- Startseite - Rezensionen - William Byrd - Orgel- und Clavierwerke

Mit seiner Edition von 15 Kompositionen rückt Desmond Hunter den englischen Virginalisten William Byrd (1544 – 1623) wieder einmal ins Rampenlicht. Die 3 Preludes, 5 Fantasien (darunter die monumentale Fantasie in a, mit ihrer langen Coda), 3 Voluntarys (= Fantasien oder ernste Ricercari), ein Verse und 3 Hexachord-Kompositionen über Ut, Re, Mi, Fa , Sol, La (der cantus prius factus Nr. 15 rechnet mit einem zweitem Spieler)  stammen aus My Ladye Nevells  Booke (1591), dem Fitzwilliam Virginal Book und 3 weiteren Quellen wie der Weelkes Handschrift und dem Tomkins Autograph (vor 1656). In seinem Vorwort beschreibt der Herausgeber die Quellen, die Musikformen, die Notation und Fragen der Aufführungsfragen wie die Verzierungen - für den Single Stroke ist das My Ladye Nevells  Booke die früheste Quelle, der Double Stroke erscheint vor 1623 - und die überlieferten Fingersätze.

William Byrd, der katholische Außenseiter am Hof Elisabeth I., hat u.a. drei Messen und zahlreiche Motetten, Anthems, Magnicat-Vertonungen, Consortlieder und Gambenmusik in reichem Maß hinterlassen, seine Kompositionen für das Virginal (Spinett) haben die englische Claviermusik geprägt wie die Sweelincks in Norddeutschland und die Frescobaldis in Italien. Es umfasst sämtliche Virginalistengattungen wie Tänze, Variationen und „Situationsschilderungen“ wie die bekannten  „All in a Garden green“ und „the battell“.

Nicht erklärt wird, warum sich Hunter auf die 15 erwähnten Kompositionen beschränkt, warum er gerade diese ausgewählt hat und ob diesem Band evtl. weitere folgen sollen. Da ein Faksimile des My Ladye Nevells  Booke bereits seit 2012 mit 42 Kompositionen Byrds und ein Faksimile des Fitzwilliam Virginal Book bereits seit 1963 mit 70 Werken Byrds vorliegen, bleiben Fragen nach dem letztlichen Grund dieser Edition offen.

Dankbar ist der Rezensent aber, dass diese Musik, deren früheste Quellen um 1570 datieren, durch diese Ausgabe wieder aktualisiert wird und damit Byrds große Kunst des Strukturierens wieder neu zu bewundern ist. Die Auswahl Hunters bringt ausschließlich Kompositionen, die auch im Gottesdienst ihren Platz haben können, schließlich war Byrd Organist und seine Musik ist genauso auf der pedallosen kleinen Orgel seiner Zeit spielbar wie auf dem Virginal. Die wenigen Principalstimmen dieser Instrumente werden der Musik Byrds die richtige Würde gegeben haben, die seinen Werken zukommt.