Bertoldo / Borgo - Complete Organ Music
Interpret: Manuel Tomadin
Instrument: Colombi-Orgel (1533) in der Chiesa des Ss. Corpo Di Cristo, Valvasone (I)
Label: Brilliant
Wie weit die Italiener anderen Europäern im 16. Jahrhundert voraus waren, demonstriert diese CD in aller Deutlichkeit. Von Sperindio Bertoldo (c 1530 – 1570), Organist der Basilica cattedrale di Santa Maria Assunta in Padua, wurden post mortem 1591 in Venedig seine Canzoni francesi und seine Tocate, Ricercari et Canzoni francese, beide intavolate per sonare d’organo, veröffentlicht. In Deutschland kolorierte man 1570 noch fleißig unzählige Intavolierungen von liturgischen Stücken und Tänzen, ehe man sich vorwagte zu freien Werken, die dann mit den Choralphantasien von z.B. Johann Steffens, den freien Phantasien und Variationen eigenständige Formen gerierten und so auf das italienische Niveau gleichzogen.
Manuel Tomadin, Organist in Triest, hat 10 Stücke aus den o.g. Sammlungen eingespielt auf dem wunderbaren Werk (F – f‘‘‘ ohne Fs und Gs, I/8) von Vincenzo Colombi (1490 -1574) in der Chiesa del Ss. Corpo Di Cristo, Valvasone (Provinz Pordenone, Venedig). Colombi, der bereits die Orgeln der Basilika von S. Markus und des Doms von Udine gebaut hatte, fügte seiner Orgel (43 mm WS, ¼-Komma, a‘ = 492,5 Hz bei 220 C) ein angehängtes Pedal (F – d) und einen Tremulanten bei. 1974 wurde das Instrument nach vielen Veränderungen rückgeführt und 1999 von Francesco Zanin noch einmal nach wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen überarbeitet. Aus seinen Tasten zaubert Tomadin mit hohem Klangsinn ein kurzweiliges wie interessantes Portrait venezianischer Orgelkunst des 16. Jahrhunderts und bestätigt es noch einmal mit 12 Intavolierungen von Canzonen des Mailänder Domorganisten Cesare Borgo (c1560/65 – 1623), die 1599 in Venedig gedruckt wurden.
Im Booklet (nur engl.) liest man die eruierrten Informationen in einem Beitrag von Tomadin, allerdings sind die kunsthistorisch hoch interessanten Türen, die doch das Instrument prägen, leider nicht abgebildet. (1535 bemalt von Giovanni Antonio de’ Sacchis und Pomponio Amalteo (geb. 1505 - 1588), 1552 malte Letzterer auch die Freskenfriese an den Seiten des Gehäuses sowie die fünf Bildtafeln der Emporenbrüstung.) Mit dieser Musik vom Feinsten fein dargeboten und technisch einwandfrei eingefangen empfiehlt sich die CD von selbst!
Rainer Goede
November 2020 / Januar 2021
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