- Startseite - Rezensionen - A late medieval Mass on the Rysum Organ

Interpreten: Lorenzo Ghielmi, Ensemble Biscantores
Label: Passacaille

Musik in ihrem liturgischen Zusammenhang darzustellen, ist seit einiger Zeit die gut begründete Programmidee vieler Aufnhamen. Hier also Frühe Orgelmusik, aufgenommen an der Orgel in Rysum (um 1440/1513/1960, I//7) mit einer fiktiven Ostermesse, die Alternatim-Verse von Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus nebst einem Choral-Satz von Johann Walter und der Ostersequenz in Sätzen von Josquin Desprez und Heinrich Isaac singt die Solo-Gruppe des Ensemble Biscantores unter der Leitung von Luca Colombo. Ghielmi spielt Orgelversetten aus der Krakauer Tabulatur, der Tabulatur von Johannes de Lublin, der Oldenburg-Tabulatur, der Winsum-Tabulatur, der Adam Ileborggh Tabulatur, aus dem Buxheimer Orgelbuch, von Buchner und Tilman Susato. Damit ist die stilistische Geschlossenheit aus der Zeit zwischen der Mitte des 15. Jahrhunderts und der des 16. Jahrhunderts gegeben. Die geographische Weiträumigkeit ist der nur bruchstückweisen Überlieferung der Quellen geschuldet und spielt in dieser Zeit für Stilunterschiede ja auch keine große Rolle.

Die Messwiedergabe ist natürlich höchst stilisiert, auch wenn sie in ihrer liturgischen Ordnung im Kirchenraum von Rysum aufgenommen ist. Wohl kaum wird ein Bauernorganist um 1500 die Fingerfertigkeit von Ghielmi besessen haben, im Chor wird wohl kaum mehr als ein Priester zugegen gewesen sein, schon gar keiner, der solche sängerische Qualitäten hat wie die hier erklingende Schola. Die Orationes und Lektiones fehlen, obwohl noch viel Zeit auf der CD dafür gewesen wäre (Spieldauer 60:11), die Eindrücke von Eucharistie- und Segenshandlung lassen sich sowieso nicht auf einer CD wiedergeben. So bleibt zwar die Messfeier idealistisch, dennoch bietet die CD natürlich einen ästhetischen Hochgenuss, unvergleichbar mit früheren Aufnahmen, auf denen die Orgelversetten als ideale Kunstmusik und nicht als liturgische Bestandteile eines viel größeren Ganzen erklingen.

Den Bookletbeitrag schrieb Konrad Küster, der natürlich für höchste Qualität bürgt. Gerne hätte man sich natürlich noch mehr Abbildungen von Raum und Inneneinrichtung, um die Raumakustik zu begreifen, gewünscht, aber die finden sich auch in Fülle in Printform oder im Internet. Der blaue Himmel dieser Bilder zieht den Blick dorthin, wo das Ziel jeder Messe ist, was diese CD auf ihre Weise ebenso tut.