Louis Marchand & Jean-Adam Guilain
Interpret: David Ponsford Instrument: Scherrer-Aubertin-Orgel St-Antoine l’Abbaye, Département Isère (F) Label: Nimbus
Mit dieser Einspielung rückt David Ponsford den Orgelbauer Samson Scherrer (1698 – 1780) in den Mittelpunkt des Interesses. Dieser Schweizer Meister arbeitete in Frankreich, ehe ab 1753 der Orgelbau auch in der reformierten Westschweiz wieder einzog und Scherrer zurück nach Genf ging. 1748 erbaute er die Orgel in St-Antoine l’Abbaye (IV/40) im klassischen französischen Stil unter Übernahme einiger älterer Pfeifen. Als Schweizer baute er das Pedal nach deutschem Gebrauch über zwei Oktaven aus und fügte 4‘-Flöten in Hauptwerk und Rückpositiv hinzu. 1805 kam das Instrument nach Grenoble, St. Louis, wo es im Laufe der Zeit mehrmals umgebaut wurde. Die Reste dieser Orgel wurden zurückgeführt auf den Originalzustand durch Bernhard Aubertin (Courtefontaine, F) 1992 wieder in St-Antoine l’Abbaye aufgestellt. 2018 überholte Aubertin die Orgel, sie hat nun 44 Register, das Pedal hat den Umfang C – AA –D-f1, es steht im tiefen Kammerton 415 Hz in einer mitteltönigen Temperatur. Die Angabe des Winddruckes ist leider nicht zu eruieren. Etwa 500 Pfeifen gehen noch auf Scherrer zurück.
Distinguiert von ganz intimen bis prachtvollsten Klängen präsentiert David Ponsford die Orgel mit Werken von Louis Marchand (1669 – 1732) und seinem Schüler Jean-Adam Guilain (c 1680 – c 1739). Alle vier Teilwerke der Orgel ertönen bei Marchands Dialogues (Premier Livre 1740 und Troisième Livre 1696) und Gulians Dialogue (Suite du Second ton 1706). Sportiv ist natürlich Marchands Quatuor, mit dem Daumenspiel auf dem mittleren von drei Manualen und Pedal gespielt. Beim Trio aus Marchands Premier Livre vertauscht Ponsford die Manuale. Überzeugend sind alle anderen Stücke, besonders reizvoll Guilains Trio de Flutes mit dem Tremblant doux.
Das Booklet (nur engl.) bringt eine gute Einführung zur Orgelgeschichte und der Vita von Samson Scherrer von Pierre Dubois sowie einen Text von Ponsford zu den eingespielten Werken. So richtig die Bemerkung ist, dass das Zusammentreffen mit Bach in Dresden in keiner französischen Quelle erwähnt ist, so kurios ist seine Vermutung, das Marchands Plein jeu aus dem Premier Livre (1740) Pate gestanden hätte für Bachs Choralbearbeitung Aus tiefer Not im Dritten Theil der Clavier-Übung (1739). Aber das beeinträchtigt diese beeindruckende Musik auf dieser beeindruckenden Orgel natürlich in keiner Weise. Höchst empfehlenswert!
Rainer Goede - für www.orgel-information.de
Dezember 2019 / April 2020
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