli 2021

You'll never walk alone

Komponist: Oscar Harmmerstein II & Richard Rodgers
Arranged for organ by Robert Coates
Verlag: Cantando

You´ll Never Walk Alone.
Die Frage nach dem unterschiedlichen Einsatz (Berechtigung!) in Fußballstadion oder Trauerhalle stellt sich für mich nicht mehr. Ich denke, in vielen Situationen ist dieses Musikstück legitim, weil es auch immer darum geht, Musik als persönliche Inspirations- , Energie- und Trostquelle zu erfahren. Immerhin fand der Song auch Eingang in das Zusatzheft EG+ (genannt EG plus). Im Liedtext geht es ja kurz gesagt darum, optimistisch in die Zukunft zu schauen. Wer denkt da nicht automatisch an momentane Corona-Turbulezen?

Robert Coates hat am 6.4.2020 sein stimmiges Arrangement in 68 Takten mit luftiger Achtelbegleitung in Tonart C-Dur geschaffen. Zunächst geht es darum, die Melodie (mf) gegen Begleitung (p) auf verschiedenen Manualen hervorzuheben, ab Takt 18 sind beide Klangflächen additiv (Manualkoppel!) zu betrachten, ein crescendo (poco a poco) ist zu beachten, damit es Steigerungseffekte gibt (Takt 31 forte / Takt 35 fortissimo).
Ideal dafür ist hier sicher ein romantisch disponierte Orgel mit Jalousieschweller. In Takt 43 ist die Soprannote von (e in f analog Takt 7) zu korrigieren und ab Takt 55 wird ein Manual 16´ gute Wirkung leisten. Überhaupt muss der Manualempfang bis g3 reichen (Takt 63), ansonsten sind hier
Alternativlösungen (Oktavieren) gefragt.

Musik verbindet Menschen unter- und miteinander. Mit diesem wunderbaren emotionalen Arrangement kann dieser Anspruch gut gelingen:
Geh weiter mit Hoffnung in deinem Herzen. Du wirst niemals alleine gehen. Danke für diesen Zuspruch!

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Februar 2021 / Juli 2021

Meditasjonsmusikk hefte 4

Komponist: Robert Coates
Verlag: Cantando

Laut den erfolgten Datumsangaben von 1994 und 1995 und auch beim Copyright mit genanntem Veröffentlichungsjahr 1995 enthält dieses Notenheft die folgenden Titel (Tonarten sowie Taktangaben dazu in Klammern) :

1. De vaere aere (D – 75)
2. Requiem Aeternam (e - 55)
3. Den dag du gav oss (D – 64)
4. Eg veit i himmerik ei borg (d – 38)

In diesem Heft findet man gottesdiensttaugliche Miniaturen augenfreundlich gesetzt zu unterschiedlichsten Gelegenheiten.
Nr. 1 bringt Händels Ohrwurm „Tochter Zion“ in einer neuen Variante im 3/4-Takt. Warum nicht! Im angelsächsischen Raum ist diese populäre Melodie auch bekannt unter Maccabaeus bzw. Thine Be The Glory.
Nr. 2 eignet sich aufgrund des meditativen Charakters für Trauerfeiern und ähnliche Anlässe mit dezenter Registrierung. Aufgrund von Stimmenkreuzungen sind unbedingt zwei Manuale erforderlich. Besonderen Hinweis verdient das eingängige Girlanden-Achtelmotiv das hier sogar vom tiefen E0 bis zum hohen E3 (Takt 28 bis 30) hinaufreicht. Eine Streicherschwebung dürfte hier besondere Wirkung entfalten.
Nr. 3 ist ein echter Evensong, ein Abendlied (hier mit Überschrift „St. Clement“) zum Tagesausklang: Den dag du gav oss (findet sich im Gotteslob GL 96 in F-Dur-Melodienotierung unter „Du lässt den Tag, o Gott, nun enden“ bzw. Im Evangelischen Gesangbuch EG 266 in G-Dur-Melodiefassung unter „Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen“). Auch hier die Hinweise SV – HV (Schwell- Hauptwerk). Auch hier sind dezente Register angesagt, die den eleganten Eindruck verstärken werden.
Nr. 4 ist wohl eher wenig(er) bekannt unter: Ich weiß ein ewiges Himmelreich / I know there is a castle in Heaven. Hier findet sich die erklärende Angabe: Norsk folketone. Die Tempobezeichnung ist Adagio, wobei manche Dissonanzen und Akkordrückungen schon etwas bemüht wirken. Ein
Tremulant könnte solche Härten sicher etwas kompensieren, wobei auch hier wieder die Devise angesagt ist: Probieren geht über Studieren.

Gut gelöst ist die Zusammenstellung auf Seite 16. Hier gibt es in einer alphabetischen Übersicht weitere Komponisten und deren Werke, die nach den
Sparten Orgel Solo, Orgel 4 händig, Klavier, Diverse, Trompete mit Orgel, Orgel mit weiteren Instrumenten gelistet sind. Abwechslungsreiche Musik für den gottesdienstlichen Alltag.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Februar 2021 / Juli 2021

Wolfgang Rihm improvisiert an der Orgel in Karlsruhe-Durlach

Interpret: Wolfgang Rihm
Label: Cybele

Welch Entdeckung! Wolfgang Rihm als cirka 18-jähriger jugendlicher Stürmer und Dränger an der Orgel – eine unglaubliche CD, die jedem Freund von Orgelmusik genauso ans Herz gelegt sei wie jedem Freund zeitgenössischer Musik. Und außerdem jedem, der Lust hat mal Orgelmusik zu hören, bei der es so zur Sache geht, dass man es kaum glauben mag. Das liegt nicht nur daran, dass Rihms pianistische Qualitäten schon als Jugendlicher so groß waren, dass diese ihn auch dazu befähigten auf einer Orgel zu brillieren. Und wie: Er spielt einerseits einfach drauf los und lässt dabei seinen Gefühlen freien Lauf, ja gibt sich geradezu hemmungslos dem eigenen Musizieren hin und lässt sich dabei in eine Art und Weise gehen, dass man nur so staunt. Da hört man genau die eruptiven musikalischen Prozesse, die er später genau bis in Detail für Orchester ausgestaltet hat in einer jugendlichen Spontaneität und Direktheit, dass man seinen Ohren kaum traut.

Rihm mag als Jugendlicher in seinem Umgang mit anderen Menschen eher zurückhaltend und schwierig gewesen sein, als Musiker ist er wohl immer Expressionist gewesen. Und das hört man hier in jedem Moment. Natürlich erinnert in dieser frühen eruptiven Musik vieles an andere Komponisten, die Rihm wohl zu dieser Zeit wichtig waren. Mal klingt ein ganzer Einstieg in eine Improvisation wie bei Reger oder auch bei Liszt, dann eher wie bei den großen französischen Romantikern oder auch deren Nachfahren im 20. Jahrhundert. Aber keine Improvisation dieser CD bleibt in einem Stil. Rihm arbeitet mit gigantischen Kontrasten und wellenartigen Steigerungen, in denen er auch immer wieder auch ganz moderne Klänge kreiiert. Cluster gibt es genauso wie atonale Passage, die dann wieder in etwas ganz anderem münden. Auch Momente archaisch alter Klänge tauchen auf, dann aber auch wieder Ostinate wie im Jazz oder im Barock.

Immer ist es so, dass Rihm die Orgel so bedient als sei es sein erstes Orchester. Er hält sich dabei nicht an irgendwelche klassische Registrierregeln, sondern kombiniert alles mit allem. Das ist im Endeffekt viel reizvoller als die Musik von Organisten die nach  erlernten Mustern improvisieren. Und immer wieder wird diese Musik exzessiv wie im Rausch.

Rihm selbst hat seinerzeit seine nächtelangen Sitzungen, die er selbst aus der Distanz fast ironisch „Obsessions-Seancen“ nennt, auf Tonband mitgeschnitten. Ein Teil dieser Aufnahmen wurden auf dieser CD zusammengestellt. Darunter sind auch Stücke, die zumindest so wirken als seien sie doch weitgehend durchkonstruiert, die dann aber beim Spielen ein Eigenleben bekamen. Natürlich wiederholen sich gewisse Effekte auch ein wenig, aber trotzdem ist diese Produktion spektakulär. Sie ist nicht nur als musikalisches Dokument für die Entwicklung eines der bedeutendsten Komponisten unserer Zeit von Bedeutung, sondern macht beim Hören ungemeinen Spaß. Und ganz nebenbei lernt man eine Menge über den Komponisten und seine Jugend im so informativen wie gut gemachten Booklet. Eine großartige CD!

