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Die Orgel der Dreifaltigkeitskirche in Aachen (1987-2009)

Der lange Weg zur neuen Orgel
Disposition
Zur Klais-Orgel der Dreifaltigkeitskirche in Aachen
Informationen zur versetzten Orgel (externer Link)

Die Geschichte der Gemeinde
Kirche geschlossen


Nach der Schließung der Dreifaltigkeitskirche hat das Gesamtpresbyterium die dortige Klais-Orgel an den Evangelischen Stadtkirchenverband Köln und Region verkauft.
2010 zog die Orgel um.

In Zukunft wird sie innerhalb der Stadt Köln in der Trinitatiskirche, Filzengraben 4, 50676 Köln, zu hören sein.
(Informationen vom Mai 2009)

Der lange Weg zur neuen Klais-Orgel
(von Hans-Dieter Voss aus Festschrift von 1987)

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Dreifaltigkeitskirche erhielt nach ihrem Wiederaufbau 1955 auch eine neue Orgel: Die traditionsreiche Aachener Orgelbauanstalt Georg Stahlhuth errichtete eine vollmechanische Schleifladenorgel mit 22 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Dieses Instrument war ein typisches Kind der sogenannten „Orgelbewegung“, einer nach 1900 beginnenden Reformbewegung, die sich verstärkt nach den Orgeltagungen 1925 in Hamburg-Lübeck, 1926 in Freiburg und 1927 in Freiberg insbesondere an der norddeutschen Barockorgel (Arp Schnitger) orientierte und zunächst die barocke Dispositionsweise, später auch die Schleiflade und die mechanische Spieltraktur wieder entdeckte. Sie war eine Bewegung gegen die grundtönige, übertechnisierte Orgel der Spätromantik. Parallel zur Orgelbewegung entwickelte sich ein entsprechendes Literaturverständnis, das die Orgelmusik der Romantik vernachlässigte bzw. ganz ausklammerte. So stellte die Stahlhuth-Orgel von 1955 für Aachen einen wichtigen Akzent dar, denn in dieser Stadt wurden damals und bis in die letzten Jahre hinein Instrumente mit elektropneumatischen und elektrischen Spieltrakturen gebaut.

Rund 30 Jahre lang tat die Stahlhuth-Orgel ihren Dienst in Gottesdienst und Konzert. Eine kostspielige Generalüberholung im Jahre 1974 verhalf vorübergehend zur Linderung prinzipbedingter Mängel, die schließlich ab 1976 zu Neubauplänen führten. Folgende Überlegungen waren hierfür maßgebend:

- Das Instrument befriedigte konstruktiv und materialmäßig nicht. 1955 mussten die meisten Orgelbauer die Konstruktion mechanischer Spieltrakturen erst wieder mühsam neu erlernen. Der hohe Tastendruck war für die Spieler zuletzt unzumutbar geworden, die laufenden Störungen (Heuler) ärgerten nicht nur die Organisten.

- Die pseudobarocke Disposition stellte stilistisch eine starke Beschränkung dar, die Orgelmusik des 19. Jahrhunderts war inzwischen aber wieder gefragt. Hierfür gab es in den Evangelischen Kirchen Aachens kein Instrument.

- Um eine Chorempore zu erhalten, hatte man die Orgel hinsichtlich der Klangabstrahlung ungünstig hinten im Turmraum platziert.

Auch andere Instrumente aus dieser Zeit erwiesen sich als unzulänglich, so wurde z.B. die ebenfalls 1955 neu errichtete Totentanzorgel der St. Marienkirche zu Lübeck 1986 durch einen Neubau ersetzt. Unsere Orgel ließ sich übrigens nicht mehr verkaufen, lediglich das Pfeifenwerk wird in einer ansonsten völlig neuen Orgel in der Christuskirche in Aachen-Haaren weiter klingen.

