Giovanni Battista Pescetti - Complete Keyboard Music
Interpret: Paolo Bottini
Label: Brilliant
Giovanni Battista Pescetti (1704 – 1766) war ein Sohn des Orgelbauers Giacinto Pescetti und Enkel von Carlo Francesco Pollarolo. Zu solch vorgeburtlicher Prägung kam der Unterricht bei Antonio Lotti in seiner Heimatstadt Venedig und die Freundschaft zu Baldassare Galuppi. Also schrieb er 1725 seine erste Oper, der ab 1736 bis 1745 in London weitere in Konkurrenz zu Händel aber unter der Mitwirkung des berühmten Kastraten Farinelli, der Pescettis Kunst gut zu singender Cantilenen schätzte, folgten. Wie bei Händel lagen Erfolg und Misserfolg nahe nebeneinander. Schließlich wurde er 1762 zum zweiten Organisten an St. Markus berufen, wo Galuppi Maestro di Coro geworden war. Neben seinen Opern hat er 10 Sonate per Gravicembalo (London, 1739), in denen er auch aus seinen Opern zitiert, und 6 Sonate per il Cembalo (Manuskript in Dresden, vor 1756) hinterlassen.
Paolo Bottini hat diese Sonaten nun eingespielt. Weil die 6 Sonate per il Cembalo (Manuskript, vor 1756) wegen ihres Pedalgebrauchs und häufiger Echostellen wohl eher für Orgel bestimmt sind, hat er sie alle bis auf die Sonata Nr. 10 in B-flat auf zwei Orgeln von Pietro Nacchini (1694-1769) in Venedig (in S. Giorgio Maggiore (1750) und in S. Cassiano Martire (1743), beide vorzüglich restauriert von Gustavo und Franz Zanin 1990 und 2004) eingespielt. Dazu die vier Sonate da Organo, die in einem Pescetti zugeschrieben Manuskript in Venedig vorliegen.
Der Musikhistoriker und Zeitzeuge Charles Burney schrieb über eine Oper Pescettis: „Dieser Komponist, [ … ] obwohl er nie viel Feuer oder fruchtbare Schaffenskraft hatte, war ein sehr eleganter und kluger Komponist für die Singstimme. Seine Melodien sind äußerst einfach und anmutig.“ Das kennzeichnet auch seine Klavierstücke, die zumeist als Bicinien, 1739 noch etwas imitatorisch, 1756 nur noch auf elegante Manier daherkommen. Ausgesprochen unterhaltsame Musik gehobenen Niveaus ist das und zugleich Allerweltsmusik ohne irgendeinen markanten Zuschnitt, die viel sportive Fingerfertigkeit verlangt, aber dennoch nicht zu fesseln vermag. Nicht jede alte Musik ist es halt wert, ausgegraben zu werden. Bottini ist fraglos ein tüchtiger, virtuoser und einfallsreicher Interpret, der mit Hilfe der schönen Stimmen der Nacchini-Instrumente denn doch noch Hinhöreffekte herbeizaubert. Wegen dieser Klänge ist die CD empfehlenswert, danach braucht es unbedingt wieder Schwarzbrot-Kompositionen.
Rainer Goede
Januar / April 2021
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