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / Juli 2021

Charles-Marie Widor - 8. Symphonie

Interpret: Jean-Baptiste Dupont
Instrument: Cavaille-Coll-Orgel Toulouse

Label: audite

Jean-Baptiste Dupont, Organist der Kathedrale von Bordeaux, aufstrebender Orgelvirtuose, hat sich für seine erste Widor-Einspielung die achte Symphonie von 1887 vorgenommen. Zu dem ungewöhnlichen Einstieg hat ihn sein Jugendtraum motiviert und die Cavaille-Coll-Orgel der Basilika Saint-Sernin in Toulouse (1889, III/54, 2018 restauriert von Robert Fréres), Charles-Marie Widor widmete ihr seine 10. Orgelsinfonie, die Symphonie romane. Nachdem die Verbreitung der widorschen Orgelwerke maßgeblich ursächlich für den Bau neuer Orgeln in Deutschland im französisch-romantisch-sinfonischen Stil ist, gewinnt eine solche Einspielung auch für den deutschen Sprachraum besonderes Gewicht.

Im Booklet beschreibt Dupont auf sehr sympathische Art, wie seine Interpretation Gestalt annahm, was an sich nichts Besonderes ist, aber doch Nähe zur Persönlichkeit des Solisten herstellt. Die sechssätzige Symphonie verlangt hohes Virtuosentum, u.a. das Spiel einer Hand auf zwei Manualen gleichzeitig, Widors Improvisatoren-Ruhm gründete sich u.a. auf derlei anspruchsvolles „Kunsthandwerk“. Seine aphoristische Klangsprache spielt mit den Möglichkeiten der symphonischen Orgel, Reger ist da nicht mehr weit, was eine Nähe zu Duponts viel beachteter Gesamteinspielung der Reger-Orgelwerke herstellt. So wirkt das Orgelbrausen Widors hier ähnlich dem Regers, etwas überladen, ruhelos und selbstbezogen. Was nichts ändert an der stupenden klavieristischen Leistung des Interpreten, die man nur bewundern kann. Der etwas stumpfe Klang der Orgel, typisch natürlich für die Zeit, macht das Zuhören anstrengend, analytisches Hören weicht dem großen Rauschen und Wellen des Widorschen Klangflusses. Vielleicht hat der Komponist das ja so gewollt, Weltruhm aber erlangte nur die viel schlichtere Toccata der V. Symphonie.

Der mehr als nur überzeugenden Einspielung der achten Symphonie fügte Dupont noch zwei Werke von Joseph Guy Ropartz und Camille Saint-Saens hinzu. Allein der Klang der Cavaille-Coll-Orgel ist so überzeugend eingefangen, dass sich schon deshalb der Kauf der CD rentiert!

Rainer Goede
März 2021 / Juli 2021

Jazz.Spors.Bach - Trio Sonatas

Interpreten: Ulrich Walther / Michael Spors
Label: Organum

Bach goes Jazz

Dass sich Bachs Musik gut eignet zur Verwendung als Ausgangspunkt für Jazz-Improvisationen, das ist eine bekannte Sache. Wenn eine solche Verwendung dann auch sinnfällig herüber kommen soll und zugleich auch als Jazz bestehen können will, dann müssen allerdings schon erstklassige Könner am Werk sein. Selbst beim klassischen Bearbeiter der Musik Bachs als Jazz, Jacques Loussier muss man konstatieren, dass nicht jedes Jazz-Arrangement gelungen ist. Bei der CD von Organist Ulrich Walther und dem Jazz-Trio Michael Spors ist der Jazz-Anteil leider weitgehend so uninspiriert, dass man staunt. Organist Ulrich Walther erweist sich nämlich durchaus als vorzüglicher Musiker, und sowohl auf der klassischen Kirchenorgel als auch auf der Hammondorgel.

Wenn jedoch das Jazz-Trio spielt, da wundert man sich schon ein wenig, dass dann über weite Strecken nur Loungemusik im Plätschersound erklingt. Ja, als Hintergrundgeräuschkulisse mit Niveau mag das gefallen, aber welche Welten liegen denn da zwischen dem Bachschen Original und diesen Arrangements? Da muntert es einen auch nicht unbedingt auf, wenn in den Triosonaten, die vom Jazz-Trio gespielt werden, eine Menge Zitate oder Anspielungen sehr bekannter, aber auch unbekannter Werke Bachs eingebaut sind. Das wirkt vor allem wie der Hinweis, dass man sich doch auskennt in der Welt der Bachschen Musik. Es wird mit diesen bachschen Querverweisen aber leider rein gar nichts gemacht. Nichts führt auf Sie hin, nichts entwickelt sich daraus. Dabei  soll eines von vornherein klar gestellt sein: Gegen eine mutige Bearbeitung der Musik Bachs spricht überhaupt nichts, aber alles spricht gegen solch klingende Belanglosigkeiten.

Dabei  gibt es sehr wohl immer wieder auch Momente positiver Irritationen. Zum Beispiel, wenn sich im langsamen Satz der d-moll-Sonate, der einzigen Aufnahme hier mit Trio plus Hammondorgel, der Pianist und der Organist gegenseitig die musikalischen Bälle zu werfen. Da entsteht für wenige Minuten einmal ein gegenseitiges sich Inspirieren, bei dem das Zuhören Spaß macht. Sobald dann aber der Bassist und der Schlagzeuger dazu kommen, wird es wieder banal. Bei beiden hat man den Eindruck, dass diese einfach keine Ideen haben, wie Sie sich kreativ einen eigenen Weg durch die Musik Bachs bahnen könnten.

Wie gut ist es da, dass es auf dieser CD aber eben auch zwei Triosonaten an der Pfeifenorgel gespielt zu hören gibt, sehr gekonnt musiziert mit viel Sinn für die richtigen Phrasierungen und Artikulationen wie auch für die Tempi.

Die beiden ausgewählten Instrumente bringen verschiedene Farben ins Spiel. Die an die Naumburger Hildebrandt-Orgel gespielte d-moll-Sonate überzeugt nicht nur seitens des hervorragenden Organisten und seiner Registrierung sondern lässt den Klang einer Orgel zur Zeit Bachs erahnen, denn diese Orgel ist ganz im Stil des mitteldeutschen Barock erhalten bzw. restauriert. Und zwar auf hohem Niveau.
Instrumental vielleicht noch interessanter, aber sicher auch strittiger, ist die Ausnahme der c-moll-Sonate an der Walcker-Orgel in Ludwigsburg. In der dortigen Stadtkirche steht ein romantisches Instrument, das von der renommierten Bonner Werkstatt Klais auf Topniveau gebracht wurde und so auf eine gänzlich unhistorische Weise im Stil des 19. Jahrhunderts Bachs Musik so erklingen lässt wie  ein paar Jahrzehnte später als zur Zeit der Wiederentdeckung der vergessenen Werke Bachs im 19. Jahrhundert durch Mendelssohn.

Highlight ist dieser Produktion ist allerdings die Einspielung der C-Dur-Sonate auf einer Hammondorgel. Organist Walther traut sich zwar nicht recht, mit Bach innovativ und innerlich so frei wie offen umzugehen, aber trotzdem stimmt in dieser Wiedergabe alles. Der Klangsinn im Umgang mit der Hammondorgel genauso wie der Sinn für diese Musik Bachs. Walther spielt hier Bach fast notengetreu, denn die Änderungen beziehen sich fast nur auf rhythmische Momente, aber diese sind dermaßen stimmig, dass man gerne mehr Bach von Ulrich Walther auf der Hammondorgel hören würde. Und vielleicht gewönne er dann ja die Freiheit, sich mehr mit eigenen Ideen in diese Musik hinein zu begeben wie in dieser Aufnahme.  Das ist aber möglicherweise einfach auch eine Sache, die live entstehen muss und nur so als produktive Aneignung historischer Musik fasziniert. Eine CD, die sich wegen der Hammondorgelaufnahme und der beiden Pfeifenorgel-Produktionen sehr lohnt.

Reinald Hanke - für www.orgel-information.de
April 2021 / Juli 2021

Two Organ Pieces for a Confirmation op. 87

Komponist: Robert Coates
Verlag: Cantando

Komponiert 2010, veröffentlicht 2012, soweit die nüchternen Zahlen. Konfirmation zählt als „Kasualie“ zu wichtigen Lebensereignissen. Dafür geeignete Musik zu haben ist eine große Chance. Robert Coates ist das zu verdanken. Keine Panik zunächst bei 6x # in der Maestoso-Einstiegsphase,
zu der die Erkennungsmelodie in H-Dur ab Takte 9 hinzutritt. Ab Takt 26 folgen zunächst viermal Moll-Ruhepunkte mit Fermaten auf den Basstönen: Dis / B / H / Fis. Harmonischer Wechsel in die neue Tonart G-Dur folgt ab Takt 32, bis es in der Coda wieder zur Ursprungstonart kommt. Ein klanglicher
Reiz der Schluss in klingend GIS-Dur, der sicher einige grifftechnische Kniffe erforderlich macht.

Nachdem bei Konfirmationsanlässen häufig das Motto „sehen und gesehen werden“ zutrifft - um das Wort Modenschau zu vermeiden- darf die Orgel auch hier mit exquisitem Flair mithalten. Dieses farbige Prelude macht´s möglich!