Als neu gewähler Presbyter führte ich bereits am 02.10.1976 das erste offizielle Gespräch hinsichtlich eines Orgelneubaus, im Oktober 1977 ging der erste dreiseitige Antrag vom BFA (= Bevollmächtigter Fachausschuss) für Gottesdienst und Kirchenmusik an den damaligen Verbandsvorstand der Evangelischen Kirchengemeinden in Aachen, am 29.11.1977 stimmte dieses Gremium dem Projekt grundsätzlich zu. Die Bildung einer Gegliederten Gesamtgemeinde begünstigte das für Aachener Verhältnisse kostspielige Vorhaben, so dass auch im neu gebildeten Gesamtpresbyterium bereits am 20.06.1978 der Orgelbau einstimmig beschlossen werden konnte. Der BFA für Gottesdienst und Kirchenmusik vertraute mir im August 1978 den Vorsitz eines zu bildenden Planungsausschusses an, dem die jeweiligen hauptamtlichen Kirchenmusiker, Herr Johannes Geffert auch nach seinem Wechsel nach Bonn, sowie Herr Wilhelm Bayerdörfer angehörten.

Das Konzept war von Anfang an klar: Eine dreimanualige Orgel mit ca. 45 Registern (erster Dispositionsentwurf vom Oktober 1978) konnte in der Dreifaltigkeitskirche nur mit Rückpositiv unter Aufgabe einer Chorempore verwirklicht werden. Schon eine erste Skizze zeigt die Anordnung der Teilwerke so, wie sie realisiert wurde: Haupt- und Schwellwerk im Turmraum, Pedaltürme seitlich, davor das Rückpositiv, beides bereits im Kirchenschiff.

Nach Orgelbesichtigungen im Frühjahr 1979 wurden im Juni dieses Jahres drei namhafte Orgelbauer um Angebotsabgabe gebeten. 1980 geriet das Projekt in Gefahr, da zunächst der Bau von drei Gemeindezentren zu finanzieren war. Ein Gutachten des Orgel- und Glockenamtes der Landeskirche vom 02.10.1980 (Herrn Eumann sei Dank!) verhinderte, dass die Neubaupläne ganz aufgegeben werden mussten. Gemäß Beschluss des Gesamtpresbyteriums vom 30.08.1983 nahm der Planungsausschuss seine Arbeit wieder auf, die vorliegenden Angebote wurden überarbeitet und ein weiterer Orgelbauer in den Wettbewerb einbezogen. Am 15.11.1983 fiel die wichtige Entscheidung: Das Gesamtpresbyterium beschloss „grundsätzlich den Kauf einer neuen Orgel mit maximal 44 Registern“ für 850.000.- DM einschließlich Nebenkosten.

Klais-Orgel von 1987 - Spieltisch
Der Planungsausschuss entschied sich im Januar 1984 für den Entwurf des Hauses Klais und begründete dieses ausführlich. Im März beschloss das Gesamtpresbyterium die Einbeziehung eines fünften Orgelbauers, dessen Angebot die Entscheidung des Planungsausschusses für Klais jedoch nicht mehr beeinflusste. So folgte das Gesamtpresbyterium am 29.05.1984 der Empfehlung bzw. Entscheidung des Planungsausschusses und sprach sich für die Auftragserteilung an die Firma Johannes Klais Orgelbau in Bonn aus. Der Vertrag wurde am 09.07.1984 unterzeichnet.

Mit den Herren Hans Gerd Klais und Christoph Linde nahm der Planungsausschuss in unzähligen Sitzungen die Detailplanung auf. Um die Disposition und klanglichen Vorstellungen wurde immer wieder gerungen, oft bis in den späten Abend hinein. Die Orgel erhielt 44 klingende Register. Der immer wieder an den Planungsausschuss herangetragene Wunsch, die Registerzahl zwecks Kosteneinsparung zu verringern, scheiterte an unserem Ziel, ein ausgeprägtes Schwellwerk zu disponieren, die übrigen Teilwerke aber nicht zu vernachlässigen.

Das Hauptwerk, vom II. Manual aus anspielbar, bildet mit dem Prinzipalchor auf 8'-Basis das klangliche Fundament und Rückgrat der Orgel. Die fünffache Mixtur bis zum ½' stellt die Klangkrone dar, eine zweite Mixtur (Cymbel) konnte aus finanziellen Gründen nicht mehr realisiert werden. Der Weitchor ist in 16', 8' und 4'-Lage vertreten, wobei die weit mensurierte Offenflöte eine relativ selten gebaute Besonderheit darstellt. Cornet 5fach und Trompete 8' können sowohl solistisch als auch chorisch verwendet werden.

