Die Orgel in St. Jacobi zu Stralsund
Interpret: Martin Rost
Label: Querstand
Die neue Wegscheider-Orgel in der Kulturkirche St. Jacobi im Gehäuse des Stralsunder Bildhauers Michael Müller hatte drei Vorgänger: 1741 von Christian Gottlieb Richter mit Verwendung des Gerüstwerkes der Vorgängerorgel von 1580, 1783 von Ernst Marx und 1877 von Friedrich Albert Daniel Mehmel (IV/68). 1945ff wurde sie durch Vandalismus zerstört. Übrig waren beim Abbau der Reste 2017 drei Windladen: die Pedalladen in den Türmen von Richter, die Oberwerkslade von Marx und die hinterständige Großpedallade von Mehmel samt ihrer drei Register (2 x 32‘, 1 x 16‘) und ihres Doppelmagazinbalges, Teile der barocken Spiel- und Registermechanik und natürlich das monumentale Gehäuse. Dieses wurde restauriert auf den Zustand von 1741, der Auftrag an Wegscheider sah ein Werk mit 51 Stimmen nach Vorbildern von Gottfried Silbermann und Joachim Wagners vor.
Kristian Wegscheider bezeichnet seine Orgel als „die vielleicht klanglich und technisch schönste“ seiner Werkstatt. So viel Eigenlob gehört hier - bestätigt! Was auf der CD zu hören ist, ist von feinster Sahne, Martin Rost kredenzt sie mit vornehmstem Gusto. Sein Programm von Buxtehude über Druckenmüller und natürlich Gronau bis hin zu Bach und Krebs ist thematisch vom Weihnachtsfestkreis bestimmt, bringt Choralbearbeitungen, ein Concerto, ein Magnificat und einige freie Stücke. Kompositorisch ist das alles nichts Besonderes, aber das Ziel, die Orgel in möglichst viel Schattierungen und Kombinationen einschließlich der Pauke (zwei schwebend gestimmte große Holzpfeifen) vorzuführen, ist vorrangig. Nicht die 51 Register in ihren Eigenarten werden dabei vorgeführt, sondern entsprechend dem Zeitstil der Mitte des 18. Jahrhunderts bunte Mischungen, auch einmal die vier 8‘-Stimmen des Hauptwerks zusammen gezogen, was ein besonderer Genuss ist. Wunderschön das Cornett 5f des Hauptwerks, beeindruckend Mehmels 32‘-Stimmen, herrlich Principal und Lamento (Unda maris) des Oberwerks. Alle Klänge dieser Orgel sind ein ästhetischer Gewinn, worum man die Stralsunder nur beneiden kann. Was man mit ihren beiden anderen Instrumenten in der Marienkirche und Nikolaikirche ja bisher auch schon tat.
Das Booklet ist produktionsbedingt leider etwas schmal geraten, sicherlich wird es in Zukunft noch mehr Abbildungen und Berichte vom Bau der Orgel geben. Von dieser Orgel erhofft sich der Rezensent jedenfalls bald viel mehr zu hören! Kristian Wegscheider und seiner Werkstatt gebührt große Bewunderung!
Rainer Goede für www.orgel-information.de
Februar 2021 / März 2021
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