Dafür wird es mit Postlude eher wieder gediegen, weil hier ein klassischer Choral im Tenor-Cantus firmus erklingt. Folgerichtig steht am Anfang auch gleich die Tempobezeichnung Marziale, sowie in Takt 9 zur Pedalstimme der Zusatz non legato. Eine ff Registrierung versteht sich bei (hoffentlich
voller Kirche) von selbst. Wem „Marche triomphale“ von S. Karg-Elert zu schwierig erscheint, der findet somit in diesem Postlude zu „Now Thank We All Our God“ eine dankbare Alternative in Tonart Es-Dur.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Februar 2021 / Juli 2021

Die Orgelbauerfamilie Voit in Schweinfurt

Autoren: Hermann Fischer / Ernst Petersen
Herausgeber: Uwe Müller
Verlag: Hist. Verein Schweinfurt e.V.

Dank der jahrzehntelangen Forschungen des Aschaffenburger Organologen Hermann Fischer (†) hat der Historische Verein Schweinfurt nun posthum diesen Band, der Leben und Arbeiten der Schweinfurter Orgelbauerfamilie Voit beschreibt, herausgeben können. Deren wichtigste Vertreter waren Johann Rudolf Voit (1695 – 1768), sein Sohn Johann Michael Voit (1744 – 1819) und sein Enkel Carl Friedrich Voit (1774 – 1854). In übersichtlicher Reihenfolge folgen Abschnitte zum mainfränkischen Orgelbau vom 17. bis 19. Jh., zur Familiengeschichte, das Werkeverzeichnis, dann Einzelbeschreibungen, Voit-Merkmale und verschiedene Verzeichnisse. Den Hauptteil bilden die gut bebilderten Einzelbeschreibungen, die leider manchmal nicht die vollständige Orgelgeschichte bringen, sondern sich auf die Tätigkeit der Voits konzentrieren.

Die Verzeichnisse erleichtern das Suchen nach speziellen Angaben zu den einzelnen Orgeln, die ansonsten chronologisch behandelt werden, was sehr schön verdeutlicht, wie sich der Stilwandel von Barock zum Klassizismus bei den Voits vollzog. Das Inhaltsverzeichnis gibt leider falsche Lebensdaten zu Carl Friedrich Voit wieder. Verwendet wurde ein sehr starkes Papier, das hinderlich fürs Blättern ist. Anmerkungen finden sich hingegen auf derselben Seite, was Blätterei überflüssig macht. Die Fotos sind von hoher Qualität, manchmal etwas klein, um allen Text für eine Orgel auf einer Seite unterbringen zu können.

Der Band ergänzt Fischers große Orgelbauermonographien zu den Seufferts, Schlimbachers und zum Untermain. Man kann nur dankbar sein, dass er noch vor Fischers Tod verfasst und gesetzt (Satz und Layout: Ernst Petersen) werden konnte. Wer Näheres zum Orgelbau der Voits im 18. Jh. in Mainfranken und Umgebung wissen möchte, der muss hier nachlesen.

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
März 2021 / Juni 2021

Francois Benoist "Pièces pour d'orgue" Vol. I und II

Herausgeber: Nanon Bertrand, Tor Nordström, Francois Sabatier
Verlag: Éditions Publimuses (Auslieferung: Butz-Verlag)

Der Verlag Butz hat die Auslieferung der Editionen des Pariser Verlags Publimuses mit Orgelmusik des 19. Jahrhunderts für Deutschland übernommen. Die gesamten Orgelwerke von Boëly, René Vierne, Benoist, Boëllmann, Chauvet, Louis Niedermeyer, Sigismond Neukomm und Ribollet sind damit problemlos auch in Deutschland zu bekommen, wofür der Verlagsleitung sehr zu danken ist.

Beide Bände liegen hier in der zweiten verbesserten Auflage vor (11996), jeder Band (frz./engl.) verfügt über ein gründliches Vorwort (Tor Nordström), bzw. Werkeinführung (Francois Sabatier) sowie den Kritischen Bericht und sind sehr gut lesbar.

François Benoist (1794–1878) wurde 1819 Premier Organist der Roy Chapelle und Professor für Orgel am Conservatoire. Als Orgellehrer war er über 50 Jahre die prägende Figur der Pariser Orgelszene, so zählten zu seinen Schülern u. a. César Franck, Théodore Dubois, Louis Lefébure-Wély und Camille Saint-Saëns. Ab 1840 war er außerdem Premier chef de chant an der Pariser Oper, für die er auch zwei Opern, eine Opera comique und Ballettmusiken schrieb. Aber u.a. auch eine groß besetzte Messe und zwei Requiemvertonungen für Chor und Orgel hat er hinterlassen.

Sein Orgeloeuvre umfasst in 12 Suiten Offertoires, Elévations, Communions, Sorties, Versetten sowie Piècen ohne liturgische Zuordnung. Erschienen zwischen 1841 und 1861 gehören sie also seiner reifen Zeit an. Stilistisch wandelte er sich vom Klassikstil mit der Sonatenform zum Romantiker mit Liedformen etc. Die beiden vorliegenden Bände bringen die Suiten 1 bis 8 aus den Jahren 1840 bis 1859 mit zwei Grand Choeurs, in denen er auch ein Bombarde-Manual verlangt, was ihm selbst nie zur Verfügung gestanden hat. Die Begegnung mit Aristide Cavaille-Coll hat da gewichtige Spuren hinterlassen. Aber auch die damals viel gepflegte Orgue expressiv (Harmoniumzunge) auf einem eigenen Manual wird verlangt. Andere Stücke sind betitelt mit Versette, Prélude, Prière, Communion, Sortie sowie nicht-liturgischen Bezeichnungen wie Solo, Duo, Trio. Benoists Musik ist in den späteren Stücken reich an Modulationen, der Pedalgebrauch ist sparsam, wie es die Pedalklaviaturen im Frankreich seiner Zeit mit einem Umfang von meist AA oder C – f0 vorgaben. Zu seinem Orgelwerk gehören noch weitere Einzelstücke wie die Deux Préludes (1860) und die Sammlung Recueil de quatre morceaux pour orgue: Andante, Fugue sur le Pange lingua, Marche religieuse, Communion (1861). Sie sind in einem weiteren Band zu haben. Die schöne immer gediegene Musik verdient allemal eine Wiederbelebung.

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
März 2021 / Juni 2021

Camillo Schumann - Sämtliche Orgelsonaten

Herausgeberin: Antje Wissemann
Verlag: Breitkopf & Härtel

Camillo Schumann (1872 – 1946), geboren in eine Musikerfamilie, ausgebildet am Dresdener, dann am Leipziger Konservatorium von u.a. Carl Reinecke, Salomon Jadassohn und bei Woldemar Bargiel und Robert Radecke in Berlin, war von 1896 bis 1914 Organist an St. Georg in Eisenach sowie an der dortigen Wartburgkapelle, was ihm 1906 den Titel Großherzoglich Sächsischer Musicdirector und Hoforganist einbrachte. Schumann muss ein bemerkenswerter Orgelvirtuose gewesen sein, spielte aber auch noch andere Instrumente. Ab 1914 widmete er sich ganz seiner kompositorischen Arbeit, die kaum überschaubare Mengen an verschiedenster Kammermusik, Liedern, Orchester-, Klavier-, Orgel- und Harmoniummusik brachte. So sind neben den Sonaten viele Choralbearbeitungen zu nennen sowie Choralphantasien, Praeludien und Fugen und nicht weniger als sechs Suiten für das damals allgegenwärtige Harmonium.

Kompositorisch war er bei Mendelssohn und Brahms stehengeblieben, was ihn nach 1918 ins Abseits brachte. So ist es nicht verwunderlich, dass Schumann auch heute noch kaum rezipiert wird. Vermutlich wird daran auch die Neuausgabe von Antje Wissemann, die den Erstdrucken und Autographen folgt, nicht viel ändern, sind doch Schumanns Sonaten gleich in mehreren Verlagen seit vielen Jahren greifbar. Ein nicht nur finanzieller Gewinn ist allerdings die Zusammenfassung aller sechs Sonaten, die zwischen 1899 und 1910 entstanden, in einem Band. Die Übernahme von Schumanns Fingersätzen ist zwar ein philologisch geschichtlicher Gewinn, belastet aber das Notenbild auch, für die Praxis eher unnötig. Musikalisch dankbar sind zumeist die letzten Sätze, in Sonate 1 mit dem Choral „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“, in Sonate 2 eine Fuge über B-A-C-H, in Sonate 3 eine ernste c-Moll-Fuge, in Sonate 4 „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“, in Sonate 5 ein Canonsatz und eine Fuge, die eher an Rheinberger erinnert, und in Sonate 6 eine umfangreiche Toccata mit einem melodisch schönen Mittelteil. Wie überhaupt sich Schumanns Musik durch schöne Melodien auszeichnet, die sich auch deshalb gut greifen lässt. Die Ausgabe bringt ein etwas sparsames Vorwort und am Ende den Kritischen Bericht.

