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BACH - Organ Landscapes
Dritter Theil der Clavier-Übung

Interpret: Jörg Halubeck
Instrument: Trost-Orgel Waltershausen
Label: Berlin Classics


Mit dieser bereits 2017 aufgenommenen CD startet der Stuttgarter Opernstilist und Orgelprofessor Jörg Halubek seine Gesamtaufnahme der Bachschen Orgelwerke. Ist die Wahl, Bachs „Dritter Theil der Clavierübung“ (1739) auf der visionären Trost-Orgel in Waltershausen (1730/1755, III/47) einzuspielen, schon eine optimale Kombination, so übertrifft die Produktion bisher Gewohntes. Halubeks Vorstellung eines Gesamtkunstwerks einer Bach-CD-Edition entspricht die Aufnahme mit vielen Begleitmaßnahmen: mit sympathischen Einführungstexten zu Orgel und Zyklen von Halubek und Anselm Hartinger, mit einer Vinyl-Ausgabe, mit gelungenen Fotografien, YouTube-Ausschnitten der Aufnahme, bzw. einigen Registerfarben, einer beeindruckenden Orgelführung mit Theophil Heinke, einer Vorstellung des Tontechnikers Markus Heiland und Kurzbeiträgen zur Interpretation. Der dabei auch zu sehende Spaziergang des overdressten Halubek auf einer einer Orgellandschaft gleichen sollenden grünen Wiese, bzw. vor Bergen und Tälern einer Fluß- (= „Bach“-)landschaft mag ja ein smarter Werbegag sein, Bach da hinein zu projizieren, geht allerdings nur mit weiten Umwegen. Ein Missgriff ist leider der fehlende Kontrast (weiß/grau) der so kaum lesbaren Schrift auf der Titelseite, doch auch ohne die Koordinaten auslesen zu können, ist Halubek ja zielstrebig nach Waltershausen gekommen.

Was sich heute so alles empfiehlt, um dem Publikum Bachs idealisierte Musik nahezubringen, ist das Eine, das Andere ist das musikalische Ergebnis der Einspielung. Was das Instrument dank einer hervorragenden Restaurierung durch den Waltershäuser Orgelbau 1998 mit seinen feinen Nuancen von vielfältig changierenden Klangfarben sowie der klaren Akustik des Raumes ermöglicht, haben Halubek und sein Tontechniker Markus Heiland hier aufs glücklichste eingefangen.
Glasklar ist die Artikulation zu hören, überzeugend schon die ersten Takte des Praeludiums, die Halubek nicht als königlich-französische Ouvertüre hören lässt, sondern als rhetorisches Exordium, dem die Messe- und Katechismussätze sowie die Duette als Narratio und die Fuge als Conclusio folgen. Halubek überzeugt mit ausgewogenen Tempi, mit rhetorischer Artikulation und gegliederter Phrasierung, mit interessanten und meist gemischten Registrierungen aequaler Art, was Trost den Spielern seiner Orgel als Aufgabe ja auch mitgab. Die Fughetta super: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘, BWV 677, erklingt auf dem Geigen-Principal des Oberwerks, den Trost auf eine eigene Windlade vor das Brustwerk setzte, ebenso merkwürdig wie treffend ist das klingende Resultat. Ob die Staccatostriche wirklich so kurz zu interpretieren sind? Oder meinte Bach Betonungsstriche, würdig wie ein Principal? Aber es ist ja nur ein 4‘. Würdig werden jedenfalls die 10-Gebote BWV 678 dargereicht mit Oboenklang des Brustwerks und Gambenklang des Hauptwerks. Gar nicht auftrumpfend, eher parlierend das Credolied BWV 680 auf einem Plenum des Hauptwerks, beiläufig auch das Vaterunserlied BWV 682 mit der Vox humana des Oberwerks, rasch plätschert das Jordanwasser im Tauflied BWV 684 butterweich mit der Pedaltrompete registriert und sanften Labialmischungen von Oberwerk und Hauptwerk. Beim Beichtlied BWV 686 hat Bach denn doch wohl weniger an eine Trost-Orgel als an eine norddeutsche Orgel mit einer klar zeichnenden Cornet 2‘-Stimme im Pedal gedacht, hier ist der Cantus firmus der Pedaloberstimme klanglich unterrepräsentiert im ehernen Stimmengetriebe des sechsstimmigen Satzes. Die Dezimen des Abendmahlchorals BWV 688 lässt Halubek so selbstverständlich tropfen, als wäre die Grenzüberschreitung der Handspanne ein Gleichnis für Jesu Grenzüberschreitung der Auferstehung. Die imitierenden Duette finden ihren Höhepunkt im vierten Teil, Trost krönt sie mit seinen berückenden Klängen der Flöte dupla aus dem Oberwerk Halubek setzt diese Stimme wirkungsbewusst an das Ende der Narratio. Auch die Fuga ist kein dreiteiliger Triumphzug, sondern Fazit einer tief sinnierenden musikalischen Feier- und Glaubenslehre.

Der Dreiklang Trost-Bach-Halubek ist ein überhöhter Dreiklang, fernab jeder billigen Hascherei nach Aufsehen,  ein Versprechen und ein Gutschein im Sinne des Wortes für Halubeks Bach-Gesamtaufnahme!

Rainer Goede
Februar 2021 / März 2021

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