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Hieronymus Praetorius - Motets in 8, 10, 12, 16 & 20 Parts

Interpreten: Alamire, His majestys Sagbutts & Cornetts, Stehen Farr (Orgel), David Skinner (Leitung)
Label: Inventa

Nur vereinzelt sind bisher Motetten des Hamburger „Urkantoren“ Hieronymus Praetorius (1560 – 1629) eingespielt worden, vollkommen unverständlich, wenn man diese CD hört. Praetorius, 1580 Kantor in Erfurt, seit 1582 bis zu seinem Tod 47 Jahre lang Organist an St. Jacobi Hamburg, hinterließ neben einem umfangreichen Orgeloeuvre (Messe- und Magnificat-, Sequenz- und Hymnensätze sowie Choralfantasien) eine Missa super Angelus ad pastores und ein Magnificat germanice und war einer der Verfasser des Melodeyen Gesangbuch Hamburg 1604. Die zahlreichen groß besetzten Motetten sind eine Krönung nicht nur seines eigenen Werkes, sondern auch seiner Zeit überhaupt. Und natürlich war er der Vater einer ganzen (Norddeutschen) Orgelschule. Die Hamburger konnten zu Recht ihre Nase hoch tragen!

Messen, Magnificats, Sequenzen und Hymnen wurden damals alternatim musiziert zwischen Chor und Orgel. Die CD bringt die Sequenzen Victimar pascali laudes und Grates nunc omnes, die Messesätze der Missa summum (Kyrie, Gloria, Sanctus und Agnus), die Psalmen 33, 66, 110, 121, 133 und 150, das Nunc dimittis, den Advents-Antiphon Ecce Dominus veniet, den Weihnachts-Antiphon Angelus ad pastores ait, und das Responsorium zum 3. Sonntag nach Ostern Decantabat populus. Die schiere Klangpracht löst ein Hochgefühl aus, so dass der Rezensent im Zweifel ist, ob es denn eine Musik danach wirklich noch gebraucht hat. Seine Zeitgenossen - wie Praetorius inspiriert sowohl durch die herkömmliche Musik der Niederländer als auch durch die neue Venezianische Musik - Giovanni Gabrieli, Jan Pieterszoon Sweelinck, Hans Leo Hassler oder Michael Praetorius haben nicht viel anders, aber auch nichts Schöneres geschrieben.

Diese kompositorische Steilvorlage motovieren die beiden britischen Ensembles, das 21-köpfige Vokal- Ensemble Alamire und das 10-köpfige Bläser-Ensemble His majestys Sagbutts & Cornetts sowie Stehen Farr (Domorgel Roskilde), unter der Leitung des Rundfunkfachmannes für Early English Church Music David Skinner zu einer im Sinne des Wortes erhebenden Musik, mitreißend und auch im besten Sinne religiös überzeugend. Wohl um beide Ensembles zu einem Solorecht kommen zu lassen, sind einige Stücke nur instrumental, andere nur vokal besetzt. Beides wird der historischen Situation wohl nicht entsprechen, war doch damals mindestens eine Stimme als Textträger immer besetzt, die Hamburger Ratsmusiker aber auch immer dabei. Da hätte es sonst wohl Proteste gegeben. Zwar gibt es keine Registrierungsanweisungen aus dieser Zeit, doch gibt die Stimmlage des Cantus firmus in den Orgelsätzen deutliche Hinweise, wie das klingen könnte. Einige Registrierungen von Stephen Farr geben da Rätsel auf. Das Booklet (nur engl.) wird seiner Aufgabe mit Texten von F.K.Gable, Stephen Farr und David Skinner voll gerecht. Nur die Registrierangaben fehlen und bei der Beschreibung der Instrumente die zum verwendeten Positiv.

Zum Schwelgen schön, zur Demut leitend, zu innerer Freude erhebend, da fragt man sich, warum nicht deutsche Ensembles sich dieser Musik längst angenommen haben. Nun, sie haben ja eine weitere Chance, der Hörer kann sich schon mal hier himmelhoch fühlen.

Rainer Goede - für www.orgel-information.de
Dezember 2019 / April 2020


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