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
März 2021 / Juni 2021

Wiener Klänge

Herausgeberin: Katharina Hieke
Verlag: Cantando

Spätestens seit Cesar Franck dürfte allgemein anerkannt und klar sein: die Orgel sie ist (m)ein Orchester! Ja und warum müssen es nur immer die Wiener Philharmoniker sein? Dank dieser Noten bekommen viele kreative Musiker/innen endlich neue konzerttaugliche Literatur, die sich als Schmankerln nicht nur für Neujahrskonzerte sondern auch als gefällige Bravour- und Zugabestücke eignen.

Als Herausgeberin für diesen 45-seitigen Notenband zeichnet Katharina Hieke (Lysvik 2016) verantwortlich. Wer mag, findet von der vielseitigen schwedischen Musikerin (Stichwort: organist stream) neben Strauss, ebenfalls Musik von Händel, Buxtehude, Duruflé als soundcloud-Dateien.

Unter dem Titel „Wiener Klänge“ hat sie spannende Orgeltranskriptionen der beiden Komponisten Fritz Kreisler (1875-1962) und Johann Strauss d.J. (1825-1899) veröffentlicht. Unbedingt lesenswert ist schon allein Kreislers schillernde Biografie. Und originell ist seine Musik noch immer. So finden sich von Kreisler folgerichtig die beiden ursprünglich für Violine konzipierten Charakterstücke Liebesfreud und Liebesleid, während es von Strauss („Sohn“) eine fast 10-minütige Konzertwalzerfolge (Rosen aus dem Süden Op. 388) gibt. Hier geht es munter und gekonnt „querbeet“ durch verschiedene Tonarten. Neben diesen Klängen, die ausnahmslos im 3/4-Takt stehen, gibt es die Tritsch-Tratsch-Polka („schnell“!) Op. 214, die von jedem Interpreten gehörige Virtuositätsleistungen abverlangt. Übrigens: keine Angst vor hohen Tönen. Angesagt ist zwar Umfang im Manual bis a 3 und im Pedal bis g1, doch diese wenige Passagen lassen sich oktavieren.

Ich zitiere aus dem Vorwort: Erfahrungsgemäß bringen viele Zuhörer eine größere Offenheit im Umgang mit den klassischen Stücken mit, wenn hin und wieder auch die Grenzen zur Unterhaltungsmusik überschritten werden. Diese auf Seite 2 gemachte Beobachtung kann ich voll und ganz unterschreiben. Somit gratuliere ich zu diesem wunderbaren Notenheft mit stets angenehmem Notensatz. Bitte mehr davon!

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Februar 2021 / Juni 2021

20th Century Organ Music

Interpret: Simon Preston
Label: Decca

The Argo Organ Recordings

Die hier vorliegende CD hat schon einige Jahre auf dem Buckel. Ursprünglich aufgenommen wurde sie zwischen 1963 und 1971. Somit könnte man schon fast von einer historischen Aufnahme sprechen. Der heute 82-Jährige Simon Preston war damals noch in verschiedenen Kirchen Londons bzw Oxfords angestellt, seine internationale Konzert-Karriere begann erst im Jahre 1987.
Die vorgestellten Werke wurden auf den Orgeln der Kirchen Church of Saint John the Evangelist in Islington, der Orgel der Royal Festival Hall in London und der Orgel der Colston Hall in Bristol eingespielt.

Simon Preston widmete sich auf dieser Doppel-CD den folgenden Werken:

  • Den Orgelsonaten 1 bis 3 von Paul Hindemith
  • Gemeinsam mit dem Chor der Cirenster Grammar School und dem Orchester der selbigen Schule - unter Leitung von Peter Maxwell Davies dem Magnum Mysterium von Peter Maxwell Davies.
  • Weiterhin sind auf der CD eingespielt: die Sonate für Orgel Opus 28 von Sir Edward Elgar, das Werk Paean von Kenneth Leighton, ein Adagio von Frank Bridge, die Rhapsodie für Orgel op. 17 Nr. 3 von Herbert Howells, das Preludio al Vespro di Monteverdi von Sir Michael Tippett und das Prelude and Fugue on a theme of Vittoria von Benjamin Britten.
Es mag durchaus sein, dass es heute modernere und vielleicht auch zeitgemäßere Aufnahmen gibt. Doch trotzdem sind diese Interpretationen von Simon Preston wunderbar anzuhören. Selbst die klanglich etwas ungewohnten Stücke, die nicht immer harmonisch und leicht ins Ohr dringen, sind vom Interpreten sehr durchsichtig und "gut verständlich" gespielt worden. Die Orgeln überzeugen alle durch abwechslungsreiche und angenehme Klänge. Der volle Klang-Reichtum der Instrumente ist niemals spitz oder schrill, sondern auch in Höhen angenehm rund.

Somit empfiehlt sich diese CD vielleicht nicht für den immer auf "das neueste Pferd setzenden Orgel-Freund", ist aber für den Quereinsteiger oder kundigen Orgellaien sehr zu empfehlen.

Daniel Kunert - www.orgel-information.de
Februar 2020 / Juni 2021

Der Schwan von Tuonela

Komponist: Sibelius, Jean
Herausgeber: Arter, Matthias
Verlag: Breitkopf & Härtel

für Englischhorn und Orgel op. 22/2

Nein, hier geht es nicht um das Orgelregister „Cor anglais“, das sich in romantischen Orgeln von Walcker, Koulen, Moser in 16´ und 8´ -Lage nicht gerade unbedingt häufig findet. Matthias Arter hat sich für die Fassung: Soloinstrument Englischhorn plus Orgelbegleitung entschieden.

Aufgrund intensiver Auseinandersetzung mit dem finnischen Nationalepos Kalevala entstand u.a. die „Lemmikäinen-Suite-Vier Legenden op. 22“ als Orchesterzyklus, der sich auf Leben und Wirken des Helden Lemminkäinen bezieht. Der Schwan von Tuonela op. 22/2 bezieht sich auf das Totenreich Tuonela (vergleichbar mit Hades), welches von einem reißenden, schwarzen Strom umgeben ist, auf dessen Wellen ein Schwan, der für den Totengott Tuoni durch seinen Gesang die Seelen der Verstorbenen anlockt, seine Kreise zieht.

In Tonart a-Moll mit Taktmetrum 9/4 lotet Sibelius diese düstere Szenerie mit Streichern, Harfe, Basstrommel in einem dunkel gefärbten Orchestersatz aus, über dessen Klangteppich sich ein intensives Englischhorn-Solo legt, das für den Schwanengesang steht. Bereits Otto Taubmann (1859-1929) hatte diese Tondichtung für Klavier zu zwei Händen arrangiert. Siehe entsprechendes Klangbeispiel in youtube. Für 7,50 € ist diese Ausgabe seinerzeit ebenfalls beim Verlag Breitkopf & Härtel erschienen, denn wohlgemerkt, die von Martias Arter 2019 erfolgte Notenpublikation hat ihren doch sehr stolzen Preis von immerhin 17,90 € für 102 Takte Orgelarrangement (Querformat) samt Einzelstimme Englischhorn (Hochformat). War in Taubmanns Fassung noch die Melodie in den dichten Klaviersatz integriert, so hat sich Martias Arter für einen schlichteren Orgelsatz mit Melodieauslagerung entschieden. Für den Vortrag ist romantisch-orchestral disponierten Instrumenten unbedingt der Vorzug zu geben, die über Streicher-Chöre verfügen. Aeoline und Salicional, oft auch zusammengefasst zu Vox coelestis 8´ und eine Suboktavkoppel, samt Jalousieschwellwerk werden hierbei gute Dienste leisten. Bei neobarocken Instrument könnte eine Gedacktschwebung (Gedackt, Quintatön evt. noch mit Tremulant) zu einem ähnlich adäquaten Vortrag passen.

Zur Ausgabe selbst ist festzustellen: Der großzügige Notensatz ist immer sehr angenehm lesbar und Buchstabenhinterlegungen (A bis H) sind hilfreiche Zusätze für Einstudierung sowie das Zusammenspiel. Bei Ausfall bzw. Ermangelung eines Solisten müsste für einen reinen Orgelvortrag allerdings die Englischhorn-Stimme um eine Quinte herunter transponiert werden, und die derzeitige üppige Begleitung dementsprechend ausgedünnt werden.

Mit dieser besonderen Notenausgabe, die sicherlich zum Bereich Exoten gehört, ist für Freunde romantischer Musik mit Vorlieben für Alterationsharmonik im Stile von Richard Wagner, somit ein weiteres Repertoirestück zugänglich.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Februar 2021 / Mai 2021

The Argo Organ Recordings

Interpret: Simon Preston
Instrument: Orgel Westminster Abbey, London
Label: Decca

Mit Werken von Bach, Mozart, Walton, Clark, Händel, Elgar, Vierne, Wagner, Guilmant, Schumann, Karg-Elert und Widor

Es scheint, als gäbe es tausende Aufnahmen der Schübler-Choräle von Johann Sebastian Bach. Vielleicht stimmt das ja sogar. Auf der mir vorliegenden CD werden diese von Simon Preston gespielt. Die Aufnahme könnte man schon historisch nennen, eingespielt wurde sie zwischen 1963 und 1965 an der Orgel der Westminster Abbey. Prestons Interpretation ist klanglich sehr ruhig und ausgewogen. Man hat nie das Gefühl dass er in Hektik oder überzogene Tempi verfällt. Im Gegenteil: dieser Bach strahlt eine große Souveränität und Ruhe aus. Das hört man sich gerne mehrfach an.