Das Rückpositiv, so benannt nach seiner Lage im Rücken des Organisten, wird vom I. Manual aus angespielt. Es basiert auf Praestant 4' und ist einerseits der klangliche Gegenspieler zum Hauptwerk (im Sinne der Literatur des 18. Jahrhunderts) und andererseits durch seine exponierte Lage im Raum und die vorhandenen Stimmen für Cantusfirmus-Registrierungen bei Choralbearbeitungen prädestiniert. Die Bezeichnung „Cromorne“ weist auf die französische Bauart dieses Registers hin. An das Hauptwerk angekoppelt, kann das Rückpositiv dieses verstärken und ergänzen, auch hinsichtlich der höher liegenden Klangkrone Scharff 4fach.

Das Schwellwerk (III. Manual) hat die höchste Registerzahl und trägt diesen Namen, weil das Pfeifenwerk in einem durch eine Jalousie verschließbaren Gehäuse steht. Der Spieler kann diese Jalousie mit einem Balanciertritt öffnen und schließen, so dass der Klang der gezogenen Register stufenlos an- und abschwillt. Das reich besetzte Schwellwerk ist im Gegensatz zu Hauptwerk und Rück­positiv eher der Literatur des 19. Jahrhunderts bis zur Spätromantik eines Max Reger zugeordnet. Entsprechend tief beginnt die fünffache Mixtur Plein jeu. Typisch für das Schwellwerk sind die Register Suavial als Streicher, Vox coelestis mit diesem zusammen als Schwebung, die Aliquote Nasard 2 2/3' und Terz 1 3/5', die zusammen mit 8', 4' und 2' ein Echo-Cornet bilden können; schließlich der reich ausgebaute Zungenchor in französischer Bauart. Sifflet 1' ist eine weitere kleine Klangkrone und kann mit 4' und 1 3/5' zum „Carillon“ zusammengestellt werden.

Das Pedalwerk basiert auf dem ab Fis im Prospekt stehenden Prinzipal 16', enthält Eng- bzw. Weitchor bis zur 2'-Lage, eine vierfache Mixtur und zwei Zungenstimmen. Es kann somit fast allen Aufgaben gerecht werden und erforderlichenfalls durch Ankoppeln der Manuale ergänzt werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass jedes Teilwerk seinen spezifischen Charakter erhielt, in allen Teilwerken, auch im Rückpositiv, ausreichend Grundstimmen vorhanden sind und auf exotische Aliquote im Stil der fünfziger Jahre verzichtet wurde. Im Hinblick auf die geographische Lage Aachens ist eine behutsame Orientierung am französischen Orgelbau des 19. Jahrhunderts durchaus zu verantworten. Die Intonation in dem akustisch keineswegs optimalen Raum mit relativ wenig Nachhall bedurfte besonderer Sorgfalt.

Die Spieltraktur ist mechanisch, die Registertraktur elektrisch mit 32 Setzern ausgeführt. Wir meinten, aus lediglich ästhetischen Gründen auf diese sinnvollen Spielhilfen nicht verzichten zu müssen. Mechanische Registerzüge mit überlagerter elektromagnetischer Betätigung erschienen uns zu kostspielig. Der Spieltisch lehnt sich in seiner Form an Cavaillé-Collsche Vorbilder an, jedoch sind die Registerzüge für Pedal und Hauptwerk links, Rückpositiv und Schwellwerk rechts angeordnet. Das Radialpedal entspricht der BDO-Norm. Neben dem Jalousieschweller für das dritte Manual gibt es einen programmierbaren Registerschweller für das gesamte Werk, die Betätigung erfolgt jeweils über einen Balanciertritt.

