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The Fitzwilliam Virginal Book - 3 BändeThe Fitzwilliam Virginal Book - 3 Bände

Herausgeber: Jon Baxendale / Francis Knights
Verlag: Lyrebird


Der Lyrebird ist ein unauffälliger australischer Vogel, wenn man ihn betrachtet, umso auffälliger, wenn man ihn hört, wie er natürliche und kunstvolle Laute imitiert. Welch schöner Name für einen neuen Verlag (mit Sitz in Norwegen), der sich zum Ziel gesetzt hat, die wichtigsten Werke für Cembalo (F,D,GB) quellengetreu neu zu edieren. Mit dem Fitzwilliam Virginal Book, angeregt durch die inzwischen erfolgte CD-Gesamteinspielung von Pieter-Jan Belder bei Brilliant hat er nun seine gewichtigste Edition (von bisher 14) herausgebracht: 1290 Seiten in drei Bänden, mit Hintergrund-Informationen, Bemerkungen zur Aufführungspraxis und Kritischem Kommentar. Der Cembalist Francis Knights – seit 2009 Fellow, Tutor und Director of Studies in Music at Fitzwilliam College, University of Cambridge, Chairman of the National Early Music Association, Editor of Harpsichord & Fortepiano Music – hat nach mehr als anderthalbjähriger Vorbereitung die Bände zusammen mit dem Cembalisten Jon Baxendale ediert. Nach der ersten Druckausgabe des Manuskriptes von ca. 1614 – 1617 durch John Alexander Fuller-Maitland im Verlag Breitkopf & Härtel 1899 und etlichen Nachdrucken ist dies erst die zweite Ausgabe.

Das Fitzwilliam Virginal Book, die wichtigste und für viele Stücke auch die einzige Quelle für englische Cembalomusik im 16./17. Jh., enthält 297 Airs, Variationen, Fantasien, Toccaten, Pavanen, Gaillarden, Allemanden und Courantes auf 220 Folio-Seiten. Fast alle großen Komponisten der elisabethanischen Zeit und der Epoche Jakobs I., die für Tasteninstrumente komponiert haben, sind vertreten: John Bull (1563–1628), William Byrd (ca. 1543–1623) und Giles Farnaby (c 1563–1640) stellen den größten Teil der Stücke. An vierter Stelle folgt Peter Philips (1561–1628). Auch Stücke unbekannterer Komponisten, wie Martin Peerson (ca. 1572–1650), John Mundy (1550–1630), Edward Johnson (ca. 1572–1601), William Tisdale (auch Tisdall, c 1590) und William Inglott (1554–1621) sowie anonyme Tonkünstler hat Francis Tregian in seine Sammlung aufgenommen. Als einzige ausländische Komponisten sind Jan Pieterszoon Sweelinck vertreten, der Niederländer, der befreundet war mit Peter Philips, und Giovanni Picchi, ein venezianischer Komponist und Tanzlehrer, mit einer einzelnen Toccata (Nr. 95). (wikipedia, ergänzt)

Das umfangreiche Vorwort bringt einiges zum Kopisten Francis Tregian (1574–1619), zur Geschichte des Manuskripts, zur Notation, zur Emendation, zu den Musikformen der Tänze, Variationen, Grounds, Fantasias, Intavolierungen, Preludes und Toccaten, zu den Komponisten, zum Instrument (beim Virginal verlaufen die Saiten quer zu den Tasten, die Basssaiten an der Klaviaturseite. Virginale sind einmanualig und einchörig in rechteckiger Form), zur Temperatur, zu den Verzierungen, Fingersätzen und weißen und schwarzen Notenköpfen. Ein immer wieder aktualisiertes Errata-Verzeichnis findet sich im Internet.

Im Unterschied zum Nachdruck der Breitkopf-Ausgabe bei Dover Publ. erscheint das FVB im Querformat, was eine bessere Lesequalität bietet, aber mehr Seiten benötigt. Taktzahlen sind beigesetzt. Vor allem die Taktbezeichnungen und die Balkensetzungen, bzw. Überbindungen sind dem Manuskript angeglichen, was zu einem ganz anderen Notenbild, ergo auch einer anderen Artikulation führen wird. Mehr als 10.000 Fehler der Breitkopf-Ausgabe sind korrigiert, viele fehlende Signaturen wie Wiederholungszeichen sind ergänzt, so dass das Notenbild dem Original sehr nahe kommt. Einige Warnhinweise der Herausgeber sind klein zugefügt. Rund 400 Jahre nach Niederschrift des FVB und 120 Jahre nach Erscheinen der Breitkopf-Ausgabe kann man ruhig von einem Jahrhundertereignis sprechen! Auch der Preis ist mit Berücksichtigung des Umfanges durchaus angemessen. In Planung für den Sommer 2021 ist: My Ladye Nevells Book!


Rainer Goede
Februar / April 2021

Diese Noten sind im gut sortierten Buch-/Musikhandel erhältlich
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