Das Orgelstück (Fantasie in f-Moll KV 608) von Wolfgang Amadeus Mozart kommt schon schwungvoller daher. Kräftig registriert, mit Elan und Mut gespielt, macht auch dieses Werk viel Freude beim Hören. Besonders angenehm ist, dass auch kleine Nuancen und Einsätze gut hörbar sind. Trotz großer Klänge und Spielfreude spielt Preston diesen Mozart sehr durchsichtig. Großartig.

Das Adagio und Allegro in f-Moll KV 594 von Mozart beginnt am Anfang mit sehr verhaltenen und fast düsteren Streicherstimmen. Nach und nach entwickeln sich die zarten Klänge zu größerem Volumen, dabei stets durchsichtig, ja fast filigran. Und als es dann endlich zum Allegro kommt, sind die wunderschönen Stimmen und Klangfarben der Westminster Abbey-Orgel eindrucksvoll zu erleben. Nicht spitz und scharf, sondern in einer runden und weichen Helligkeit. Unbeschreiblich schön gespielt und registriert.

Auf der zweiten CD sind dann Werke von Walton, Clark, Händel, Elgar, Vierne, Wagner, Guilmant, Schumann, Karg-Elert und Widor zu hören. Zum Beispiel der "Imperial March" von Elgar oder der "Coronation March" von Walton. Von Guilmant der "Marsch nach einem Thema von Händel" und von Widor die weltbekannte Toccata aus der 5. Sinfonie. Die Orgel der Westminster Abbey kann mit diesen Werken und dieser Auswahl wunderbar brillieren. Ihre Klangschönheit, ihre Klangfarbenreichtum und die hervorragenden technischen Fähigkeiten von Simon Preston werden aufs Schönste dargestellt. Es bleibt die Empfehlung, diese CD zu kaufen und dem eigenen CD-Regal hinzuzufügen. Es lohnt sich.

Daniel Kunert - www.orgel-information.de
Februar 2021 / Mai 2021

Four Christmas Interludes

Komponist: Henrik Ødegaard
Verlag: Cantando

Henrik Ødegaards Interludien entstanden für eine Aufführung einer Weihnachtskantate, die 1999 entstand und ebenfalls im Cantando Verlag erschienen ist. Die Auskoppelung der „Fire jule-interludier“ ermöglicht eine separate Aufführung der Stücke.
Die Titel der vier kurzen Stücke beziehen sich auf Textstellen aus dem Lukasevangelium:

  1. The Angels message (Lk. 1,28)
  2. Mary’s song of praise (Lk. 1,53)
  3. The birth of Jesus (Lk. 2,7)
  4. The shepherd’s praise (Lk. 2,20)

Die Uraufführung fand 1999 an der damals neuen Orgel der Sauherad kirke in Telemark statt. Die Orgel, die Disposition (II/P 17) ist im Vorwort abgedruckt, stand daher auch Pate für die Registrierangaben in der Ausgabe.

Zur Musik: Die Stücke sind keine Weihnachtsmusik im klassischen Sinne, sondern zeichnen sich durch dissonante Harmoniefolgen aus. Im Weihnachtsgottesdienst dürfte das für Verwirrung sorgen. In einem moderierten Adventkonzert oder musikalischen Andacht können die Miniaturen aber durchaus ihren Platz finden. Ganz leicht sind sie zusätzlich auch nicht. Aber, wer nicht wagt, gewinnt auch nicht…..

Sven Dierke - für www.orgel-information.de
Januar 2021 / Mai 2021

Orgelwerke Band 11

Komponist: Andreas Willscher
Verlag: Butz

Acht Kompositionen für Orgel manualiter

Wer Willscher kennt, weiß sofort, was er mit diesem neuen Band bekommt. Gut gemachte, leicht bis mittelschwere Gebrauchsmusik im besten Sinne, geeignet für Gottesdienst und konzertante Abwechslungen.

Miniaturen mit Humor, wie „Der Olmützer Kuckuck“ über ein altes Volkslied, Variationssätze über bekannte deutsche Lieder „Jesus, zu dir rufen wir“ oder „Es geht ein dunkle Wolk‘ herein“, und zwei mehrsätzige Sonatinen sind im vorliegenden Band versammelt. Besonders schön: die Daniel Roth gewidmete 8. Sonatine, die mit zarten Klängen und chromatischer Satztechnik an Karg-Elert erinnert.

Alle Stücke sind auf einmanualigen Instrumenten darstellbar, wenn auch grade für die genannte 8. Sonatine zwei getrennte Werke vorteilhaft wären. Ganz in französischer Tradition kann die Mehrzahl der Stücke auch auf einem, nach Möglichkeit französischem, Druckwindharmonium aufgeführt werden. Lohnend nicht nur für Lernende, auch als leichte Kost zwischendurch bestens geeignet.

Sven Dierke - für www.orgel-information.de
Januar 2021 / Mai 2021

Orgel-Codas zu den Halleluja-Rufen im Gotteslob

Komponist: Franz Leinhäuser
Verlag: Bärenreiter


Im Zuge der Begleitmaterialien zum mittlerweile nicht mehr ganz neuen Gotteslob, legt der Bärenreiter Verlag in Person von Franz Leinhäuser Orgelcodas zu allen Halleluja-Rufen im Stammteil vor. Dazu kommen noch sechs Codas zu Rufen aus dem Eigenteil des Bistums Trier und sechs Stücke aus dem „alten GL von 1975“ (532, 2-6). Alle Werke sind übersichtlich kurz und leicht realisierbar, kein Stück ist länger als 20 Takte. Stilistisch den jeweiligen Rufen angepasst, gibt es zu jedem Ruf die Möglichkeit zur Auswahl zwischen zwei Modellen, die zwischen figurierten Variationen bis zu Toccatenähnlichen Sätzen reichen. Ein festlicher Abschluss des Hallelujarufes in Gottesdiensten ist damit immer gegeben.

Ein versierter Kirchenmusiker wird das sicher auch schnell selber improvisieren können, für die schnelle Verwendung im Gottesdienst ist der Band aber durchaus sinnvoll, auch für nebenamtliche Kirchenmusiker mit D- oder C- Ausbildung dürften die Bearbeitungen eine gute Hilfe darstellen.
Empfehlenswert.

Sven Dierke - für www.orgel-information.de
Januar 2021 / Mai 2021

Module zur Orgelimprovisation im Gottesdienst
Band 4: Barocke Formen der c.f.-Bearbeitung

Autoren: Torsten Laux / Stefan Antweiler
Verlag: Are


„Back to the Roots“ ist das Motto des vierten Teils der Module von Laux und Antweiler, denn die Publikation schließt nahtlos an Band 1 der Handreichung an. Ist der erste Band noch etwas schmal ausgefallen, finden sich hier umfangreiche Anleitungen zur Melodiebearbeitung in barocken Stilen.

Auf Basis von Choralmelodien aus EG und GL bearbeiten die Autoren auf 156 Seiten etwa 100 verschiedene Arten von Improvisationsanleitungen.
Neben dem klassischen vierstimmigen Satz, rhythmisch figurierten Varianten, Solo-Sätze für verschiedene Registermischungen, Ritornelle bis hin zum Triosatz mit c.f. in verschiedenen Stimmen. Wie schon bei den ersten drei Teilen gibt es am Schluss auskomponierte Stücke als Anschauungsmaterial, hier eine „Suite française“ über „Wer nur den lieben Gott lässt walten“.

Natürlich kann man diese umfangreichen Übungsanleitungen nicht ohne weitere Materialien als vollständig bezeichnen, dazu geben die Autoren Hinweise auf weitere Choräle, die sich zur Improvisation in den verschiedenen Stilen eignen. Eine professionelle Anleitung hilft sicherlich, aber auch zum Selbststudium ist dieser Band geeignet, vielleicht sogar besser als die Bände 2+3.

Druck und Aufmachung sind übersichtlich, die Notenbeispiele sind teilweise etwas groß geraten. Die Bindung ist gut, so lässt sich der Band auch gut aufs Pult stellen. Zusammen mit den Bänden 1-3 hat man eine komplette Improvisationsschule, die sehr gut im Orgelunterricht für liturgisches Orgelspiel eingesetzt werden kann.

Sven Dierke - für www.orgel-information.de
Januar 2021 / Mai 2021

Adventsmusikk op. 41 for Orgel

Komponist: Robert Coates
Verlag: Cantando


Der britische, in Norwegen tätige Komponist und Organist Robert Coates legt eine festliche Adventmusik für Orgel vor. Das 1994 entstandene und Til Torkil Baden gewidmete Stück verwendet in 72 Takten die Melodien von „O komm, o komm Immanuel“ und „Nun komm, der Heiden Heiland“.