Der in die unter Denkmalschutz stehende Kirche behutsam hinein komponierte Prospektentwurf geht noch auf den leider tödlich verunglückten Josef Schäfer zurück, der zahlreiche Klais-Orgeln geprägt hat. Der klare Werkaufbau zeigt in der Mitte im Vordergrund das Rückpositiv, darüber das Hauptwerk, daneben rechts und links die Pedaltürme, aufgeteilt in C- und Cis-Lade. Hinter dem Hauptwerk, etwas tiefer gelegen, befindet sich das Schwellwerk, das als einziges Werk nicht direkt in das Kirchenschiff klingt, was dem Charakter eines Schwellwerks entgegenkommt. Der Spieltisch ist an den Unterbau des Hauptwerks angebaut und ermöglicht dem Spieler eine gute Klangkontrolle. Das Gehäuse ist bis auf die großflächigen Füllungen, die furniert wurden, in Eiche massiv ausge­führt. Die Tönung wurde auf die Farbgebung des Raumes abgestimmt. Schlichte Holzgitter übernehmen die Funktion von Schleierbrettern, die nicht nur der optischen Auffüllung der Freiräume über den Prospektpfeifen dienen, sondern auch Klang beeinflussende Funktion haben.

Die neue Orgel soll nach unseren Vorstellungen und denen des Erbauers ganz bewusst in Klang, Material und Konstruktion eine Orgel von 1987 sein, sie ist keine Universal-Orgel sondern orientiert sich an zwei bedeutenden Epochen der Orgelmusik: Der Zeit Johann Sebastian Bachs (klassische Orgel) und dem Bereich der Orgelromantik mit einem besonderen Bezug zum französischen Orgelbau. Sie ist keine Stilkopie in historisierender Bauweise, so interessant und reizvoll solche Instrumente in bestimmten Sonderfällen auch sein mögen.

Der Planungsausschuss hat seine Arbeit nach neun Jahren beendet und hofft, dass die neue Klais-Orgel von der Gemeinde und den Orgelmusikfreunden angenommen wird. Möge sie häufig erklingen in Gottesdiensten und Konzerten, zur Freude der Gemeinde und der Musikfreunde, vor allem aber:
Soli deo gloria!

Disposition

Die dargestellte Disposition entspricht der tatsächlichen Anordnung der Registerzüge im Spieltisch. Die Züge befinden sich terrassenförmig angeordnet links (Hauptwerk und Pedal) und rechts (Schwellwerk und Rückpositiv) neben den drei Manualklaviaturen, siehe Abbildung.

II. Hauptwerk C – g '''

Pedalwerk C – f '

III. Schwellwerk C – g '''

I. Rückpositiv C – g '''

Bourdon 16' Principal 16' Holzprincipal 8' Gedackt 8'
Principal 8' Subbaß 16' Suavial 8' Rohrflöte 8'
Offenflöte 8' Octave 8' Vox coelestis ab c° 8' Quintadena 8'
Trichtergedackt 8' Spitzflöte 8' Principal 4' Praestant 4'
Octave 4' Tenoroctave 4' Flûte octaviante 4' Blockflöte 4'
Rohrflöte 4' Rohrpfeife 2' Nasard 2 2/3' Principal 2'
Quinte 2 2/3' Hintersatz 4fach 2 2/3' Waldflöte 2' Larigot 1 1/3'
Cornet 5fach ab g° Posaune 16' Terz 1 3/5' Sesquialter 2fach 2 2/3'
Superoctave 2' Trompete 8' Sifflet 1' Scharff 4fach 1 1/3'
Mixtur 5fach 2' Plein jeu 5fach 2 2/3' Cromorne 8'
Trompete 8' Basson 16' Tremulant
Trompette harm. 8'
Hautbois 8'
Clairon 4'

Tremulant


Weitere Details:
44 Register (36 Labialregister, 8 Zungenregister)
3021 Pfeifen (2873 Metallpfeifen, 148 Holzpfeifen)
längste Pfeife 4,90 m, kürzeste Pfeife 9 mm

tiefste Frequenz: 32,7 Hz, höchste Frequenz: 12.558 Hz
Temperierung gleichschwebend/gleichstufig

