- Startseite - Rezensionen - Schneeberger Orgel- und Clavierbuch um 1705

Neben dem Mylauer Tabulaturbuch von 1750, das hauptsächlich Werke des Erfurter Predigerorganisten Johann Pachelbel (1653 – 1707), des Rudolstädter Hoforganisten Nikolaus Vetter (1666 – 1734), des Gothaer Kapelldirektor Christian Friedrich Witt (um 1660 – 1717) und des Altenburger Schlossorganisten Gottfried Ernst Pestel (1654 – 1732) enthält, ist seit wenigen Jahren auch das „Schneeberger Clavier- und Orgelbuch“ aus dem Bestand der Leipziger Stadtbibliothek greifbar. Die 27 Orgelwerke dieses Bandes stammen u.a. von dem Weißenfelser Musikdirektor David Heinrich Garthoff (1670 – 1744), dann auch von Gottfried Pestel und Christian Witt sowie natürlich vom Schneeberger Musikdirektor Christian Umblaufft (1673 – 1757), der Schüler von Schelle und Kuhnau war. Bereits 1696 kam Umblaufft nach Schneeberg und stellte dort im Laufe eines langen Lebens diese Sammlung von Gebrauchsliteratur zusammen.

Von der Funktion, bzw. Form her sind es Praeludien, Fugen und Canzonen geringen Umfangs, auffallend der hohe Anteil der Ciacconen, Variationen und sogar einer Suite, also Stücke für den liturgischen und häuslichen Bedarf. Wie das Mylauer Tabulaturbuch spiegelt es sächsische Normalkultur wieder, aus der Witts großartige Ciaccona ex B, mit der Umblauffts Orgelbuch schließt, herausragt. Bemerkenswert, dass die meisten Praeludien Umblauffts in AABB-Form geschrieben sind. Garthoffs Stücke erinnern sehr an Pachelbel, Vetters Fuga ex G ist eine gekürzte Variante aus dem Mylauer Tabulaturbuch. Die Stücke stehen auf dem Niveau, das man von Pachelbel und seinen Schülern her kennt. Sie sind für einmanualige Instrumente konzipiert, wenn auch der Gebrauch des Pedals oder eines zweiten Manuals nicht ausgeschlossen ist.

Das Vorwort des Ehrenfriedersdorfer Niklasorganisten Enrico Langer bringt leider kaum oder keine Informationen zu der Quelle, zu den Komponisten und zur damaligen Schneeberger Orgel. Doch sei Langer für die Bereicherung des Repertoires gedankt!