Die Vorliebe des Komponisten für abgelegene Tonarten ist auch in diesem Stück unverkennbar. Gis-Moll und dis-Moll sind die vorherrschenden Tonarten. Die Musik ist festlich, etwas „quartig“ bis konservativ mit einigen dissonanten Akkordfolgen. Sicher keine ganz große Musik.

Die Partitur ist übersichtlich im typischen Cantando-Outfit mit den immer wieder abfärbenden Coverbildern. Ein Vorwort oder Registerhinweise gibt es nicht. Kann man spielen, muss man aber nicht.

Sven Dierke - für www.orgel-information.de
Januar 2021 / Mai 2021

German Romantic Composers

Interpret: Marco Limone
Instrument: Orgel von Carlo Vegezzi Bossi in der Basilica of Corpus Domini, Turin
Label: Elegia


Brahms, Karg-Elert, Mendelssohn, Rheinberger, Reger, Schumann.

Nein, ein 16´ Fuss Zungenregister hat die italienische Bossi nicht, dafür aber Tromba (I), sowie Oboe (II). Es ist deshalb umso erstaunlicher, welche tragfähigen Klangflächen der Interpret Marco Limone, Jahrgang 1973, aus diesem spätromantischen Instrument zaubert. Wunderbar passt dazu auch das sorgsam ausgewählte Repertoire, das von Mendelssohn bis Reger einen großen Bogen spannt. Von Reger ist die Improvisation mit Spieldauer über 8 Minuten auch das längste Stück. Ansonsten gibt es sehr viele facettenreichere Stücke mit deutlich kürzerer Spieldauer. Sehr angenehm fallen die Skizzen von R. Schumann (op. 58) aus, ursprünglich für Pedalflügel (!) gedacht, die eine belebende rhythmische Wirkung ausstrahlen. Deutlich intimer und verinnerlichter wirkt die Cantilene von Rheinberger aus Orgelsonate XI. Natürlich darf auch der pompöse Marche Trionfale von Karg-Elert über „Nun danket alle Gott“ op. 65 nicht fehlen.

Schon der eher klassische, aber doch frühromantische Einstieg mit Mendelssohn (op. 37) und später mit Brahms (Herzlich tut mich verlangen) erwies sich als Glücksgriff. Passend zu den weichen und weiten Klängen ist auch das Cover gewählt, welches ein romantisches Landschaftsgemälde von C.D. Friedrich zeigt. Das Booklet ist zweisprachig (Italienisch und Englisch) und die komplette Orgeldisposition der Bossi-Orgel ist hinterlegt. Für Freude (nicht nur deutscher!) romantischer Orgelmusik bietet diese CD einen guten Einstieg sowie eine gelungene repräsentative Auswahl.

Christoph Brückner - für www.orgel-information.de
Januar 2021 / Mai 2021

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Reformation und Romantik – Historische Orgeln in Hessen

Reformation und Romantik? Man mag im ersten Moment stutzen, denn die Romantik ist nun nach allgemeiner Auffassung eine späte Gegenbewegung zur Reformation. Trotzdem hatte die Tonsprache der Romantik natürlich einen erheblichen Einfluss auf die protestantische Kirchenmusik und so fanden dann die ursprünglichen Antipoden zu einer geglückten Synthese, deren Höhepunkt in ...

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„Das erst gibt dem Gold die Farbe“

Nicht alles, was glänzt, ist auch aus Gold, oder doch? Jedenfalls sind die Labien der Prospektpfeifen golden gefasst. Passend zur barocken Raumgestaltung ist auch der Orgelprospekt integriert, der auf der oberen Empore thront. Klais konnte sich hier 2015 in der Diözese Rottenburg-Stuttgart mit einem ...

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December 1705
Max Reger - 30 kleine Choralvorspiele op. 135a
Die Klais-Orgel der Abtei Königsmünster Meschede
Alexandre Pierre Francois Boëly - Das komplette Orgelwerk in sieben Bänden
Bruckner: Vier Orchesterstücke für Orgel / Mozart: Symphonie g-Moll, 1. Satz für Orgel zu vier Händen
Die Johann-Ernst-Hähnel-Orgel in Krippehna
The Fitzwilliam Virginal Book - 3 Bände
Ludwig Thiele - Orgelwerke Band 3
Die Walcker-Orgel (1962) der Ev. Trinitatiskirche in Berlin-Charlottenburg
Bach spielen auf der Orgel - eine Leidenschaft
Mons Leidvin Takle: Celebration
Mainmixtures - Komponisten in Frankfurt
Giovanni Benedetto Platti - 6 Trio sonatas
Giovanni Battista Pescetti - Complete Keyboard Music
Die Hey-Orgel der St.-Trinitatiskirche Sondershausen

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Sundlisaeter, Ole Karsten - CESIFL für Altblockflöte und Orgel
Takle, Mons Leidvin - Young Spirit
Celtic Spirit
Laux, Torsten - Andante und Allegro „Freude schöner Götterfunken“ ...
Rinck, Christian Heinrich - Fantasie und Fuge

Bach – Kittel – Rinck. Anders formuliert: Heinrich Christian Rinck (1770-1846) war Enkelschüler Bachs und nicht nur das - man könnte ihn auch als Brückenbauer zwischen spätbarocker Tradition und früher Romantik betrachten. Zusätzlich war Rinck zu einer Zeit tätig, als Orgelmusik aus der Mode kam und ihre Bedeutung stark verloren gegangen war. Nichtsdestotrotz war der “rheinische Bach”, wie Rinck zu Lebzeiten genannt wurde, als Zeitgenosse ...

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Brahms - Variations
J. S. Bach - Sinfonias from Cantatas
Petrali - Organ Music
Cimarosa - 21 Sonatas
Friese - Norddeutsche Orgeln in fünf Generationen
Erkki Salmenhaara - Complete Music for Solo Organ
ASCENDO AD PATREM MEUM
Ponchielli - Complete Organ Music
Kirchenmusik in Arnstadt - Vol. 4 und 5
Once upon a time ...
Robert Fuchs - Phantasie Des-Dur op. 101
Andreas Willscher: Der kleine Prinz
Timothy Miller: A Book of Voluntaries
Ludwig van Beethoven für Orgel
Franz Tunder in Perspectief 4
Egil Hovland - Organ Works
Musiktraditionen in der Itzehoer St. Laurentiikirche
The Green Album
Mons Leidvin Takle - Rumba Toccata
BACH - Organ Landscapes - Dritter Theil der Clavier-Übung

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John Patrick Thomas - To the end of the World
Acht Fugen für Clavier um Johann Sebastian Bach
BACH - Organ Landscapes
Der komponierende Organist um 1700

„Urschweigen starrt ... Es waltet Finsternis ... Da bricht ein Strahl aus zackigem Wolkenriß…“ So beschreibt Hermann Hesse den Beginn des wohl berühmtesten Orgelstücks in seinem Gedicht Zu einer Toccata von Bach. Musikalisch ausgedrückt erklingt ein Mordent, der sich abwärts in eine Tirata entlädt und nach einem kurzen Stopp am Leitton in den Grundton mündet. Jeder, der diese prägnante musikalische Aussage hört, weiß, dass es sich hierbei um „die Toccata von Bach“ handelt.

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Widor & Vierne
Carlo Curley - Inaugural Concert November 30, 1996
The Organ of Today - Festivity

In den letzten Jahren ist immer wieder die Debatte um Orgelmusik in populären Stilen entbrannt. Inzwischen haben sich zahlreiche Autoren an Kompositionen versucht, die sich an stilistischen Mustern aus Jazz und Pop orientieren. Gleichzeitig ist es fast zur Glaubensfrage geworden, ob eine solche Komposition nun „statthaft“ oder eher nicht ernst zu nehmen sei. Dabei ist die ...

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Bach in Lübeck

Eigentlich seltsam, dass Arvid Gast mit dieser Programmidee eine Lücke im derzeitigen CD-Angebot schließt. Denn dass Bach bei Buxtehude war, ist sicher bezeugt, wenn auch keine Einzelheiten bekannt sind. Ob und welche direkten Auswirkungen dieser Besuch auf Orgelwerke Bachs gehabt hat, ist in den letzten beiden Jahrhunderten vielfältig diskutiert worden, aber nach wie vor nur zu vermuten. Gasts Auswahl von evtl. Buxtehude-geprägten Stücken gibt da einen guten Ansatz, den er als ...