Abmessungen: Breite 7,50 m, Höhe 7,20 m, Tiefe 6,60 m
Gesamtgewicht: 13 t

mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur
Länge aller Abstrakten (Verbindungen zwischen Spieltisch und Pfeifenventilen) insgesamt 850 m

32-fache Setzerkombination
Registerschweller als Balanciertritt, 4fach programmierbar
Jalousieschweller

Koppeln:
I-II, I-P, II-P mechanisch,
III-II, III-I, III-P elektrisch

Disposition: Lutz Felbick, Johannes Geffert, Hans-Dieter Voss in Zusammenarbeit mit Hans Gerd Klais

Mensuren: Josef Luthen, Christoph Linde
Konstruktion: Christoph Linde
Intonation: Siegfried Merten
Prospekt-Entwurf: Josef Schäfer

Zur Klais-Orgel der Dreifaltigkeitskirche in Aachen
(ein Bericht von Hans-Dieter Voss - November 2009)

Am 13.09.1987 wurde die Klais-Orgel der Dreifaltigkeitskirche in Aachen eingeweiht, der größten evangelischen Kirche Aachens. Sie ist aber kein „neugotischer Riesentempel“ wie in einem Forum behauptet wurde, weder rein neugotisch noch mit ca. 650 Plätzen riesig. Die Dreifaltigkeitskirche ist dennoch die größte evangelische Kirche in Aachen, die etwa doppelt so große Christuskirche war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut worden.

Der zuständige Sachverständige vom Landeskirchlichen Orgel- und Glockenamt schrieb im Abnahmeprüfungsbericht vom 12.09.1987 : „Die evangelische Kirchengemeinde und mit ihr die Stadt Aachen hat eine der bedeutendsten Orgeln dieses Jahrhunderts erhalten. Sie setzt in der Musikkultur Aachens einen deutlichen Akzent und knüpft damit an eine jahrtausendalte Tradition an.“ Es sei daran erinnert, dass in Aachen so bekannte Kirchenmusiker wie Rudolf Mauersberger, Erhard Mauersberger, Hans Klotz, Hans Hulverscheidt, Johannes Geffert und Thomas Dahl tätig waren.

Als ich 1976 zum Presbyter gewählt wurde, gab es für die vier vollen hauptamtlichen Kirchenmusikerstellen nur zweimanualige Orgeln, die der beiden A-Stellen waren bescheidene Nachkriegsinstrumente.
Daher regte ich die Planung einer mittelgroßen Orgel für die Dreifaltigkeitskirche an und habe das Projekt als Vorsitzender des Planungsausschusses durch alle Gremien und Fährnisse elf Jahre lang begleitet. Die Bildung einer gegliederten Gesamtgemeinde Aachen zum 01.01.1978 begünstigte das gesamtgemeindliche Projekt. Wenn auch die Orgelkonzerte, insbesondere innerhalb der Internationalen Orgelabende, besondere Höhepunkte darstellten, so war doch der regelmäßige Einsatz der Orgel in den Gottesdiensten die wichtigste Funktion für das klangschöne Instrument.

Veränderte Strukturen durch den Bau mehrerer Gemeindezentren, die Aufteilung der Pfarrbezirke und Probleme bei der baulichen Instandhaltung führten dazu, dass die unter Denkmalschutz stehende Dreifaltigkeitskirche zum 01.08.2006 für regelmäßige Gottesdienste stillgelegt wurde.

Im Zusammenhang mit der Stilllegung der Dreifaltigkeitskirche beschloss das Gesamtpresbyterium, die wohl beste und größte Orgel des evangelischen Kirchenkreises Aachen zu verkaufen, ein Glücksfall für die Trinitatiskirche in Köln, auch im Hinblick auf den Verkaufspreis, schmerzhaft für die zahlreichen Orgelfreunde in und um Aachen herum, die wie auch verschiedene Institutionen durch Spenden zum Orgelbau beigetragen hatten. Der Abbau der Orgel erfolgte im August/September 2009. Die Einweihung der Orgel in der Kölner Trinitatiskirche ist für Januar 2010 vorgesehen.

