History Live – Virtuoso organ music from four centuries
Interpret: Karl-Jürgen Kemmelmeyer
Label: Fagott Orgelverlag
Inhalt:
J.S. Bach (1685-1750): Präl. + Fuge e-Moll / BWV 548
A. Scarlatti (1660-1725): Toccata Nr. 11 in A-Dur
W. A. Mozart (1756-1791): Fantasie / KV 608
J. Reubke (1834-1858): Psalm 94
M. Duruflé (1902-1986): Toccata aus Suite op. 5
O. Messiaen (1908-1992): L´Ascension III
Bereits die Portrait-Bilder (ich wollte bewusst den Ausdruck Konterfei(s) vermeiden) der ausgewählten Komponisten sowie die sorgfältige Präsentation der Instrumente sind ein guter optischer Einstieg. Mustergültig, weil differenziert und zudem sehr umfangreich sind alle umfassenden Hintergrundinformationen zu Komponisten, Werken, Instrumenten. Wahrscheinlich hätten noch zusätzliche Orgeldispositionen allerdings Zeit und Raum gesprengt, und so erschienen diese verzichtbar. Somit existieren damit auch keine Registerangaben zu den jeweiligen Stücken an insgesamt fünf ausgewählten Instrumenten: es handelt sich (aufsteigend nach Registerzahl) um die entsprechenden Orgeln in:
-Magadino San Carlo Borromeo III/38 Mascioni 1951/61/65.
-Lemgo St. Nicolai III/40 G. Steinmann 1967.
-Detmold Erlöserkirche III/40 Oestreich 1795 / Hammer 1940.
-Bielefeld Altstädter Nicolaikirche III/48 Beckerath 1965.
-Dortmund St. Reinoldi IV/72 Walcker 1958.
Anhand des sehr reichhaltigen Repertoire von Univ. Prof. Dr. phil. Kemmelmeyer, Jahrgang 1943, findet durch schon selbst historischen Aufnahmen (a.d. Zeitraum von 1967 bis 1976) eine wunderbare Dokumentation statt.
Allein die farbige Messiaen-Einspielung (L´Ascension III) an der leider nicht mehr existierenden Walcker-Orgel rechtfertigt den Kauf dieser CD. Wie schnell allerdings Moden, Unfähigkeit zur Transparenz, kombiniert mit einem Schuss von Ideologie solche gewaltigen Instrumente auslöschen können (siehe Kontroversen zur Walcker Orgel/Stichwort Denkmal oder Schrott?), das kann traurig, und wütend machen.
Wie wunderbar elegant und geradezu tänzerisch gerät die Musik von Scarlatti, besonders bei „Partita alla lombarda“, gegenüber dem langatmigen und extrem „schwierigen“ Mammutwerk Psalm 94 von Reubke. Der Vergleich KV 608 (f-Moll) zeigt deutlich der Epochenwandel von galanter Klassik auf Barock, wobei BWV 548 (e-Moll) durchaus etwas grüblerisch und schwülstig wirken mag.
Teils blass erscheint mir die Aufnahme von Maurice Duruflé mit Toccata (aus Suite / op. 5). Aber das ist wohl Ansichtssache.
Insgesamt kann man zu dieser gelungenen vielseitigen CD nur gratulieren, die man sich sicher gerne und immer wieder anhört.
Christoph Brückner
Juli 2020 / Dezember 2020
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