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Peter Planyavsky - Capriccio cha-cha-cha
Kulturelle Entdeckungen Musikland Thüringen
Romantische Martinesque - orgelmusik zeitlos
BACH - Kare Nordstoga
Carl Friedrich Christian Fasch: Works for Keyboard
Frederick William Holloway - Symphonic organ Works
Die Orgel in St. Jacobi zu Stralsund
Bertoldo / Borgo - Complete Organ Music
A late medieval Mass on the Rysum Organ
Johann Krieger - Complete Harpsichord and Organ Music
Clavierists at the Organ in 18th Century Sweden
Die Johann-Franz-Kannhäuser-Orgel in Kašperské Hory / Bergreichenstein (CZ)
Die Onofrio-Zefferini-Organ der Badia Fiorentina
Ein feste Burg / In dulci jubilo / Silent Night

Rezensionen zu Werken von Jostein Dalebo und Audun Frode Ringkjob. Orgelmusik für viele Gelegenheiten

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Wiener Orgelmusik um 1600
Best loved Melodies 4
Johann Simon Kreuzpointner: Sieben Orgelstücke in Form von Choralvorspielen zu Liedern aus dem Gotteslob
Robert Coates: Scottish Fantasy op. 58
Wolfgang Amadeus Mozart: Eine Kleine Nachtmusik - Werke für eine Orgelwalze
Über die Maßen herrlich
Iván Eröd: Fastenmusik - Böjti Zene op. 79
Mendelssohn Bartholdy - Orgeltranskriptionen Band 4
Bernd Richard Deutsch - Toccata octophonica
Gottfried Holzer - Partita "Alles Leben ist dunkel"
Carson Cooman - Expressions for Organ

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Orgeln 2021 & Straße der Backsteingotik 2021

Blickfang für den traditionellen Bildkalender „Orgeln 2021“ ist in diesem Jahr einer der schönsten norddeutschen Renaissance-Prospekte, derjenige der Scherer-Orgel in St. Aegidien in Lübeck von 1625. [...]
Ferner glänzen die wohl bekannten Prospekte der ...

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Intrada

Der Verlag Dr. J. Butz macht, in Person seines Inhabers, seiner Devise, unbekannte und neue, leichte bis mittelschwere Orgelwerke anzubieten, mit vorliegendem Band alle Ehre. Achtzehn, speziell für dieses Album komponierte festliche Präludien, Intraden, Fanfare und Processionals, bieten dem geübten Organisten eine abwechslungsreiche Sammlung, für den C-Organisten eine anspruchsvolle Edition, die das Üben lohnt.

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History Live – Virtuoso organ music from four centuries
Joseph Haas - O Ewigkeit, du Donnerwort
Mal festlich, mal feierlich
Concertino über „Nun danket alle Gott“ für Orgel
Edvard Grieg – Ballade & Geirr Tveitt – Hundrad Hatdingtonar
Zipoli in Diamantia - Complete Organ Works
Musica Baltica 6
Alessandro Scarlatti - Opera omnia per tastiera Vol. V
Sinnbilder im Sakralraum - Die Kirche in Lucklum
Ralph Vaughan Williams - English Folk Song Suite
Richard Strauss - Festmusik der Stadt Wien
Edward Elgar - Pomp and Circumstance March no.6
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Die Wochenlieder zum EG - Band 2

Mit diesem Band ergänzt der Verlag seine zweibändige Ausgabe der Choralvorspiele zu den neuen EG-Wochenliedern, die die leider wenig begründete neue Perikopenordnung samt einer neuen Ordnung der Graduallieder in der EKD hervorgerufen hatte.

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  Orgeln 2021

Von vielen Orgelfreunden wird er alljährlich sehnlichst erwartet: Der Orgelkalender aus dem St.-Benno-Verlag. Es gehört schon zur Tradition, ihn für sich selbst oder gute Freunde zu erwerben und Jahr für Jahr ist es eine Freude, die großformatigen Fotografien zu betrachten.

Auch der Kalender für das Jahr 2021 besticht wieder durch ...

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Mallorca Edition
Schöne Orgeln

[...] 38 Orgeln, wirklich schöne Orgeln, werden ausführlich vorgestellt. Dispositionen sind natürlich enthalten, ebenso ein Überblick über die Geschichte und Besonderheiten der jeweiligen Orgel.

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Kleine große Orgelwelt

Man könnte sagen, die Orgelwelt sei eine Welt voller Widersprüche. Es gibt kleine Orgeln mit wenig Registern und riesige Instrumente, die eine schier unüberschaubare Zahl an Registern bieten. Instrumente, die kaum zu sehen sind und andere, die den Blick des Betrachters stundenlang fesseln. Auch Organisten scheinen widersprüchlich zu sein. Zum einen sind es meist ...

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Johann Pachelbel - Complete Organ Works III
Widor - Organ Symphonies 1+2, op. 13
Edvard Grieg - Geirr Tveitt
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Die Riesenorgel im Wiener Stephansdom

Es hat nicht sollen sein, die Wiedereinweihung der Riesenorgel im Wiener Stephansdom zum Wunschtermin am 12. April 2020, dem Ostersonntag, genau 75 Jahre nach ihrer Zerstörung, Corona diktiert auch in Wien die Termine.

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Cabanilles - Keyboard Music Vol. 3
 

Die Wäldner-Orgel im Dom zu Halle

Das Portrait dieses herausragenden Instrumentes begeistert in hohem Maße. Schon die Geschichte dieser ursprünglichen Dominikaner-Kirche von 1280 ist eine ganz besondere durch die Rolle, die Kardinal Albrecht von Brandenburg dort in der Reformationszeit spielte.
[...]
Das Instrument bannt durch die modernsten Klänge seiner Zeit, warm und charakteristisch, eine Meisterleistung der Wäldners wie von Wegscheider.

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Leben und Werk einer Orgelbauerfamilie

“Begegnungen mit Carl Gottlieb Jehmlich und seinen Söhnen” lautet der Untertitel dieses Buches, zusammengetragen, verfasst und herausgegeben von Siegfried Meyer. Und es sind wirklich viele Begegnungen, die der Autor mit der ...

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Grandes Orgues 1710 Chapelle Royale Versailles
65 Jahre Orgelbau Ahrend

Gratulation, Fazit, auch Rechtfertigung und natürlich uneingeschränktes Lob für 65 Jahre engagierten Orgelbau von 1954 bis 2019, Markus Zimmermann tut sich da...

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Zur Orgelmusik Petr Ebens
  Die innovative Orgelschule - Band 1-6

Vor mir türmen sich sechs Bände mit eintausendvierhundertzdreiundsiebzig Seiten… - nein, die Rede ist hier nicht von einer neuen Musik-Enzyklopädie, sondern von der neu erschienenen „innovativen Orgelschule“ der Musikpädagogin, Konzertorganistin und Kirchenmusikerin Dr. phil. Andrea Kumpe (Luzern).

Die Autorin selbst bezeichnet ihr umfangreiches Opus als „kurzfristig aufwendig, langfristig nachhaltig“. Dies erhofft man sich als neugieriger ...

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Orgeln und Organisten der St. Martha Kirche zu Nürnberg / Evangelisch-Reformierte St. Martha Kirche Nürnberg
Haydn - Seven last words
Module zur Orgelimprovisation im Gottesdienst - Band 1-3

Der Are Verlag legt ein dreibändiges Werk „Module zur Orgelimprovisation im Gottesdienst“ von Torsten Laux und Stefan Antweiler vor. Die drei Bände beschäftigen sich mit verschiedenen Themen.

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Franz Liszt - Sonate h-Moll
Zur Orgelmusik Petr Ebens
Inaugural Concert – November 30, 1996
Schneeberger Orgel- und Clavierbuch um 1705
Der Klang der Reformation
Pronkjuwelen in Stad en Ommeland

Der Verlag Butz hat die Auslieferung einer Reihe von stattlichen Buch/DVD/CD-Sets übernommen, die ganz verschiedene Orgellandschaften vorstellen. Stellvertretend für diese Reihe sei hier der Prachtband über die Provinz Groningen aus dem Jahr 2009 besprochen.

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J. S. Bach - 7 Toccatas BWV 910-916
César Franck - Sämtliche Orgel- und Harmoniumwerke Band 1
Robert Jones - Verleih uns Frieden / Grant us peace
Timothy Miller - Organ Sonata Nr. 14
Buxtehude-Studien 3
Peter and the Wolf

Prokofievs vielleicht bekanntestes und populärstes Werk möchte Kindern die Instrumente des Symphonieorchesters im Rahmen einer musikalischen Märchenerzählung nahebringen. [...] Dass auch eine Bearbeitung für Orgel entstehen würde, war nur eine Frage der Zeit, denn die verschiedenen Farben der Orchesterinstrumente können auch mit Orgelregistern dargestellt oder zumindest imitiert werden. Bjørn Vidar Ulvedalen gelang es, den Orchesterpart in eine ...

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Beethoven auf der Orgel
Die Wochenlieder zum EG - Band 1
Basiswissen Kirchenmusik

Es ist inzwischen gut zehn Jahre her, dass mit den vier Bänden „Basiswissen Kirchenmusik“ ein umfangreiches und exzellent redigiertes Kompendium für die ökumenische Kirchenmusikausbildung erschienen ist. [...]Der große Erfolg der Edition gibt den Herausgebern Recht und hat nunmehr eine dritte Auflage nötig gemacht.
Schwere theoretische Kost, höchst lesenswert, attraktiv und nah an der Praxis aufbereitet - das ist der rote Faden, der sich durch die ganze Veröffentlichung zieht. Insgesamt 45 Autorinnen und Autoren haben Artikel beigesteuert, die es inhaltlich und sprachlich ausnahmslos ...