So beschränkt sich die einst lebendige und vielseitige Orgelmusikpflege in Aachen evangelischerseits nun auf die Annakirche mit der dortigen Weimbs-Orgel III/34 von 1994, ein schönes, stilistisch aber völlig anderes Instrument.

Weitere Informationen sind u.a. bei www.orgeljahr.de zu finden.

Die Dreifaltigkeitskirche zu Aachen

Die Kirche liegt auf der historischen Grenze zwischen Aachen und Burtscheid, die erst 1897 zu einer Stadt fusionierten.

Als die Kirche am Rande Burtscheids erbaut wurde, war sie der erste evangelische Kirchbau in Burtscheid nach der Reformationszeit, der Bestand hatte. Jahrhunderte lang hatten die wenigen evangelischen Christen unter der Regierung der Burtscheider Abtei zu leben und ihren Glauben zu gestalten versucht. Ein Kirchbau wurde ihnen mal gestattet, mal verwehrt, so oft er auch begonnen wurde - je nach politischer "Großwetterlage" war die Errichtung eigener Gebäude möglich oder unmöglich. Das älteste Grundstück, das die Protestanten genutzt hatten, lag an der Hauptstraße in Burtscheid; dort gab es für eine gewisse Zeit eine Kirche, sogar mit Turm, doch in die hintere Zeile gesetzt, so dass sie von der Straße aus nicht sichtbar war. Es grenzten ein Schulhaus, ein Pfarrhaus und ein ev. Friedhof an (von ihm stammen die Grabsteine an der Nordseite), doch wurde von den damals Regierenden immer wieder verlangt und polizeilich durchgesetzt, diese Gebäude abzutragen, einmal mussten die Evangelischen sogar die Fundamente aller Gebäude entfernen.

So wechselhaft also die räumlichen Bedingungen evangelischen Lebens "unter dem Krummstab" der Burtscheider Äbtissinnen war, evangelisches Leben konnte sich seit seinen Anfängen im 16. Jahrhundert doch bescheiden etablieren. Als die Rheinlande nach der napoleonischen Freiheitszeit an Preußen gingen, bedeutete dies für die Evangelischen ein großes Aufatmen. Teile des Rheinlands - die ehemaligen Grafschaften Kleve, Jülich, Berg und Mark - waren schon länger preußisch regiert gewesen, aber für Aachen und Burtscheid begann eine neue Zeit, die an die Freiheit unter der französischen Regierung anknüpfte. Allerdings bekam die Kirche eine neue Verfassung: Aus einer freikirchlich organisierten, wurde eine königlich-konsistoriale Kirche mit einer Kirchenleitung in Berlin. Städtebaulich begann diese neue Zeit ("Gründerzeit") Gestalt zu gewinnen im Bau der Eisenbahnstrecke und des Viadukts, des Frankenberger Viertels und seiner zugehörigen Kirchen. Die römisch-katholische Kirche wurde ins Herz des neu entstandenen gutbürgerlichen Viertels gebaut, die evangelische Kirche als Flucht- und Wechselpunkt auf dem Weg über die damals so benannte "Kaiserallee" in den Aachener Stadtkern.

Bahnhof und Kirche lagen und liegen nahe beieinander, aber ursprünglich war wohl vor allem das städtebaulich typische Ensemble "Kirche/Rathaus/Schule" vorbildgebend, denn die Dreifaltigkeitskirche wurde in einem Dreieck zur (ev.) Viktoriaschule und zum (preußischen) Landratsamt gebaut, es wurde also eine "evangelische Enklave" nach historischen Vorbildern geschaffen.

So kam es nach königlicher Genehmigung zum Beschluss und zur Errichtung eines neuen, eigenen Kirchbaus. Der (Berlin-) Charlottenburger Architekt Heinrich Reinhardt gewann den ausgeschriebenen Wettbewerb mit seinem Entwurf, der umgesetzt und 1899 als Bau vollendet wurde.

