Komponist: Cooman, Carson
Verlag: Carus
Mit vollmundigen Superlativen bin ich vorsichtig(er) geworden!
Carson Cooman, Jahrgang 1982, ist sicher ein Ausnahmekünstler und sehr interessanter
Gegenwartskomponist der USA. Man darf spekulieren! Seine opus-Zahl wird bald die Zahl
2.000 erreichen?
Das Notenheft Expressions… umfasst immerhin fast 50 Seiten. Vertreten sind hier insgesamt
14 Stücke, darunter Präludien, Choralvospiele bis hin zu eher meditativen Piecen. Oft steht
ein konkreter Anlass (Zeitraum 2013 bis 2018) bzw. ein Widmungsträger
(Auftragskomposition?) dahinter.
Es ist bestimmt nicht Aufgabe eines Rezensenten, Musiktitel analysierend zu sezieren.
Allerdings muss immer Frage erlaubt sein, inwieweit Erwartungen erfüllt werden, damit es
möglichst wenig bzw. keine Enttäuschungen gibt.
Denn: der Titel dieser üppigen Notenausgabe lautet ja immerhin: Expressions. Aber: könnte
es sich nicht eher um Experimente handeln?
Konkret: Nr. 7 (es endet mit E-Dur Akkord…) ist das Opus 1098 von Carson Cooman (mit -
6- Notenseiten ist es das längste Stück dieser Ausgabe). Es ist David Carrier gewidmet, und
lautet „Pièce héroique“. Soweit so gut.
Allerdings beim Ausdruck: „Piece heroique“: wer denkt dabei nicht an F. Chopin (Polonaise
Heroique), an Joseph Jongen (Heroic Poem) oder sofort an Cesar Franck? Und genau das könnte zum Problem werden, wenn ein(e) Interpret(in) anderes vermutet, als
etikettiert wird.
Cortege (funeral procession!): dieser Begriff ist sicher noch harmlos. Mir ist er bekannt aus
früheren Harmoniumausgaben. Und hier finden auch Stil, Form, Inhalt der Komposition
wirklich zusammen.
Bei „Ciaccona sopra Salve Regina“ hätte ich dem Komponisten wesentlich mehr zugetraut.
Diese „Ciaccona“ zur gregorianischen Vorlage ist mit 61 Takten doch wirklich sehr übersichtlich.
Immerhin umfangreicher wird „Fantasy on Victimae paschali laudes“.
Kurz aber nett ist „Rondino for St. Joseph“ (für Andreas Willscher) zum German carol „Joseph, lieber Joseph mein“, bekannt auch mit „Resonet in laudibus“.
Allemal witzig finde ich die Bezeichnung „Prelude in Copper“ (für Christa Rakich), obwohl
auch Prospektpfeifen aus Kupfer (copper!) im Orgelbau durchaus keine Sensation mehr
bedeuten.
Überzeugend ist Choralvorspiel „Sollt ich meinem Gott nicht singen“ (für Raimund
Schächer), ebenso „Preludio on a Swedish Tun“ (für Christopher M. Wicks), wobei es hier
gewisse Ähnlichkeiten zur Melodie „O Christe, Morgensterne“ / EG 158 gibt.
Die Kürze der Stücke wurde bereits angesprochen, ebenso die „Etikettierung“. Dennoch:
Für ausgesprochene Freunde und Entdecker von Minimalmusik kann und wird es sicher
Treffer und auch Entdeckungen geben. Siehe hierzu speziell: Postludium on Two Themes.
Insgesamt halte ich manche Stücke für etwas blass. Zudem ist der Schwierigkeitsgrad eher
einfach und der tonale Rahmen erfährt oft wenig Erweiterungen.
Somit halte ich„Expressions for organ“ primär für liturgische Einsätze (sekundär für
Konzertdarbietungen) geeignet.
Damit lautet mein persönlich subjektives Gesamtprädikat: Ausbaufähig.
Christoph Brückner
August 2020 / Januar 2021
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