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The Nordic Journey Series

Der vorliegende Band enthält acht Werke zeitgenössischer nordischer d.h. dänischer, schwedischer, norwegischer, finnischer und isländischer Komponisten, durchwegs Auftragskompositionen des amerikanischen Organisten Dr. James D. Hicks, eines Freundes des europäischen Nordens und seiner Musik, der ...

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Mechler "Triptychon - Organum"
Sixten, Fredrik "Symphonia Aurora Borealis"

Der 1962 geborene schwedische Komponist Fredrik Sixten wirkte u.a. in Göteborg und in Trondheim. Seit 2014 lebt er freischaffend dank einer wachsenden Anzahl von Kompositionsaufträgen.

»Aurora Borealis« möchte man zunächst wörtlich mit »Nördliche Morgenröte« übersetzen, gemeint ist aber das geheimnisvolle, selten zu sehende Nordlicht. Die Satzbezeichnungen der sechs Sätze kreisen denn auch ...

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Bach spielen auf der Orgel - eine Leidenschaft

Zu der neuen zehnbändigen Breitkopf-Ausgabe der Orgelwerke Bachs erschien nun noch ein Begleitband, in dem Zehnder auf 128 Seiten Aspekte zur Registrierpraxis der Bach-Zeit über spieltechnische Fragen bis hin zu Überlegungen zu Textbezug, Proportionen und Symbolik beleuchtet.

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Miller, Timothy "Suite Jubilaire"

Der Komponist und Kirchenmusiker Timothy Miller, *1957 in England und dort auch ausgebildet, lebt seit 1990 in Norwegen, wo er u.a. in Stavanger tätig war. Folgerichtig erscheinen seine Werke im norwegischen Cantando-Verlag.

Die vorliegende Suite, entstanden auf Anregung des amerikanischen Organisten Carson Cooman, kann man in das Genre „Neue Musik auf historischen Orgeln“ einordnen, denn ...

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Miller, Timothy - Fragments of Luther
Saint-Saens - Poulenc

In der Nacht zum 1. Dezember 2019 starb Mariss Jansons im Alter von 76 Jahren in St. Petersburg im Kreis seiner Familie an den Folgen einer Herzerkrankung. Die Süddeutsche Zeitung titelte in ihrem Feuilleton-Leitartikel: "Die Welt mit Klang umarmen: Der aufrichtigste, integerste, empathischste Dirigent der Welt ist tot." 

Die CD ist eine Live-Aufnahme aus der Philharmonie im Gasteig vom März 2019, die Konzertatmosphäre ist der Aufnahme anzumerken, es knistert vernehmlich.

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Vickery, Justin - Toccata "Spiritus Vitae"
Orgelschule mit Hand und Fuß - Band 1
Feller, Harald - Beethoven-Variationen für Orgel
Strungk / Mohrhardt
Carl Nielsen - The Organ Works
Lieblingsstücke - Folge 6
Meinhold, Wieland - Mecklenburg-Sequenzen
Arp Schnitger Orgel Neuenfelde Vol. 2
Peter Trom und die Orgelpfeifen-Konferenz
César Franck - L'Organiste (Orgelbearbeitung)
Kay Johannsen - Concerto for organ, strings and percussion
Die Wochenlieder zum EG - Choralvorspiele für Orgel - Band 1

Da am 1. Advent 2018 eine neue Perikopenordnung samt einer neuen Ordnung der Graduallieder in der EKD eingeführt wurde, war es (wieder einmal) notwendig, für diese neue Ordnung - nun mit jeweils zwei Liedern für jeden Sonntag bei verschiedenen Änderungen von Gedenktagen sowie der Epiphaniaszeit -  auch eine neue Choralvorspielsammlung zusammenzustellen. Der Tübinger Stiftskantor Ingo Bredenbach (*1959) hat jetzt den ersten Band mit 88 Vorspielen zu den Wochenliedern von Advent bis Pfingsten herausgegeben, der zweite folgt im Frühsommer 2020.

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Musica Baltica 6
Vickery "Ite, missa est. Deo gratias"
Variations on "Veni Creator Spiritus"

Justin Vickery aus Nottingham stammender britischer Organist, der in Norwegen lebt und arbeitet, legt 6 kurze, nicht sonderlich schwere Variationen über das gregorianische „Veni creator Spiritus“ vor, die sich an französischen Versetten und deren typisch klassischen Reistrierungsvorgaben anlehnen.

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Beethoven-Variationen für Orgel
Vickery - Celtic Suite
Mit Bach durchs Jahr
Sigfrid Karg-Elert - Complete Organ Works Vol. 15
Johann-Ernst-Hähnel-Orgel St. Lukas Krippehna
"Denn Silbermann wird aus dem Werck erkennt"

Die Titel gebende Zeile stammt aus dem Weihegedicht zur Crostauer Orgel (1732, II/20), die der Musik und Literatur liebende damalige Besitzer des Rittergutes Crostau in der Oberlausitz Christian Heinrich Graf von Watzdorff gestiftet hatte. Wie bei den ...

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Splendid Silbermann
Orgelschule mit Hand und Fuß
Magnificat & Nunc dimmittis

Timothy Miller, Jahrgang 1957, studierte am King’s College in Cambridge und wanderte 1990 nach Norwegen aus. In seinen Kompositionen ist viel geistliche Musik vertreten.

Sein Magnificat und Nunc dimittis entstand 2017 für den Stavanger Chathedral Girl’s Choir und wurde im Rhamen eines Evensongs in der Winchester Cathedral uraufgeführt.

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Louis Marchand & Jean-Adam Guilain
Hieronymus Praetorius - Motets in 8, 10, 12, 16 & 20 Parts
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Arp Schnitger

Rechtzeitig zum 300. Todestag Arp Schnitgers am 28. Juli 1719 brachte der Freiburger Musikgeschichtler Konrad Küster, breit bekannt geworden  durch seine Veröffentlichungen zur Orgelkultur in den Marschen und zur Musik zur Lutherzeit, seine Schnitger-Monographie mit dem Untertitel Orgelbauer – Klangarchitekt – Vordenker heraus. Erstaunlich bei der Popularität und Bedeutung Schnitgers ist, dass seit Gustav Focks grundlegender Monographie (Kassel 1974) nur ein bedeutender Bildband zu den erhaltenen Orgeln und Prospekten Schnitgers, herausgegeben von Cornelius H. Edskes und Harald Vogel (Bremen 2009), erschienen ist. Insofern war eine neue Biographie überfällig.

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Praeludien zum Weihnachtskreis
Jacques Boyvin
Dieterich Buxtehude - Triosonaten aus den Uppsala Manuscripten
CD Le Grand Siècle de l’Orgue Liégeois
Brahms - Complete Organ Music
Ernst Ludwig Gerber - Choralvorspiele
Manuel Rodrigues Coelho - Flores de Musica 1
Die Orgeln in Hamburg

Bei diesem Orgelinventar handelt es sich um die „Vollständig überarbeitete, aktualisierte und ergänzte Neuausgabe“ des 1997 von Günther Seggermann herausgegebenen Bandes. Alexander Steinhilber und Hans-Jürgen Wulf haben den Bestand durchgesehen, korrigiert und ergänzt, Konrad Küster schrieb eine umfassende Einführung „Orgelbau und Orgelspiel in Hamburg im Wandel der Jahrhunderte“

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Frescobaldi - Orgel- und Clavierwerke IV
Bach - Dritter Theil der Clavier Übung
Die verwitwete Frau Capellmeisterin Bach

Mit „Studie über die Verteilung des Nachlasses von Johann Sebastian Bach“ ist dieser Band untertitelt, dessen Autor der Gewandhaus-Kontrabassist Dr. Eberhard Spree ist, der damit seine Dissertation vorlegte. Er ging der Frage nach, warum Bach eine „Bergwerksaktie“ besaß und was sie für die Erbteilung bedeutete.

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  Hinter den Kulissen - Die Königin lädt ein

Ein Verlag, dessen Existenz an ein Wunder grenzt und ein wunderliches, wohl einzigartiges Orgelbuch: Jenny Setchell „Hinter den Kulissen – Die Königin lädt ein – Tatsachen und Turbulenzen aus der Orgelwelt“

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Das Mannheimer Wunderwerk

Leider hat die ideologische Sicht der „Orgelbewegung“ spätromantische orchestrale Orgeln geradezu „verteufelt“. (Orgelfabrik…) [...]
Im Aufsatz von C. Ferrulli erfahren wir die ausführliche Historie von Steinmeyers Opus 1.100 aus 1911 in der Christus-Kirche in Mannheim. Diese monumentale Ausnahme- und Prachtorgel erfährt heutzutage wieder ...

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  William Byrd - Orgel- und Clavierwerke

Mit seiner Edition von 15 Kompositionen rückt Desmond Hunter den englischen Virginalisten William Byrd (1544 – 1623) wieder einmal ins Rampenlicht. Die 3 Preludes, 5 Fantasien ...

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