Ursprünglich war auch hier ein größeres Konzept verwirklicht: Die Dreifaltigkeitskirche auf der spitzen Ecke von Zollernstraße und Herzogstraße war umgeben von weiteren kirchlichen Gebäuden: Rechts von ihr lag das Pfarrhaus im gleichen Baustil wie die Kirche, mit gleicher Ausschmückung und identischem historisierenden Material ausgestattet. Links, in der Herzogstraße, schloss sich das Küster- und Gemeindehaus an. Beide Nebenhäuser hatten Zugang zur Kirche über die Sakristei, die hinter der Apsis liegt; der Pfarrer konnte von seinem Arbeitszimmer über einen separaten Gang in die Kirche gehen.

Das Äußere der Kirche entspricht etwa dem bei der Eröffnung im Juli 1899, lediglich die verzinkten Wasserspeier, der Giebelaufsatz über der Apsis und die Turmhöhe mussten nach dem 2. Weltkrieg verändert bzw. entfernt werden. Die Fenstergröße entspricht der originalen, wenngleich die Anordnung der einzelnen Fensterflächen erst 1955 vorgenommen wurde; die originale Flächenaufteilung ist nur noch in den Chorfenstern gegeben.

Im Juli 1899 wurde die Kirche in Dienst genommen und entsprach dem Geschmack ihrer Zeit: Historisierend und von allen Epochen Anleihen machend, war sie im Ganzen, vor allem in der inneren Ausschmückung, vom "Jugendstil" geprägt. Die Wände waren allesamt verputzt und überwiegend auch bemalt mit figurativem Schmuck.

Die bunten Glasfenster im Schiff zeigten neutestamentliche Szenen der Jesus-Geschichte, die Fenster im Chorraum die drei kirchlichen Hauptfeste Weihnachten, Ostern, Pfingsten. (Heute sind die abstrakten Fensterbilder thematisch vom Namen unserer Kirche abgeleitet: Sie zeigen Symbole für den dreifaltigen, dreieinigen Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist).

Die Decke schloss ursprünglich in jedem der drei Joche als Kreuzgewölbe, ähnlich wie heute noch im Ostchor und in der Westempore (Orgelseite); die Apsis wurde bewusst als halbes Oktogon ausgeführt, ebenso wie der ursprüngliche, schmiedeeiserne und elektrifizierte Leuchter in der Mitte des Kirchenschiffs ein Gegenüber zu seinem "großen Bruder" im Dom sein wollte.

Die Kirche war eine "unierte" Kirche in einer Gemeinde mit ursprünglich überwiegend calvinistischer Tradition; aber durch den Zuzug der meist aus lutherischen Landen Preußens stammenden neuen Gemeindeglieder wurde es nötig und alsbald selbstverständlich, dass die beiden evangelischen Konfessionen, die lutherische und die calvinistische, die auch im Rheinland seit 1817 zwangsvereinigt worden waren, einträglich und lernfähig miteinander lebten.

So wurde auch der Kirchbau ein "Unions"-Gebäude mit Anleihen an Traditionen beider ev. Konfessionen: Der steinerne Altar war von fast lutherischer Art, kein calvinistischer (hölzerner) Abendmahlstisch. Er hatte eine bildhauerisch geschmückte Mensa, die zur Schauseite als Relief das Letzte Abendmahl zeigte (vgl. die Pala d'oro!) und die oben mit kleinen steinernen Aufsätzen abschloss, auf denen die Leuchter zu stehen kamen. Allerdings hatte er kein Retabel (Tafelbild), auch kein Kreuz (!) wie in lutherischen Kirchen üblich - an diese Stelle trat die Hochkanzel (ursprünglich ohne Schalldeckel): Wo im "katholischen" Altar das Tabernakel war und im "lutherischen" Altar die Bibel und ein Bild, blickte die Gemeinde hier auf die Kanzel, hörte sie das gepredigte Gotteswort im Menschenmund.

Wie ein Chorgestühl - und ebenso reich mit Schnitzereien und neugotischen Giebelchen verziert - umgab die Presbyterbank gemäß reformierter Tradition die (damals um zwei weitere Stufen erhöhte) Altarinsel in der Apsis. Anstelle des ausgesonderten, geweihten Klerus in römischer Tradition saßen die seit Reformationszeiten gewählten Vertreter der Gemeinde als Leiter und Vorsteher auch des Gottesdienstes um den Altar, in ihrer Mitte der Prediger.

