J. S. Bach - 7 Toccatas BWV 910-916
Interpret: Pieter-Jan Belder
Label: Brilliant
Zwar sind im Nekrolog die Toccaten zusammengefasst als eine Werksammlung, ob sie Bach aber als solche gedacht hat, ist eher zu bezweifeln, gehören sie doch zu seinen frühen Werken. Jedenfalls sind sie alle vor 1714 entstanden, als er bestimmt noch keine Sammlungen plante. Wohl geraume Zeit verwendet als Lehrmaterial wurden sie später ersetzt durch seine Sammlungen von Partiten und den beiden Teilen des Wohltemperierten Klaviers, die diese Stellung bis zum heutigen Tag auch behauptet haben. Die Toccaten in der Form der Norddeutschen Toccata (Praeludium) zeigen Bachs früh vollendete virtuose Spielkunst, dazu den qualitativen Erfindungsreichtum, der sich durchaus auch in langen Fugen ausdrückt, aber natürlich auch in den Anfangs-, Zwischen- und Endpartien in stilo phantastico, dessen geschichtliche Höhe- und Schlusspunkte Bach hier ganz selbstverständlich setzte. Vor den Ansprüchen der Partita fis-Moll, BWV 910, kann man nur den Hut ziehen, nicht weniger aber auch vor den anderen sicherlich vor ihr entstandenen Toccaten, deren zwei sogar noch frühere Varianten aufweisen, Nachweis, dass Bach bereits früh die Eigenheit hatte, an fertigen Kompositionen weiter zu feilen.
Belder spielt ein wunderbar charaktervolles Cembalo von Titus Crijnen (2014, nach Ruckers 1624), sein Spiel ist allemal elegant, in den Verzierungen geschmackvoll und distinguiert, im Tempo überlegt und zupackend, ausdrucksvoll, wenn auch etwas zurückhaltend, in den Partien in stilo phantastico. Lediglich seine Neigung, Skalen im harten Martellato zu spielen und Artikulationen zu übersehen, befremdet etwas. Doch der Gesamteindruck bleibt sehr hoch, auch die Aufnahmetechnik und der ausführliche Booklettext von Jon Baxendale (nur engl.) untermauern diesen Eindruck.
Rainer Goede
März 2020 / Juni 2020
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