Da der Gottesdienst nach der Ordnung jener Zeit faktisch nur vom Pfarrer geleitet wurde, war ein Lesepult unnötig: Alle Lesungen wurden vom Altar bzw. von der Kanzel aus vollzogen, ebenso auch die Gebete allein vom Pfarrer gesprochen - allerdings war es dem Liturgen nicht möglich, hinter den Altar zu treten, so dass nach tridentinischer Tradition der Altar die Blick- und Sprechrichtung blieb.

Einen Taufstein aus dieser Zeit vermissen wir, wohl weil überwiegend Haustaufen praktiziert wurden und allenfalls mit einer dann aufgestellten Taufschale im Hauptgottesdienst getauft wurde.

Von den Geräten (vasa sacra) jener Zeit ist nichts mehr vorhanden, ebenso wenig wie vom ursprünglichen Schmuck. Geblieben sind uns nur das Mosaik im Chorraum und einige Säulen und Kapitelle im Schiff, wie auch der Bodenbelag in den Seiteneingängen. Von den ursprünglichen Glocken ist nur noch eine, die kleinste, aus der Anfangszeit unserer Kirche, die übrigen drei sind Neugüsse der Nachkriegszeit.

Im Juli 1943 wurde die Kirche durch Bombentreffer so schwer beschädigt, dass sie wie ein hohler Backenzahn dastand. Nur der Turm und die Umfassungsmauern waren stehen geblieben, das Innere war ganz zerstört und wurde offensichtlich in den folgenden Monaten und Jahren ausgeplündert. Auch Pfarr- und Küsterhäuser waren so stark beschädigt, dass sie nicht wieder aufgebaut, sondern an ihrer Stelle Miethäuser errichtet wurden.

Die Kirche wurde nach Plänen des Architekten L. von Schwartzenberg in einer bescheideneren Gestalt wieder aufgebaut. Der Verputz wurde vollständig entfernt und der rote Backstein als Sichtmauerwerk freigelegt, z.T. auch ergänzt; die Fenster bekamen ihre jetzige Form, die Kirchenbänke, das Presbytergestühl und die Emporenverkleidung wurden wie die Kanzel in massiver Eiche ausgeführt. Als die Kirche im Juli 1955 wieder in Dienst genommen wurde, war sie im Inneren stark verändert - so, wie Sie sie heute sehen können.

Die jetzige Orgel mit ihren 44 Registern auf drei Manualen und einem Pedal stammt aus dem Jahr 1987 und wurde von der Bonner Orgelbaufirma Klais errichtet.

1993 wurde das Altarraummosaik wieder freigelegt, das 1962 wie auch der Mittelgang mit Teppichboden überklebt worden war.

Die heutige Ausstattung und Gestaltung der Prinzipalstücke Altar, Taufe und Ambo (Pult) stammen aus den Jahren 1993-1997; das Altarkreuz (Glas/Aluminium) von dem niederländischen Künstler Theo Lennartz aus dem Jahr 1998.


Kirche geschlossen

Seit 2006 ist die Dreifaltigkeitskirche für den regelmäßigen Gebrauch geschlossen worden. Lediglich zu Großgottesdiensten wie Konfirmationen oder Heiligabend wird sie liturgisch genutzt.

Die Klais-Orgel von 1987 wurde im Jahr 2009 an die Ev. Trinitatiskirche in Köln, Filzengraben, verkauft und dort von Fa. Klais neu eingebaut; so erklingt sie seit Anfang 2010 als Konzertorgel in einem sehr ansprechenden Raumgefüge.

Pfr. Armin Drack

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Texte und Bilder (soweit nicht anders genannt) mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde - entnommen der einst aktiven Webseite www.konzerte3f.de. Einen ganz besonderen Dank an Hans-Dieter Voss für seine Hilfe und Geduld und viele weitere Informationen, Texte und Bilder.

A-7

weiterführende Links:

Konzerte in Aachen